IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Senatsvorsitzenden MMag. Gerald Erwin Ehgartner, den beisitzenden Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. sowie die fachkundigen Laienrichter Michael Steiner und Mag. Heinrich Witetschka in der Beschwerdesache **BF**, vertreten durch Beste & Partner Steuerberatung GmbH, Perlhofgasse 2/2/8, 2372 Gießhübl, und Dr. Kohler und Partner Steuerberatungs GmbH, Schönbrunner Straße 53, 1050 Wien, über die Beschwerde vom 27. April 2022 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 25. März 2022 (im fortgesetzten Verfahren nur mehr) betreffend
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nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung mit Verhandlungsterminen am 11. März 2025 sowie am 28. April 2025, jeweils in Anwesenheit der Schriftführerin Denise Schimonek, zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die zugrundeliegende Beschwerde wurde im ersten Rechtsgang mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 30.12.2022, RV/7101606/2022, wie folgt erledigt: Betreffend Einkommensteuer 2014 sowie Umsatzsteuer 2014, 2015, 2016 und 2017 (Spruchpunkt I.) wurde die Beschwerde gemäß § 256 Abs 3 BAO iVm § 278 BAO beschlussmäßig als gegenstandslos erklärt. Betreffend Wiederaufnahme hinsichtlich Einkommensteuer 2014 und 2015 sowie hinsichtlich Umsatzsteuer 2014, 2015, 2016 und 2017 (Spruchpunkt II.) wurde die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Betreffend Einkommensteuer 2015, 2016 und 2017 (Spruchpunkt III.) erfolgte eine stattgebende Erledigung.
In Folge der eingebrachten außerordentlichen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20.12.2024, Ra 2023/13/0033, das BFG-Erkenntnis im Umfang des Spruchpunktes II., somit betreffend Wiederaufnahme hinsichtlich Einkommensteuer 2014 und 2015 und hinsichtlich Umsatzsteuer 2014 bis 2017 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Der Verwaltungsgerichtshof erkannte, dass das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts schon deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet sei, weil im Erkenntnis keinerlei Ausführungen zur Ermessensübung enthalten seien. Auf das übrige Vorbringen habe somit nicht mehr eingegangen werden müssen.
Im nunmehrig fortgesetzten Verfahren hat das Bundesfinanzgericht daher nur mehr insoweit über die Beschwerde abzusprechen, als sie sich gegen die Wiederaufnahme hinsichtlich Einkommensteuer 2014 und 2015 sowie hinsichtlich Umsatzsteuer 2014 bis 2017 richtet.
Zum Verfahrensgang wird auszugsweise aus dem BFG-Erkenntnis vom 30.12.2022, RV/7101606/2022, wiedergegeben:
"Der Beschwerdeführer übte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum die gewerbliche Tätigkeit als Immobilienmakler aus. Im Rahmen einer durchgeführten Außenprüfung wurden nach der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 23.3.2022 bzw nach dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 24.3.2022 Aufwendungen für medienrechtliche Beratung sowie Rechts- und Beratungsaufwendungen, die unmittelbar mit einem Strafverfahren des Beschwerdeführers in Zusammenhang stünden, als nicht betrieblich veranlasste Aufwendungen qualifiziert. Die belangte Behörde verfügte sohin die Wiederaufnahme der Verfahren und nahm mit den 25.3.2022 erlassenen Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheiden die entsprechenden Gewinnhinzurechnungen bzw Vorsteuerkürzungen vor.
Die steuerliche Absetzbarkeit wurde dabei von der belangten Behörde mit der Begründung abgelehnt, dass die vom Beschwerdeführer in Abzug gebrachten Aufwendungen in unmittelbarem Zusammenhang mit einem gegen ihn geführten Strafverfahren (***) stünden. Die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Tatvorwürfe (Fälschung eines Beweismittels, Untreue sowie Bestechung) stünden nicht mit dem normalen Betrieb eines Immobilienmaklers in Zusammenhang.
Mit eingebrachter Bescheidbeschwerde vom 27.4.2022 beantragte der Beschwerdeführer die ersatzlose Aufhebung der Wiederaufnahmsbescheide bzw die Abänderung der Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide.
Betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens erstattete er das Vorbringen, dass es der Finanzverwaltung aufgrund der Berichterstattung in den Medien zum **X**-Fall von vornherein bekannt gewesen sein habe müssen, dass hohe Verteidigungsaufwendungen angefallen seien; dies nicht zuletzt aufgrund der eingereichten Jahresabschlüsse. Es handle sich daher lediglich um eine neue rechtliche Beurteilung der Verteidigungsaufwendungen durch die belangte Behörde und nicht um neu hervorgekommene Tatsachen, weshalb kein Wiederaufnahmsgrund vorliege."
In der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 30.12.2022, RV/7101606/2022, eingebrachten Revision finden sich als Revisionsgründe im Wesentlich ausgeführt, (1.) dass es das Bundesfinanzgericht offensichtlich unterlassen habe, die Verjährung von Amts wegen zu prüfen, (2.) dass keine neu hervorgekommenen Tatsachen vorlägen und damit die Wiederaufnahme unzulässig gewesen sei, (3.) dass die Ermessensbegründung mangelhaft erfolgt bzw fehlend sei und (4.) insgesamt eine mangelhafte Begründung und mangelnde Beweiswürdigung vorliege.
Im aufhebenden Erkenntnis vom 20.12.2024, Ra 2023/13/0033, führt der Verwaltungsgerichtshof dazu aus:
"7 Die Revision bringt vor, dass jegliche Begründung zur Ermessensübung im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts fehlt.
8 Die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO liegt im Ermessen der Behörde und die Behörde hat die Ermessensübung zu begründen (vgl. VwGH 24.2.2000, 96/15/0129, mwN). Das gilt auch für das Bundesfinanzgericht, dem volle Kognition auch bei der Ermessensübung eingeräumt ist (vgl. VwGH 6.4.2022, Ra 2021/15/0050, mwN).
9 Da in dem angefochtenen Erkenntnis keinerlei Ausführungen zur Ermessensübung enthalten sind, hat das Bundesfinanzgericht sein Erkenntnis schon deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet. Auf das übrige Vorbringen brauchte somit nicht mehr eingegangen werden.
10 Das Erkenntnis war somit im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben."
Im nunmehr fortgesetzten Verfahren wurde die belangte Behörde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 27.1.2025 beauftragt, sämtliche Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 sowie Umsatzsteuer 2014 bis 2016 in der Art und Weise aufzustellen, dass damit die Rechtzeitigkeit der erfolgten amtswegigen Verfahrenswiederaufnahmen zum 25.3.2022 dargestellt werden kann. Entsprechende Nachweise sollten angeschlossen werden.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom 27.2.2025 kam die belangte Behörde dem Auftrag nach und legte eine Aufstellung sämtlicher Amtshandlungen samt Nachweisen vor.
An den Terminen 11.3.2025 und 28.4.2025 fand vor dem Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung statt, in der unter anderem auch die ehemalige Betriebsprüferin, **H**, einvernommen wurde.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde von Seiten des Beschwerdeführers der Antrag gestellt, auf die Ausfertigung des Urteils des Obersten Gerichtshofs in der Rechtssache **X** abzuwarten und die Verhandlung bis dahin zu vertagen - anderenfalls läge ein wesentlicher Verfahrensfehler vor. Es seien mit dem OGH-Urteil fünf Personen verurteilt worden, die an der **X**-Privatisierung verdient haben und bei denen die Republik Österreich die gesamte Provision samt Zinsen zurückfordern werde, hingegen sei der Beschwerdeführer von dem Urteil nicht betroffen. Es ergebe sich daraus, dass ihm auch keine Gelder zugestanden seien und damit auch kein Raum für eine Zurechnung an ihn bestehe. Allenfalls habe der Beschwerdeführer diese Gelder treuhändig für **W**, etc, veranlagt.
Das Bundesfinanzgericht folgte dem Vertagungsantrag des Beschwerdeführers nicht. Im Rahmen des mündlichen Verhandlungstermins vom 28.4.2025 mündlich verkündeten Beschluss wies das Bundesfinanzgericht begründend darauf hin, dass der Beschwerdeführer vom OGH-Urteil in der Sache **X** nicht betroffen gewesen sei und sich auch generell keine anderen, für die gegenständlichen Beschwerdeverfahren relevanten Umstände aus dem OGH-Urteil ergeben könnten.
Zur Frage der persönlichen Mitwirkung des Beschwerdeführers am Verfahren wurden noch zwei ärztliche Gutachten bzw Befunde vom 10.10.2024, sowie vom 4.11.2024 vorgelegt und das Vorbringen erstattet, dass der Beschwerdeführer (nach wie vor) weder verhandlungs- noch vernehmungsfähig sei. Auf Nachfrage durch das Gericht wurde zu Protokoll gegeben, dass der Beschwerdeführer sehr wohl noch nach wie vor (im Jahr 2025) sein Einzelunternehmen betreibe. Praktisch werde dies jedoch im Wesentlichen von seinem Sohn wahrgenommen und faktisch erfolge die Betreibung des Einzelunternehmens aufgrund der Mietrechte im ersten Wiener Gemeindebezirk.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
1. Sachverhalt
Im Rahmen einer beim Beschwerdeführer erfolgten Außenprüfung (Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2017 vom 23.3.2022; Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 24.3.2022) wurden von Seiten des Beschwerdeführers diverse Dokumente, wie insbesondere Unterlagen zur Buchhaltung, Eingangsrechnungen, Ausgangsrechnungen, Bankbelege, Kassabelege und Um- und Nachbuchungsbelege, Mailverkehr mit steuerlichen Vertretern, etc übergeben.
Aus den Dokumenten ergaben sich ua die Umstände, dass konkrete Rechts- und Beratungsaufwendungen sowie medienrechtliche Beratungsaufwendungen vom Beschwerdeführer steuerlich berücksichtigt wurden, tatsächlich jedoch ein tatsächlicher Abzug als Betriebsausgabe bzw ein Vorsteuerabzug nicht zusteht. Diese Umstände stellen für die abgabenfestsetzende Stelle (dem zuständigen Betriebsveranlagungsteam) neu hervorgekommene Tatsachen dar, sie waren der abgabenfestsetzenden Stelle zuvor nicht bekannt. Die Kenntnis dieser Tatsachen hat zu im Spruch anders lautenden Bescheiden geführt.
Sämtliche Wiederaufnahmebescheide verweisen in der Begründung für die Wiederaufnahme auf den Bericht über die Außenprüfung, in welchem sich wiederum ein Verweis auf Tz 10 der Prüfungsfeststellungen in der Niederschrift über die Schlussbesprechung findet. In der Niederschrift findet sich unter Tz 10 ua angeführt, dass die in den vorangehenden Tz dargestellten Sachverhalte erst durch Ermittlungshandlungen im Zuge der Außenprüfung zu Tage traten und nicht schon zum Zeitpunkt der Veranlagungen bekannt waren es wurden die oben angeführten Dokumente und sich daraus ergebenen Umstände angeführt.
Zur Begründung der Ermessensübung
Im Rahmen der erfolgten Wiederaufnahme der Verfahren erfolgte von Seiten der belangten Behörde eine Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen und wurde damit eine entsprechende Ermessensübung vorgenommen. Sämtliche beschwerdegegenständlich relevante Bescheide erhalten folgende Ausführung:
"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (4) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden."
Vorgenommene Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs
Betreffend die einzelnen beschwerdegegenständlichen Jahre bzw Abgabenarten wurden von der belangten Behörde die nachfolgend angeführten Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs unternommen:
Amtshandlungen ESt/USt 2014 | |||
Maßnahme | Nachweis | Abgaben | Datum |
Erstbescheide | Bescheide | ESt/USt 2014 | 31.3.2016 |
Wiederaufnahmebescheid | Bescheide | E 2014 | 25.4.2016 |
Außenprüfung wird angekündigt | Prüfungsauftrag | ESt/USt 2014 | 19.11.2019 |
Beginn der Außenprüfungshandlungen | Prüfungsablaufblatt | ESt/USt 2014 | 13.1.2020 |
Vorhalt | Vorhaltsschreiben | ESt/USt 2014 | 21.1.2020 |
Vorhalt | Vorhaltsschreiben | ESt/USt 2014 | 19.6.2020 |
Vorhalt des Fachbereichs Mag. Fialka | Vorhaltsschreiben | ESt/USt 2014 | 16.09.2021 |
Schlussbesprechung Außenprüfung 2014-2017 | Niederschrift | ESt/USt 2014 | 23.3.2022 |
NS Schlussbesprechung vom 23.3.2022 | Niederschrift | ESt/USt 2014 | 23.03.2022 |
BP-Bericht vom 24.3.2022 | BP-Bericht | ESt/USt 2014 | 24.03.2022 |
Wiederaufnahme und Sachbescheid | Bescheide | ESt/USt 2014 | 25.03.2022 |
Amtshandlungen ESt/USt 2015 | |||
Maßnahme | Nachweis | Abgaben | Datum |
Erstbescheide | Bescheide | ESt/USt 2015 | 18.04.2017 |
Außenprüfung wird angekündigt | Prüfungsauftrag | ESt/USt 2015 | 19.11.2019 |
Beginn der Außenprüfungshandlung | Prüfungsablaufblatt | ESt/USt 2015 | 13.01.2020 |
Vorhalt | Vorhaltsschreiben | ESt/USt 2015 | 21.01.2020 |
Vorhalt | Vorhaltsschreiben | ESt/USt 2015 | 19.6.2020 |
Vorhalt des Fachbereichs Mag. Fialka | Vorhaltsschreiben | ESt/USt 2015 | 16.09.2021 |
Schlussbesprechung Außenprüfung 2014-2017 | Niederschrift | ESt/USt 2015 | 23.03.2022 |
NS Schlussbesprechung | Niederschrift | ESt/USt 2015 | 23.3.2022 |
BP-Bericht vom 24.3.2022 | BP-Bericht | ESt/USt 2015 | 24.03.2022 |
USt WE + Sachbescheid, ESt Erstbescheid | Bescheide | ESt/USt 2015 | 25.03.2022 |
Amtshandlungen USt 2016 | |||
Maßnahme | Nachweis | Abgaben | Datum |
Erstbescheid | Bescheid | USt 2016 | 11.4.2018 |
Außenprüfung wird angekündigt | Prüfungsauftrag | USt 2016 | 19.11.2019 |
Beginn der Außenprüfungshandlungen | Prüfungsablaufblatt | USt 2016 | 13.1.2020 |
Vorhalt | Vorhaltsschreiben | USt 2016 | 21.1.2020 |
Vorhalt | Vorhaltsschreiben | USt 2016 | 19.6.2020 |
Vorhalt des Fachbereichs Mag. Fialka | Vorhaltsschreiben | USt 2016 | 16.9.2021 |
Schlussbesprechung Außenprüfung 2014-2017 | Niederschrift | USt 2016 | 23.3.2022 |
NS Schlussbesprechung 23.3.2022 | Niederschrift | USt 2016 | 23.3.2022 |
BP-Bericht vom 24.3.2022 | BP-Bericht | USt 2016 | 24.3.2022 |
USt: Wiederaufnahme + neuer Sachbescheide | Bescheide | USt 2016 | 25.3.2022 |
2. Beweiswürdigung
Nach Vorbringen des Beschwerdeführers würden keine neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, weil es der Finanzverwaltung aufgrund der Berichterstattung in den Medien zum **X**-Fall von vornherein bekannt gewesen sein hätte müssen, dass beim Beschwerdeführer hohe Verteidigungsaufwendungen angefallen seien. Auch aufgrund der eingereichten Jahresabschlüsse seien der belangten Behörde die Rechts- und Beratungsaufwendungen der Vorjahre und auch der erhebliche Anstieg dieser Aufwendungen in den beschwerdegegenständlichen Jahren bekannt gewesen. Es handelt es sich daher lediglich um eine neue rechtliche Beurteilung der Verteidigungsaufwendungen durch die belangte Behörde und nicht um neu hervorgekommene Tatsachen, weshalb kein Wiederaufnahmsgrund vorliege.
Das Bundesfinanzgericht vermag diesem Vorbringen nicht folgen. Der Argumentation des Beschwerdeführers, dass "bereits einem mittelmäßig aufmerksamen Zeitungsleser" klar gewesen sei, "dass in der Strafsache **X** erheblicher Aufwand an Verteidigungskosten angefallen" sei und dass dieser Umstand "somit auch jedem Referenten in der Abgabenbehörde klar gewesen sein (muss)" kann daher nicht beigetreten werden.
Selbst wenn zuständige Mitarbeiter der belangten Behörde grundsätzlich aus den Medien über das Strafverfahren an sich informiert gewesen wären, waren ihnen - und somit auch der Behörde an sich - keine konkreten Umstände bekannt bzw lagen der belangten Behörde Eingangsrechnungen/Honorarnoten, etc, vor, aus denen sich die konkrete Art und Höhe der Aufwendungen ergeben hätte können. Die konkreten Umstände und die tatsächlich angefallenen Rechts- und Beratungsaufwendungen, die im Rahmen der Einreichung der Steuererklärungen auch in keiner Weise offengelegt wurden, ergaben sich somit für die belangte Behörde erst im Rahmen der erfolgten Außenprüfung, kamen für sie damit neu hervor.
Die Feststellungen, dass sämtliche Wiederaufnahmebescheide in der Begründung auf den Bericht über die Außenprüfung verweisen und sich von dort ein entsprechender Verweis auf die in der Niederschrift dargestellten Sachverhalte ergibt und auch jeweils die Begründung zur Ermessensübung vorgenommen wurde ergibt sich klar aus den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden, bezeichneten Dokumenten.
Hinsichtlich der Darstellung der vorgenommenen Amtshandlungen liegen die angeführten Nachweise jeweils vor.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)
Nach § 303 Abs 1 lit b der Bundesabgabenordnung ( BAO) kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren ua von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen und Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt bereits so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB VwGH 23.2.2010, 2006/15/0314; 29.7.2010, 2006/15/0006 ua). Entsprechend obiger Feststellungen konnte die Ermittlung der gegenständlich zugrundeliegenden tatsächlich angefallenen Rechts- und Beratungsaufwendungen im Zusammenhang mit dem betreffenden Strafverfahren erst im Zuge der vorgenommenen Außenprüfung erfolgen, erst dabei gelangte die belangte Behörde in Kenntnis von obig angeführten Dokumenten und damit der relevanten Tatsachen. Es liegen somit neu hervorgekommene Tatsachen iSd § 303 Abs 1 lit b BAO vor, deren Kenntnis zu im Spruch anders lautenden Bescheiden führte. Von Seiten der belangten Behörde wurden die Dokumente bzw Umstände entsprechend angeführt.
Die Verfügung einer Wiederaufnahme des Verfahrens liegt im Ermessen. Im gegenständlichen Fall erfolgte von Seiten der belangten Behörde eine dementsprechende Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen und enthielten die Bescheide jeweils Ausführungen zur Ermessensübung. Das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit überwog und die steuerlichen Auswirkungen auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden konnten.
Die Pflicht zur Begründung der Wiederaufnahme gilt auch für das Bundesfinanzgericht, dem volle Kognition auch bei der Ermessensübung eingeräumt ist (vgl VwGH 6.4.2022, Ra 2021/15/0050, mwN; 20.12.2024, Ra 2023/13/0033).
Von Seiten des Bundesfinanzgerichts wird demgemäß auf § 20 BAO verwiesen, wonach Ermessensentscheidungen innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen sind. Dabei ist dem Begriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen (vgl etwa VwGH 22.4.2009, 2006/15/0257, mwN; 30.6.2021, Ra 2019/15/0125).
Die Interessensabwägung verbietet bei Geringfügigkeit der neu hervorgekommenen Tatsachen in der Regel den Gebrauch der Wiederaufnahmemöglichkeit. Die Geringfügigkeit ist dabei an Hand der steuerlichen Auswirkungen der konkreten Wiederaufnahmegründe und nicht auf Grund der steuerlichen Gesamtauswirkungen zu beurteilen, die infolge Änderungen auf Grund anderer rechtlicher Beurteilungen im Sachbescheid vorzunehmen wären. Nur im Falle der Geringfügigkeit neu hervorgekommener Tatsachen sind Verhältnismäßigkeitsüberlegungen - insbesondere auch in Bezug auf das Ergebnis der neuen Sachentscheidung - in die Ermessensentscheidung einzubeziehen. Bei der Ermessensübung sind alle im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme in Betracht kommenden Umstände zu berücksichtigen (vgl etwa VwGH 30.6.2021, Ra 2019/15/0125).
Im gegenständlichen Fall erfolgte die Wiederaufnahme anhand der in den obigen Feststellungen angeführten neu hervorgekommenen Tatsachen. Die steuerlichen Auswirkungen dieser Tatsachen führten zu vorgenommenen Hinzurechnungen zu den Bemessungsgrundlagen der Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die einzelnen beschwerdegegenständlichen Jahre in Höhe von jeweils mehreren tausend Euro, die sich somit in keiner Weise als geringfügig erweisen (beispielsweise seien die Honorarnoten von **S** angeführt über insgesamt EUR 5.000 zzgl 20% USt im Jahr 2014, EUR 30.000 zzgl 20% USt im Jahr 2015, EUR 17.500 zzgl 20% USt im Jahr 2016, die Honorarnoten von **R** über EUR 8.203,33 im Jahr 2017, sowie zahlreiche weitere in einkommensteuer- und umsatzsteuerlicher Hinsicht unrechtmäßig berücksichtigte Aufwendungen bzw Vorsteuern). Die steuerlichen Auswirkungen der konkreten Wiederaufnahmegründe können somit nicht als geringfügig angesehen werden. Die gebotene Abwägung der Erwägungen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit führt im konkreten Fall jedenfalls zu einem Übergewicht der Gründe der Zweckmäßigkeit der Wiederaufnahme und damit der Richtigstellung der Besteuerung aus Gründen der Rechtsrichtigkeit und sohin auch aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Zudem erweist sich die gegenständlich erfolgte Wiederaufnahme auch nicht als unbillig. Weder widerspricht sie dem Grundsatz der Einzelfallgerechtigkeit, noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder dem Grundsatz von Treu und Glauben.
In zeitlicher Hinsicht ist die Wiederaufnahme gemäß § 304 BAO (jedenfalls) innerhalb er Verjährungsfrist möglich. Gemäß § 207 Abs 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist in den Fällen der Einkommensteuer und Umsatzsteuer fünf Jahre. Die Verjährung beginnt diesfalls gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen ua zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Gemäß § 209 Abs 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruchs.
Im gegenständlichen Fall ist die Wiederaufnahme für die Jahre 2014 ff mit den mit 25.3.2022 datierten Wiederaufnahmebescheiden erfolgt.
Entsprechen obiger Ausführungen beginnen die Verjährungsfristen für die Einkommensteuer 2014 und Umsatzsteuer 2014 am 31.12.2014 und laufen bis zum 31.12.2019. Die Erlassung der jeweils mit 31.3.2016 datierten Bescheide betreffend Einkommensteuer 2014 und Umsatzsteuer 2014 stellen Verlängerungshandlungen iSd § 209 Abs 1 BAO dar, womit sich jeweils die Frist bis zum 31.12.2020 verlängert. Im Jahr 2020 erfolgte laut Prüfungsablaufblatt der Beginn der Außenprüfungshandlungen und wurden dem Beschwerdeführer zwei Vorhalte (datiert mit 21.1.2020 sowie mit 19.6.2020) übermittelt, womit sich die Frist jeweils bis zum 31.12.2021 verlängerte. Am 16.9.2021 erfolgte von Seiten der belangten Behörde ein Schreiben betreffend Ersuchen um Ergänzung/Auskunft an den Beschwerdeführer, wodurch es jeweils zur Verlängerung der Verjährungsfristen bis zum 31.12.2022 kam. Die angeführten Verlängerungshandlungen betrafen jeweils ua die Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2014. Die am 25.3.2022 verfügte Wiederaufnahme erwies sich in dieser Hinsicht damit als rechtzeitig.
Hinsichtlich Einkommensteuer 2015 und Umsatzsteuer 2015 wurden die Erstbescheide jeweils am 18.4.2017 erlassen, wodurch sich die ursprünglich bis zum 31.12.2020 laufende Frist bis zum 31.12.2021 verlängert. Am 16.9.2021 erfolgte von Seiten der belangten Behörde ein Schreiben betreffend Ersuchen um Ergänzung/Auskunft an den Beschwerdeführer, das auch die Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2015 betraf, wodurch es jeweils zur Verlängerung der Verjährungsfristen bis zum 31.12.2022 kam, wodurch sich die Wiederaufnahme für das Jahr 2015 als rechtzeitig erwies.
Hinsichtlich Umsatzsteuer 2016 erging der Erstbescheid am 11.4.2018, die Verjährungsfrist läuft damit bis zum 31.12.2022. Für die Jahre 2017 ff läuft die Verjährungsfrist ohnehin jedenfalls bis zum 31.12.2022. Die jeweils am 25.3.2022 verfügten Wiederaufnahmen erfolgten somit innerhalb der Verjährungsfristen und damit rechtzeitig.
Zusammenfassend erfolgten somit sämtliche gegenständlich verfügten Wiederaufnahmen rechtmäßig. Die Beschwerde war daher im Rahmen der im fortgesetzten Verfahren (nur mehr) relevanten Wiederaufnahmen hinsichtlich Einkommensteuer 2014 und 2015 sowie Umsatzsteuer 2014 bis 2017 als unbegründet abzuweisen.
3.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall hatte das Bundesfinanzgericht keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, weshalb die Revision gemäß Art 133 Abs 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zuzulassen war.
Wien, am 30. Juni 2025