JudikaturVwGH

Ro 2025/16/0002 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
31. März 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des Präsidenten des Landesgerichtes Innsbruck gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2024, I422 2295617 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (mitbeteiligte Partei: R F in M, vertreten durch Mag. Dr. Norbert Winkler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1Dem Mitbeteiligten wurde mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes die Verlassenschaft nach seinem Großvater (unter Berücksichtigung des getroffenen Pflichtteilübereinkommens) zur Gänze eingeantwortet. In der Folge wurden dem Mitbeteiligten mit Lastschriftanzeige Gebühren gemäß TP 8 GGG vorgeschrieben. Der Mitbeteiligte erhob dagegen Einwendungen bezüglich der Gebührenhöhe und brachte vor, es sei eine unrichtige Bemessungsgrundlage herangezogen worden. Gegen den anschließend erlassenen Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) mit dem den Einwendungen keine Folge gegeben wurde erhob der Mitbeteiligte Vorstellung.

2Mit Bescheid vom 31. Mai 2024 verpflichtete der Revisionswerber den Mitbeteiligten mit näherer Begründung, die Pauschalgebühr gemäß TP 8 GGG (in näher genannter Höhe) sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG von 8 € zu entrichten.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde des Mitbeteiligten Folge und hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf. Es sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.

4 Das Bundesverwaltungsgericht führte nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehensim Wesentlichen aus, dem Mitbeteiligten sei der Nachlass nach seinem Großvater unter Berücksichtigung des getroffenen Pflichtteilsübereinkommens in dessen Alleineigentum eingeantwortet worden. Der reine Nachlass habe zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers rd. 1 Mio € betragen, unter Berücksichtigung von zu Lebzeiten erfolgten Schenkungen allerdings rd. 1,5 Mio €. Die Pauschalgebühr gemäß TP 8 GGG sei vom erhöhten Wert (Reinnachlass erhöht um den Wert der Schenkungen zu Lebzeiten) bemessen worden.

5 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht auf das Wesentliche zusammengefasstunter Verweis auf § 24 Abs. 1 GGG aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei einer Abhandlung mit Inventarisierung wie im vorliegenden Fall als Wert des Nachlassvermögens jener Wert anzusetzen, den das Verlassenschaftsgericht aufgrund der Angaben im Inventar anerkannt und der Abhandlung zugrunde gelegt habe.

6 Dem verfahrensgegenständlichen Einantwortungsbeschluss sei jedoch nicht zu entnehmen, welchen Wert das Verlassenschaftsgericht aufgrund der Angaben im Inventar anerkannt und der Abhandlung zugrunde gelegt habe. Da somit eine Anknüpfung an den Einantwortungsbeschluss nicht in Betracht komme, sei alleine auf das Inventar abzustellen.

7Nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 GGG sei die Pauschalgebühr im Verfahren vor dem Verlassenschaftsgericht nach den Verhältnissen am Todestage des Verstorbenen zu ermitteln. Maßgebend sei der reine Wert des dem Verfahren zu Grunde liegenden Verlassenschaftsvermögens, womit eine Einbeziehung von nicht verlassenschaftszugehörigem Vermögen in die Bemessungsgrundlage ausgeschlossen sei.

8Aus dem im Abhandlungsprotokoll errichteten Inventar lasse sich entnehmen, dass es sich bei jenen Posten, welche zu einer Erhöhung des reinen Nachlasses geführt hätten, um zu Lebzeiten erfolgte Liegenschaftszuwendungen handle. Die betreffenden Liegenschaften seien sohin am Todestag nicht mehr im Eigentum des Verstorbenen gestanden, womit sie nicht nachlasszugehörig, sondern lediglich für die Anrechnung von Schenkungen auf den Pflichtteil des Noterben gemäß § 783 ABGB zu berücksichtigen gewesen seien.

9Die Aufnahme der nicht nachlasszugehörigen Liegenschaften in das Inventar führe daher nicht zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage, da gemäß § 24 Abs. 1 GGG auf die Verhältnisse am Todestag abzustellen sei.

10Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht mit der fehlenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob die Aufnahme nicht nachlasszugehöriger Positionen in das Inventar zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die nach TP 8 GGG geschuldete Pauschalgebühr führe oder ob stets lediglich die Verhältnisse am Todestage des Verstorbenen maßgeblich seien.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, die das Bundesverwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens vorgelegt hat. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung in der er die kostenpflichtige Zurück , in eventu die Abweisung der Revision beantragte.

12 Die Amtsrevision führt in der Zulässigkeitsbegründung zunächst aus, die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die Aufnahme der nicht nachlasszugehörigen Liegenschaften in das Inventar die Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühr nicht erhöhe, werde nicht bekämpft.

13Allerdings weiche die angefochtene Entscheidung deshalb von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Bundesverwaltungsgericht den vom Mitbeteiligten angefochtenen Bescheid zur Gänze ersatzlos behoben habe. Dies führe entgegen der Bestimmung des TP 8 GGG zum rechtlich unhaltbaren Ergebnis, dass bezüglich des verfahrensgegenständlichen Verlassenschaftsverfahrens gar keine Gebühren zustehen würden.

14Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

15 Die Revision ist aus dem darin angeführten Grund zulässig und begründet.

16Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, stellt die ersatzlose Behebung des Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht eine Entscheidung in der Sache selbst dar. Ein solcherart in Form eines Erkenntnisses gefasster Spruch eines Verwaltungsgerichtes schließt eine neuerliche Entscheidung über den Verfahrensgegenstand durch die Verwaltungsbehörde grundsätzlich aus. Die ersatzlose Behebung eines Bescheides setzt somit voraus, dass dieser nicht hätte ergehen dürfen und der dem materiellen Recht entsprechende Zustand nur durch die Kassation hergestellt werden kann. Dabei handelt es sich um eine „negative“ Sachentscheidung (vgl. VwGH 7.3.2023, Ra 2020/05/0050, mwN).

17Im vorliegenden Revisionsfall hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufgehoben. Dass damit eine Entscheidung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (Aufhebung und Zurückverweisung an den Amtsrevisionswerber zur Erlassung eines neuen Bescheides) getroffen werden sollte, kann angesichts der Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die Pauschalgebühr gemäß TP 8 GGG nur von einem Teil der im verfahrensgegenständlichen Nachlassinventar angeführten Liegenschaften (nämlich von jenen, die noch am Todestag des Erblassers in seinem Eigentum gestanden seien) zu bemessen sei, nicht angenommen werden. Zudem lassen sich dem angefochtenen Erkenntnis in dem von einem unstrittigen Sachverhalt ausgegangen wirdkeine Anhaltpunkte dafür entnehmen, dass das Bundesverwaltungsgericht von einer völlig unzureichenden Ermittlungstätigkeit des Amtsrevisionswerbers ausgegangen wäre (vgl. zur diesbezüglichen Voraussetzung etwa VwGH 19.12.2022, Ra 2022/03/0062, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung).

18Ist aber das Bundesverwaltungsgericht selbst nicht davon ausgegangen, dass gar keine Pauschalgebühr gemäß TP 8 GGG festzusetzen wäre, erweist sich die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides als rechtswidrig (vgl. dazu auch VwGH 24.8.2023, Ra 2022/22/0093, mwN).

19Das angefochtene Erkenntnis war somit wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 31. März 2025