Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***SenV***, die Richterin ***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2 in der Beschwerdesache ***Erbe1*** und ***Erbe2*** als Erben nach ***Bf***, zuletzt wohnhaft in ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom 15. Februar 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals: Finanzamt Waldviertel) vom 16. Jänner 2019, mit dem der Antrag vom 30.11.2018, eingebracht am 03.12.2018, gem. § 97 Abs. 2 EStG betreffend Einkommensteuer 2013 bis 2017 hinsichtlich Verlustausgleichsoption zurückgewiesen wurde, Steuernummer ***BF1StNr1***, in Anwesenheit des Schriftführers ***SF*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Der in weiterer Folge kurz als Bf. bezeichnete Beschwerdeführer war Pensionist, dessen Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2013 bis 2017 erklärungsgemäß erfolgten. Die Einkommensteuerbescheide für diese Jahre erwuchsen in Rechtskraft.
Am 03.12.2018 brachte der Bf. mit Schreiben vom 30.11.2018 einen Antrag gem. § 97 Abs. 2 EStG 1988 zum Zweck des Ausgleichs von Kursgewinnen und Kursverlusten (Verlustausgleichsoption) für die Jahre 2013 bis 2017 ein. Als Begründung wurde ins Treffen geführt, dass der Bf. und dessen Ehegattin ein Gemeinschaftsdepot mit den Eigentumsverhältnissen 50%:50% bei einem namentlich genannten Bankhaus besitzen würden. Ein Verlustausgleich durch die depotführende Bank sei nach § 93 Abs. 6 Z 4d EStG ausgeschlossen. Für die Jahre 2013 bis 2017 werde somit beantragt, die Verluste aus dem Verkauf von Wertpapieren mit realisierten Wertsteigerungen bzw. Einkünften aus der Überlassung von Kapital auszugleichen und die Kapitalertragsteuer gutzuschreiben.
Abschließend wurde auf die in der Anlage befindlichen Details zu den Verlusten und Gewinnen der Jahre 2013 - 2017 verwiesen und im konkreten folgender - aus der nachfolgenden Übersicht entnehmbare - Verlustausgleich beantragt:
{
"type": "ol",
"children": [
{
"type": "li",
"children": [
"Jahr 2013: realisierte Verluste 175,00 € \tsomit KESt-Gutschrift von 43,75 € "
]
},
{
"type": "li",
"children": [
"Jahr 2014: realisierte Verluste 22.879,96 €\tsomit KESt-Gutschrift von 5.719,99 € "
]
},
{
"type": "li",
"children": [
"Jahr 2015: realisierte Verluste 8.780,44 € \tsomit KESt-Gutschrift von 2.195,12 € "
]
},
{
"type": "li",
"children": [
"Jahr 2016: realisierte Verluste 5.679,38 € \tsomit KESt-Gutschrift von 1.561,83 € "
]
},
{
"type": "li",
"children": [
"Jahr 2017: realisierte Verluste 74.134,66 € \tsomit KESt-Gutschrift von 20.387,03 € "
]
}
],
"attributes": {
"class": "ListeAufzhlung",
"style": "list-style-type: disc;"
}
}Es handelt sich dabei um den Gesamtverlust des Gemeinschaftsdepots. Der Antrag wurde für ***Bf*** und ***Erbe1*** gestellt. Der Hälfteanteil der Ehegattin ist hier nicht verfahrensgegenständlich.
Die belangte Behörde begründete den Zurückweisungsbescheid vom 16.01.2019 damit, dass ein Antrag gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988 zur Verlustausgleichsoption innerhalb von fünf Kalenderjahren ab dem Ende des Veranlagungsjahres ausschließlich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das betreffende Jahr gestellt werden könne. Die Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 2013 - 2017 seien jedoch bereits vor Einbringung des nunmehrigen Antrages vom 03.12.2018 erklärungsgemäß erfolgt und rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 15.02.2019 wurde rechtzeitig Beschwerde eingebracht. Vorgebracht wurde im Wesentlichen, dass der Antrag gemäß § 97 Abs. 2 EStG unabhängig von der Rechtskraft eines Einkommensteuerbescheides innerhalb von fünf Kalenderjahren ab dem Ende eines Veranlagungsjahres gestellt werden könne. Aus dem Gesetzeswortlaut, demnach die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit einem besonderen Steuersatz zu veranlagen seien, sei nicht abzuleiten, dass die allgemeinen Fristen zur Abgabe einer Steuererklärung die spezielle Antragsfrist von fünf Kalenderjahren verdrängen und damit obsolet machen würden.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 09.05.2019 als unbegründet ab. Mit den Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2013 bis 2017 seien keine Verlustausgleichsoptionsanträge gestellt worden. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2017 wären unbekämpft geblieben und daher in Rechtskraft erwachsen. Der nunmehr eingebrachte Antrag vom 30.11.2018 sei daher im Hinblick auf die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.
Mit Schreiben des steuerlich vertretenen Bf. vom 07.06.2019 wurde der Vorlageantrag gestellt.
Der Bf. verstarb am tt.02.2023. Laut Auskunft der steuerlichen Vertretung vom 24.07.2025 erlosch die Vollmacht mit dem Tod des Bf. Laut Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 17.05.2023 wurde die Verlassenschaft der Ehegattin ***Erbe1*** und dem Sohn ***Erbe2*** eingeantwortet.
Aufgrund der Abgabe von Erklärungen zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung (keine Pflichtveranlagungen) ergingen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 - 2017 (Bescheid 2013 vom 25.04.2014, Bescheid 2014 vom 23.08.2016, Bescheid 2015 vom 23.08.2016, Bescheid 2016 vom 25.01.2018, Bescheid 2017 vom 02.07.2018). Ein Rechtsmittel gegen die Bescheide wurde nicht erhoben. Die Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.
Am 03.12.2018 langte der Antrag gem. § 97 Abs. 2 EStG 1988 für einen Verlustausgleich ein. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 16.01.2019 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Verlustausgleichsoption nur im Zusammenwirken mit der Veranlagung möglich sei. Dagegen richtet sich die Beschwerde.
Strittig ist, ob ein Antrag gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988 auch noch nach rechtskräftigem Abschluss der korrespondierenden Veranlagungsverfahren zulässig ist.
Der Bf. verstarb am tt.02.2023. Die Verlassenschaft wurde den Erben ***Erbe1***, geboren am ***1***, und ***Erbe2***, geboren am ***2***, eingeantwortet.
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Der geltend gemachte Verlustausgleich gründet sich auf die vorgelegten Unterlagen der Bank.Die Rechtsnachfolge ergibt sich aus dem Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 17.05.2023.
Nach § 97 Abs. 1 EStG 1988 gilt für natürliche Personen die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf deren Erträge ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs 1 EStG 1988 anwendbar ist, durch die Kapitalertragsteuer als abgegolten, ausgenommen in den Fällen der Verlustausgleichsoption (§ 97 Abs 2 EStG 1988) und der Regelbesteuerungsoption (§ 27a Abs 5 EStG 1988).
Gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988 i.d.a.F. sind auf Antrag die der Kapitalertragsteuer unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen mit einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 zu veranlagen (Verlustausgleichsoption). Dabei ist die Kapitalertragsteuer auf Antrag auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten. Der Antrag kann innerhalb von fünf Kalenderjahren ab dem Ende des Veranlagungsjahres gestellt werden.
Gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen einem besonderen Steuersatz und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 5) anzuwenden ist.
Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn einer der im § 41 Abs. 1 EStG 1988 aufgezählten Gründe vorliegt. Im Streitfall ist kein Pflichtveranlagungstatbestand gegeben. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, so hat das Finanzamt gemäß § 41 Abs. 2 leg. cit nur auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung).
Die depotführenden Stellen führen für die von ihnen verwalteten Depots (mit Ausnahme von Gemeinschaftsdepots, betrieblichen Depots und Treuhanddepots) einen automatischen Verlustausgleich durch und erteilen dem Steuerpflichtigen darüber eine Bescheinigung (Steuerreporting). Einen darüberhinausgehenden Verlustausgleich - insbesondere mit ausländischen Einkünften oder bankenübergreifend - kann der Steuerpflichtige mittels der Verlustausgleichsoption gemäß § 97 Abs 2 EStG 1988 vornehmen.
Sind - wie im Beschwerdefall - auf einem Gemeinschaftsdepot Verluste entstanden, so ist es der Anleger, der diese Verluste mittels Verlustausgleichsoption im Rahmen einer Pflichtveranlagung oder freiwilligen Veranlagung in der Steuererklärung mit positiven Kapitalerträgen verrechnen kann (Anzumerken ist, dass auch auf den mit dem Antrag vorgelegten Jahresübersichten der depotführenden Bank hingewiesen wird: "Die Übersicht dient zu Ihrer Unterstützung, wenn Sie im Rahmen der Steuererklärung einen Verlustausgleich geltend machen").
Bei der Antragsveranlagung gemäß § 97 Abs 2 EStG 1988 (Verlustausgleichsoption) bleibt es bei einer Besteuerung der Kapitaleinkünfte mit dem besonderen Steuersatz von 27,5% (bis 2015 25%), es wird bloß die aufgrund von Verlusten zu viel entrichtete Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer angerechnet bzw. rückerstattet. Hierbei müssen nicht alle Kapitaleinkünfte veranlagt werden, es ist ausreichend, positive Einkünfte in derselben Höhe wie negative Einkünfte zu veranlagen.
Dass es sich im gegenständlichen Fall um einen Antrag gemäß § 97 Abs 2 EStG 1988 handelt, ergibt sich aus Antrag und Beschwerde selbst, wurde in der BVE vorgehalten und im Vorlageantrag nicht in Abrede gestellt. Die Ausübung der Verlustausgleichsoption ist - wie in der Folge dargestellt wird - aber nur im Rahmen des Veranlagungsverfahrens möglich.
Mit Wirksamkeit ab der Veranlagung 2023 wurde in § 39 Abs. 4 EStG 1988 eine generelle Regelung für die Ausübung von Besteuerungswahlrechten und Anträgen im Rahmen der Veranlagung aufgenommen. Die Regelung stellt eine Generalnorm dar, die nur durch ausdrückliche speziellere Einzelbestimmungen verdrängt wird. Die EBRV zum BGBl. I Nr. 110/2023 führen dazu aus, dass diese Regelung zu keiner Veränderung gegenüber der bisherigen Praxis führen soll, weswegen die entsprechenden Ausführungen auch für die Vergangenheit im gegenständlichen Fall dienlich sind.
Bereits die in der BVE angeführten erläuternden Bemerkungen zum BBG 2011 zum § 97 Abs. 2 EStG 1988, Seite 130, wonach die neue Verlustausgleichsoption nur zu "einem Verlustausgleich innerhalb der 25%-Schedule im Rahmen der Veranlagung führen soll", zeigen die Abhängigkeit des Antrages von der Veranlagung.
§ 27 Abs. 8 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 76/2011 lautete: "Der Verlustausgleich ist nur im Rahmen der Veranlagung (§ 97 Abs. 2) (…) zulässig". Dazu führen die EBRV zum BBG 2011 zu § 27 Abs. 8 und § 97 Abs. 2 EStG 1988 auf Seite 120 aus: "§ 27 Abs. 8 soll alle für den Verlustausgleich bei Kapitaleinkünften relevanten Regelungen enthalten. Bereits der Einleitungssatz enthält die zentrale Aussage, dass der Verlustausgleich nur im Rahmen der Veranlagung möglich ist. Die entsprechende Option zum Verlustausgleich soll künftig in § 97 Abs. 2 geregelt werden und, anders als bisher, nicht notwendiger Weise auch mit einer Veranlagung zum Regelbesteuerungstarif verbunden werden." (Hervorhebung durch BFG)
Mit dem BGBl. I Nr. 112/2011 wurde zwar der Passus, dass der Verlustausgleich bei Einkünften aus Kapitalvermögen auf die Veranlagung beschränkt sei, gestrichen, jedoch nur deshalb, weil der umfassende Verlustausgleich durch die depotführenden Kreditinstitute gesetzlich eingeführt wurde. Dazu sollte der in § 27 Abs. 8 EStG 1988 enthaltene Veranlagungsvorbehalt entfallen und ein neu eingefügter Abs. 6 in § 93 EStG 1988 den Verlustausgleich durch die Kreditinstitute näher regeln.
Der Wille des Gesetzgebers ist daher widerspruchsfrei.
Auch der VwGH beschäftigte sich bereits mehrfach mit der Frage, bis wann Besteuerungswahlrechte ausgeübt werden können. In der Rechtssache Ro 2016/15/0024 vom 01.06.2017 führte er zur Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags vor Eintritt der Rechtskraft eines Feststellungs- oder Einkommensteuerbescheides wie folgt aus: "20 Unbestritten ist zunächst, dass der "Grundfreibetrag" von Amts wegen zu berücksichtigen ist, während der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag nach § 10 Abs. 7 EStG 1988 geltend zu machen ist. § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 verlangt insoweit eine "Antragstellung". Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag ist demnach vom Steuerpflichtigen zu beantragen. Ein derartiger Antrag kann nur dann berücksichtigt werden, wenn er im Laufe des Verfahrens, also im Allgemeinen bis zur Rechtskraft der Entscheidung gestellt wird. Ein nach Rechtskraft der Entscheidung gestellter Antrag konnte im Rahmen des Verfahrens, das zu jener Entscheidung geführt hat, schon aus Gründen des zeitlichen Ablaufs nicht berücksichtigt werden.
21 Diese völlig selbstverständliche Voraussetzung bedürfte keiner gesonderten Regelung im Gesetz. Im Zweifel ist aber nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber Überflüssiges regelt. Wenn der Gesetzgeber daher in § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 vorgesehen hat, dass eine Antragstellung oder eine Berichtigung der Verzeichnisse bis zur Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuerbescheides oder Feststellungsbescheides möglich ist, so ist davon auszugehen, dass damit nicht - überflüssigerweise - geregelt wurde, dass derartige Anträge jeweils bis zur Rechtskraft einer Entscheidung gestellt werden können. Im Hinblick auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist vielmehr davon auszugehen, dass eine derartige Antragstellung oder Berichtigung der Verzeichnisse nur bis zur erstmaligen Rechtskraft einer Entscheidung betreffend Einkommensteuer oder Feststellung von Einkünften möglich ist (vgl. auch - zur Investitionszuwachsprämie nach § 108e EStG 1988 - VwGH vom 25. November 2015, 2012/13/0117, sowie - zur Antragstellung nach § 4 Abs. 10 Z 3 lit. b EStG 1988 - VwGH vom 10. März 2016, 2013/15/0299)." (Hervorhebung durch BFG)
Anders als der Bf. vorbringt, war der Passus im § 97 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 118/2015 "Der Antrag kann innerhalb von fünf Kalenderjahren ab dem Ende des Veranlagungsjahres gestellt werden" nicht als Erweiterung der Möglichkeit der Geltendmachung des Besteuerungswahlrechtes der Verlustausgleichsoption und wie oben ausgeführt als eigenständiges, neben dem Veranlagungsverfahren mögliches Verfahren zu verstehen, sondern als Einschränkung.
Die Fünfjahresfrist entsprach nämlich der Frist zur Stellung eines Antrags auf Einkommensteuerveranlagung. Die Verlustausgleichsoption ist grundsätzlich in der Veranlagung mit der Beilage "E 1kv" geltend zu machen. Hätte die Fünfjahresfrist lediglich deklarativen Charakter, so bedürfte diese Frist keiner gesonderten Regelung im Gesetz. Im Zweifel ist aber nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber Überflüssiges regelt. (siehe auch wie oben VwGH vom 01. Juni 2017, Ro 2016/15/0024)
So konnte ein Antrag gem. § 97 Abs. 2 EStG lediglich innerhalb von fünf Kalenderjahren ab dem Ende des Veranlagungsverfahrens gestellt werden, selbst wenn sich die Einkommensteuerveranlagung des besagten Jahres in einem Beschwerdestadium befand und damit nicht rechtskräftig war. Wurde beispielsweise der Einkommensteuerbescheid 2013 mit Beschwerde bekämpft und war im Jahr 2019 das Beschwerdeverfahren noch offen, so war ein Antrag auf Verlustausgleich nicht mehr möglich, da die Fünfjahresfrist bereits mit 31.12.2018 abgelaufen war.
Mit der Streichung der Fünfjahresfrist in § 97 Abs 2 EStG ab der Veranlagung 2023 sollte laut den EBRV zum BGBl. I Nr. 110/2023 die zeitlich unbegrenzte Möglichkeit des Antrags - allerdings nur in nicht rechtskräftigen Veranlagungsverfahren - geschaffen werden:
"In § 97 Abs. 2 ist im vierten Satz vorgesehen, dass die Verlustausgleichsoption (Verlustausgleich in Bezug auf endbesteuerungsfähige Kapitaleinkünfte zum besonderen Steuersatz) innerhalb von fünf Kalenderjahren ab dem Ende des Veranlagungsjahres gestellt werden kann. Eine vergleichbare Option besteht - allerdings ohne zeitliche Begrenzung - für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (Veranlagungsoption gemäß § 30b Abs. 3). Die Rechtslage in § 97 soll mit der in § 30b harmonisiert werden. Die zeitliche Befristung soll daher ersatzlos entfallen und auf die Option die allgemeine Grundregel des § 39 Abs. 4 zweiter Satz angewendet werden können." (EB zur RV 2086 zum AbgÄG 2023 (Beilagen XXVII. GP; Hervorhebung durch BFG)
Wenngleich der Bf. vermeint, es gäbe für Anträge nach § 97 Abs. 2 EStG 1988 keine besonderen Formvorschriften, so muss dem entgegengehalten werden, dass gerade auch für den Verlustausgleich die Drucksorte "E 1kv" als Beilage zur Einkommensteuererklärung ("E 1") geschaffen wurde.
Sind amtliche Vordrucke für Abgabenerklärungen aufgelegt, so sind gem. § 133 Abs. 2 BAO idF BGBl. I Nr. 132/2002 die Abgabenerklärungen unter Verwendung dieser Vordrucke abzugeben. Alternativ kann Finanz-Online genutzt werden.
Die Verlustausgleichsoption wird in der Beilage zur Einkommensteuererklärung für Kapitaleinkünfte "E 1kv" beantragt. Im Punkt 1.3 sind Kapitaleinkünfte (laufende Erträge und Substanzgewinne/-verluste) zu erfassen, die in einen Verlustausgleich einbezogen werden können. Durch die Erfassung von Substanzverlusten in den Kennzahlen 891/892 und 895/896 wird die Verlustausgleichsoption gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988 ausgeübt (Verrechnung von Substanzverlusten im Rahmen der Besteuerung mit einem besonderen Steuersatz). Die Verlustausgleichsoption kann auch nur für einzelne Einkünfte ausgeübt werden und muss daher - im Gegensatz zur Regelbesteuerungsoption - nicht alle Einkünfte umfassen. Die auf inländische Einkünfte entfallende Kapitalertragsteuer ist in Kennzahl 899 (Punkt 1.4) einzutragen.
Grundsätzlich ist daher dieses Formular zu verwenden. Nur in einem möglichen fortgesetzten Verfahren nach dem Erstbescheid (Beschwerde, Wiederaufnahme, etc.), kann auf den amtlichen Vordruck verzichtet werden. Eine Voraussetzung für die Berücksichtigung eines beantragten Verlustausgleichs ist die Verwendung des dafür vorgesehenen Formulars - mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung - allerdings nicht.
Nach VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, zählt die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens, wobei die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens allgemein anzuwenden sind. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem) und mit der Rechtskraft die Wirkung verbunden ist, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Die Einkommensteuerbescheide des Bf. für die Jahre 2013 bis 2017 sind rechtskräftig. Der Antrag auf Verlustausgleich wurde unstrittig erst nach Eintritt der Rechtskraft gestellt. Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen.
Soweit nichts anderes bestimmt ist, können veranlagungsbezogene Besteuerungswahlrechte und Anträge nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften nach erstmaligem Eintritt der Rechtskraft nachträglich ausgeübt oder geändert bzw. zurückgezogen werden. Voraussetzung dafür ist aber stets das Vorliegen eines tauglichen Verfahrenstitels zur allgemeinen Rechtskraftdurchbrechung (insbesondere eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO oder eine Aufhebung des Bescheides gem. § 299 BAO, nicht aber Fälle von "Teilrechtskraftdurchbrechung" wie etwa § 293b BAO). Ein solcher Verfahrenstitel steht im gegenständlichen Fall jedoch nicht zur Verfügung. Weder erweist sich der Spruch der Bescheide als unrichtig, noch kamen neue Tatsachen oder Beweismittel hervor.
Die bloße Stellung bzw. Zurückziehung eines Antrages oder Ausübung bzw. Änderung eines Besteuerungswahlrechtes stellt auch kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO dar. § 295a BAO kann somit keinen Verfahrenstitel darstellen, der - ohne Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes - eine nachträgliche Ausübung/Änderung eines Besteuerungswahlrechtes ermöglicht.
Auch ein Antrag nach § 240 BAO würde im Übrigen "zu Unrecht einbehaltene Beträge" voraussetzen, was hier nicht der Fall ist.
Sämtliche Beschwerdeausführungen gehen daher ins Leere. Die Zurückweisung des Antrags als unzulässig war rechtskonform. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall ergibt sich die Entscheidung aus der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH, wonach eine antragsmäßige Geltendmachung von Besteuerungswahlrechten nur im Rahmen eines nicht rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungsverfahrens zulässig ist und außerhalb eines solchen gestellten Anträgen das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegensteht.
Im Übrigen wäre im vorliegenden Fall auch bei Fehlen dieser Rechtsprechung eine Revision unzulässig, denn wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (Vgl. etwa VwGH 27. August 2014, Ra 2014/05/0010, VwGH 29. Jänner 2015, Ra 2014/03/0061, VwGH 18. März 2015, Ra 2015/04/0005, VwGH 19. Mai 2015, Ra 2015/05/0030, sowie VwGH 1. September 2015, Ra 2015/08/0093). Dieser Fall liegt gegenständlich vor.
Wien, am 28. Oktober 2025
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