JudikaturVwGH

Ra 2025/11/0058 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
13. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Sozialministeriumservice, der gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. April 2025, Zl. L518 2307508 1/4E, betreffend Ausstellung eines Behindertenpasses (mitbeteiligte Partei: R W in B), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.

1 Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Bundesverwaltungsgericht den gemäß § 45 Abs. 2 des BundesbehindertengesetzesBBG als Bescheid geltenden, dem Mitbeteiligten mit 10. Dezember 2024 ausgestellten Behindertenpass gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die revisionswerbende Partei zurück. Unter einem wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig erklärt.

2 Gegen diesen Beschluss richtet sich die gegenständliche (außerordentliche) Revision. Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2025 stellte die revisionswerbende Partei nachträglich den Antrag, der dem Verwaltungsgerichtshof bereits vorgelegten Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

3Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Gemäß § 30 Abs. 5 VwGG sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden.

4Auch Beschlüsse der Verwaltungsgerichte gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG sind einem Vollzug im Sinn einer Umsetzung in die Wirklichkeit zugänglich, weshalb die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. VwGH 24.4.2015, Ra 2015/04/0019, mwN).

5Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Revision zulässig, die von der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde erhoben wird (Amtsrevision). Als „unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber“ ist hier eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung der angefochtenen Entscheidung in die Wirklichkeit zu verstehen; der Revisionswerber hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre, wobei die diesbezüglichen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht streng sind (vgl. VwGH 16.1.2025, Ra 2025/11/0003, mwN).

6 Die Amtsrevision erhebende Partei bringt als unverhältnismäßigen Nachteil zusammengefasst vor, die Behörde müsse aufgrund des angefochtenen Beschlusses erneut ein Ermittlungsverfahren unter Einholung eines oder mehrerer Sachverständigengutachten durchführen. Damit wäre das mit der Revision verfolgte Ziel, dass das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden habe, vereitelt. Weiters würden dadurch Kosten entstehen, die im Fall des Erfolgs der Revision nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten.

7 Mit diesem Vorbringen wird ein unverhältnismäßiger Nachteildieser ist mehr als ein bloß überwiegender Nachteil oder eine wirtschaftliche Härte (vgl. etwa VwGH 4.9.2015, Ra 2015/01/0162)für die von der Amtsrevisionswerberin wahrzunehmenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nicht aufgezeigt.

8Soweit im Antrag ins Treffen geführt wird, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, auch im Fall der Ausstellung eines Behindertenpasses sei ein Bescheid zu erlassen, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Provisorialverfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen hat, und Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Revisionsverfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. etwa VwGH 16.8.2024, Ra 2024/11/0101, mwN). Das auf die Unrechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses gestützte Vorbringen ist daher nicht zielführend.

9 Dem Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 13. Juni 2025