Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, über die Beschwerden vom 27. Juli 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 1. März 2022 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 und den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 2. März 2022 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Steuernummer***BF1StNr2*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.Gegenüber den von der belangten Behörde erlassenen Beschwerdevorentscheidungen vom 11.05.2023 ergeben sich keine Änderungen. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage bzw. der festgesetzten Abgabe ist der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes zu entnehmen und bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) hatte in den gegenständlichen Streitjahren einen gemeldeten Wohnsitz in Österreich und erzielte in der Schweiz Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit.
Mit 01.03.2022 bzw. 02.03.2022 erließ die belangte Behörde im Schätzungswege die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2018 und 2019, da seitens des Bf innerhalb der vorgesehenen Frist keine Abgabenerklärungen für die genannten Jahre eingebracht wurden. Die festgesetzte Einkommensteuer für das Jahr 2018 betrug dabei laut Bescheid 33.160,00 € und für das Jahr 2019 32.751,00 €.
Nach mehreren Anträgen zur Verlängerung der Rechtsmittelfrist erhob der Bf mit 27.07.2022 rechtzeitig Beschwerde gegen die gegenständlichen Bescheide, da nunmehr die Besteuerungsgrundlagen 2018 und 2019 vorlägen und somit der Grund für deren Ermittlung im Schätzungswege weggefallen sei.
Zur Nachreichung der Besteuerungsgrundlagen bzw. der Steuererklärungen 2018 und 2019 wurde eine Nachfrist im Sinne des §§ 85 Abs. 2 BAO beantragt. Eine tatsächliche Übermittlung der Unterlagen erfolgte sodann erst, nach mehrmaligen weiteren Verlängerungsansuchen durch den Bf sowie durch weitere Ergänzungsersuchen der belangten Behörde, am 27.03.2023. Übermittelt wurden "Lohnausweise" (für die Tätigkeiten in der Schweiz) für die beiden Jahre sowie eine Umrechnung der darin ausgewiesenen Beträge von Schweizer Franken in Euro. Auf Grundlage dieser Daten wurden dann die Beschwerdevorentscheidungen zu den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2018 und 2019 am 11.05.2023 von der Abgabenbehörde erlassen und die Einkommensteuer für das Jahr 2018 mit 14.726,00 € und für das Jahr 2019 mit 11.473,00 € festgesetzt. Für die Berechnung wurden die in Euro-Beträgen umgerechneten Löhne gem. übermittelter schweizerischen "Lohnausweise" herangezogen sowie die darin ausgewiesene Quellensteuer im jeweiligen Jahr angerechnet.
Es folgten wiederum Ansuchen auf Fristerstreckung zur Einbringung eines Vorlageantrages. Das Fristerstreckungsansuchen vom 30.01.2023 wies die Abgabenbehörde mittels Bescheid vom 13.02.2024, zugestellt am 20.02.2024, ab. Seitens des Bf wurde sodann rechtzeitig am 20.02.2024 ein Vorlageantrag über Finanzonline unter dem Punkt "Sonstige Anbringen und Anfragen" und mit der Bezeichnung "Vorlageantrag ESt 2018 und 2019" eingebracht.
In genanntem Vorlageantrag führte der steuerliche Vertreter aus, dass der Bf in Österreich nicht unbeschränkt steuerpflichtig sei. Er verwies dabei auch auf die Begründungausführungen des Beschwerdeschreibens vom 27.07.2022. In diesem wurde jedoch lediglich ausgeführt, dass sich die Beschwerde gegen die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Schätzungwege richte, da die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen nun vorlägen. Angaben dazu, warum der Bf in Österreich nicht unbeschränkt steuerpflichtig sei, finden sich weder im Beschwerdeschreiben noch im Vorlageantrag.
Mit Vorlagebericht vom 23.07.2024 erfolgte die Vorlage der Beschwerde durch die belangte Behörde an das Bundesfinanzgericht. Dabei beantragte die belangte Behörde der Beschwerde im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom 11.05.2023 teilweise stattzugeben.
Die Beschwerdesache wurde der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesfinanzgerichts aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses iZm der Pensionierung der bisherigen Richterin mit 07.02.2025 zugeteilt.
Mit Vorhalt vom 21.08.2025 wurde der Bf durch das Bundesfinanzgericht dazu aufgefordert, die Wohnorte bzw. Adressen während seiner Tätigkeit in der Schweiz bekanntzugeben. Zudem wurde ihm nochmalig die Möglichkeit geben, darzulegen, aus welchen Gründen keine unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich vorliege. Nach einmaliger Fristverlängerung übermittelte der Bf dem Bundesfinanzgericht mit 29.09.2025 diverse Wohnsitzbescheinigungen für die Zeiträume 2015 bis 2025, ausgestellt von den jeweiligen Wohnsitzgemeinden in der Schweiz. Eine Stellungnahme zum Nichtvorliegen einer unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich erfolgte wiederholt nicht.
Mit 08.10.2025 übermittelte das Bundesfinanzgericht die vom Bf nachgereichten Wohnsitzbescheinigungen sowie das zugehörige Begleitschreiben der belangten Behörde zur Kenntnisnahme.
Mit Stellungnahme vom 13.10.2025 führte die belangte Behörde aus, dass auch sie zur Kenntnis nehme, dass seitens des Bf kein Gebrauch von der Möglichkeit zur Nachreichung einer Begründung über das Nichtvorliegen einer unbeschränkten Steuerpflicht gemacht wurde und führte zudem aus, dass die vorgelegten Wohnsitzbescheinigungen in der Schweiz nichts an der von der belangten Behörde ausgeführten Rechtsansicht ändern würden. Sie hielt daher an ihrem im Vorlagebericht gestellten Antrag, die Beschwerde im Sinne der Beschwerdevorentscheidung zu erledigen, fest.
Der Bf, Herr ***Bf1***, erzielte in den streitgegenständlichen Jahren Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit durch Dienstverhältnisse bei Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Unstrittig ist dabei, dass der Tätigkeitsort des Bf in der Schweiz lag.
Im Jahr 2018 wurden folgende Einkünfte erzielt:Vom 01.03.2018 bis 31.12.2018 war der Bf bei der ***Firma CH-1*** mit dem Sitz in CH-***Adresse Firma CH-1***, angestellt und bezog laut Umrechnung der steuerlichen Vertretung des Bf einen Bruttolohn von 80.831,10 €. Hierfür wurde eine Quellensteuer in der Höhe von umgerechnet 14.485,67 € einbehalten.
Im Jahr 2019 lagen folgende Dienstverhältnisse vor und wurden folgende Einkünfte erzielt:Vom 14.03.2019 bis 07.09.2019 war der Bf bei der ***Firma CH-2*** mit dem Sitz in CH-***Adresse Firma CH-2***, angestellt. Vom 03.10.2019 bis zum 20.11.2019 war der Bf bei der ***Firma CH-3*** mit Sitz in CH-***Adresse Firma CH-3*** und vom 26.11.2019 bis zum 31.12.2019 bei der ***Firma CH-4*** mit Sitz in CH - ***Adresse Firma CH-4*** tätig. Im Jahr 2019 bezog der Bf für diese drei Angestelltenverhältnisse einen Bruttolohn von insgesamt umgerechnet 77.172,47 €. Hierfür wurden umgerechnet 15.109,63 € an Quellensteuer einbehalten. In jenen Monaten, in welchen der Bf kein Angestelltenverhältnis hatte, bezog er Arbeitslosengeld in Österreich (15.01. bis 28.02.2018 sowie 01.03. bis 13.03.2019). Voraussetzung für einen Anspruch auf eine solche Leistung ist die Rückkehr nach bzw. der Aufenthalt in Österreich.
Entsprechend seiner Tätigkeitsorte war der Bf in der Schweiz im gesamten Beschwerdezeitraum des Jahres 2018 in der schweizerischen Gemeinde ***Bf-CH-Wohnort 1*** wohnhaft. An genanntem Ort war der Bf noch bis 13.03.2019 gemeldet und sodann ab 14.03.2019 und auch das restliche Jahr 2019 in der schweizerischen Gemeinde ***Bf-CH Wohnort 2*** wohnhaft.
Der Bf war in den streitgegenständlichen Jahren Eigentümer der Liegenschaft EZ ***XXX***, KG ***XXXXX***; lautend auf die Adresse ***Bf-Ö-Wohnadresse*** in Österreich. Im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum war der Hauptwohnsitz des Bf an genannter Adresse gemeldet. Die Liegenschaft wurde nicht fremdvermietet und stand dem Bf jederzeit zur Nutzung zur Verfügung.
Die Kinder (geboren 1994 und 1998) lebten in den streitgegenständlichen Jahren, ebenso wie die vom Bf geschiedene Kindesmutter, in Österreich, jedoch nicht an derselben Adresse (aber im selben Ort) wie der Bf.
Auf den Bf waren im Jahr 2018 zwei und im Jahr 2019 ein KFZ in Österreich zugelassen. Zum einen ein KFZ der Marke Seat Altea mit dem behördlichen Kennzeichen ***Kfz 1***, welches bis 6.3.2018 auf den Bf angemeldet war. Zum anderen ein KFZ der Marke Skoda Octavia mit dem behördlichen Kennzeichen ***Kfz 2***, welches das gesamte Jahr 2018 sowie das gesamte Jahr 2019 auf den Bf in Österreich angemeldet war. Zulassungsadresse war dabei jeweils der oben angeführte österreichische Wohnsitz.
Strittig ist in gegenständlichem Fall, ob der Bf im Beschwerdezeitraum in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig war bzw. ob Österreich für die in der Schweiz erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit ein Besteuerungsrecht zusteht.
Einleitend wird festgehalten:Nach § 115 BAO besteht zwar eine amtswegige Ermittlungspflicht, diese ist jedoch durch die der Behörde zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und den vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwand begrenzt (siehe VwGH vom 15.12.2009, 2006/13/0136) und befreit die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht nach § 115 BAO (siehe VwGH vom 23.2.2010, 2007/15/0292; Ritz, BAO4, § 115, Rz 8).
Letztere ist insbesondere dann in erhöhter Weise zu leisten, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann (siehe VwGH vom 13.9.2006, 2002/13/0091), wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (siehe VwGH vom 15.12.2009, 2006/13/0136) oder wenn die Behauptungen des Abgabepflichtigen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen (siehe VwGH vom 30.9.2004, 2004/16/0061). Diesfalls besteht nicht nur eine erhöhte Mitwirkungspflicht, sondern auch eine Beweismittelbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht (Ritz, BAO4, § 115 Tz 10 m.w.N.). Verletzt die Partei die sie treffende erhöhte Mitwirkungspflicht, hat die Behörde den maßgebenden Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) festzustellen (siehe VwGH vom 23.2.1994, 92/15/0159).Aus den, aufgrund des Ergänzungsersuchen vom 03.11.2022 nachgereichten, schweizerischen "Lohnausweisen" für die streitgegenständlichen Zeiträume sind die erzielten Löhne in Schweizer Franken ersichtlich. Weiters ergibt sich aus diesen auch die Höhe des durch den jeweiligen Arbeitgeber erfolgten Quellensteuerabzugs in Schweizer Franken. Im Rahmen dieser Nachreichung wurde der belangten Behörde auch eine durch den steuerlichen Vertreter durchgeführte Umrechnung der in den Lohnausweisen ersichtlichen Beträge von Schweizer Franken in Euro übermittelt. Die Höhe der Beträge laut Lohnausweisen sowie die erfolgte Umrechnung steht außer Streit.
Aus dem Grundbuchauszug für die EZ ***XXX***, KG ***XXXXX*** geht hervor, dass Eigentümer der Liegenschaft mit der Adresse ***Bf-Ö-Wohnadresse***, im gesamten Beschwerdezeitraum der Bf war. Das Eigentumsrecht bestand laut Auszug bereits seit dem 8.5.2001. Aus, ebenfalls durch die belangte Abgabenbehörde durchgeführten, ZMR Abfragen vom 27.05.2024 ist ersichtlich, dass der Bf seinen Hauptwohnsitz im Jahr 2018 und im Jahr 2019 durchgehend an der Adresse ***Bf-Ö-Wohnadresse*** gemeldet hatte.Weitere Datenbankabfragen der Behörde haben ergeben, dass das Haus zu keinem Zeitpunkt vermietet wurde oder eine andere Person dort ihren Wohnsitz gemeldet hatte und daher vom Bf jederzeit für eigene Wohnzwecke genutzt werden konnte. Vom Bf wurde diesbezüglich nichts Gegenteiliges vorgebracht.
Die belangte Behörde führte auch ZMR-Abfragen (mit 27.05.2024) hinsichtlich der Kinder des Bf durch, sowie auch hinsichtlich der geschiedenen Ehefrau. Für alle drei Personen waren in den streitgegenständlichen Jahren die Hauptwohnsitze in Österreich (zwar nicht an derselben Adresse aber im selben Ort ***Ö-Wohnort 1*** wie der Bf) gemeldet.
Aus der Abfrage im KFZ Data-Warehouse-Portal vom 27.05.2024 durch die belangte Behörde ergibt sich, welche Fahrzeuge für welchen Zeitraum auf den Bf in Österreich zugelassen waren.
Der Bf bezog des Weiteren für die folgenden Zeiträume Arbeitslosengeld in Österreich:- vom 15.01. bis zum 28.02.2018 sowie- vom 01.03. bis zum 13.03.2019Dies ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden "Lohnzetteln", welche seitens der bezugsauszahlenden Stelle dem Finanzamt zu melden waren. Daraus ist ersichtlich, dass im Zeitraum für das Jahr 2018 ein Arbeitslosengeld für 45 Tage in der Höhe von 2.452,05 € ausbezahlt wurde. Im Jahr 2019 wurden seitens des Arbeitsmarktservice Österreich Bezüge für 13 Tage in der Höhe von 733,98 € überwiesen.
Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes haben ergeben, dass für den Bezug von Arbeitslosengeld in jenen Fällen, in welchen sich Beschäftigungs- und Wohnort unterscheiden bei sogenannten unechten Grenzgängern (also Personen, die seltener als täglich oder wöchentlich in den Wohnstaat zurückkehren) gilt, dass jener Staat zuständig ist, in welchem der Arbeitslose sich aufhält. Kehrt er nach Eintritt der Arbeitslosigkeit in den Wohnsitzstaat zurück, so ist dieser für die Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständig; verbleibt er im Beschäftigungsstaat, so ist jener zur Leistung verpflichtet.
Da der Bf nun Leistungen aus der österreichischen Arbeitslosenversicherung erhalten hat, kann damit vom Bundesfinanzgericht als erwiesen angesehen werden, dass der Bf sich zum Zeitpunkt der Arbeitslosigkeit in Österreich aufgehalten hat bzw. nach Eintritt der Arbeitslosigkeit in der Schweiz nach Österreich zurückgekehrt ist.
Vom Bf wurden weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag Nachweise erbracht noch Argumente dahingehend vorgebracht, dass er in der Schweiz über eine Wohnung verfügt. Vielmehr weisen die Adressierungen auf den schweizerischen "Lohnausweisen" dem ersten Anschein nach darauf hin, dass es diese nicht gegeben hat. So war jener für das Jahr 2018 auf die vermutliche Adresse des Arbeitgebers (eine diesbezügliche Beantwortung der Frage im Vorhalt vom 21.08.2025 erfolgte durch den Bf nicht) ausgestellt, die Ausweise für 2019 einmal auf die österreichische Adresse und einmal auf eine Hoteladresse in der Schweiz. Entsprechend den mit Vorhaltsbeantwortung vom 29.09.2025 vorgelegten Wohnsitzbescheinigungen (vom 05.09.2025 bzw. vom 15.09.2025) der jeweiligen Wohnsitzgemeinden wurde jedoch durch den Bf nachgewiesen, dass dieser im Zeitraum vom 11.08.2015 bis zum 13.03.2019 in dem schweizerischen Ort ***Bf-CH-Wohnort 1*** wohnhaft war. Für den Zeitraum 14.03.2019 bis 13.02.2020 war dieser in ***Bf-CH Wohnort 2*** wohnhaft.
Ergänzend wird der Vollständigkeit halber im Rahmen der Beweiswürdigung noch ausgeführt:Dem Bundesfinanzgericht liegt mitunter aufgrund umfassender Online-Recherchen durch die belangte Behörde die Ergebnisliste des im Jahr 2019 stattgefundenen Engadin Radmarathons 2019 in ***Bf-CH Wohnort 2*** vor, aus welcher ersichtlich ist, dass der Bf für Österreich an den Start ging. Dies gilt auch für die Teilnahme am Großglockner Berglauf im Jahr 2019, für welchen dem Bundesfinanzgericht ebenfalls die Ergebnislisten vorliegen. Diese Teilnahmen stellen aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes im konkreten Fall jedoch kein geeignetes Beweismittel dar, da eine Teilnahme eben in beiden Ländern gleichermaßen stattfand und diese festgestellten Tatsachen nicht dazu beitragen, um den engeren Bezug zum einen oder zum anderen Staat feststellen zu können und daher nicht in die Beurteilung des Gesamtbildes der wirtschaftlichen und persönlichen Interessen einfließen können.
In einem ersten Schritt gilt es zu prüfen, ob für die Streitjahre nach innerstaatlichem Recht unbeschränkte Steuerpflicht besteht.
Nach § 1 Abs 2 EStG 1988 unterliegen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, der unbeschränkten Steuerpflicht. Diese erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Einen Wohnsitz nach § 26 Abs 1 BAO hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Voraussetzung dafür ist das "Innehaben" einer Wohnung, somit die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, über die Wohnung zu verfügen bzw. sie jederzeit für den Wohnbedarf benützen zu können (vgl. auch VwGH vom 26.11.1991, 91/14/0041; VwGH vom 17.09.1992, 91/16/0138 sowie VwGH vom 03.07.2023, 99/15/0104).
Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts gilt es für das Bundesfinanzgericht als erwiesen, dass der Bf über eine solche oben angeführte Wohnung nach § 26 BAO im streitgegenständlichen Zeitraum verfügt hat. Das Haus mit der Adresse in ***Ö-Wohnort 1*** stand im Eigentum des Bf und stand ihm jederzeit für Wohnzwecke zur Verfügung. Auch waren die im Sachverhalt genannten Kraftfahrzeuge unter Bezugnahme auf die österreichische Wohnadresse dort sowie auch der Bf selbst polizeilich an der österreichischen Adresse gemeldet.
Zwar führt der Bf in seinem Vorlageantrag aus, dass er in Österreich nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, Gründe oder konkrete Nachweise, weshalb dies so sei, werden aber nicht angeführt. Auch nach nochmaliger Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht werden keine weiteren Gründe bzw. Nachweise dafür vorgebracht.
Somit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Bf im Beschwerdezeitraum der unbeschränkten österreichischen Steuerpflicht mit seinem gesamten Welteinkommen unterliegt.
Hinsichtlich des Besteuerungsrechtes der Schweiz ist weiters auszuführen:Nach Art. 3 des (Schweizer) Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) vom 14. Dezember 1990 sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben. Einen steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz hat eine Person, wenn sie sich hier mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält oder wenn ihr das Bundesrecht hier einen besonderen gesetzlichen Wohnsitz zuweist. Einen steuerrechtlichen Aufenthalt in der Schweiz hat eine Person, wenn sie in der Schweiz ungeachtet vorübergehender Unterbrechung, während mindestens 30 Tagen verweilt und eine Erwerbstätigkeit ausübt oder während mindestens 90 Tagen verweilt und keine Erwerbstätigkeit ausübt.Nach Art. 6 DBG ist bei persönlicher Zugehörigkeit die Steuerpflicht unbeschränkt; sie erstreckt sich aber nicht auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Ausland.
Es ist somit als weiteres Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Bf aufgrund des vorliegenden Sachverhalts im Beschwerdezeitraum auch in der Schweiz einer unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt.
In der Folge ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht Österreichs durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird (VwGH vom 26.02.2015, 2012/15/0035 sowie VwGH vom 23.02.2017, Ro 2014/15/0050).
Im gegenständlichen Fall ist daher das Abkommen vom 30.01.1974 zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen; BGBl. Nr. 64/1975; geändert zuletzt durch BGBl. III Nr. 169/2012 (in Folge: DBA Schweiz) anzuwenden.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Abkommens lauten wie folgt:Artikel 4:
1. Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.
2. Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragstaaten ansässig, so gilt folgendes:a) Die Person gilt als in dem Vertragstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).
b) Kann nicht bestimmt werden, in welchem Vertragstaat die Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
c) Hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragstaaten oder in keinem der Vertragstaaten, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.
d) Besitzt die Person die Staatsangehörigkeit beider Vertragstaaten oder keines Vertragstaates, so verständigen sich die zuständigen Behörden der Vertragstaaten gemäß Artikel 25.
Artikel 15:
1. Vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.
2. Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn
a) der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält,
b) Die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und
c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat.
Artikel 23
1. Bezieht eine in einem Vertragstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in dem anderen Vertragstaat besteuert werden, so nimmt der erstgenannte Staat, vorbehaltlich der nachfolgenden Absätze, diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus; dieser Staat darf aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder das übrige Vermögen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären.
2. Ungeachtet des Absatzes 1 darf Österreich Einkünfte im Sinne des Artikels 15 Absatz 1 sowie Einkünfte im Sinne des Artikels 19 (ausgenommen Ruhegehälter), die eine in Österreich ansässige Person aus ihrer in der Schweiz ausgeübten Arbeit aus öffentlichen Kassen der Schweiz bezieht, besteuern. Bezieht eine in Österreich ansässige Person unter Artikel 10, 15 und 19 fallende Einkünfte, die nach diesem Abkommen in der Schweiz und in Österreich besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht; der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfällt.Nach Art 4 Z. 2 lit a des DBA Schweiz war der Bf in den Beschwerdejahren jedenfalls aufgrund seines Wohnsitzes in Österreich ebendort ansässig. Da der Bf entsprechende Wohnsitzbescheinigungen aus der Schweiz vorlegte, ist weiters nachgewiesen, dass der Bf nach Art 4 Z. 2 lit a des DBA-Schweiz auch in der Schweiz (aufgrund der Verfügung über eine Wohnstätte) ansässig war.
Leg cit sieht für diesen Fall des Bestehens eines Wohnsitzes in beiden Vertragsstaaten für die Frage der Ansässigkeit vor, dass sodann auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abzustellen ist. Es kommt sodann jenem Staat das Besteuerungsrecht zu, zu dem die engeren wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen bestehen bzw. bestanden haben.
Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen (vgl. VwGH 21.02.2023, Ra 2020/15/0089; VwGH 25.11.2015, 2011/13/0091).
Der VwGH räumt dem Bundesfinanzgericht in seiner Rechtsprechung weitgehende Spielräume ein und sieht vor, dass die Beurteilung der Frage in welchem Staat der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt, im Rahmen einer einzelfallbezogenen Gesamtabwägung der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu ermitteln ist und entscheidend von den Umständen des Einzelfalls abhängt (VwGH vom 17.10.2017, Ra 2016/15/0008; sowie VwGH vom 03.09.2024, Ra 2023/13/0186). Das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat gibt den Ausschlag. Wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen.
Wirtschaftliche Beziehungen des Bf zur Schweiz bestehen in jedem Fall aufgrund der nichtselbständigen Tätigkeit für die genannten schweizerischen Firmen.
Unter persönlichen Beziehungen sind jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit einem Ort verbinden, an dem er einen Wohnsitz hat. Dabei spielen familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen eine wesentliche Rolle. Die stärkste persönliche Beziehung besteht im Regelfall zu dem Ort, an dem jemand regelmäßig mit seiner Familie lebt (VwGH vom 25.11.2015, 2011/13/0091). Der Bf lebte zwar nicht im selben Haushalt mit seinen (bereits volljährigen) Kindern, aufgrund des Umstandes, dass jedoch vom Bf nicht vorgebracht wird, dass in der Schweiz andere persönliche Beziehungen, wie eine Lebensgemeinschaft, bestanden, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die engeren persönlichen Beziehungen zu Österreich bestehen. Dazu ist auch noch auszuführen, dass der Wohnort volljähriger Kinder für die engsten persönlichen Beziehungen des Vaters in der Regel zwar keine große Rolle mehr spielen muss, da jedoch dem Bundesfinanzgericht keine anderen persönlichen Beziehungen in der Schweiz bekannt sind, ist der Wohnort der Kinder aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes sehr wohl auch zu berücksichtigen und ergibt sich aus der Abwägung der Gesamtumstände, wie oben angeführt, die stärkere persönliche Beziehung zu Österreich.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Tatsache, dass eine Person in einem anderen Staat eine Wohnstätte begründet, ohne ihre im anderen Staat schon bestehende Wohnstätte aufzugeben, ebenfalls dafürsprechen, dass der Lebensmittelpunkt im ersten Staat (im gegenständlichen Fall also in Österreich) verbleibt. Dieser Umstand allein führt jedoch noch nicht dazu, sondern bedarf es vielmehr noch weiterer Gesichtspunkte, die im Rahmen des Gesamtbildes zu der Feststellung des Mittelpunktes des Lebensinteresses führen (VwGH vom 25.07.2013, 2011/15/0193).
Aus dem oben angeführten Sachverhalt ergibt sich, dass der Bf seine Hauptwohnsitzadresse im gesamten Beschwerdezeitraum weiter in Österreich gemeldet hatte, seine Autos in Österreich angemeldet waren und auch Leistungen aus der österreichischen Arbeitslosenversicherung von Bf bezogen wurden, wofür eine Rückkehr nach bzw. ein Aufenthalt in Österreich notwendig war. Zudem verfügte der Bf über Eigentum in Österreich. Es gab somit, zusätzlich zur Tatsache, dass seine Kinder in Österreich lebten und die Wohnstätte in Österreich nicht aufgegeben wurde, weitere Anhaltspunkte für das Bestehen des Mittelpunktes der Lebensinteressen in Österreich.
Da auch vom Bf keinerlei weitere Gründe oder Nachweise vorgebracht wurden, die in den Beschwerdejahren für einen Lebensmittelpunkt in der Schweiz sprechen würden (und der Bf somit auch nicht seiner erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten nach § 115 BAO nachgekommen ist) , stellt das Bundesfinanzgericht im Sinne der erfolgten freien Beweiswürdigung nach § 167 BAO fest, dass es aufgrund der Tätigkeit in der Schweiz zwar auch wirtschaftliche Beziehungen zur Schweiz gab, aber dass die stärkeren wirtschaftlichen und engeren (gegenüber den wirtschaftlichen Beziehungen vorrangig zu behandelnden) persönlichen Beziehungen in Österreich lagen. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist daher im Beschwerdezeitraum in Österreich anzunehmen und ist daher Österreich Ansässigkeitsstaat im Sinne des Art 4 DBA Schweiz.
Nach den Zuteilungsregeln des Art 15 DBA Schweiz kommt somit der Schweiz das grundsätzliche Besteuerungsrecht als Tätigkeitsstaat zu. Österreich kommt als Ansässigkeitsstaat ebenfalls das Besteuerungsrecht zu, durch den Methodenartikel Art 23 Abs 2 DBA Schweiz wird jedoch normiert, dass Österreich die Besteuerung der genannten Einkünfte nur unter Anrechnung der in der Schweiz erhobenen Steuer vornehmen darf. Eine doppelte Besteuerung derselben Einkünfte wird somit vermieden.
Die belangte Behörde ist daher im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung korrekterweise von einem Besteuerungsrecht Österreichs ausgegangen und hat zum Zwecke der Vermeidung der Doppelbesteuerung die in der Schweiz bereits abgeführte Quellensteuer im Sinne des Art 23 DBA Schweiz angerechnet.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenstand dieses Erkenntnisses ist die Frage, in welchem Staat der Bf seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen hat. Die Beurteilung dieser Frage war im Rahmen einer einzelfallbezogenen Gesamtabwägung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu ermitteln und hing von den Umständen des Einzelfalles ab. Es handelt sich somit in dem Fall primär um die Beantwortung von Tatfragen und wurden die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend beantwortet.
Graz, am 20. Oktober 2025
Rückverweise
Keine Verweise gefunden