Burgenländische SeniorInnentageszentrenverordnung
Vorwort
§ 1
§ 1 Anwendungsbereich
Die Bestimmungen dieser Verordnung gelten für SeniorInnentageszentren für die am 13. März 2023 eine rechtskräftige bescheidmäßige Betriebsbewilligung der Burgenländischen Landesregierung vorlag und für solche, deren Bewilligungsverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetz 2023 - Bgld. SEG 2023, LGBl. Nr. 26/2023, anhängig waren.
§ 2
§ 2 Begriffsbestimmung
SeniorInnentageszentren sind auf Dauer angelegte organisatorische Zusammenfassungen von Personen und Sachmitteln, die in der Lage sein müssen, unter ständiger Verantwortung der fachlichen Leitung, die dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege angehört, eine ausreichende, regelmäßige und geplante Pflege, Betreuung und Förderung eines wechselnden Kreises pflege- und betreuungsbedürftiger Personen (Tagesgästen) zu gewährleisten. Unabhängig von der Trägerschaft handelt es sich dabei um eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung. SeniorInnentageszentren sind als Teil eines effizienten Zusammenwirkens der Betreuungssysteme innerhalb der jeweiligen Gemeinde zu sehen.
§ 3
§ 3 Einrichtungsgröße
Mit Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit des aus fachlichen Gesichtspunkten erforderlichen Personaleinsatzes und die Einwohnerzahl des Einzugsgebietes sollen mindestens fünf und maximal zwölf Plätze zur Verfügung stehen. Eine Über- oder Unterschreitung ist in begründeten Ausnahmefällen möglich.
§ 4
§ 4 Bauliche und räumliche Voraussetzungen
(1) Die von Tagesgästen benutzte Eingangsebene muss von der öffentlichen Verkehrsfläche barrierefrei erreichbar sein. Der Zugang muss beleuchtbar sein.
(2) Jede Einrichtung muss barrierefrei und rollstuhlgerecht gestaltet sein und hat folgende Räumlichkeiten aufzuweisen:
1. einen Aufenthaltsraum, der auch als Speiseraum und/oder Raum für Aktivitäten verwendet werden kann, mit einer Fläche von mindestens 25 m². Zusätzlich ist entsprechender Platz für Verkehrsflächen, für notwendige Hilfsmittel und für unterstützende Tätigkeiten von Pflege- und Assistenzpersonen sowie Schränke zur Aufbewahrung von Hilfsmitteln sicherzustellen. In diesem Raum ist auch ein Waschtisch samt Seifen-, Einweghandtuch- und Desinfektionsmittelspender sowie ein an der Wand montierter Abwurfkorb für Einweghandtücher sowie ein Abfallbehälter vorzusehen;
2. eine Kücheneinheit, welche dem Aufenthaltsraum angegliedert sein soll und auch als Trainingsküche zur Erhaltung und Förderung der vorhandenen Ressourcen bei den Tagesgästen genützt werden kann. Die Kücheneinheit ist mit einem Lebensmittelkühlschrank sowie mit Spül- und Aufbewahrungsmöglichkeiten für Kleingeschirr und geeigneten Behältnissen für die Abfallentsorgung auszustatten. Erfolgt in diesem Bereich auch die Reinigung des Geschirrs von Tagesgästen, so ist ein Geschirrspüler mit einem thermischen Desinfektionsprogramm zu verwenden;
3. einen Ruheraum als Einzelraum oder optisch abgetrennten Bereich des Aufenthaltsraumes, mit Ruhegelegenheiten für mindestens 50% der Tagesgäste und Flächen von mindestens 2,5 m² pro Tagesgast für die Möbel der Ruhemöglichkeit. Zusätzlich sind Verkehrsflächen für die Durchführung barrierefreier Transfers (zB das selbstständige Umsetzen vom Rollstuhl auf Bett oder Ruhesessel), Platz für notwendige Hilfsmittel (zB Hebe- und Transporteinrichtungen) sowie Platz für unterstützende Tätigkeiten von Pflege- und Assistenzpersonen sicherzustellen;
4. die erforderliche Anzahl an geschlechtergetrennten WC-Anlagen für die KlientInnen, wobei eine davon barrierefrei und der WC-Sitz universell anfahrbar herzustellen ist, sowie eine getrennte WC-Anlage für das Personal. In allen WC-Anlagen ist ein Waschtisch samt Seifen-, Einweghandtuch- und Desinfektionsmittelspender sowie ein an der Wand montierter Abwurfkorb für Einweghandtücher sowie ein Abfallbehälter vorzusehen;
5. einen rollstuhlgerechten Waschraum mit Dusche und Aufbewahrungsmöglichkeiten für Hygieneartikel. Zum Schmutzwäschetransport sind Wäschesäcke, die verschließbar und reißfest sind, zu verwenden;
6. eine Garderobe mit je nach Anzahl der bewilligten Plätze versperrbaren Garderobenkästen;
7. ein Dienstzimmer, ausgestattet mit Handwaschbecken inklusive Seifen-, Einweghandtuch- und Desinfektionsmittelspender sowie mit einem an der Wand montierten Abwurfkorb für Einweghandtücher sowie einem Abfallbehälter. Ebenso haben ein versperrbarer Medikamentenschrank zur Aufbewahrung allfälliger Bedarfsmedikation und ein Erste-Hilfe-Kasten vorhanden zu sein; sowie
8. dem Bedarf entsprechende Lager- und Abstellräumlichkeiten.
(3) Sofern dies im Hinblick auf Lage und bauliche Gegebenheiten des SeniorInnentageszentrums erforderlich ist, sind entsprechende Vorkehrungen zur Gewährleistung einer angemessenen Raumtemperatur zu treffen.
(4) Sämtliche Sitz- und Liegeflächen im Aufenthalts- und Ruheraum müssen abwischbar und desinfizierbar sein. Herstellerangaben über Desinfektionsmittelverträglichkeit der jeweiligen Oberfläche müssen vorliegen. Die Fußböden sind entsprechend den Hygienerichtlinien auszuführen. Die Eckverbindung zwischen Fußboden und Wand ist mit einer dauerelastischen flüssigkeitsdichten Verfugung herzustellen.
(5) Die von den Tagesgästen regelmäßig benutzten Räume haben eine - dem jeweiligen Stand der Technik - entsprechende Sicherheitsbeleuchtung, Notrufanlage sowie eine Anlage für Telefonie, TV und Internet aufzuweisen.
§ 5
§ 5 Personal
(1) Die fachliche Leitung muss durch Personal des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, welches über eine Spezialisierung gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz - GuKG, BGBl. I Nr. 108/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 108/2023, verfügt, erfolgen und während der Öffnungszeiten durchgehend erreichbar sein. Diese hat die in § 26 Abs. 2 GuKG normierten Aufgaben wahrzunehmen
(2) Das eingesetzte Personal hat über Kenntnisse und Fähigkeiten in den Bereichen Gedächtnis-, Kontinenz-, Wahrnehmungs-, Kommunikations-, Selbstsicherheits-, Selbstständigkeits- und Bewegungstraining zu verfügen und eine besondere Eignung für die Arbeit mit Gruppen zu besitzen.
(3) Die tägliche Anwesenheit von Personal des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege im Ausmaß von mindestens drei Stunden ist zu gewährleisten.
(4) Die Anwesenheit von mindestens zwei Betreuungspersonen pro Gruppe, wovon eine Betreuungsperson zumindest eine Pflegeassistenzausbildung nachweisen muss, ist während der Betreuungszeiten durchgehend erforderlich.
(5) Bereits bei der Aufnahme des Tagesgastes ist von der fachlichen Leitung abzuklären, ob der Gesundheitszustand einen erhöhten Pflege- und Betreuungsaufwand erfordert.
(6) Die Ausbildung zur Seniorinnenbetreuerin/Seniorinnenanimateurin oder zum Seniorenbetreuer/ Seniorenanimateur muss zumindest mit 10 ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) akkreditiert sein und zumindest 144 UE (Unterrichtseinheiten) umfassen.
(7) Beim Personaleinsatz sind die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, insbesondere die Bestimmungen des GuKG.
(8) Personen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Pflegefach- und Pflegeassistenz müssen sich im Sinne der § 4 Abs. 2, §§ 63 und 104c GuKG über die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der medizinischen und anderen berufsrelevanten Wissenschaften gemäß rechtlicher Vorgaben regelmäßig fortbilden. Über den Besuch ist eine Bestätigung in der Einrichtung bereitzuhalten.
§ 6
§ 6 Betreuungsformen und Betreuungsangebote
(1) Gruppenbetreuung
1. Ziel der Gruppenbetreuung ist es, durch ressourcenorientiertes Intervenieren die Selbstständigkeit der Tagesgäste zu erhalten und so einen möglichst langen Verbleib im eigenen Wohnumfeld zu sichern.
2. Eine psychosoziale und reaktivierende Betreuung hat in Kleingruppen mit bis zu sechs Tagesgästen zu erfolgen.
3. Die Gruppenbetreuung erfolgt unter Leitung und Moderation einer Betreuungsperson. Je nach Interesse, sowie körperlicher und kognitiver Leistungsfähigkeit der Tagesgäste sollen gemeinsame Aktivitäten und Tagesstruktur, angepasst an die jeweiligen Bedürfnisse, geboten werden. In niederschwelliger, spielerischer Form und ohne Leistungsdruck sollen psychische, physische, geistige und soziale Fähigkeiten der Tagesgäste gefördert und erhalten werden. Dazu dienen folgende Angebote:
a) Angebote zur Förderung kognitiver Fähigkeiten können zB sein:
verschiedene Formen von Gedächtnistraining, Brett- und Kartenspiele, Quizspiele, Vorlesen aus Zeitungen und Büchern mit diesbezüglicher Diskussion;
b) Angebote zur Förderung motorischer Fähigkeiten können zB sein:
verschiedene Bastelarbeiten, Fingergymnastik, Sitztänze, Bewegungs- und Gymnastikübungen, Spaziergänge, gemeinsame Ausführungen von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten in der Einrichtung (Zubereiten von Mahlzeiten, Tischdecken etc.).
4. Die Angebote sind den Bedürfnissen der Tagesgäste im Sinne kognitiver und sozialer Leistungsfähigkeit sowie unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten, wie auch jahreszeitlich abhängigen Witterungsbedingungen anzupassen.
5. Pflegeleistungen, welche auf Grund der Verträge mit den Tagesgästen zu erbringen sind, müssen gewährleistet werden, um das Wohlbefinden der Tagesgäste in der Einrichtung sicherstellen zu können.
(2) Strukturierter Tagesablauf
1. Die notwendige und angemessene Beförderung der Tagesgäste von der Wohnung zur Einrichtung und zurück ist sicherzustellen, soweit diese nicht von Angehörigen oder den Tagesgästen selbst durchgeführt werden kann.
2. Ein Aktivitätenplan (Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresplan), gegliedert in Art und Zeitpunkt der angebotenen Aktivitäten, ist zu erstellen und ein Tages- und Wochenplan an gut sichtbarer Stelle für die Tagesgäste auszuhängen. Insgesamt sind mindestens drei Stunden strukturierte Gruppenaktivität pro Tag anzubieten.
3. Zwischen den Aktivitäten ist ausreichend Zeit für Ruhephasen, Einnahme der Mahlzeiten und ungestörte Kommunikationsmöglichkeit unter den Tagesgästen sicherzustellen.
(3) Angehörigenarbeit
Eine kontinuierliche Kommunikation zwischen Angehörigen der Tagesgäste und dem Betreuungspersonal ist sicherzustellen.
§ 7
§ 7 Dokumentation und Evaluation
(1) Über jeden Tagesgast ist durch die fachliche Leitung ein Pflege- und Betreuungsplan zu erstellen. Im Sinne einer sachgerechten Pflege und Betreuung sind die für die Einrichtung definierten Hygienerichtlinien im Pflege- und Betreuungsplan zu berücksichtigen. Zusätzlich ist ein Hygienehandbuch von der fachlichen Leitung zu führen.
(2) Der Pflege- und Betreuungsplan ist von der fachlichen Leitung oder deren Vertretung interdisziplinär zu dokumentieren und vierteljährlich zu evaluieren und gegebenenfalls an die aktuelle Pflege- und Betreuungssituation anzupassen.
(3) Die Dokumentation hat in Anlehnung an etablierte Dokumentationssysteme der Langzeitpflegeeinrichtungen zu erfolgen.
§ 8
§ 8 Verpflegung
Ein Speiseplan ist in allgemein zugänglichen Bereichen an gut sichtbarer Stelle für Tagesgäste auszuhängen. Die Tagesgäste müssen - je nach Bedarf - Frühstück, Mittagessen und Jause im SeniorInnentageszentrum einnehmen können. Zum Mittagessen ist Normalkost mit mindestens zwei Menüs zur Auswahl, wovon eines auch für Diabetiker geeignet sein muss, anzubieten.
§ 9
§ 9 Ermessensregelung
Abweichungen von den vorangeführten Bestimmungen in §§ 4 und 5 können seitens der Behörde auf Basis entsprechend begründeter Sachverständigengutachten - allenfalls unter Setzung ergänzender Auflagenpunkte - bewilligt werden, wobei gesetzlich geregelte Schutzziele zu beachten sind.
§ 10
§ 10 Inkrafttreten, Übergangsbestimmungen
(1) Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(2) Die Bestimmungen des § 4 Abs. 2 der Verordnung in der Fassung LGBl. Nr. 72/2020 gelten nur für Neuerrichtungen von SeniorInnentageszentren sowie für Zu- und Umbauten bestehender SeniorInnentageszentren ab Inkrafttreten dieser Verordnung.
(3) Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bestehenden SeniorInnentageszentren können auf Grund der bis dahin erteilten rechtskräftigen Betriebsbewilligungen weitergeführt werden.
(4) Die im § 5 Abs. 1 und 2 geforderten personellen Voraussetzungen müssen in SeniorInnentageszentren, für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung in der Fassung LGBl. Nr. 72/2020 eine rechtskräftige Betriebsbewilligung besteht, ab 1. Jänner 2021 gegeben sein.
(5) Die im § 5 Abs. 1 und Abs. 2 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 79/2023 normierten Anforderungen müssen ab dem 1. Jänner 2025 erfüllt sein.
(6) §§ 1, 5 Abs. 1, § 7 Abs. 2 sowie § 10 Abs. 2, 4 und 5 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 79/2023 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.