JudikaturBFG

RV/6100295/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
15. September 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***R1***, den Richter ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Alina Michaela Winter, Carl-Zuckmayer-Straße 37 Tür 41, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom 19. Mai 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 20. Februar 2023 betreffend Haftungsbescheid / Sonstige 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9. September 2025 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Abgabenbeträge der ***U*** betreffend Umsatzsteuer 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 sowie betreffend Körperschaftsteuer 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 wurden vom Finanzamt im Wege der Schätzung ermittelt.

Am 06.08.2021 wurden gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2014 bis 2019 Beschwerden eingebracht.

Betreffend diese Beschwerden wurde am 18.08.2021 ein Mängelbehebungsauftrag erlassen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.11.2021 wurden die Beschwerden als zurückgenommen erklärt, da dem Mängelbehebungsauftrag nicht innerhalb der gesetzten Frist entsprochen wurde.

Mit Anbringen des steuerlichen Vertreters vom 06.07.2022 wurde beantragt, die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für 2014 bis 2019 und die davon abgeleiteten Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2014 und 2015 gem. § 299 BAO aufzuheben.

Mit Bescheid von 28.11.2022 wurde der Antrag abgewiesen.

Mit Schreiben des Finanzamtes vom 05.01.2023 wurde ***Bf1*** (Beschwerdeführer - Bf) betreffend Heranziehung zur Haftung gem. § 9 BAO iVm § 80 BAO wegen aushaftender Abgabenbeträge der ***U*** iHv € 91.360,01 zur Stellungnahme aufgefordert. Der Bf wurde im Wesentlichen ersucht, die maßgebliche finanzielle Situation der Primärschuldnerin zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten, die offenen Verbindlichkeiten und die erbrachten Tilgungsleistungen an alle einzeln anzuführenden Gläubiger bekannt zu geben.

Der Vorhalt wurde vom Bf nicht beantwortet.

Mit Haftungsbescheid vom 20.02.2023 (zugestellt am 21.02.2023) wurde der Bf als Haftungspflichtiger für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***U*** im Ausmaß von € 91.360,01 in Anspruch genommen. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass der Vorhalt vom 05.01.2023 nicht beantwortet worden sei und daher von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgegangen werde.

Mit Anbringen vom 21.03.2023 wurde ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis 21.04.2023 gestellt und mit Bescheid vom 21.03.2023 genehmigt. Mit Anbringen vom 21.04.2023 wurde abermals ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist bis 21.05.2023 gestellt und mit Bescheid vom 10.05.2023 genehmigt.

Mit Anbringen vom 19.05.2023 wurde fristgerecht Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom 20.02.2023 erhoben. Begründend wurde angeführt, dass die zugrundeliegenden Abgabenbescheide mit Null festzusetzen seien und dadurch die Haftung des Bf ausscheiden würde. Weiters wurde angeführt, dass der Bf über kein nennenswertes Vermögen verfüge und er stets bemüht war, das Unternehmen ordnungsgemäß zu führen. Der Bf hätte zu keinem Zeitpunkt damit gerechnet, dass allfällige Abgaben von der Abgabenbehörde nicht eingebracht werden könnten. Er hätte dies nicht einmal für wahrscheinlich, sondern für ausgeschlossen gehalten. Dem Bf könne daher höchstens leichte Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Weiters würde der Haftungsbescheid keine Ermessensbegründung enthalten. Weiters wären bei der ***U*** zu keinem Zeitpunkt ausreichend liquide Mittel vorhanden gewesen, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.07.2023 (Zustellversuch am 28.07.2023, Hinterlegung am 31.07.2023) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass es betreffend Gleichbehandlungsgrundsatz Aufgabe des Bf gewesen wäre, diese Umstände in vollem Umfang und lückenlos bei der Vorhaltsbeantwortung darzutun. Dem wäre durch das Nichtbeantworten des Vorhaltes nicht entsprochen worden.

Mit Anbringen vom 28.08.2023 wurde fristgerecht die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt (Vorlageantrag).

Mit Vorlagebericht vom 29. September 2023 wurde die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorgelegt. Darin wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 29. Jänner 2024 wurde die gegenständliche Beschwerdesache der bisherigen zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und mit 01. Februar 2024 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung 7008 zugeteilt.

Am 9. September 2025 wurde eine mündliche Senatsverhandlung abgehalten. Die belangte Behörde verwies im Wesentlichen auf die Begründungen im Haftungsbescheid sowie in der BVE und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Die Vertreterin des Bf legte weitere, umfangreiche Unterlagen vor. Die in der Beschwerde beantragte Zeugin aus der Schweiz wurde nicht stellig gemacht. Die Vertreterin des Bf beantragte die Stattgabe der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf war Gründer und Mitglied des Verwaltungsrates der am 28.06.2012 gegründeten ***U*** (Primärschuldnerin). Sitz der Gesellschaft war in ***O***.

Die Gesellschaft hat den Zweck der Wirtschaftsberatung, Organisation von Veranstaltungen aller Art, vor allem im Bereich Automobil sowie Handel mit Waren aller Art.

Die Gesellschaft unterhielt in Österreich eine Betriebsstätte.

Der Bf ist alleiniger Verwaltungsrat der Gesellschaft.

Mit der Entscheidung des Kantongerichts von ***O1*** vom 24.03.2022 wurde die Auflösung und Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs angeordnet. Mit Wirkung ab dem 12.10.2022 wurde der Konkurs über die bereits aufgelöste Gesellschaft eröffnet. Das Konkursverfahren wurde mit Entscheid des Kantongerichts von ***O1*** vom 12.10.2022 mangels Aktiven eingestellt.

Die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***U*** belaufen sich auf € 91.360,01 und setzen sich wie folgt zusammen:

U 2015 3.497,09

EG 2021 34,97

BAL 2021 6,15

BAL 2021 25,00

U 2014 2.208,10

U 2016 10.000,00

U 2017 10.000,00

U 2018 10.000,00

U 2019 10.000,00

K 2014 5.065,00

ZI 2014 293,04

K 2015 7.500,00

ZI 2015 355,40

K 2016 7.500,00

 

ZI 2016 251,37

K 2017 7.500,00

ZI 2017 147,35

K 2018 7.500,00

K 2019 7.500,00

EZ 2021 273,94

SZA 2021 101,30

SZA 2021 150,00

SZA 2021 150,00

SZA 2021 150,00

SZA 2021 150,00

SZA 2021 150,00

SZB 2021 50,65

SZB 2021 75,00

SZB 2021 75,00

SZB 2021 75,00

SZB 2021 75,00

SZB 2021 75,00

 

SZC 2021 50,65

SZC 2021 75,00

SZC 2021 75,00

SZC 2021 75,00

SZC 2021 75,00

SZC 2021 75,00

Summe 91.360,01

Die Abgabenbeträge betreffend Umsatzsteuer 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 sowie betreffend Körperschaftsteuer 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 wurden im Wege der Schätzung ermittelt.

Am 06.08.2021 wurden gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide 2014 bis 2019 Beschwerden eingebracht.

Betreffend diese Beschwerden wurde am 18.08.2021 ein Mängelbehebungsauftrag erlassen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.11.2021 wurden die Beschwerden als zurückgenommen erklärt, da dem Mängelbehebungsauftrag nicht innerhalb der gesetzten Frist entsprochen wurde.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom 06.07.2022 wurde beantragt, die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für 2014 bis 2019 und die davon abgeleiteten Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2014 und 2015 gem. § 299 BAO aufzuheben.

Mit Bescheid vom 28.11.2022 wurde der Antrag abgewiesen.

Der Bf verfügt über kein nennenswertes Vermögen. Sein monatliches Einkommen beträgt ca. € 2.000,00.

Der Bf war in das operative Geschäft der ***U*** laufend involviert. Damit hatte er auch einen vollständigen Überblick über die Finanzlage des Unternehmens.

Bei der ***U*** waren zu keinem Zeitpunkt ausreichende liquide Mittel vorhanden, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Es erfolgten immer wieder Betreibungen zulasten der ***U***.

Die Abgaben wurden nicht entrichtet. Der Nachweis der Mittelverwendung bzw. der Nachweis der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger wurde nicht erbracht.

Mit Erkenntnis des Spruchsenates Salzburg II vom 02.07.2024 wurde über den Bf eine Geldstrafe in Höhe von € 3.000,00 verhängt. Er hat als verantwortlich handelnder Geschäftsführer der ***U*** unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Umsatzsteuerklärung 2018 und Körperschaftsteuererklärung 2014 das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung begangen.

Mit Strafverfügung gem. § 143 des Finanzstrafgesetzes vom 29.07.2024 wurde über den Bf eine Geldstrafe in Höhe von € 500,00 verhängt. Er hat als verantwortlich handelnder Geschäftsführer der ***U*** vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung und durch Nichtabgabe der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 eine Finanzordnungswidrigkeit begangen.

2. Beweiswürdigung

Der, der Entscheidung zugrunde gelegte, Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und dem Vorbringen der Parteien.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Verfügte die Primärschuldnerin über (wenn auch nicht ausreichende) Mittel, so durfte der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden die Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden (Gleichbehandlungsgrundsatz).

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten gehören die rechtzeitige und richtige Einreichung von Abgabenerklärungen.

Der Bf hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war. Bei schuldhafter Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben.

Die gegenständlichen Abgaben wurden im Rahmen von rechtskräftigen Steuerverfahren festgesetzt und nicht entrichtet. Weiters wurde im Rahmen von Strafurteilen festgestellt, dass durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung 2018 sowie der Körperschaftsteuererklärung 2014 eine Abgabenhinterziehung vom Bf begangen wurde. Weiters hat der Bf durch Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung 2020 eine Abgabenhinterziehung sowie durch Nichtabgabe der Körperschaftsteuererkärung 2020 eine Finanzordnungswidrigkeit begangen.

Die Vertreterin des Bf legte im Zuge der mündlichen Verhandlung umfangreiche Unterlagen vor, bezeichnet als Unterlagen Teil eins, einen Depotauszug über Wertpapiere von der kantonalen Steuerverwaltung ***O1*** zum Wert von Namens Stammaktien zum 31.12.2019 sowie zum 31.12.2018, einen Kreditvertrag vom 09.10.2015 für einen Kredit von 50.000 CHF für die ***U*** (nicht unterfertigt von der ***U***). Dies zum Beweis dafür, dass der Kreditrahmen 50.000 CHF umfasst hat. Als Teil 2.1 bezeichnete Kontoauszüge der ***O3*** Kantonalbank beginnend mit 31.12.2014, mit einem Saldo von - 94.735,66 € bis zum 31.12.2016, auf dem sich alle Bewegungen auf dem Konto ersehen lassen. Als Teil 2.2. bezeichnete, weitere Kontoauszüge dieses Kontos für die Folgejahre.

Aus diesen Unterlagen waren zwar die Kontobewegungen zu den einzelnen Stichtagen, jedoch kein Überblick über die Gesamtschulden des Unternehmens ersichtlich. Weiters war nicht ersichtlich welche Verbindlichkeiten zu den (bzw. um die) jeweiligen Stichtage bestanden haben, an denen die im Haftungsweg vorgeschrieben Abgaben fällig gewesen sind, wie dies für die Frage der Gleichbehandlung der Gläubiger erforderlich gewesen wäre.

Die Vertreterin des Bf führte weiters aus, dass wie in der Beschwerde vom 19.05.2023 Seite 3 ausgeführt, ***Z***, CH, als Zeugin beantragt wird, zum Beweis dafür, dass lediglich die systemerhaltenden Zahlungen getätigt wurden, darüber hinaus keine Zahlungen möglich gewesen sind und daher alle anderen Gläubiger gleich behandelt wurden. Eine Stelligmachung der Zeugin durch den Bf ist jedoch nicht erfolgt. Eine Einvernahme konnte daher nicht durchgeführt werden.

Der Bf hat somit im gegenständlichen Verfahren nicht begründet, warum ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich war, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre.

Der erkennende Senat sieht es daher als erwiesen an, dass eine schuldhafte Verletzung iSd § 9 BAO vorliegt und diese Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 9. (1) BAO lautet: Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80. (1) BAO lautet: Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen (darunter fallen etwa die Geschäftsführer von GmbHs: § 18 Abs. 1 GmbHG) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

In der Schweiz ist der Verwaltungsrat (VR) das oberste Aufsichts- und Führungsorgan einer Aktiengesellschaft (AG) nach dem Obligationenrecht. Er ist für die strategische Ausrichtung, die Oberaufsicht der Geschäftsführung und die Vertretung des Unternehmens zuständig.

Um den Verwaltungsrat einer schweizerischen AG zur Haftung für Abgabenverbindlichkeiten der Gesellschaft heranziehen zu können ist es daher erforderlich, dass die Abgaben bei der Gesellschaft uneinbringlich sind, der Geschäftsführer seine (vgl VwGH 2.7.2002, 96/14/0076) Pflichten schuldhaft verletzt hat und diese Pflichtverletzung ursächlich für die Uneinbringlichkeit ist.

Dass die Abgabenverbindlichkeiten bei der ***U*** uneinbringlich sind, steht im vorliegenden Fall außer Zweifel. Über deren Vermögen war ein Konkursverfahren anhängig, welches mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. Dies bedeutet, dass das Vermögen nicht einmal zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausgereicht hat, sodass auf die Konkursgläubiger keine Quote entfällt (vgl. VwGH 30.4.2003, 2001/16/0252; 31.3.2004, 2003/13/0153).

Zu den abgabenrechtlichen Verpflichtungen des organschaftlichen Vertreters einer juristischen Person zählt insbesondere die zeitgerechte Entrichtung von Abgabenverbindlichkeiten ( § 80 Abs. 1 BAO). Reichen die finanziellen Mittel nicht aus, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen, hat der Vertreter für eine gleichmäßige (anteilige) Befriedigung der Gläubiger zu sorgen. Hierbei trifft ihn eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast. Er hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich war (VwGH 25.10.1996, 93/17/0280; 22.4.2015, 2013/16/0208; 19.5.2015, 2013/16/0016).

Behauptet der Vertreter, dass die Mittel unzureichend waren, um sämtliche Gläubiger zur Gänze zu befriedigen, obliegt ihm der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (VwGH 24.1.2017, Ra 2015/16/0078). Die pauschale Behauptung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger reicht hierzu nicht aus (vgl VwGH 22.9.1999, 96/15/0049). Erbringt der Vertreter diesen Nachweis nicht, darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass eine schuldhafte Verletzung iSd § 9 BAO vorliegt und dass diese Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war, sodass der Vertreter für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze haftet (VwGH 9.8.2001, 98/16/0348; 30.10.2001, 98/14/0082; 18.3.2013, 2011/16/0187; 27.5.2020, Ra 2020/13/0027). Um dieser Nachweispflicht nachkommen zu können, obliegt es dem Vertreter auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen (VwGH 14.3.2016, Ra 2015/16/0124).

Im vorliegenden Fall hat der Bf vorgebracht, dass die ***U*** über keine ausreichenden liquiden Mittel verfügt habe, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Dieses Vorbringen ist - abgesehen davon, dass es eine konkrete (insbesondere betragliche) Darstellung der finanziellen Mittel, der einzelnen Verbindlichkeiten und der (gänzlichen oder teilweisen) Begleichung dieser Verbindlichkeiten vermissen lässt - schon von vornherein ungeeignet, den von der o.a. Rechtsprechung geforderten Nachweis zu erbringen. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (vgl VwGH 23.11.2004, 2001/15/0108; 25.11.2009, 2007/15/0277). Dies ist bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben wie der Körperschaftsteuer der Zeitpunkt der erstmaligen Festsetzung (VwGH 16.12.1986, 86/14/0077; 21.5.1992, 88/17/0216Ob). Dass die Abgabenbescheide mit Rechtsmittel bekämpft wurden, vermag daran nichts zu ändern, da der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, für den (letztlich eingetretenen) Fall, dass die Rechtsmittel nicht erfolgreich sind, Vorsorge zu treffen und Rückstellungen zu bilden. Ansonsten könnte die Gleichbehandlungspflicht einfach dadurch umgangen werden, dass Abgabenbescheide bekämpft werden und während des anhängigen Rechtsmittelverfahrens andere Gläubiger zulasten des Abgabengläubigers bevorzugt werden.

Trotz der detaillierten Aufforderung durch die belangte Behörde im Vorhalt vom 05.01.2023 wurde ein Nachweis der Gleichbehandlung nicht beigebracht. Damit ist der Beschwerdeführer seiner qualifizierten Mitwirkungspflicht hinsichtlich des (teilweisen) Fehlens liquider Mittel und der anteiligen Verwendung dieser Mittel nicht nachgekommen, sodass anzunehmen ist, dass die Pflichtverletzung (Nichtentrichtung der Abgaben) schuldhaft und ursächlich für die Uneinbringlichkeit der Abgaben war. In Ermangelung sachgerechter Vorbringen und Beweisanbote seitens des Bf sowie in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte geht der erkennende Senat davon aus, dass die Uneinbringlichkeit zur Gänze durch die Pflichtverletzung verursacht wurde, sodass der Bf grundsätzlich auch zur Gänze für die Abgabenverbindlichkeiten der ***U*** haftet.

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen (VwGH 27.8.2020, Ra 2019/13/0035; 8.9.2020, Ra 2020/13/0029). Von der Vertreterin des Bf wird ins Treffen geführt, dass der Bf lediglich über geringe Einkünfte und kein nennenswertes Vermögen verfüge. Hierzu ist festzuhalten, dass dies nach ständiger Rechtsprechung in keinem Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung steht, zumal eine allfällige, bei Erlassung des Haftungsbescheides bestehende, Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen und künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen (VwGH 12.10.2009, 2009/16/0085; VwGH 27.5.2020, Ra 2020/13/0027).

Nach VwGH 3.3.2023, Ra 2020/13/0071, kann die behauptete Unrichtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht im Rahmen der Ermessensübung Berücksichtigung finden.

Auch weitere Ermessenskriterien, die der Haftung ganz oder teilweise entgegenstehen könnten (z.B. verwaltungsökonomische Überlegungen, persönliche oder sachliche Unbilligkeit) sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, sodass die Zweckmäßigkeit i.S.d. § 20 BAO, also das öffentliche Interesse an einer Einbringung der Abgaben als überwiegendes Ermessenskriterium verbleibt. Die Inanspruchnahme erfolgte daher auch im Rahmen des Ermessens zutreffend, sodass der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur Frage ob eine Haftung des Bf vorliegt, folgt dieses Erkenntnis den gesetzlichen Vorgaben sowie der Rechtsprechung des Vewaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg, am 15. September 2025