BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johann Fischerlehner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Rechtsanwälte Estermann & Partner OG, Stadtplatz 6, 5230 Mattighofen, und ***Bf2***, ***Bf2-Adr*** vertreten durch Rechtsanwälte Estermann & Partner OG, Stadtplatz 6, 5230 Mattighofen, über die Beschwerde vom 3. März 2025 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 28. Jänner 2025 betreffend Einheitswertbescheid zum 01.01.2020 (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955) und Grundsteuermessbescheid zum 01.01.2020 (Fortschreibungsveranlagung gemäß § 21 GrStG 1955) beide zu Einheitswertaktenzeichen EWAZ beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:
Die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 28. Jänner 2025 betreffend Einheitswert zum 01.01.2020 (Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG 1955) und Grundsteuermessbescheid zum 01.01.2020 (Fortschreibungsveranlagung gemäß § 21 GrStG 1955) beide zu Einheitswertaktenzeichen EWAZ waren an Bf1 und Miteigentüber zu Handen Herrn Bf1 x gerichtet. Der Einheitswertbescheid enthält folgenden Hinweis: "Dieser Bescheid wirkt gegen alle, die am Gegenstand der Feststellung beteiligt sind (§ 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Bescheides an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person oder einen Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG gilt die Zustellung an alle als vollzogen (§ 101 Abs. 3 und 4 BAO)."
Der Grundsteuermessbescheid wurde an Herrn Bf1 x zugestellt. Als Bescheidadressaten sind ***Bf1***, geb. TT.1.1976 und ***Bf2***, geb. im August 1979, genannt. Der Bescheid enthält den Hinweis: "Mit der Zustellung an die oben angeführte Person gilt die Zustellung an alle im Spruch genannten Personen als vollzogen. Auf die Bestimmung des § 101 Abs. 1 BAO wird hingewiesen."
Die Bescheide wurden an den Zusteller (Post AG) am 28.01.2025 zur Zustellung ohne Zustellnachweis übergeben. Laut elektronischer Versendungsrückmeldung wurde der Versand durch die Post am 31.01.2025 abgeschlossen.
Die Postaufgabe der Beschwerde am 03.03.2025 ist entsprechend dokumentiert (siehe Poststempel auf dem Briefkuvert):
[...]
Die beschwerdeführenden Parteien haben behauptet, dass die angefochtenen Bescheide vom Erstbeschwerdeführer am 5. Februar entgegengenommen wurden. Die beschwerdeführenden Parteien verzichteten auf die Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen, da nur Rechtsfragen zu lösen seien und die Anwendung verfassungswidriger gesetzlicher Bestimmungen geltend gemacht werde. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht wurde beantragt.
Im Vorlagebericht vom 28.05.2025 hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass aufgrund der Versandinformation des BRZ (Zeitpunkt der Ausfertigung und Versendung der Bescheide) die angefochtenen Bescheide - entgegen der Angabe in der Beschwerde - bereits am 31.01.2025 zugestellt wurden. Es wurde von der belangten Behörde beantragt, die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen. Der Vorlagebericht erging auch an die beschwerdeführenden Parteien.
Die beschwerdeführenden Parteien wurden nach § 138 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) mit Beschluss vom 23.06.2025, zugestellt am 26.06.2025, aufgefordert, binnen vier Wochen ab Zustellung des Beschlusses die Rechtzeitigkeit der Beschwerde auf Grund der aufgezeigten Zweifel zu beweisen.
Dazu erfolgte keine Stellungnahme der beschwerdeführenden Parteien.
Die belangte Behörde hat im Anbringen vom 21.07.2025 darauf hingewiesen, dass die Zustellung als mit dem dritten Werktag nach der Übergabe an den Zusteller (die Post) bewirkt ( § 26 Abs. 2 ZustG) gelte. In Anbetracht des Hinweises auf die Zustellfiktion sei die Zustellung ebenso am 31.01.2025 erfolgt. Die Beschwerdefrist hätte daher am 28.02.2025 geendet.
Beweiswürdigung
Zwischen dem tatsächlichen Akt der Zustellung und dem Nachweis über eine gesetzmäßige Zustellung ist zu unterscheiden. Letzterer kann durch einen Zustellnachweis iSd § 22 ZustG bzw. eine Beurkundung nach § 24 ZustG oder, wenn solches fehlt, auch auf andere Weise nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung geführt werden. Die Vorgänge der Zustellung sind diesfalls von Amts wegen zu ermitteln (VwGH 16.06.2011, 2008/18/0225). § 26 Abs. 2 ZustG enthält die widerlegbare Vermutung der Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt das Bestreiten eines Empfängers zu Zweifeln, welche die Behörde zur Feststellung der Tatsache der Zustellung verpflichtet (vgl. VwGH 26. März 2003, 2001/13/0302).
Dazu versuchte das Gericht den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu erhellen, indem die Parteien mit Beschluss vom 23.06.2025 aufgefordert wurden, den Zeitpunkt der Zustellung der angefochtenen Bescheide aufzuklären. Während die belangte Behörde dazu ein nachvollziehbares Vorbringen erstattete, nämlich, dass die Bescheide am 28. Jänner 2025 zur Post gegeben wurden, unterließen es die beschwerdeführenden Parteien nähere Erläuterungen zum behaupteten Zustellzeitpunktes ("5. Februar"). Aus § 138 BAO auf den das Bundesfinanzgericht explizit hingewiesen hat, ergibt sich zwar keine Verschiebung der Beweislast, jedoch eine Mitwirkungspflicht und die Aufforderung diente zur Aktivierung dieser Mitwirkungspflicht (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 138 Tz. 7).
Vermutungen können widerlegbar oder unwiderlegbar sein. Widerlegbar ist die Vermutung des § 26 Abs 2 ZustG, wonach die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt gilt (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 167 Tz. 5). Um jedoch eine Vermutung widerlegen zu können, bedarf es eines substantiierten Vorbringens, welches jedoch im gegenständlichen Fall trotz ausdrücklicher Aufforderung des Bundesfinanzgericht nicht erfolgt ist. Es ist daher in freier Beweiswürdigung davon auszugehen, dass die angefochtenen Bescheide, welche am 28.01.2025 zur Post gegeben wurden, am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als zugestellt gelten. Somit gelten diese Bescheide mit 31.01.2025 als zugestellt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Nach § 97 Abs. 1 lit. a BAO ist für das Wirksamwerden von Bescheiden der Zeitpunkt der Zustellung maßgeblich. Dies ist bei den angefochtenen Bescheiden der 31.01.2025.
Nach § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Die Beschwerdefrist ist damit im gegenständlichen Fall mit 28.02.2025 abgelaufen.
Die gegenständliche Beschwerde ist jedoch erst am 3.3.2025 zur Post gegeben worden, sodass sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO kann ungeachtet eines Antrages ( § 274 Abs. 1 Z 1 BAO) von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Beschwerde als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist ( § 260 BAO). Im gegenständlichen Fall wird von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen, da die Parteien ohnehin die Möglichkeit hatten, sich zur Rechtzeitigkeit der gegenständlichen Beschwerde zu äußern und somit ausreichend Parteiengehör gewährt wurde.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die im Allgemeinen nicht revisibel ist (vgl. VwGH 27.10.2014, Ra 2014/04/0022).
Linz, am 31. Juli 2025