Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der Gemeinde Jerzens, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2024, W138 2293894 1/5E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Vermessungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vermessungsamt Imst), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 2023, mit welchem die Umwandlung näher bezeichneter Grundstücke gemäß § 32a Abs. 2 Vermessungsgesetz (VermG) von Amts wegen aufgehoben worden war, nach Erlassen einer Beschwerdevorentscheidung durch die Behörde und Einbringen eines Vorlageantrages durch die Revisionswerberin, abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde bestätigt. Gleichzeitig sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
2 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, am 9. August 2023 habe die S H GmbH einen Antrag auf Bescheinigung eines näher bezeichneten Planes gestellt. Im Zuge des Prüfungsverfahrens zur Bescheinigung dieses Planes habe die belangte Behörde Bodenbewegungen festgestellt. Die Verifikationsmessung in Bezug auf näher angeführte Grenzpunkte im Plan habe eine hangabwärts gerichtete Koordinatenverschiebung von dy = 0.55 m und dx = 0.30 m gegenüber den Koordinaten der im Grenzkataster eingetragenen Grenzpunkte ergeben. Die Grenzpunkte im Plan seien im Jahr 2008 mit einem näher bezeichneten Teilungsplan entstanden, für den Anschluss an das Festpunktefeld seien jedoch Koordinatenwerte des Festpunktes mit dem Stand 1979 verwendet worden. Die Bodenbewegungen umfassten mehrere Grundstücke und erstreckten sich über ein Gebiet mit einer Fläche von 50.158 m². Es könnten Bodenbewegungen zumindest seit dem Jahr 1979 festgestellt werden. Diese würden nach wie vor andauern und deren Dauer sei nicht absehbar.
3Auf Grund der Ergebnisse der Verifikationsmessung der hangabwärts gerichteten Koordinatenverschiebungen von mehr als 25 cm sei die Veränderung der Lage der näher genannten Grundstücksgrenzen wegen Bodenbewegungen gemäß § 4 Z 1 lit. c Bodenbewegungsverordnung (BodBwV) nachgewiesen. Da sich gemäß § 32a Abs. 1 VermG im Zuge der Vermessung ergeben habe, dass die näher genannten Grundstücke durch andauernde und großräumige Bodenbewegungen in ihrer Lage verändert worden seien, sei die Umwandlung in Bezug auf diese Grundstücke gemäß § 32a Abs. 2 VermG aufzuheben.
4 Von einer mündlichen Erörterung sei keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten gewesen. Der Sachverhalt sei aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt. Die belangte Behörde habe ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren durchgeführt. Es seien durch das Vorbringen der Revisionswerberin keine Rechts und Tatfragen aufgeworfen worden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.
5 Dagegen erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 6. Juni 2025, E 3758/2024 5, abgelehnt und über nachträglichen Antrag der Revisionswerberin mit Beschluss vom 10. Juli 2025, E 3758/2024 7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9Die Revisionswerberin bringt zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision zunächst vor, es fehle jede höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des § 32a VermG. Es sei weder geregelt, wie viele „Grundstücke“ betroffen sein müssten, noch, was darunter zu verstehen sei, dass die Grundstücke „in ihrer Lage verändert“ seien. Ebenso sei unklar, welche Art von „Bodenbewegungen“ die Veränderung auslösten und was im konkreten Zusammenhang unter einer „dauernden“ und „großräumigen“ Bodenbewegung zu verstehen sei. Die Beantwortung dieser Rechtsfragen sei von weitreichender, über den Einzelfall hinausgehender, bundesweiter Bedeutung, hänge doch von dieser ab, unter welchen Voraussetzungen tektonische oder in sonstiger Weise bedingte Lageveränderungen von Grundstücken im gesamten Bundesgebiet als tatbestandsmäßig im Sinne des § 32a VermG anzusehen seien.
10Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 13.5.2025, Ra 2023/06/0173 bis 0175, mwN). Das bloße Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision (vgl. für viele etwa VwGH 3.10.2024, Ra 2024/06/0146, mwN).
11Diesen Anforderungen wird die dargestellte Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht. Sie behauptet lediglich allgemein die Auslegungsbedürftigkeit der Tatbestandsmerkmale des § 32a Abs. 1 VermG, ohne jedoch konkret auf den Revisionsfall bezogen darzulegen, von welcher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht beantworteter Rechtsfrage in Bezug auf die Begründung des Verwaltungsgerichts die Entscheidung über die Revision abhinge.
12 Dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision fehlt es damit an einer Verknüpfung zwischen einer individualisierten Rechtsfrage, dem konkret zugrunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG vorliegt. Ohne konkrete Bezugnahme auf den Einzelfall ist die Begründung der Zulässigkeit einer Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. etwa VwGH 7.5.2024, Ra 2024/05/0047 und 0048, mwN).
13 Auch der Umstand allein, dass die zu lösende Rechtsfrage in einer Vielzahl von Fällen auftreten kann, bewirkt noch nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG (vgl. VwGH 21.10.2024, Ra 2023/03/0156, mwN).
14 Wenn die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen darüber hinaus ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung behauptet, wird sie den oben genannten Zulässigkeitsanforderungen schon deshalb nicht gerecht, weil dazu keine konkrete Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes angeführt wird, von der das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll.
15 Soweit die Revision letztlich Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs und Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen führt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 27.6.2025, Ra 2025/14/0171, mwN). Eine solche konkrete und fallbezogene Relevanzdarstellung lässt die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen vermissen.
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 8. September 2025