Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des G C in G, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 51/II, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 16. November 2023, Zl. RV/2101235/2017, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer je 2008 bis 2012, Wiederaufnahme der Einkommensteuer 2012 sowie Anspruchszinsen 2008 bis 2012, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber hat nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes (BFG) im Streitzeitraum als faktischer GmbHMachthaber Scheinrechnungen veräußert und daraus als Einzelunternehmer (persönlich) Umsätze bzw. Einnahmen erzielt, wobei er es unterlassen hat, fristgerecht entsprechende Jahressteuererklärungen einzureichen. Mit strafgerichtlichem Urteil wurde der Revisionswerber u.a. wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 sowie § 11 teils zweiter und teils dritter Fall FinStrG schuldig gesprochen. Es habe sich erwiesen, dass es sich bei einer Vielzahl der geprüften ausgestellten Ausgangsrechnungen für angeblich erbrachte GmbH Leistungen als Subunternehmen um Scheinrechnungen gehandelt habe, welchen kein tatsächlicher Leistungsaustausch bzw. keine tatsächliche Arbeitskräfteüberlassung in dem in den Scheinrechnungen verzeichneten Umfang zugrunde gelegen sei.
2 Mit 17. Dezember 2015 ergingennach Durchführung einer Außenprüfung gemäß § 99 FinStrG Bescheide, mit denen das Einkommensteuerverfahren 2012 wiederaufgenommen und Umsatz und Einkommensteuer sowie Anspruchszinsen für die Jahre 2008 bis 2012 festgesetzt wurden.
3 Gegen sämtliche dieser Bescheide erhob der Revisionswerber Beschwerde.
4 Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung keine Folge, woraufhin der Revisionswerber die Vorlage der Beschwerde an das BFG beantragte.
5 Mit Urteil des Straflandesgerichtes Graz vom 1. Juni 2022, wurde der Revisionswerber neben einigen anderen Deliktender vorsätzlichen Abgabenverkürzung (mehrfache Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1, § 11 teils zweiter und teils dritter Fall FinStrG) schuldig gesprochen, und zwar u.a. deshalb, weil er es als Einzelunternehmer hinsichtlich der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer je für 2008 bis 2012 unterlassen habe, fristgerecht Jahressteuererklärungen einzureichen, wodurch die angeführten Abgaben wegen Unkenntnis der Abgabenbehörde von der jeweiligen Entstehung des Abgabenanspruches mit Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist nicht hätten festgesetzt werden können. Es stehe zweifelsfrei fest, dass der Revisionswerber im Zeitraum 2008 bis 2012 Einnahmen aus der Veräußerung von Scheinrechnungen an andere Gesellschaften lukriert, in diesem Zusammenhang höchstpersönlich Umsätze erwirtschaftet und diese Einkünfte und Umsätze gegenüber der Abgabenbehörde nicht offengelegt bzw. die daraus resultierende Umsatzsteuer und Einkommensteuer hinterzogen habe. Mittels der Scheinrechnungen, welchen kein tatsächlicher Leistungsaustausch bzw. keine tatsächliche Arbeitskräfteüberlassung in dem in den Scheinrechnungen verzeichneten Umfang zugrunde gelegen habe, sei vom Revisionswerber ein Handel betrieben worden, der ihm als Einkunftsquelle gedient habe.
6Die gegen dieses Urteil des Straflandesgerichtes Graz erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Revisionswerbers wies der OGH mit Entscheidung vom 28. Juni 2023, 13 Os 119/22g, zurück.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, wies das BFG sodann die Beschwerde ab. Begründend führte es soweit fallgegenständlich von Bedeutung u.a. aus, dass das BFG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an ein rechtskräftiges Strafurteil gebunden sei, unabhängig von der Rechtsmäßigkeit der Entscheidung. Es müsse daher von den vom Strafgericht konkret getroffenen Tatsachenfeststellungen ausgegangen werden. Das BFG habe daher nunmehr zwingend davon auszugehen, dass der Revisionswerber in den Jahren 2008 bis 2012 als Einzelunternehmer (persönlich) Umsätze bzw. Einnahmen aus der Veräußerung von Scheinrechnungen gegen Provision erzielt und er es hinsichtlich dieser Umsätze bzw. Einkünfte unterlassen habe, fristgerecht Jahressteuererklärungen einzureichen, wodurch er die festgesetzten Abgaben vorsätzlich verkürzt habe.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die unter der Überschrift „E. Revisionspunkte“ zunächst ausführt, der Revisionswerber erachte sich „in seinem Recht auf Sachentscheidung und in seinem Recht auf Stattgebung seiner Beschwerden verletzt, wobei das angefochtene Erkenntnis sowohl an Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch an Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, leidet.“
8 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision auf das Wesentliche zusammengefasst vor, das BFG gehe zu Unrecht von einer Bindungswirkung in Bezug auf die strafrechtliche Verurteilung aus. Dies sei „von vorneherein unrichtig“, weil sie sich auf das Handeln des Revisionswerbers als faktischer Geschäftsführer stütze, diese Tätigkeit aber nicht Ausfluss einer eigenen gewerblichen Tätigkeit des Revisionswerbers sei. Es gehe um die Frage, ob einem faktischen Geschäftsführer eines Unternehmens, der durch Finanzstraftaten Einkünfte zur Zahlung von Schwarzlöhnen erziele, eine höchstpersönliche gewerbliche Tätigkeit und damit eine Verpflichtung zur persönlichen Einkommensbesteuerung rechtens unterstellt werden könne.
9 Die Revision erweist sich als unzulässig.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13Bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses kommt dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. in ständiger Rechtsprechung VwGH 29.5.2024, Ra 2024/15/0032 bis 0033; 5.10.2021, Ro 2021/15/0016; 12.11.2020, Ra 2020/16/0080, jeweils mwN).
14Im behaupteten Recht auf Sachentscheidung kann der Revisionswerber aber schon deshalb nicht verletzt sein, wurde doch seiner Beschwerde im angefochtenen Erkenntnis keine Folge gegeben, d.h. die Beschwerde abgewiesen und somit eine Sachentscheidung getroffen (vgl. VwGH 19.12.2024, Ra 2024/09/0089, mwN).
15Im Übrigen stellt auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften für sich keinen tauglichen Revisionspunkt dar, sondern zählt zu den Revisionsgründen. Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften kann nämlich nicht losgelöst von materiellen Rechten zu einer Verletzung subjektiver Rechte führen. Ein abstraktes Recht auf richtige Gesetzesanwendung besteht nicht (vgl. VwGH 27.2.2025, Ro 2024/01/0015, mwN).
16 Die Revision erweist sich daher bereits deshalb als unzulässig.
17Im Übrigen wird angemerkt, dass es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen entfaltet, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl. z.B. VwGH 1.9.2015, Ro 2014/15/0023, mwN sowie zuletzt VwGH 24.4.2025, Ra 2024/15/0060, mwN).
18 Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen ist auch der Aufbau einer eigenen (ihm zurechenbaren) Einkunftsquelle des Revisionswerbers aus der Veräußerung bzw. dem Handel mit Scheinrechnungen einer GmbH, deren faktischer Geschäftsführer er ist, nicht „von vorneherein“ ausgeschlossen.
19 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. Mai 2025