Rechtshilfe in Strafsachen - Ergänzung und Erleichterung (Polen)
Artikel I
Art. 2Artikel II
Art. 3Artikel III
Art. 4Artikel IV
Art. 5Artikel V
Art. 6Artikel VI
Art. 7Artikel VII
Art. 8Artikel VIII
Art. 9Artikel IX
Art. 10Artikel X
Art. 11Artikel XI
Art. 12Artikel XII
Art. 13Artikel XIII
Art. 14Artikel XIV
Art. 15Artikel XV
Art. 16Artikel XVI
Art. 17Artikel XVII
Art. 18Artikel XVIII
Art. 19Artikel XIX
Art. 20Vorwort
Art. 1
Artikel I
(zu Artikel 1 des Übereinkommens)
(1) Rechtshilfe wird auch für Verfahren wegen strafbarer Handlungen geleistet, deren Bestrafung in dem Zeitpunkt, in dem um Rechtshilfe ersucht wird, in einem der beiden Vertragsstaaten in die Zuständigkeit eines Gerichtes und im anderen Vertragsstaat in die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde fällt.
(2) Für die Rechtshilfe durch Zustellung von Schriftstücken ist es nicht erforderlich, daß im ersuchten Staat eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde zur Verfolgung zuständig ist.
(3) Die aufgrund des Abs. 1 erbetene Rechtshilfe kann abgelehnt werden, wenn die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und der mit der Leistung der Rechtshilfe verbundene Aufwand nicht gerechtfertigt wäre.
Art. 2
Artikel II
(zu Artikel 1 des Übereinkommens in Verbindungmit Artikel 3 des Zusatzprotokolls)
Das Übereinkommen und dieser Vertrag werden auch angewendet:
a) in Angelegenheiten der Wiederaufnahme des Verfahrens;
b) in Gnadensachen;
c) in Verfahren über Ansprüche auf Entschädigung für ungerechtfertigte Haft oder Anhaltung oder für ungerechtfertigte Verurteilung, soweit nicht Bestimmungen anderer zwischenstaatlicher Vereinbarungen anzuwenden sind.
Art. 3
Artikel III
(zu Artikel 2 des Übereinkommens in Verbindungmit Artikel 1 des Zusatzprotokolls)
(1) Bei der Beurteilung, ob für die Verfolgung im ersuchten Staat eine Justiz- oder eine Verwaltungsbehörde zuständig wäre, wird nicht geprüft, ob in diesem Staat eine Abgabe oder Steuer, ein Zoll oder Monopol gleicher Art besteht.
(2) Die nach den Vorschriften der Vertragsstaaten bestehenden Geheimhaltungspflichten in fiskalischen Angelegenheiten stehen der nach diesem Artikel zu leistenden Rechtshilfe nicht entgegen. Umstände oder Tatsachen, die den Justiz- oder Verwaltungsbehörden eines Vertragsstaates im Zusammenhang mit einem Rechtshilfeersuchen bekannt werden, unterliegen der nach den Vorschriften dieses Vertragsstaates in fiskalischen Angelegenheiten bestehenden Geheimhaltungspflicht.
Art. 4
Artikel IV
(zu Artikel 3 des Übereinkommens)
(1) Gegenstände oder andere Vermögenswerte, die aus einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung herrühren oder durch diese erlangt worden sind, werden zum Zwecke der Aushändigung an den Geschädigten oder zu einer anderen justizbehördlichen Verfügung im ersuchenden Staat übermittelt, sofern dies nach dem Recht des ersuchenden Staates zulässig ist und nicht
a) die Gegenstände im ersuchten Staat als Beweisstücke für ein bei einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängiges Verfahren benötigt werden;
b) die Gegenstände im ersuchten Staat der Einziehung oder dem Verfall unterliegen oder
c) Dritte Rechte an ihnen geltend machen.
(2) Für ein Ersuchen nach Abs. 1 ist eine justizbehördliche Anordnung der Sicherstellung nicht erforderlich.
(3) Ein Zollpfandrecht oder eine sonstige dingliche Haftung nach den Vorschriften des Zoll- oder Steuerrechtes wird der ersuchte Staat bei der Übermittlung von Gegenständen unter Verzicht auf deren Rückgabe nicht geltend machen, es sei denn, daß der durch die strafbare Handlung geschädigte Eigentümer der Gegenstände die Abgabe selbst schuldet.
Art. 5
Artikel V
(zu Artikel 4 des Übereinkommens)
(1) Den Vertretern der am Strafverfahren beteiligten Behörden sowie den sonstigen Beteiligten und ihren Rechtsbeiständen wird auf Ersuchen des ersuchenden Staates die Anwesenheit bei der Vornahme der Rechtshilfehandlungen im ersuchten Staat gestattet. Sie können ergänzende Fragen oder die Durchführung ergänzender Handlungen anregen. Artikel 12 des Übereinkommens findet Anwendung.
(2) Zur Dienstverrichtung der Behördenvertreter des anderen Vertragsstaates gemäß Abs. 1 bedarf es in Österreich der Zustimmung des Bundesministeriums für Justiz, in der Republik Polen der Zustimmung des Justizministeriums.
Art. 6
Artikel VI
(zu Artikel 5 des Übereinkommens)
Rechtshilfe durch Sicherstellung von Gegenständen oder Durchsuchung wird nur geleistet, wenn zur Verfolgung der dem Ersuchen zugrundeliegenden strafbaren Handlung in dem Zeitpunkt, in dem um Rechtshilfe ersucht wird, im ersuchten Staat eine Justizbehörde zuständig wäre.
Art. 7
Artikel VII
(zu Artikel 6 des Übereinkommens)
Der ersuchte Staat kann auf die Rückgabe der in Artikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens erwähnten Beweisstücke oder Schriftstücke verzichten, es sei denn, daß Dritte, die Rechte an ihnen geltend machen, dem Verzicht nicht zustimmen.
Art. 8
Artikel VIII
(zu Artikel 10 des Übereinkommens)
Artikel 10 Abs. 2 des Übereinkommens findet auf alle Fälle der Vorladung eines Zeugen oder Sachverständigen Anwendung. Diese Personen können selbst einen Vorschuß nach Artikel 10 Abs. 3 des Übereinkommens verlangen.
Art. 9
Artikel IX
(zu Artikel 11 und 12 des Übereinkommens)
(1) Gestattet der ersuchte Staat die Anwesenheit einer im Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates in Haft befindlichen Person bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens, so hat er sie für die Dauer ihres Aufenthalts in seinem Hoheitsgebiet in Haft zu halten und sie nach der Vornahme der Rechtshilfehandlung dem ersuchenden Staat unverzüglich wieder zu überstellen, sofern nicht dieser die Freilassung verlangt.
(2) Gestattet ein dritter Staat die Anwesenheit einer im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates in Haft befindlichen Person bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens, so gelten für die Beförderung dieses Häftlings durch das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates die Absätze 2 und 3 des Artikels 11 des Übereinkommens.
(3) Die Bestimmungen des Artikel 12 des Übereinkommens sind auf die in den Absätzen 1 und 2 erwähnten Fälle anzuwenden.
Art. 10
Artikel X
(zu Artikel 13 des Übereinkommens)
Polizeibehörden des anderen Vertragsstaates übermitteln für Zwecke der Strafrechtspflege erbetene Auskünfte aus dem Strafregister in demselben Umfang, in dem die Polizeibehörden des ersuchten Staates sie in ähnlichen Fällen erhalten können.
Art. 11
Artikel XI
(zu Artikel 14 des Übereinkommens)
(1) In Zustellersuchen wird bei den Angaben über den Gegenstand und den Grund des Ersuchens auch die Art des zuzustellenden Schriftstückes sowie die Stellung des Empfängers im Verfahren bezeichnet.
(2) Einem Ersuchen um Durchsuchung oder Sicherstellung von Beweisstücken oder Schriftstücken wird eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der justizbehördlichen Anordnung beigefügt.
Art. 12
Artikel XII
(zu Artikel 15 des Übereinkommens)
(1) Soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt, können die Justizbehörden der beiden Vertragsstaaten in Angelegenheiten der Rechtshilfe in Strafsachen unmittelbar miteinander verkehren. Ersuchen nach dem Übereinkommen und diesem Vertrag können auch einerseits durch das Bundesministerium für Justiz der Republik Österreich und andererseits durch das Justizministerium der Republik Polen übermittelt werden.
(2) Ersuchen um Vornahme einer Durchsuchung oder Sicherstellung, um Übermittlung von Gegenständen, um Überstellung oder Durchbeförderung von Häftlingen werden durch das Bundesministerium für Justiz der Republik Österreich einerseits und durch das Justizministerium der Republik Polen andererseits übermittelt. In dringenden Fällen ist der unmittelbare Verkehr zwischen den Justizbehörden zulässig, jedoch wird gleichzeitig eine Abschrift des Ersuchens auf dem in Satz 1 dieses Absatzes vorgesehenen Weg übermittelt.
(3) Zuzustellende Schriftstücke können auch unmittelbar durch die Post mit Rückschein übermittelt werden. Im Postweg übermittelte Schriftstücke, deren Zustellung nach dem Übereinkommen und diesem Vertrag nicht zulässig wäre, gelten in beiden Vertragsstaaten als dem Empfänger nicht zugekommen.
(4) Die im Artikel X dieses Vertrages erwähnten Ersuchen werden durch das Bundesministerium für Inneres der Republik Österreich einerseits und durch das Ministerium für Inneres und Administration der Republik Polen andererseits übermittelt und auf demselben Weg beantwortet. Bei Gefahr in Verzug ist der unmittelbare Verkehr zwischen den Polizeibehörden und den zuständigen Strafregisterbehörden zulässig.
Art. 13
Artikel XIII
(zu Artikel 16 des Übereinkommens)
(1) Übersetzungen von Ersuchen, die nach diesem Vertrag gestellt werden, sowie von beigefügten Unterlagen werden, soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt, nicht angeschlossen.
(2) Den zuzustellenden Schriftstücken ist eine Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates anzuschließen, die von einem amtlich bestellten Dolmetscher mit Sitz in einem der Vertragsstaaten angefertigt und beglaubigt ist. Eine Beglaubigung der Unterschrift des Dolmetschers ist nicht erforderlich.
(3) Ist das zuzustellende Schriftstück nicht mit einer Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates versehen, so hat sich die ersuchte Justizbehörde darauf zu beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstückes an den im Ersuchen bezeichneten Empfänger zu bewirken, wenn dieser zur Annahme bereit ist.
(4) Schriftstücken, die nach Artikel XII Abs. 3 dieses Vertrages unmittelbar im Postweg zugestellt werden, ist eine Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates anzuschließen. Ist das zuzustellende Schriftstück nicht mit einer Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates versehen, so gilt die Zustellung in beiden Vertragsstaaten als nicht bewirkt. Bei der Zustellung von Schriftstücken im Postweg an eigene Staatsangehörige kann auf Übersetzungen verzichtet werden.
Art. 14
Artikel XIV
(zu Artikel 20 des Übereinkommens)
Die durch die Übermittlung von Gegenständen oder anderen Vermögenswerten gemäß Artikel IV und durch die Überstellung oder Durchbeförderung von Häftlingen gemäß Artikel IX entstandenen Kosten werden vom ersuchenden Staat erstattet.
Art. 15
Artikel XV
(zu Artikel 21 des Übereinkommens)
(1) Aufgrund einer nach Artikel 21 des Übereinkommens übermittelten Anzeige zur Strafverfolgung werden die zuständigen Behörden des anderen Vertragsstaates nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaates ein Strafverfahren in derselben Weise einleiten, wie bei einer im eigenen Staatsgebiet begangenen strafbaren Handlung.
(2) Die zuständigen Behörden des Tatortstaates werden im Einzelfall prüfen, ob eine Anzeige nach Artikel 21 des Übereinkommens im Interesse der Wahrheitsfindung, aus anderen für das Strafverfahren wichtigen Gründen, aus Gründen der Strafzumessung oder des Strafvollzuges oder im Interesse der Resozialisierung des Beschuldigten geboten ist.
(3) Der Schriftverkehr aufgrund des Artikels 21 des Übereinkommens findet unmittelbar zwischen den Staatsanwaltschaften bei den in Strafsachen tätigen Gerichtshöfen der Republik Österreich einerseits und den Kreisstaatsanwaltschaften der Republik Polen andererseits statt.
(4) Der Beurteilung von Verkehrsstraftaten sind im ersuchten Staat die am Tatort geltenden Verkehrsregeln zugrundezulegen.
(5) Ein zur Einleitung des Strafverfahrens notwendiger Antrag oder eine solche Ermächtigung des Verletzten, die in dem ersuchenden Staat vorliegt, ist auch im ersuchten Staat wirksam. Ist nur nach dem Recht des ersuchten Staates ein Antrag oder eine Ermächtigung des Verletzten erforderlich, kann dieser Antrag oder diese Ermächtigung innerhalb einer von diesem Staat zu bestimmenden angemessenen Frist nachgeholt werden.
(6) Die Anzeige hat eine kurze Darstellung des Sachverhalts sowie möglichst genaue Angaben über die beschuldigte Person, ihre Staatsangehörigkeit und ihren Wohn- und Aufenthaltsort zu enthalten.
Ihr werden beigefügt:
a) die Akten in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift (Kopie) sowie Beweisgegenstände;
b) eine Abschrift der Bestimmungen über den Tatbestand und die Strafe, die nach dem am Tatort geltenden Recht auf die Tat anwendbar sind, sowie bei Verkehrsstraftaten außerdem eine Abschrift der für die Beurteilung maßgebenden Verkehrsregeln;
c) zur Einleitung des Strafverfahrens erforderliche Anträge oder Ermächtigungen des Verletzten.
(7) Beweisgegenstände und urschriftliche Unterlagen werden dem ersuchenden Staat sobald wie möglich zurückgegeben, soweit er auf die Rückgabe nicht verzichtet. Etwa bestehende Rechte des ersuchten Staates oder dritter Personen an den übermittelten Gegenständen bleiben unberührt.
(8) Eine Anzeige gemäß Artikel 21 hemmt den Fortlauf der Verjährung in Österreich und unterbricht ihn in Polen als jeweils ersuchter Staat. Maßgebend hiefür ist der Zeitpunkt der Absendung des Ersuchens an den ersuchten Staat.
(9) Die durch die Anwendung des Artikels 21 des Übereinkommens und dieses Artikels entstandenen Kosten werden nicht ersetzt.
Art. 16
Artikel XVI
(zu Artikel 21 des Übereinkommens)
Die Justizbehörden des ersuchenden Staates sehen von weiteren Verfolgungs- oder Vollstreckungsmaßnahmen wegen der angezeigten Tat gegen die beschuldigte Person ab,
a) wenn die im ersuchten Staat verhängte Strafe vollstreckt oder nicht mehr vollstreckbar ist;
b) solange der Strafvollzug ganz oder teilweise ausgesetzt oder die Entscheidung über die Bestrafung aufgeschoben ist;
c) wenn aus Beweisgründen ein rechtskräftiger Freispruch oder eine endgültige Einstellung erfolgt ist.
Art. 17
Artikel XVII
(zu Artikel 22 des Übereinkommens in Verbindung mit Artikel 4 des Zusatzprotokolls)
(1) Die Strafnachrichten werden mindestens einmal halbjährlich zwischen dem Bundesministerium für Inneres der Republik Österreich und dem Justizministerium der Republik Polen ausgetauscht.
(2) Der Vertragsstaat, der eine Auskunft auf Grund des Art. 22 des Übereinkommens übermittelt hat, wird auf Ersuchen des anderen Vertragsstaates im Einzelfall Abschriften der rechtskräftigen strafrechtlichen Urteile und Auskünfte über die angewandten Maßnahmen übermitteln. Der Schriftverkehr findet zwischen dem Bundesministerium für Justiz der Republik Österreich und dem Justizministerium der Republik Polen statt.
Art. 18
Artikel XVIII
(zu Artikel 24 des Übereinkommens)
Im Sinne dieses Vertrages gelten als Justizbehörden die Gerichte, die Staatsanwaltschaften und die Justizministerien beider Vertragsstaaten.
Art. 19
Artikel XIX
(zu Artikel 29 des Übereinkommens)
Kündigt einer der Vertragsstaaten das Übereinkommen, so wird die Kündigung im Verhältnis zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zwei Jahre nach Eingang der Notifikation der Kündigung beim Generalsekretär des Europarates wirksam.
Art. 20
Artikel XX
(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden in Wien ausgetauscht.
(2) Dieser Vertrag tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht wurden.
(3) Der Vertrag bleibt auf unbestimmte Zeit in Kraft, sofern nicht einer der Vertragsstaaten den Vertrag schriftlich auf diplomatischem Weg kündigt; in diesem Fall tritt der Vertrag ein Jahr nach der Kündigung, spätestens aber zu dem Zeitpunkt außer Kraft, in dem das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Vertragsstaaten des vorliegenden Vertrages außer Kraft tritt.
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Vertragsstaaten diesen Vertrag unterzeichnet und mit Siegeln versehen.
Geschehen zu Warschau am 2. Juni 2003 in zwei Urschriften in deutscher und polnischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind.