Vorwort
§ 1 Betreuung
(1) Unter Betreuung sind alle in relativ kurzer Folge notwendigen Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die vornehmlich den persönlichen Lebensbereich betreffen und ohne die der pflegebedürftige Mensch der Verwahrlosung ausgesetzt wäre.
(2) Zu den im Abs. 1 genannten Verrichtungen zählen insbesondere solche beim An- und Auskleiden, bei der Körperpflege, der Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten, der Verrichtung der Notdurft, der Einnahme von Medikamenten und der Mobilitätshilfe im engeren Sinn.
(3) Bei der Feststellung des zeitlichen Betreuungsaufwandes ist von folgenden – auf einen Tag bezogenen – Richtwerten auszugehen:
An- und Auskleiden: | 2 x 20 Minuten |
Reinigung bei inkontinenten Patienten: | 4 x 10 Minuten |
Entleerung und Reinigung des Leibstuhles: | 4 x 5 Minuten |
Einnehmen von Medikamenten: (auch bei Sondenverabreichung) | 6 Minuten |
Anus-praeter-Pflege: | 15 Minuten |
Kanülen- oder Sondenpflege: | 10 Minuten |
Katheter-Pflege: | 10 Minuten |
Einläufe: | 30 Minuten |
Mobilitätshilfe im engeren Sinn: | 30 Minuten |
(4) Für die nachstehenden Verrichtungen werden folgende – auf einen Tag bezogene – zeitliche Mindestwerte festgelegt:
Tägliche Körperpflege: | 2 x 25 Minuten |
Zubereitung von Mahlzeiten: (auch bei Sondennahrung) | 1 Stunde |
Einnehmen von Mahlzeiten: (auch bei Sondenernährung) | 1 Stunde |
Verrichtung der Notdurft: | 4 x 15 Minuten |
Abweichungen von diesen Zeitwerten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn der tatsächliche Betreuungsaufwand diese Mindestwerte erheblich überschreitet.
(5) Bei der Festsetzung des Pflegebedarfes gemäß Abs. 1 bis 4 sind für schwerst behinderte Kinder und Jugendliche unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 und 4 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 128/2008 zusätzlich folgende auf einen Monat bezogene fixe Zeitwerte als Erschwerniszuschlag zu berücksichtigen:
bis zum vollendeten 7. Lebensjahr .......................................................................... | 50 Stunden |
ab dem vollendeten 7. Lebensjahr bis zum vollendeten 15. Lebensjahr ................. | 75 Stunden. |
(6) Bei der Festsetzung des Pflegebedarfs gemäß Abs. 1 bis 4 ist für Personen mit einer schweren geistigen oder einer schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung, ab dem vollendeten 15. Lebensjahr (§ 4 Abs. 5 und 6 des Bundespflegegeldgesetzes) zusätzlich ein auf einen Monat bezogener fixer Zeitwert als Erschwerniszuschlag von 45 Stunden zu berücksichtigen.
§ 2 Hilfe
(1) Unter Hilfe sind aufschiebbare Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die den sachlichen Lebensbereich betreffen und zur Sicherung der Existenz erforderlich sind.
(2) Hilfsverrichtungen sind die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Bedarfsgütern des täglichen Lebens, die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, die Pflege der Leib- und Bettwäsche, die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial und die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn.
(3) Für jede Hilfsverrichtung ist ein – auf einen Monat bezogener – fixer Zeitwert von zehn Stunden anzunehmen.
(4) Bei pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen kann bis zum vollendeten 15. Lebensjahr unbeschadet der Bestimmung des § 4 Abs. 7 Z 3 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) ein Zeitwert für Mobilitätshilfe im weiteren Sinn im Ausmaß von bis zu 50 Stunden monatlich berücksichtigt werden.
§ 3 Hilfsmittel
(1) Pflegebedarf ist insoweit nicht anzunehmen, als die notwendigen Verrichtungen vom Anspruchswerber durch die Verwendung einfacher Hilfsmittel selbständig vorgenommen werden können oder könnten und ihm der Gebrauch dieser Hilfsmittel mit Rücksicht auf seinen physischen und psychischen Zustand zumutbar ist.
(2) Die Verwendung anderer Hilfsmittel ist zu berücksichtigen, wenn diese vorhanden sind oder deren Finanzierung zur Gänze oder zumindest überwiegend durch den Entscheidungsträger oder einen öffentlichen Kostenträger sichergestellt ist.
§ 4 Anleitung, Beaufsichtigung und Motivationsgespräch
(1) Die Anleitung sowie die Beaufsichtigung von Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung bei der Durchführung der in §§ 1 und 2 angeführten Verrichtungen ist der Betreuung und Hilfe gleichzusetzen.
(2) Sind mit geistig oder psychisch behinderten Menschen zur selbständigen Durchführung von in den §§ 1 und 2 angeführten Verrichtungen Motivationsgespräche zu führen, so ist für diese Betreuungsmaßnahme von einem – auf einen Monat bezogenen – zeitlichen Richtwert von insgesamt zehn Stunden auszugehen.
§ 5 Ständiger Pflegebedarf
Ständiger Pflegebedarf liegt vor, wenn dieser täglich oder zumindest mehrmals wöchentlich regelmäßig gegeben ist.
§ 6 Außergewöhnlicher Pflegeaufwand
Ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand liegt insbesondere vor, wenn
1. die dauernde Bereitschaft, nicht jedoch die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson oder
2. die regelmäßige Nachschau durch eine Pflegeperson in relativ kurzen, jedoch planbaren Zeitabständen erforderlich ist, wobei zumindest eine einmalige Nachschau auch in den Nachtstunden erforderlich sein muss oder
3. mehr als 5 Pflegeeinheiten, davon eine auch in den Nachtstunden, erforderlich sind.
§ 7 Zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen
Zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen liegen dann vor, wenn ein Pflegeplan wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung des pflegebedürftigen Menschen nicht eingehalten werden kann und die Betreuungsmaßnahme unverzüglich erbracht werden muß.
§ 8 Sachverständigengutachten
Die Grundlage der Entscheidung über die Zuerkennung oder die Neubemessung von Pflegegeld bildet ein ärztliches Sachverständigengutachten oder ein Sachverständigengutachten von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Erforderlichenfalls sind zur ganzheitlichen Beurteilung der Pflegesituation Personen aus anderen Bereichen, beispielsweise der Heil- und Sonderpädagogik, der Sozialarbeit, der Psychologie sowie der Psychotherapie beizuziehen.
§ 9 Inkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt mit 1. Februar 1999 in Kraft.
(2) Die Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 314/1993, wird mit Ablauf des 31. Jänner 1999 aufgehoben.
(3) § 1 Abs. 3, 4, 5 und 6, § 2 Abs. 4 und § 6 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 469/2008 treten mit 1. Jänner 2009 in Kraft.
(4) § 8 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 453/2011 tritt mit 1. Jänner 2012 in Kraft.
(5) § 1 Abs. 6 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 426/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.
(6) § 8 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 211/2023 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.