Abkommen über Solidaritätsmaßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung (Deutschland)
Gegenstand und Geltungsbereich des Abkommens
Art. 2Begriffsbestimmungen
Art. 3Solidaritätsersuchen
Art. 4Durchführung marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen
Art. 5Durchführung nicht-marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen
Art. 6Übergabe und Übernahme der Gasmenge bei der Durchführung nicht-marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen
Art. 8Entschädigung für nicht-marktbasierte Solidaritätsmaßnahmen
Art. 9Zahlungsmodalitäten, Rechnung und Fristen für die Entschädigung nicht-marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen
Art. 10Einhaltung der Verpflichtungen
Art. 11Kommunikationsmittel
Art. 12Gerichtsstandsklausel
Art. 13Kündigung
Art. 14Inkrafttreten
Vorwort
Artikel 1
Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich des Abkommens
(1) Mit diesem Abkommen werden gemäß Artikel 13 Absatz 10 Satz 2 der Verordnung (EU) 2017/1938 in Verbindung mit dem jeweils geltenden innerstaatlichen Recht technische, rechtliche und finanzielle Regelungen zur Anwendung von Solidaritätsmaßnahmen vereinbart. Die Vertragsparteien ersuchen um die Solidaritätsmaßnahmen als letztes Mittel in einem Notfall, in dem die Versorgung der durch Solidarität geschützten Kunden mit Gas aus eigener Kraft nicht bewältigt werden kann.
(2) Im Solidaritätsfall ergreift die leistende Vertragspartei Solidaritätsmaßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet zur Versorgung der durch Solidarität geschützten Kunden im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei mit Gas.
Artikel 2
Art. 2 Begriffsbestimmungen
(1) Für die Zwecke dieses Abkommens gelten die Begriffsbestimmungen der folgenden gesetzlichen Regelungen:
1. Artikel 2 der Verordnung (EU) 2017/1938,
2. Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 36–54),
3. Artikel 3 der Verordnung (EU) 2017/459 der Kommission vom 16. März 2017 zur Festlegung eines Netzkodex über Mechanismen für die Kapazitätszuweisung in Fernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 984/2013 (ABl. L 72 vom 17.3.2017, S. 1–28),
4. Artikel 3 der Verordnung (EU) Nr. 312/2014 der Kommission vom 26. März 2014 zur Festlegung eines Netzkodex für die Gasbilanzierung in Fernleitungsnetzen (ABl. L 91 vom 27.3.2014, S. 15–35),
5. Artikel 2 der Verordnung (EU) 2015/703 der Kommission vom 30. April 2015 zur Festlegung eines Netzkodex mit Vorschriften für die Interoperabilität und den Datenaustausch (ABl. L 113 vom 1.5.2015, S. 13–26) und
6. Artikel 2 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 94–136).
(2) Darüber hinaus gelten für dieses Abkommen die folgenden Begriffsbestimmungen:
1. „Solidaritätsmaßnahmen“ bezeichnen Maßnahmen im Hoheitsgebiet der leistenden Vertragspartei, die notwendig sind, um Solidaritätsangebote im erforderlichen Ausmaß zu generieren.
2. „Marktbasierte Solidaritätsmaßnahmen“ bezeichnen die durch die leistende Vertragspartei veranlassten Aufforderungen an Marktteilnehmer im eigenen Hoheitsgebiet, auf vertraglicher Grundlage freiwillige Maßnahmen auf Angebots- und Nachfrageseite zur Bereitstellung von Gasmengen gegen Zahlung eines vertraglich festgelegten Preises zu ergreifen, die es der um Solidarität ersuchenden Vertragspartei ermöglichen sollen, den Bedarf zur Versorgung ihrer durch Solidarität geschützten Kunden mit Gas selbst über den Markt zu decken.
3. „Nicht-marktbasierte Solidaritätsmaßnahmen“ bezeichnen hoheitliche Maßnahmen auf Angebots- und Nachfrageseite, die von der leistenden Vertragspartei im eigenen Hoheitsgebiet ergriffen werden, mit dem Ziel, zur Gasversorgung der durch Solidarität geschützten Kunden der ersuchenden Vertragspartei beizutragen. Diese schließen die Verpflichtung von Marktteilnehmern ein, ihre bereits erworbenen Erdgasmengen über Flexibilisierungsinstrumente anzubieten.
4. „Ersuchende Vertragspartei“ ist die Vertragspartei, die um Solidaritätsmaßnahmen ersucht.
5. „Leistende Vertragspartei“ ist die Vertragspartei, die Solidaritätsmaßnahmen ergreift.
6. „Solidaritätsersuchen“ ist die formelle Aufforderung der ersuchenden Vertragspartei an die leistende Vertragspartei zur Leistung von Solidarität unter Angabe der Daten gemäß Artikel 3 Absatz 4.
7. „Solidaritätsangebot“ bezeichnet die Aufstellung der Solidaritätsmaßnahmen durch die leistende Vertragspartei, die gegen Zahlung einer Entschädigung ergriffen werden können.
8. „Angebote von Marktteilnehmern“ bezeichnen Vertragsangebote zur freiwilligen Bereitstellung von Gasmengen durch Marktteilnehmer.
9. „Lieferpunkt“ bezeichnet
a) im Falle von nicht mit üblichen Mitteln des Marktes aber mit Hilfe von marktbasierten Maßnahmen erworbenen Gasmengen einen oder mehrere Punkte des Marktgebietes der leistenden Vertragspartei an dem beziehungsweise an denen das Gas an die ersuchende Vertragspartei übergeben wird.
b) im Falle von mit Hilfe von nicht-marktbasierten Maßnahmen beschafften Gasmengen einen oder mehrere Grenzübergangspunkte des nationalen Gastransportsystems der leistenden Vertragspartei an dem beziehungsweise an denen das Gas das Hoheitsgebiet der leistenden Vertragspartei verlässt.
10. „Transportrisiko“ ist das Risiko, dass die durch Solidaritätsmaßnahmen verfügbar gemachten Gasmengen nicht zum Lieferpunkt transportiert werden können, weil es nach Erstellung des Solidaritätsangebots zu netztechnischen oder vertraglichen Einschränkungen, insbesondere aufgrund einer Renominierung, von vorab kontrahierten Kapazitäten an den entsprechenden Grenzübergangspunkten gekommen ist und somit Kapazitätsengpässe entstehen.
11. „Notfall“ oder „Notfallstufe“ bezeichnet eine Krisensituation gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2017/1938.
12. „Koordinierungsgruppe „Gas“ bezeichnet das durch Artikel 4 der Verordnung (EU) 2017/1938 eingesetzte Gremium.
13. „Liefertag“ ist der Gastag im Sinne von Artikel 3 Ziffer 16 der Verordnung (EU) 2017/459‚ an dem die Solidaritätsmaßnahmen abgerufen werden sollen.
14. „Für die ersuchende Vertragspartei handelnder Dritter“ bezeichnet ein gegenüber der leistenden Vertragspartei benanntes Unternehmen, welches von der ersuchenden Vertragspartei damit beauftragt ist, unter Beachtung der regulatorischen Rahmenbedingungen der leistenden Vertragspartei die Solidaritätsmaßnahmen abzuwickeln.
Artikel 3
Art. 3 Solidaritätsersuchen
(1) Das Solidaritätsersuchen setzt die Ausrufung der Notfallstufe nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2017/1938 und die Zusicherung der ersuchenden Vertragspartei voraus, dass die Voraussetzungen nach Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/1938 zum Zeitpunkt der Einleitung der ersuchten Solidaritätsmaßnahmen erfüllt sind.
(2) Die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei übermittelt unter Nutzung der in Artikel 11 genannten Kommunikationsmittel das Solidaritätsersuchen an die im Mitgliedsverzeichnis der Koordinierungsgruppe „Gas“ aufgeführten Kontaktdaten der zuständigen Behörde der leistenden Vertragspartei. Nach Übermittlung des Solidaritätsersuchens gemäß Satz 1 unterrichtet die ersuchende Vertragspartei unverzüglich die Kommission über die Übermittlung und den Inhalt des Solidaritätsersuchens. Die Erfüllung der Unterrichtungspflicht gemäß Satz 2 zeigt die ersuchende Vertragspartei der leistenden Vertragspartei unverzüglich an.
(3) Die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei übermittelt das Solidaritätsersuchen an die zuständigen Behörden aller nach Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1938 mit der ersuchenden Vertragspartei direkt verbundenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und an die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/1938 mit dem Staat der ersuchenden Vertragspartei über einen Drittstaat, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, verbunden sind.
(4) Das Solidaritätsersuchen muss mindestens folgende Angaben beinhalten:
1. Kontaktdaten der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei,
2. Kontaktdaten der zuständigen Fernleitungsnetzbetreiber der ersuchenden Vertragspartei (sofern relevant),
3. Kontaktdaten der zuständigen Marktgebietsverantwortlichen der ersuchenden Vertragspartei,
4. Kontaktdaten des für die ersuchende Vertragspartei handelnden Dritten,
5. Lieferzeitraum,
6. Gasmenge in kWh,
7. Gasqualität (H-Gas),
8. Lieferpunkt,
9. Zusicherung nach Absatz 1,
10. Erklärung, ob die nach der Durchführung von Solidaritätsmaßnahmen durch die leistende Vertragspartei von Marktteilnehmern angebotenen Verträge unmittelbar durch die ersuchende Vertragspartei oder einen für die ersuchende Vertragspartei handelnden Dritten geschlossen werden sollen,
11. Zusicherung, dass Forderungen von Marktteilnehmern aus dem Abschluss von Verträgen mit für die ersuchende Vertragspartei handelnden Dritten durch Garantien der ersuchenden Vertragspartei oder durch entsprechende Sicherheitenhinterlegung abgesichert werden, sofern nicht die ersuchende Vertragspartei selbst unmittelbarer Schuldner dieser Forderungen ist, und
12. Anerkennung der Verpflichtung der ersuchenden Vertragspartei, eine Entschädigung für die Solidarität gemäß den Regelungen dieses Abkommens und Artikel 13 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2017/1938 zu zahlen.
(5) Sofern die Versorgungssicherheitslage es zulässt, ist das Solidaritätsersuchen mindestens 20 Stunden vor dem Beginn des Liefertags zu stellen. Die leistende Vertragspartei bemüht sich, auch kurzfristigere Solidaritätsersuchen zu berücksichtigen, wenn die Krisensituation und die gaswirtschaftlich notwendigen Vorlaufzeiten zur Bereitstellung eines Solidaritätsangebotes dies zulassen.
(6) Das Solidaritätsersuchen ist maximal auf den folgenden Gastag beschränkt. Weitere Solidaritätsersuchen für nachfolgende Gastage können unter Berücksichtigung der Fristen in Absatz 5 gestellt werden.
(7) Nach Erhalt des Solidaritätsersuchens prüft die leistende Vertragspartei das Solidaritätsersuchen unverzüglich auf Fehler oder Unvollständigkeiten, die eine ordnungsgemäße Beantwortung des Solidaritätsangebots unmöglich machen könnten. Ergibt diese Prüfung Fehler oder Unvollständigkeiten des Solidaritätsersuchens im Sinne von Satz 1, kontaktiert die zuständige Behörde der leistenden Vertragspartei die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei unverzüglich unter Nutzung der im Solidaritätsersuchen genannten Kontaktdaten und bittet um Nachbesserung des Solidaritätsersuchens.
(8) Die zuständige Behörde der leistenden Vertragspartei bestätigt der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei den Eingang des Solidaritätsersuchens innerhalb einer halben Stunde nach Erhalt des Solidaritätsersuchens unter Nutzung der im Solidaritätsersuchen genannten Kontaktdaten. Hat die ersuchende Vertragspartei eine Bestätigung des Eingangs des Solidaritätsersuchens gemäß Satz 1 nicht innerhalb einer halben Stunde nach Absendung des Solidaritätsersuchens erhalten, bemüht sie sich um eine Kontaktaufnahme mit der leistenden Vertragspartei unter Nutzung aller zur Verfügung stehender Kommunikationsmittel.
Artikel 4
Art. 4 Durchführung marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen
(1) Nach dem Erhalt des Solidaritätsersuchens führt die leistende Vertragspartei unverzüglich marktbasierte Solidaritätsmaßnahmen durch, um der ersuchenden Vertragspartei den Abschluss von Verträgen mit Marktteilnehmern im Hoheitsgebiet der leistenden Vertragspartei zur Beschaffung der für die Versorgung ihrer durch Solidarität geschützten Kunden benötigten Gasmengen zu ermöglichen.
(2) Liegen nach der Durchführung marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen durch die leistende Vertragspartei der ersuchenden Vertragspartei Angebote von Marktteilnehmern im Hoheitsgebiet der leistenden Vertragspartei vor, obliegt es der ersuchenden Vertragspartei, sich die benötigten Gasmengen durch den Abschluss von Verträgen mit den von ihr ausgewählten Marktteilnehmern bis spätestens 14 Stunden vor Beginn des Liefertags und unter Berücksichtigung der gaswirtschaftlich notwendigen Vorlaufzeiten zu beschaffen. Die leistende Vertragspartei wird nicht Vertragspartner dieser Verträge und haftet auch nicht für ihre Erfüllung.
(3) Die aus den Vertragsschlüssen gemäß Absatz 2 Satz 1 entstehenden Forderungen der Marktteilnehmer sind durch Garantien der ersuchenden Vertragspartei oder durch entsprechende Sicherheitenhinterlegung abzusichern. Dies gilt nicht, wenn die ersuchende Vertragspartei selbst unmittelbarer Schuldner dieser Forderungen ist.
(4) Die ersuchende Vertragspartei stellt sicher, dass die für eine Übernahme der auf der Grundlage von Angeboten von Marktteilnehmern bereitgestellten Gasmengen erforderlichen Transportkapazitäten gebucht werden. Ist der ersuchenden Vertragspartei eine Buchung von Transportkapazitäten nach Satz 1 nicht möglich, teilt sie dies der leistenden Vertragspartei unverzüglich unter Benennung der Gründe mit.
Artikel 5
Art. 5 Durchführung nicht-marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen
(1) Soweit die ersuchende Vertragspartei auch nach der Durchführung marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen durch die leistende Vertragspartei ihren Bedarf für den im Solidaritätsersuchen angegebenen Lieferzeitraum durch die Annahme aller verfügbaren Angebote von Marktteilnehmern im Hoheitsgebiet der leistenden Vertragspartei sowie in den Hoheitsgebieten der übrigen nach Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1938 mit der ersuchenden Vertragspartei direkt verbundenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/1938 mit der ersuchenden Vertragspartei über ein Drittland, das nicht Mitglied der Europäischen Union ist, verbunden sind, nicht vollständig decken kann, kann sie für diesen Lieferzeitraum ein zweites Solidaritätsersuchen bis 13 Stunden vor Beginn des Liefertages über die noch benötigte Gasmenge stellen; Artikel 3 gilt entsprechend. In diesem Falle gibt die leistende Vertragspartei bis neun Stunden vor dem Beginn des Liefertages ein Solidaritätsangebot ab. Soweit die Fristen nach Artikel 3 Absatz 5 Satz 1 oder nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 nicht eingehalten wurden, erfolgt die Übermittlung des Solidaritätsangebots im Rahmen der gaswirtschaftlich und legistisch notwendigen Vorlaufzeiten. Ist die leistende Vertragspartei bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 oder im Falle des Satzes 3 unter Berücksichtigung der gaswirtschaftlich und legistisch notwendigen Vorlaufzeiten nicht in der Lage, ein Solidaritätsangebot zu unterbreiten, teilt sie dies der ersuchenden Vertragspartei unter Benennung der Gründe unverzüglich mit.
(2) Das Solidaritätsangebot der leistenden Vertragspartei muss mindestens folgende Angaben beinhalten:
1. Kontaktdaten der zuständigen Behörde der leistenden Vertragspartei,
2. Kontaktdaten der zuständigen Fernleitungsnetzbetreiber der leistenden Vertragspartei (sofern relevant),
3. Kontaktdaten der zuständigen Marktgebietsverantwortlichen der leistenden Vertragspartei,
4. Gasmenge in kWh,
5. Gasqualität (H-Gas),
6. Lieferpunkt,
7. Lieferzeitraum,
8. Voraussichtliche Kosten der Solidaritätsmaßnahmen und
9. Zahlungsempfängerdaten.
(3) Die im Solidaritätsangebot enthaltenen Gasmengen können die von der ersuchenden Vertragspartei angeforderte Gasmenge unterschreiten.
(4) Ein Solidaritätsangebot beinhaltet die zum Zeitpunkt der Erstellung des Solidaritätsangebots potentiell verfügbaren Gasmengen einschließlich erforderlicher Transportleistungen zum Lieferpunkt.
(5) Sämtliche Solidaritätsangebote gelten vorbehaltlich des technisch sicheren und verlässlichen Betriebs des Gasnetzes der leistenden Vertragspartei und der Ausfuhrkapazität der Verbindungsleitungen zwischen den Vertragsparteien sowie unter dem Vorbehalt, dass bei Annahme eines Solidaritätsangebots und während dessen Durchführung die erforderliche Gasmenge für die Versorgung der eigenen durch Solidarität geschützten Kunden der leistenden Vertragspartei uneingeschränkt zur Verfügung steht und nicht gefährdet ist.
(6) Nach Erhalt des Solidaritätsangebots bestätigt die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei der zuständigen Behörde der leistenden Vertragspartei unverzüglich den Angebotseingang unter Nutzung der im Solidaritätsangebot genannten Kontaktdaten.
(7) Die Annahme des Solidaritätsangebots erfolgt durch die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei unter Nutzung der im Solidaritätsangebot genannten Kontaktdaten.
(8) Solidaritätsangebote können nur bis sieben Stunden vor Beginn des Liefertages angenommen werden. Solidaritätsangebote nach Absatz 1 Satz 3 können nur innerhalb von zwei Stunden nach ihrem Zugang bei der ersuchenden Vertragspartei angenommen werden. Nicht fristgerecht angenommene Solidaritätsangebote verfallen.
(9) Zur Annahme eines Solidaritätsangebots erklärt die ersuchende Vertragspartei die Angebotsannahme unter Beachtung der in Absatz 8 genannten Fristen gegenüber der leistenden Vertragspartei. Mit dem Zugang der Annahmeerklärung bei der leistenden Vertragspartei kommt ein Vertrag zwischen der leistenden und der ersuchenden Vertragspartei zustande, aufgrund dessen die leistende Vertragspartei verpflichtet ist, durch hoheitliche Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die angebotenen Gasmengen der ersuchenden Vertragspartei zur Verfügung gestellt und zum Lieferpunkt transportiert werden. Falls mehrere Annahmeerklärungen für ein Solidaritätsangebot eingehen, gilt die zuerst abgegebene Annahmeerklärung.
(10) Mit der Annahme des Solidaritätsangebots verpflichtet sich die ersuchende Vertragspartei zur Erfüllung der Entschädigungspflichten nach Artikel 13 Absatz 8 und Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/1938 und Artikel 8 dieses Abkommens.
Artikel 6
Art. 6 Übergabe und Übernahme der Gasmenge bei der Durchführung nicht-marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen
(1) Als übernommene Gasmenge gilt die gelieferte Gasmenge entsprechend der am Lieferpunkt jeweils geltenden Regelungen.
(2) Die genaue Bezeichnung der Lieferpunkte ergibt sich aus der aktuellen Gasnetzwerkkarte des Verbands Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas.
(3) Die leistende Vertragspartei trägt das Transportrisiko für den Transport zum Lieferpunkt.
(4) Die ersuchende Vertragspartei stellt sicher, dass die an den vereinbarten Lieferpunkten bereitgestellten Gasmengen übernommen werden.
(5) Unabhängig von der tatsächlichen Übernahme der vertragsgemäß für die ersuchende Vertragspartei bereitgestellten Gasmengen sind die sich aus der Annahme des Solidaritätsangebots ergebenden Zahlungsverpflichtungen durch die ersuchende Vertragspartei an die leistende Vertragspartei in voller Höhe zu leisten.
Artikel 7
Art. 6 Ende der Solidaritätsmaßnahmen
(1) Die Verpflichtung der leistenden Vertragspartei zur Durchführung von Solidaritätsmaßnahmen endet, wenn
1. die Kommission nach einem Prüfverfahren gemäß Artikel 11 Absatz 8 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1938 zu dem Schluss gelangt, dass die Ausrufung des Notfalls nicht oder nicht mehr gerechtfertigt ist,
2. das Ende des Notfalls durch die ersuchende Vertragspartei ausgerufen wird oder kein erneutes Solidaritätsersuchen gemäß Artikel 3 für den auf den Liefertag folgenden Gastag erfolgt, oder
3. die Versorgung der eigenen durch Solidarität geschützten Kunden der leistenden Vertragspartei konkret gefährdet ist.
(2) In den Fällen von Absatz 1 Nummer 1 und 2 endet die Solidaritätsmaßnahme zum Ende des jeweiligen Gastages, für den ein Solidaritätsersuchen gemäß Artikel 3 gestellt wurde. Im Falle von Absatz 1 Nummer 3 hat die leistende Vertragspartei das Recht, nach Mitteilung an die ersuchende Vertragspartei die Solidaritätsmaßnahme unverzüglich zu beenden.
Artikel 8
Art. 8 Entschädigung für nicht-marktbasierte Solidaritätsmaßnahmen
(1) Die Entschädigung für die im Rahmen der nicht-marktbasierten Solidaritätsmaßnahmen gelieferte Gasmenge nach Artikel 13 Absatz 8 Satz 1 der Verordnung (EU) 2017/1938 ist unmittelbar von der ersuchenden Vertragspartei an die leistende Vertragspartei zu zahlen und umfasst in der Regel
1. den Gaspreis, der
a) sich aus jenen Preisen ergibt, welche von Endverbrauchern, die dazu verpflichtet werden, ihre bereits erworbenen oder gebuchten Erdgasmengen über Flexibilisierungsinstrumente anzubieten, gefordert werden, oder
b) sich aus dem letzten verfügbaren Spotmarktpreis an der Börse der leistenden Vertragspartei, bei Vorliegen mehrerer Börsen im Hoheitsgebiet der leistenden Vertragspartei aus dem arithmetischen Mittel der letzten verfügbaren Spotmarktpreise an allen Börsen, für Gas der durch die leistende Vertragspartei gelieferten Gasqualität vor der Durchführung der jeweiligen nichtmarktbasierten Solidaritätsmaßnahme errechnet, der jedoch mindestens dem Wert der Zahlungsbereitschaft für die Aufrechterhaltung der Gasversorgung entspricht,
2. die Entschädigungen, die die leistende Vertragspartei auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit der Durchführung der jeweiligen nicht-marktbasierten Solidaritätsmaßnahme an betroffene Dritte zu zahlen hat, einschließlich gegebenenfalls damit zusammenhängenden außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahrenskosten und
3. die Transportkosten.
Entschädigungen nach Satz 1 Nummer 2 hat die ersuchende Vertragspartei nur zu zahlen, soweit die durch diese Entschädigungen abgegoltenen Nachteile nicht bereits ausdrücklich Bestandteil des Gaspreises nach Satz 1 Nummer 1 sind.
(2) Die Ermittlung der Entschädigung gemäß Absatz 1 Nummer 2 erfolgt auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Regelungen der leistenden Vertragspartei. Die zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Abkommens jeweils geltenden einschlägigen gesetzlichen Regelungen in der Bundesrepublik Deutschland sind als Anlage 1 beigefügt. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, dahingehende Änderungen der jeweils anderen Vertragspartei unverzüglich mitzuteilen.
(3) Die im Solidaritätsangebot angegebenen voraussichtlichen Kosten der nichtmarktbasierten Solidaritätsmaßnahmen nach Artikel 5 Absatz 2 Nummer 8 sind nicht abschließend. Die nach Artikel 13 Absatz 8 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2017/1938 und Artikel 8 Absatz 1 Nummer 2 dieses Abkommens ersatzfähigen Kosten können nach Beendigung der Solidaritätsmaßnahmen unter Vorlage entsprechender Nachweise nachgereicht werden, ohne an Fristen gebunden zu sein.
(4) Die Entschädigungspflicht bleibt bestehen, auch wenn sich nach Ergreifen der Solidaritätsmaßnahmen herausstellen sollte, dass das Ersuchen um Solidaritätsmaßnahmen nicht erforderlich war.
(5) Sollte die durch die ersuchende Vertragspartei geleistete Entschädigung für nichtmarktbasierte Solidaritätsmaßnahmen die tatsächlichen Kosten der nicht-marktbasierten Solidaritätsmaßnahmen der leistenden Vertragspartei überschreiten, so wird die leistende Vertragspartei die überschießende Entschädigungszahlung nach Abschluss aller administrativer und gerichtlicher oder ähnlicher Entschädigungsverfahren sowie aller Schlichtungsverfahren im Zusammenhang mit den betreffenden nicht-marktbasierten Solidaritätsmaßnahmen in angemessener Frist an die ersuchende Vertragspartei auskehren. Dies schließt nicht das Recht der leistenden Vertragspartei zur Nachforderung nach Absatz 3 aus.
(6) Artikel 6 Absatz 5 bleibt unberührt.
Artikel 9
Art. 9 Zahlungsmodalitäten, Rechnung und Fristen für die Entschädigung nicht-marktbasierter Solidaritätsmaßnahmen
(1) Für Solidaritätsmaßnahmen der Republik Österreich zu Gunsten der Bundesrepublik Deutschland erfolgt die Abrechnung und Rechnungslegung für die Solidaritätsmengen, die im Namen und auf Rechnung des für die Bundesrepublik Deutschland handelnden Dritten abgerufen werden, unter Beachtung der in der Republik Österreich geltenden regulatorischen Rahmenbedingungen, insbesondere der als Anlage 3 beigefügten Allgemeinen Bedingungen des Bilanzgruppenkoordinators für das Verteilergebiet Ost („AB-BKO“) und der Anlage 4 (Abrechnung und Rechnungslegung zu den AB-BKO in ihrer jeweils geltenden Fassung).
(2) Für Solidaritätsmaßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Republik Österreich gilt folgendes:
1. Zahlungen werden binnen 20 Kalendertagen nach Zugang der Rechnung oder Zwischenrechnung nach Absatz 2 in voller Höhe fällig.
2. Die leistende Vertragspartei hat das Recht, eine Zwischenrechnung über die bereitgestellten Gasmengen zu stellen.
3. Nach Beendigung der nicht-marktbasierten Solidaritätsmaßnahmen verständigen sich die Vertragsparteien über die Notwendigkeit und den Zeitpunkt der Übermittlung der abschließenden Rechnung.
4. Verspätete Zahlungen werden ab dem Fälligkeitstermin einschließlich desselben bis ausschließlich des Zahltags zum Verzugszinssatz verzinst. „Verzugszinssatz“ in diesem Sinne ist der Zinssatz in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank.
Artikel 10
Art. 10 Einhaltung der Verpflichtungen
Die Vertragsparteien treffen alle erforderlichen Maßnahmen auf innerstaatlicher Ebene und nehmen die erforderlichen Handlungen vor, um die Einhaltung ihrer Verpflichtung zur Solidarität und die Durchführung dieses Abkommens sicherzustellen.
Artikel 11
Art. 11 Kommunikationsmittel
(1) Die Kommunikation zwischen den Vertragsparteien erfolgt prioritär per E-Mail. Falls nicht verfügbar, erfolgt die Kommunikation per Telefon. Weitere Kommunikationswege können situationsangemessen genutzt werden.
(2) Die Vertragsparteien stellen sicher, dass bei Veränderungen der Kontaktdaten der zuständigen Behörde die Aktualisierung der im Mitgliedsverzeichnis der Koordinierungsgruppe „Gas“ aufgeführten Kontaktdaten veranlasst wird und unverzüglich eine Information an die jeweils andere Vertragspartei erfolgt.
Artikel 12
Art. 12 Gerichtsstandsklausel
(1) Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens werden, soweit möglich, durch die zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien beigelegt.
(2) Kann eine Streitigkeit auf diese Weise nicht binnen sechs Monaten beigelegt werden, so kann jede Vertragspartei in diesem Fall den Europäischen Gerichtshof anrufen. Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sind für die Vertragsparteien bindend.
(3) Stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass eine Vertragspartei ihren Verpflichtungen aus diesem Abkommen nicht nachgekommen ist oder gegen dieses verstoßen hat, so trifft die betreffende Vertragspartei innerhalb einer vom Europäischen Gerichtshof zu bestimmenden Frist die erforderlichen Maßnahmen, die sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ergeben.
(4) Die Absätze 2 und 3 stellen einen Schiedsvertrag zwischen den Vertragsparteien im Sinne des Artikels 273 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.
Artikel 13
Art. 13 Kündigung
Dieses Abkommen gilt unbefristet. Es kann von jeder Vertragspartei jederzeit schriftlich gekündigt werden; es tritt sechs Monate nach dem Eingang der Kündigung bei der anderen Vertragspartei außer Kraft.
Artikel 14
Art. 14 Inkrafttreten
(1) Dieses Abkommen tritt am neunzigsten Tag nach dem Tage seiner Unterzeichnung in Kraft.
(2) Die Registrierung dieses Abkommens beim Sekretariat der Vereinten Nationen nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen wird unverzüglich nach seinem Inkrafttreten von der Regierung der Bundesrepublik Deutschland veranlasst. Die andere Vertragspartei wird unter Angabe der VN-Registrierungsnummer von der erfolgten Registrierung unterrichtet, sobald diese vom Sekretariat der Vereinten Nationen bestätigt worden ist.
Geschehen zu Brüssel, am 2. Dezember 2021 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.