Vorwort
(1) Dieses Gesetz regelt die spezialisierte mobile Hospiz- und Palliativversorgung in Niederösterreich und umfasst
1. die Planung der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung,
2. die Aufgabenverteilung von Land und privaten Trägern,
3. die Finanzierung und Sicherstellung der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung und deren Rahmenbedingungen.
(2) Nicht umfasst sind die stationären und teilstationären Angebote der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung.
(1) Ziel ist die flächendeckende Versorgung der Palliativpatientinnen und Palliativpatienten durch spezialisierte mobile Hospiz- und Palliativversorgung in Niederösterreich.
(2) Als Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung (§ 4) hat das Land unter Bedachtnahme auf die regionalen Bedürfnisse, die Bevölkerungsstruktur, die anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse und seiner Hospiz- und Palliativplanung die spezialisierte mobile Hospiz- und Palliativversorgung nach Maßgabe der budgetären Mittel sicherzustellen.
(3) Das Land als Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung hat als Träger von Privatrechten zur Erreichung der Ziele gemäß Abs.1 und 2 die Versorgung mit spezialisierter mobiler Hospiz- und Palliativversorgung selbst einzurichten oder durch Vereinbarungen mit Trägern oder sonstigen geeigneten Einrichtungen sicherzustellen. Die beabsichtigte Leistungserbringung hat im Einklang mit den Zielen der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativplanung (§ 5) und dem regionalen Bedarf zu stehen.
Im Sinne des Gesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. Palliativpatientinnen und Palliativpatienten sind schwerst kranke Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit lebensverkürzenden Erkrankungen mit Bedarf an modular abgestufter spezialisierter Hospiz- und Palliativversorgung über den gesamten Krankheitsverlauf („pädiatrische Palliativpatientinnen und –patienten“) sowie unheilbar kranke und sterbende Erwachsene in komplexen Situationen in einem fortgeschrittenen Erkrankungsstadium („erwachsene Palliativpatientinnen und –patienten“) mit die Lebensqualität beeinträchtigenden Symptomen und/oder psychosozialen Problemen.
2. An- und Zugehörige sind die in § 123 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes –ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 145/2024 angeführten Personen als Angehörige und weitere Familienangehörige, Verwandte und Nahestehende sowie Vertrauenspersonen der Palliativpatientinnen und Palliativpatienten als Zugehörige.
3. Die spezialisierte mobile Hospiz- und Palliativversorgung erfolgt durch qualifizierte ehrenamtlich und nicht ehrenamtlich tätige Personen, welche vorwiegend eine beratende Funktion für die Betreuerinnen und Betreuer im Gesundheits- und Sozialsystem ausüben und darüber hinaus den Palliativpatientinnen und Palliativpatienten sowie deren An- und Zugehörigen unterstützend zur Verfügung stehen.
4. Mobile Palliativteams sind mobile Unterstützungsangebote vorwiegend für Betreuende von erwachsenen Palliativpatientinnen und Palliativpatienten, jedoch auch für die Palliativpatientinnen und Palliativpatienten und deren An- und Zugehörigen selbst, die diesen in allen Versorgungskontexten mit fachlicher Expertise in der Palliativversorgung zur Verfügung stehen.
5. Mobile Kinder-Palliativteams sind mobile Unterstützungsangebote vorwiegend für Betreuende von pädiatrischen Palliativpatientinnen und Palliativpatienten, jedoch auch für die pädiatrischen Palliativpatientinnen und Palliativpatienten und deren An- und Zugehörigen selbst, die diesen in allen Versorgungskontexten mit fachlicher Expertise in der Palliativversorgung zur Verfügung stehen.
Die spezialisierte mobile Hospiz- und Palliativversorgung umfasst folgende Betreuungs- bzw. Unterstützungsleistungen:
1. Mobile Palliativteams,
2. Mobile Kinder-Palliativteams,
3. Palliativkonsiliardienste,
4. Kombinierte Palliativteams,
5. Hospizteams,
6. Kinder-Hospizteams.
(1) Das Land hat durch die Hospiz- und Palliativplanung sicherzustellen, dass die Ziele der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung erreicht werden.
(2) Die spezialisierte mobile Hospiz- und Palliativplanung hat insbesondere folgende Ziele:
1. die Hospiz- und Palliativversorgung der Bevölkerung mit bedarfs- und fachgerechten Leistungen zu verbessern und langfristig zu sichern,
2. landesweit einheitliche qualitative und quantitative Mindeststandards in allen Bereichen der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung unter Berücksichtigung der regionalen und örtlichen Besonderheiten zu gewährleisten,
3. die Zusammenarbeit des Landes, geeigneter Einrichtungen gemäß § 7, der Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung und sonstiger Einrichtungen zu fördern sowie
4. die zweckmäßige Verwendung der Mittel zu gewährleisten.
Die Aufgaben des Landes in der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativplanung sind insbesondere:
1. die Verarbeitung der für die Gesundheits- und Sozialpolitik in Niederösterreich erforderlichen personen- und betreuungsbezogenen Daten (§ 9),
2. die Zurverfügungstellung von Schnittstellen zum Austausch von personenbezogenen Daten zwischen der Landesregierung, der Notruf NÖ GmbH und den Trägern der Hospiz- und Palliativversorgung,
3. die Erstellung einer Prognose und eines Ausbauplanes,
4. die Vergabe und Förderung der erforderlichen Forschungsarbeiten und
5. die regelmäßige Evaluierung und Kontrolle der Maßnahmen im Zuge des Qualitätsmanagements.
(1) Zu den Aufgaben der Koordinierung der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung zählen insbesondere:
1. Einrichtung und Betrieb einer Koordinierungsstelle für Hospizteams,
2. Fort- und Weiterbildung von ehrenamtlichen und nicht ehrenamtlichen Personen in der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung sowie
3. Durchführung von Projekten im Bereich der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung sowie Erfüllung von Aufgaben im Auftrag des Landes.
(2) Das Land kann sich zur Erfüllung der Aufgaben der Koordinierung der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung geeigneter Einrichtungen durch Abschluss von Verträgen bedienen.
(3) Als geeignete Einrichtung im Sinne des Abs. 2 wird insbesondere der Landesverband Hospiz Niederösterreich angesehen.
(1) Das Land kann Trägern der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung und Organisationen, die für das Land insbesondere im Bereich der Administration oder Koordination Unterstützung leisten, im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung und nach Maßgabe der budgetären Mittel, Förderungen gewähren. Ein Rechtsanspruch auf die Förderungen besteht nicht.
(2) Die näheren Bestimmungen zur Förderung, insbesondere über die Voraussetzungen, die einzuhaltenden Qualitätsstandards und die Höhe, sind in Form von Richtlinien der Landesregierung zu regeln.
(3) Sofern ein Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung
1. Fördermittel widmungswidrig verwendet,
2. Qualitätskriterien nicht oder mangelhaft erfüllt,
3. nicht den Tatsachen entsprechende Angaben macht oder
4. mangelhaft bei Maßnahmen der Qualitätssicherung mitwirkt
ist das Land berechtigt, Förderungen bzw. Entgelte für diesen Träger um den entsprechenden Betrag zu kürzen oder zurückzufordern. Dies gilt auch in Fällen des § 14 Abs. 8 des Hospiz- und Palliativfondsgesetzes, BGBl. I Nr. 29/2022.
(4) Für die Tragung der Kosten in den Angelegenheiten der spezialisierten mobilen Hospizversorgung findet der 8. Abschnitt des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000, LGBl. 9200, sinngemäß Anwendung.
(5) Die Landesregierung ist sachlich zuständige Behörde für die Entscheidung über Streitigkeiten zwischen Land und Gemeinde über die Leistung von Beiträgen in den Angelegenheiten des Abs. 4.
(1) Die Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung sowie die geeignete Einrichtung gemäß § 7 sind im Rahmen der Betreuung im Gesundheits- und Sozialbereich ermächtigt und verpflichtet personenbezogene Daten der Palliativpatientinnen und Palliativpatienten sowie ihrer ehrenamtlichen und nicht ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verarbeiten.
(2) Die Landesregierung und die Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung können von Palliativpatientinnen und Palliativpatienten folgende Datenkategorien verarbeiten:
1. Generalien: Name, Geburtsdatum, Sterbedatum, Geschlecht, Wohnsitzadresse, Aufenthaltsort, Religionszugehörigkeit, Daten zu Kontaktpersonen,
2. Sozialversicherungsnummer,
3. Gesundheitsbezogene Daten: Diagnosen, Therapien, Informationen zum Gesundheitszustand, Anamnesen, Skalen, ärztliche Befunde, Bild-Daten,
4. Sozioökonomische Daten: sozial- und arbeitsrechtliche Inhalte und Dokumente, Daten zur Lebens- und Wohnsituation sowie zur finanziellen Situation,
5. Erweiterte Versorgungsplanung: Vorliegen und Inhalte einer Patientenverfügung oder eines Vorsorgedialogs, Vorliegen und Umfang einer Vertretungsbefugnis, Vorliegen, Umfang und Anwendung von Vollmachten, sonstige Vorausverfügungen oder Entscheidungen als Unterstützung hinsichtlich der Feststellung eines mutmaßlichen Patientenwillens,
6. Betreuungsdaten: zuweisende oder anfragende Stelle, Anforderungsgrund, Inhalt, Zeitpunkt, Dauer, Grund, Art und Ort der in Anspruch genommenen Leistungen, Grund für Betreuungsende, weiterbehandelnde Strukturen, Anzahl und Dauer von Betreuungen, Namen und Berufsqualifikationen der ehrenamtlichen und nicht ehrenamtlichen Personen sowie weitere Daten für eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende unabdingbare Dokumentation.
6. Palliativkonsiliardienste sind Unterstützungsangebote vorwiegend für das betreuende ärztliche und pflegerische Personal in Krankenanstalten, jedoch auch für die Palliativpatientinnen und Palliativpatienten und deren An- und Zugehörigen selbst, die diesen mit fachlicher Expertise in der Palliativversorgung zur Verfügung stehen.
7. Kombinierte Palliativteams sind mobile Versorgungsangebote, die sowohl Leistungen des mobilen Palliativteams, als auch des Palliativkonsiliardienstes erbringen.
8. Hospizteams sind mobile Versorgungsangebote, in deren Rahmen erwachsene Palliativpatientinnen und Palliativpatienten und ihre An- und Zugehörigen von qualifizierten ehrenamtlichen und nicht ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleitern in allen Versorgungskontexten individuell begleitet werden. Die Koordination des Hospizteams erfolgt über nicht ehrenamtlich tätige Personen.
9. Kinder-Hospizteams sind mobile Versorgungsangebote, in deren Rahmen pädiatrische Palliativpatientinnen und Palliativpatienten sowie ihre An- und Zugehörigen von qualifizierten ehrenamtlichen und nicht ehrenamtlichen Kinder-Hospizbegleiterinnen und Kinder-Hospizbegleitern in allen Versorgungskontexten alters- und entwicklungsadäquat individuell begleitet werden. Die Koordination des Kinder-Hospizteams erfolgt über nicht ehrenamtlich tätige Personen.
10. Der Landesverband Hospiz Niederösterreich ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel der Förderung des Hospizwesens.
(3) Die Landesregierung kann von ehrenamtlichen und nicht ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung folgende Datenkategorien verarbeiten:
1. Generalien: Name, Geschlecht
2. Daten zur Qualifikation: Berufsqualifikation, vor oder während des Dienstverhältnisses erworbene Zusatzqualifikationen
3. Angaben zur Tätigkeit: Stundenausmaß und Art der Beschäftigung
(4) Den Trägern der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung wird von der Landesregierung eine einheitliche Softwarelösung für die Datenerhebung nach Abs. 2 zur Verfügung gestellt. Die Daten werden von der Landesregierung für die Durchführung des Qualitätsmanagements und zur Validierung einer Statistik mit aggregierten Daten gemäß den Vorgaben des § 10 Abs. 3 HosPalFG, BGBl. I Nr. 29/2022 verwendet. Die Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung haben diese Daten über die zur Verfügung gestellte Softwarelösung oder auf sonstigem sicheren elektronischen Weg bis zum 31. März des Folgejahres zu übermitteln. Die Übermittlung der Daten durch die Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung erfolgt unentgeltlich.
(5) Zur Softwarelösung der Landesregierung werden Schnittstellen eingerichtet. Diese Schnittstellen ermöglichen keinen Vollzugriff auf die Daten, sondern lediglich auf Informationen, die im Einzelfall nötig sind, um Palliativpatientinnen und Palliativpatienten zu behandeln und im Einzelfall Gesundheitsdaten zu ergänzen. Die Verarbeitung erfolgt auf Grundlage dieses Gesetzes zur Erreichung der Ziele gemäß § 2 und zur Erfüllung der Aufgaben gemäß § 6 unter Beachtung der Vorgaben von Art. 9 Abs. 2 lit. c und h der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Schnittstellen werden zur Landesregierung, zur Notruf NÖ GmbH, zur NÖ Landesgesundheitsagentur sowie zu anderen Trägern der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung eingerichtet.
(6) Die Landesregierung, die Notruf NÖ GmbH und die NÖ Landesgesundheitsagentur werden ermächtigt, über eine Schnittstelle zur Softwarelösung nach Abs. 5 zur Erreichung der Ziele gemäß § 2 und zur Erfüllung der Aufgaben gemäß § 6 im Interesse der betroffenen Palliativpatientinnen und Palliativpatienten Daten zu verarbeiten. Die Verarbeitung erfolgt gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. c und h DSGVO.
(7) Die Landesregierung wird ermächtigt, mehrere Datensätze, die dieselbe Palliativpatientin oder denselben Palliativpatienten betreffen, zur Erreichung der Ziele gemäß § 2 und zur Erfüllung der Aufgaben gemäß § 6 zu einem Datensatz zusammenzuführen. Diese Verarbeitung erfolgt gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO .
(8) Die Landesregierung, die Notruf NÖ GmbH und die NÖ Landesgesundheitsagentur sind als datenschutzrechtlich gemeinsam Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 DSGVO, ermächtigt, personenbezogene Daten nach Abs. 2 bis Abs. 6 zu verarbeiten.
(9) Die Erfüllung von Informations-, Auskunfts-, Berichtigungs-, Löschungs- und sonstigen Pflichten nach den Bestimmungen der DSGVO obliegt jedem der gemeinsam Verantwortlichen hinsichtlich jener personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit den von ihm wahrgenommenen Aufgaben verarbeitet werden. Nimmt eine betroffene Person ein Recht nach der Datenschutzgrundverordnung gegenüber einem gemäß dem ersten Satz unzuständigen Verantwortlichen wahr, ist sie an den zuständigen Verantwortlichen zu verweisen.
(10) Das Amt der Landesregierung ist datenschutzrechtlicher Auftragsverarbeiter gemäß Art. 4 Z 8 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 DSGVO und hat in dieser Funktion die Datenschutzpflichten gemäß Art. 28 Abs. 3 lit. a bis h DSGVO wahrzunehmen.
(11) Sofern ein Träger der spezialisierten mobilen Hospiz- und Palliativversorgung die Daten nicht über die Softwarelösung des Landes übermittelt, ist dieser für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen alleine verantwortlich gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO.
(12) Verarbeitungen von personenbezogenen Daten, die auf Grundlage dieses Gesetzes automationsunterstützt verarbeitet werden, sind lückenlos zu protokollieren. Protokolldaten sind 30 Jahre lang aufzubewahren. Davon darf in jenem Ausmaß abgewichen werden, als der von der Protokollierung oder Dokumentation betroffene Datenbestand zulässigerweise früher gelöscht oder länger aufbewahrt wird.