Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des B C, vertreten durch Mag. Nina Dwyer, Mag. Helga Embacher und Mag. Martin Lechner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 13. Jänner 2025, LVwG 2024/40/2722 1, betreffend einen baubehördlichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Stadtgemeinde Kitzbühel hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. August 2024 wurde dem Revisionswerber gemäß § 46 Abs. 6 lit. e Tiroler Bauordnung 2022 TBO 2022 die weitere Benützung der Wohnung Top X des Gebäudes auf einer näher bezeichneten Liegenschaft der KG K untersagt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (Verwaltungsgericht) wurde die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Benützung mit sofortiger Wirkung untersagt werde. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass der Revisionswerber Eigentümer der gegenständlichen Wohnung sei, für welche weder ein Baukonsens noch eine Benützungsbewilligung vorliege, weshalb die mittels des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Benützungsuntersagung zu Recht erfolgt sei. Dieser Benützungsuntersagung sei unverzüglich nachzukommen. Nachdem die belangte Behörde keine Frist vorgesehen habe, der Verwaltungsgerichtshof in solchen Fällen „neuerdings“ jedoch eine solche fordere (Hinweis auf VwGH 12.11.2024, Ra 2024/06/0130 und 0131), sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
4 Gegen dieses Erkenntnis hat der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluss vom 11. März 2025, E 456/2025 7, deren Behandlung abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
5 In der vorliegenden Revision begehrt der Revisionswerber, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
6 Die belangte Behörde und die weitere Partei erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
7 Die Revision erweist sich angesichts des in der Zulässigkeitsbegründung aufgezeigten Abweichens von näher zitierter Rechtsprechung zum Erfordernis der Begründung der Angemessenheit der festgesetzten Leistungsfrist als zulässig.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 59 Abs. 2 AVG klar, dass ein Auftrag eine Erfüllungsfrist enthalten muss; das Fehlen einer Leistungsfrist macht den Auftrag rechtswidrig (vgl. VwGH 12.11.2024, Ra 2024/06/0130 und 0131, mwN; in diesem auch vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnis hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf seine dazu ergangene ständige Rechtsprechung berufen, weshalb die im angefochtenen Erkenntnis zum Ausdruck gebrachte Ansicht, eine solche Fristsetzung werde „neuerdings“ gefordert, nicht zutrifft). Eine solche Fristsetzung hat das Verwaltungsgericht durch Untersagung der Benützung mit sofortiger Wirkung vorgenommen. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die „unverzügliche“ Herstellung der vorgeschriebenen Anordnungen einem völligen Fehlen einer Frist nicht gleichzusetzen ist und wonach sich der Inhalt des Begriffes „sofort“ mit jenem des Begriffes „unverzüglich“ im Wesentlichen deckt (vgl. VwGH 23.4.2025, Ra 2025/06/0104 und 0105, mwN).
9 Die nach § 59 Abs. 2 AVG vorzunehmende Fristsetzung hat auf Grund der Ergebnisse entsprechender Ermittlungen zu erfolgen und ist in der Entscheidung auch entsprechend zu begründen (vgl. etwa VwGH 27.6.2002, 2002/07/0043, und 19.5.1994, 92/07/0067, jeweils mwN).
10 Ein Begründungsmangel führt zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert. Wird das Verwaltungsgericht den sich aus § 29 Abs. 1 VwGVG ergebenden Anforderungen an die Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht, so liegt ein Begründungsmangel vor, welcher einen revisiblen Verfahrensmangel darstellt (vgl. etwa VwGH 23.3.2023, Ra 2022/06/0333 bis 0338, mwN).
11 Das Verwaltungsgericht hat die von ihm festgesetzte Leistungsfrist („mit sofortiger Wirkung“) mit keinem Wort begründet und hat damit seiner Verpflichtung zur Begründung der Fristsetzung nicht entsprochen. Da sich das angefochtene Erkenntnis somit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf dessen inhaltliche Rechtmäßigkeit entzieht, war es gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
12 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 21. Juli 2025