JudikaturBVwG

G305 2303546-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2025

Spruch

G305 2303546-1/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde des ungarischen Staatsangehörigen XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4/4. Stock, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:

A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsbürger von Ungarn und ist am XXXX .2024 ins Bundesgebiet eingereist.

Noch am selben Tag wurde er gemeinsam mit einer weiteren Person in der Filiale XXXX der Parfumeriekette „ XXXX “ bei einem Ladendiebstahl betreten, indem er drei Vortester im Gesamtwert von EUR 233,05 aus dem Sortiment einsteckte und das Geschäft, ohne zu bezahlen, wieder verließ. Nach der Arlamierung der Polizei konnte er von der Security des Outletcenters XXXX angehalten und mit den gestohlenen Gegenständen betreten werden. In der Folge wurden er und die weiters anwesende Person am XXXX .2024 um 18:00 Uhr von Organen der XXXX festgenommen und hält sich seit einem unbekannten Zeitraum in Österreich auf. Bei der anschließenden Perlustrierung kam, abgesehen von dem in der „ XXXX “-Filiale entwendeten Diebesgut, noch weiteres Diebesgut beim BF hervor.

Mit Note vom XXXX .2024 verständigte ihn die belangte Behörde vom Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme, nämlich, dass er von der XXXX am selben Tag auf Grund des Verdachts des Diebstahls angehalten wurde und er im Bundesgebiet bislang keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und bei ihm im ZMR keine Wohnsitzmeldung aufscheint. In bezogener Note wurde er um die Beantwortung von Fragen ersucht und wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass die Absicht besteht, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme wider ihn zu erlassen.

Die ihm gewährte Möglichkeit zur Äußerung ließ der BF reaktionslos verstreichen.

Der BF war zu keinem Zeitpunkt im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz gemeldet. Desweiteren scheinen bei ihm keine Meldungen im Register des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger auf, sodass schon deshalb anzunehmen ist, dass er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mit einer legalen Erwerbstätigkeit finanziert.

Er ist im Bundesgebiet weder in sozialer, noch in wirtschaftlicher Hinsicht verankert.

1.2. Gegen ihn scheint in Österreich keine strafgerichtliche Verurteilung auf.

1.3. Mit Bescheid vom XXXX .2024 erließ die belangte Behörde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von 2 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot wider den BF (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub nicht erteilt werde (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gem. § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt III.).

Letzteres wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass der BF lediglich zum Zweck ins Bundesgebiet eingereist ist, um hier strafbare Handlungen zu begehen. Damit habe er seine negative Einstellung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung erkennen lassen, weshalb sein Verhalten im gegenwärtigen Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit berühre.

Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF, in der er im Wesentlichen kurz zusammengefasst ausführte, dass er ein ungarischer Staatsangehöriger sei und zuletzt für ein ungarisches Unternehmen als XXXX gearbeitet habe. Davor sei er in Deutschland als XXXX tätig gewesen. Seinen Lebensmittelpunkt habe er in Ungarn und sei nie in Österreich behördlich gemeldet gewesen. Er stelle sich sein Leben gemeinsam mit seiner Frau weiterhin in Ungarn vor. Im XXXX 2024 sei er wegen des Verdachts des Diebstahls bei der Staatsanwaltschaft angezeigt worden. Er sei bis heute unbescholten. Die Hauptverhandlung finde im XXXX 2025 statt. Das Parteiengehör habe er am XXXX .2024 erhalten, es wegen seiner Sprachunkundigkeit nicht verstanden und deshalb keine Stellungnahme abgegeben. Er sei wieder nach Ungarn zurückgekehrt. Seine Beschwerde gegen Spruchpunkt III. begründete der BF im Kern damit, dass die Behörde die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht nachvollziehbar darlegen konnte. Das BFA übermittelte die Beschwerde samt Verwaltungsakten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.

Rechtliche Beurteilung:

Als Staatsangehöriger von Ungarn ist der BF Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Aufgrund der Erklärung, dass sich die Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, den Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung, wonach die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Verfahrensergebnis vorwegnehme, ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).

Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde konkret darauf gegründet, dass der BF ins Bundesgebiet eingereist ist, um hier strafbare Handlungen zu begehen und dass auf Grund seiner finanziellen Situation und seines bisher gezeigten Verhaltens jedenfalls davon auszugehen ist, dass er einen Verbleib im Bundesgebiet jedenfalls dazu benützen wird, weitere Straftaten zu begehen. Dabei ist die belangte Behörde auch auf den Lebensstandard des BF eingegangen. Für die hohe kriminelle Energie des BF, die die Begehung weiterer Straftaten in Österreich befürchten lässt, spricht auch der Umstand, dass er bei seiner Betretung durch Organe der öffentlichen Sicherheitsbehörde nicht nur die drei Tester der Fa. XXXX eingesteckt hatte, sondern bei ihm auch weiteres Diebesgut aufgefunden werden konnte. Ein solches, beim BF beobachtetes Verhalten steht mit dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht im Einklang, weshalb die Entscheidung der belangten Behörde dem erkennenden Gericht als tragfähig begründet erscheint.

Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen des BF hinsichtlich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, wonach die von der Judikatur geforderte Begründung dem Bescheid nicht zu entnehmen sei, geht somit ins Leere.

Angesichts dessen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung von Art 8 EMRK verbunden. Der BF ist im Bundesgebiet weder sozial noch wirtschaftlich verankert.

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist somit ausreichend und im Hinblick auf das Gesamtverhalten des BF als nachvollziehbar begründet anzusehen.

Die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.