Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des Stadtrats der Stadtgemeinde Ebenfurth, vertreten durch die Ehrenhöfer Häusler Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 11. November 2024, LVwG AV 5/001 2024, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag nach der NÖ Bauordnung 2014 (mitbeteiligte Partei: O J, vertreten durch Christian Weber (MM), Rechtsanwalt in Wien; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde E als Baubehörde I. Instanz vom 21. Dezember 2022 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ Bauordnung 2014 (im Folgenden: NÖ BO 2014) aufgetragen, „das auf dem dem Gutsbestand der Liegenschaft EZ [...] zugehörige[n] Grundstück Nummer [...] sowie teilweise auf dem dem Gutsbestand der Liegenschaft EZ [...] zugehörigen Grundstück Nummer [...] konsenslos errichtete Wohngebäude mit der Orientierungsbezeichnung [...] abzubrechen.“ Dieser Auftrag umfasse auch die bestehenden Ver und Entsorgungsanlagen. Diese seien „durch hiezu befugte Gewerbsleute abzusichern bzw. abzuschließen“. Unter einem wurde eine Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides festgesetzt.
2 Mit Bescheid vom 13. November 2023 wies die belangte Behörde die dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobene Berufung ab.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen diesen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung stattgegeben und dieser dahingehend abgeändert, dass der Bescheid der Baubehörde vom 21. Dezember 2022 aufgehoben wurde (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.).
4 Das Verwaltungsgericht erwog, soweit für das vorliegende Revisionsverfahren wesentlich, dass zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Abbruchauftrages geklärt werden müsse, ob das gegenständliche Bauwerk abweichend von der am 12. November 1973 erteilten Baubewilligung errichtet worden sei. Zunächst stellt es fest, dass das Bauwerk im Hinblick auf seine Größe der Baubewilligung vom 12. November 1973 entspreche. Dies habe die belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auch zugestanden. Hinsichtlich der Größe liege jedenfalls kein aliud im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Betreffend die Lage des Bauwerkes stützte es sich auf die genannte Baubewilligung, den dieser zugrundeliegenden Einreich bzw. Lageplan, einen näher genannten Teilungsplan betreffend näher bezeichnete Grundstücke und die Niederschrift der Endbeschau vom 1. Februar 1977. Ebenso bezog es die im Jahr 1977 erteilte Benützungsbewilligung mit ein, deren Inhalt zufolge „das Vorhaben bewilligungsgemäß ausgeführt worden“ sei, und stellte diese Dokumente näher genannten Vermessungsurkunden aus dem Jahr 2020 gegenüber. Ebenso bezog es näher genannte Teilungspläne und den Kaufvertrag über das gegenständliche Grundstück zwischen dem Mitbeteiligten und seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau einerseits und der Stadtgemeinde E andererseits in seine Erwägungen mit ein. Im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung hätten die Katastergrenzen mit den Naturgrenzen übereingestimmt. Das Verwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass die Baubehörde die gegenständliche Baubewilligung im Jahr 1973 auf Basis der damals anerkannten und gegenständlich gegebenen Naturgrenzen erteilt habe. Daraus ergebe sich, dass das gegenständliche Bauwerk auch lagemäßig nicht abweichend von der Baubewilligung vom 12. November 1973 errichtet worden sei. Diese sei auch rechtzeitig konsumiert worden und nicht untergegangen. Die Voraussetzungen gemäß § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 zur Erteilung eines Abbruchauftrages lägen somit nicht vor.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu deren Zulässigkeit vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der bei Beurteilung der Frage der lagerichtigen Ausführung eines Bauwerks die Gegenüberstellung der in der der erteilten Baubewilligung zugrundeliegenden Einreichplanung mit der tatsächlichen Bauausführung verlange, abgewichen. Es habe das Erfordernis zunächst erkannt, aber in weiterer Folge ausschließlich auf die Frage der Überbauung der Grundstücksgrenze abgestellt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und unter Bedachtnahme auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse, insbesondere ein näher bezeichnetes Gutachten, hätte das Verwaltungsgericht „zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass das tatsächlich hergestellte Bauwerk erhebliche Lageabweichungen gegenüber dem bewilligten Bauwerk aufweist und es sich daher um ein rechtliches ‚Aliud‘ handelt.“
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Frage, ob ein konkreter Baubestand über einen baubehördlichen Konsens verfügt oder nicht, betrifft ebenso wie die Auslegung eines konkreten Bescheides grundsätzlich nur den Einzelfall, und es könnte sich in diesem Zusammenhang nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG stellen, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt worden wäre (vgl. für viele etwa VwGH 10.5.2023, Ra 2020/06/0254, Rn. 13, mwN; bzw. allgemein zur Bescheidauslegung im Einzelfall etwa VwGH 9.10.2024, Ra 2022/03/0293, Rn. 34, mwN).
10 Die Revision zeigt mit ihrem pauschal gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen weder im Hinblick auf die Auslegung des Bewilligungsbescheides vom 12. November 1973 noch im Hinblick auf die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, nach welcher das vom baupolizeilichen Auftrag betroffene Bauwerk sowohl seiner Lage als auch seiner Größe nach entsprechend der Baubewilligung vom 12. November 1973 errichtet worden ist und damit über eine aufrechte Bewilligung verfügt, eine Unvertretbarkeit auf.
11Soweit sich die Revision in der Begründung ihrer Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung zur festgestellten Lage des Bauwerkes richtet, vermag sie mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen eine Unvertretbarkeit der diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtes nicht darzutun (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 5.12.2024, Ra 2023/05/0260, Rn. 25, mwN).
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 25. August 2025