Spruch
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 10.04.2024, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf „Ausstellung eines Behindertenpasses“, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer hat am 08.01.2024 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein fachspezifisches Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Augenheilkunde, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 04.03.2024, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung aufgrund eines Zustands nach Trauma mit Abfall der zentralen Sehschärfe rechts mit 30 vH bewertet wurde.
1.2.Mit Schreiben vom 25.03.2024 wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens schriftlich zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.
1.3. Mit, bei der belangten Behörde am 08.04.2024 eingelangtem, Schreiben brachte der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein. Darin bemängelte er zusammengefasst, dass bei ihm lediglich ein Grad der Behinderung von 30% vorliege, obwohl sein rechtes Auge lediglich eine Sehkraft von 5 Prozent aufweise und sein linkes Auge ebenfalls stark beeinträchtigt sei. Außerdem sei er vor einigen Tagen gestürzt und hätte sich das Bein gebrochen, was seine Mobilität weiter einschränke.
2.Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.04.2024 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt.
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden sei. Die vom Beschwerdeführer eingebrachten Einwendungen seien nicht geeignet gewesen, eine Änderung der ursprünglichen Einschätzung zu bewirken, da diese mangels Vorlage neuer Befunde nicht ausreichend dokumentiert waren.
In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.
3. Gegen diesen Bescheid vom 10.04.2024 wurde von dem Beschwerdeführer mit Schreiben, eingelangt am 20.06.2024, Beschwerde eingebracht.
Darin brachte er vor, dass er aufgrund eines Arbeitsunfalls im Jahr 2023 95 Prozent seines Sehvermögens auf dem rechten Auge verloren habe und keine Aussicht auf Besserung bestehe. Aufgrund seines eingeschränkten Sehvermögens sei er im Alltag stark beeinträchtigt. Der angefochtene Bescheid sei aus seiner Sicht unfair und entspreche nicht dem tatsächlichen Ausmaß seiner Beeinträchtigung.
4. Mit Schreiben vom 28.06.2024 hat die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Am 01.07.2024 ist der Verwaltungsakt hiergerichtlich eingelangt.
4.1.Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.11.2024 erging ein Verspätungsvorhalt an den Beschwerdeführer. Darin wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass sich die gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid vom 10.04.2024 nach der vorliegenden Aktenlage als verspätet darstelle, da der angefochtene Bescheid am 15.04.2024 an das Zustellorgan übergeben worden sei. Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz gelte die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan und somit am 18.04.2024 als bewirkt. Die gemäß § 46 BBG sechswöchige Beschwerdefrist habe mit Ablauf des 30.05.2024 geendet.
Demnach wäre die eingebrachte Beschwerde vom 12.06.2024, eingelangt bei der belangten Behörde am 20.06.2024, nach der Aktenlage verspätet eingebracht worden und daher als verspätet zurückzuweisen. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Es wurde ihm weiters zur Kenntnis gebracht, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.
Eine Stellungnahme seitens des Beschwerdeführers ist nicht erfolgt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus.
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 08.01.2024 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.
Die belangte Behörde wies diesen Antrag mit Bescheid vom 10.04.2024, OB: XXXX , ab und stellte fest, dass der Grad der Behinderung 30 v.H. beträgt.
Die belangte Behörde übergab diesen Bescheid am 15.04.2024 an das Zustellorgan.
Der Beschwerdeführer brachte am 20.06.2024 Beschwerde, welche mit 12.06.2024 datiert war, gegen den Bescheid vom 10.04.2024 ein.
Mit Schreiben vom 18.11.2024 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Verspätungsvorhalt an den Beschwerdeführer. Dieses wurde nach erfolglosem Zustellversuch am 21.11.2024 ab 22.11.2024 zur Abholung bereitgehalten und von ihm am 22.11.2024 auch tatsächlich behoben. Über die erfolgte Hinterlegung wurde am 21.11.2023 eine Benachrichtigung in die Abgabestelle eingelegt.
Der Beschwerdeführer wäre in der Lage gewesen, die Beschwerde fristgerecht einzubringen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der oben festgestellte und für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu Zeitpunkt der Antragstellung, Bescheiderlassung, Beschwerdeeinbringung und der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt beruhen auf dem vorliegenden Akteninhalt und werden von dem Beschwerdeführer nicht bestritten.
Die Hinterlegung und die Übernahme des Verspätungsvorhalts ergibt sich aus der Hinterlegungsanzeige, der entnommen werden kann, dass das Schriftstück ab dem 22.11.2024 zur Abholung bereitgehalten wurde und am 22.11.2024 vom Beschwerdeführer auch tatsächlich behoben wurde. Die Hinterlegungsanzeige liefert als öffentliche Urkunde vollen Beweis über die darin beurkundeten Tatsachen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.
Gemäß § 46 BBB beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Bescheid vom 10.04.2024 am 15.04.2024 von der belangten Behörde an das Zustellorgan übergeben. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte ohne Zustellnachweis.
Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustellG) gilt eine Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt, in diesem Fall, sohin mit dem 18.04.2024
Der Beschwerdeführer erstattete kein Vorbringen, welches diese rechtswirksame Zustellung in Frage stellen oder bestreiten würde. Ausgehend davon, dass gemäß § 26 Abs. 2 ZustG die Zustellung am 3. Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt, endete im Beschwerdefall die sechswöchige Beschwerdefrist jedenfalls mit Ablauf des 30.05.2024.
Demzufolge erweist sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 12.06.2024, die bei der belangten Behörde am 20.06.2024 einlangte, als verspätet eingebracht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Beschwerdeführer diesen Umstand entsprechend der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch ausdrücklich vorgehalten (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.08.2013, 2013/16/0050). Wie oben bereits ausgeführt, wurde die verspätete Einbringung von dem Beschwerdeführer nicht bestritten.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als verspätet zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Entscheidung hing davon ab, inwieweit die eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers als rechtzeitig eingebracht und ob der Beschwerdeführer Gründe geltend machte, dass die Beschwerde als rechtzeitig eingebracht zu beurteilen war.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.