JudikaturVwGH

Ra 2025/05/0150 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Oktober 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision des Ing. F W, vertreten durch Mag. Claudia Vitek, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 15. Juli 2025, LVwG AV 2205/001 2023, betreffend baupolizeiliche Aufträge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Pressbaum; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde P vom 20. Juli 2022 wurde dem Revisionswerber als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft der KG P der Abbruch näher bezeichneter Baulichkeiten auf der Liegenschaft aufgetragen (Spruchpunkt 1.), die Behebung näher bezeichneter Mängel und die Herbeiführung des konsensmäßigen Zustandes eines näher bezeichneten Gebäudes angeordnet (Spruchpunkt 2.) und eine Frist von sechs Monaten für den Beginn der aufgetragenen Maßnahmen sowie von weiteren sechs Monaten für deren Abschluss gesetzt (Spruchpunkt 3.).

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Mai 2023 wurde die dagegen erhobene Berufung des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die sodann vom Revisionswerber erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig eine Frist von 12 Monaten ab Zustellung der Entscheidung für die Durchführung der baupolizeilichen Aufträge hinsichtlich der abzubrechenden Baulichkeiten und der zu behebenden Mängel festgesetzt (Spruchpunkt 1.). Unter einem wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

4 Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung soweit für das vorliegende Revisionsverfahren wesentlich damit, dass es sich beim Zubau („Hortus Botanicus“) um eine kreisförmige, selbsttragende Holzkonstruktion mit großflächigen Fensterflächen aus Holz und Stahlrahmen handle, welche über ein kuppelförmiges Dach aus Rohrrahmenelementen mit Folienbespannung verfüge und mit Zeltfolien geschlossen sei. Der Zubau sei durch einen Anbau mit Flachdach, Holzbalkendecke und verglaster Holz Faltschiebetür mit dem Clubhaus kraftschlüssig über Stahlkonsolen verbunden. Es handle sich um ein Gebäude gemäß § 4 Z 15 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), zumal der Zubau zweifellos ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens 2 Wänden darstelle, das für Aufführungen und Veranstaltungen vor Ort von Menschen betreten werden könne und dazu bestimmt sei, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen. Es handle sich entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers auch nicht um ein Zelt (wird näher ausgeführt). Der Zubau unterliege der Bewilligungspflicht gemäß § 14 Z 1 NÖ BO 2014 und weiche vom bewilligten Bauwerk sowohl hinsichtlich des Außendurchmessers als auch in der Gesamtlänge in einem erheblichen Ausmaß ab. Diese Abweichungen würden auch eine Lageänderung mit sich bringen, es handle sich somit um ein „aliud“.

5 Zu den übrigen vom Abbruchauftrag erfassten Objekten nach den Feststellungen insbesondere vier näher bezeichnete Flugdächer, ein Zubau „Künstlergarderobe“, eine Sauna, ein Bühnenpodest, das Flachdach über dem Zugang zu den WC Anlagen und die Überdachung nordöstlich eines näher genannten Gebäudes sowie ein weiteres kleines Holzhäuschen, für die jeweils keine Bewilligung vorliege und die jeweils mehr als 30 Tage Bestandsdauer aufwiesen führte das Verwaltungsgericht aus, dass für sämtliche Objekte ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich sei. Dabei komme es darauf an, ob die werkgerechte Errichtung der baulichen Anlage objektiv das Vorliegen eines wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse bzw. fachtechnischer Kenntnisse verlange. Eine Verbindung mit dem Boden sei auch dann anzunehmen, wenn eine Anlage ihrer Ausführung nach keine derartige Verbindung aufweise, nach den Regeln der technischen Wissenschaften bei ordnungsgemäßer Ausführung aber über eine Verbindung mit dem Boden verfügen sollte. All diese Objekte seien Bauwerke gemäß § 4 Z 7 NÖ BO 2014, wobei es unbeachtlich sei, ob es sich dabei um Gebäude oder bauliche Anlagen handle, weil der Begriff „Bauwerk“ beides umfasse und eine Bewilligungspflicht gemäß § 14 Z 1 bzw. Z 2 NÖ BO 2014 in beiden Fällen bestehe.

6 Für sämtliche vom Abbruchauftrag betroffenen Objekte sei trotz Bewilligungspflicht weder im Errichtungszeitpunkt noch zum Zeitpunkt des Abbruchauftrages eine Baubewilligung vorgelegen. Der Abbruchauftrag gemäß § 35 Abs. 2 Z 2 NÖ BO 2014 hinsichtlich dieser Objekte sei zu Recht angeordnet worden. Ebenso seien die Voraussetzungen für die unter einem erteilten Mängelbehebungsaufträge gemäß § 34 NÖ BO 2014 vorgelegen und diese zu Recht erteilt worden.

7 Zum Einwand des Revisionswerbers, es sei ein Verfahren nach dem Denkmalschutzgesetz anhängig, führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhaltungspflicht des Eigentümers gemäß § 4 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz nur dann zum Tragen komme, wenn es sich um Objekte mit bestehendem Baukonsens handle.

8 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird zunächst die Qualifikation des verfahrensgegenständlichen „Hortus Botanicus“ als Gebäude gemäß § 4 Z 15 NÖ BO 2014 und die damit einhergehende Bewilligungspflicht gemäß § 14 Z 1 NÖ BO 2014 gerügt. Es fehle einheitliche Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Konstruktion noch als „Zelt“ bzw. „mobil“ im Sinne der Ausnahmebestimmungen anzusehen sei und ab wann eine Qualifikation als bewilligungspflichtiges Gebäude vorliege. Weiters sei das Verwaltungsgericht von nicht näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann ein bewilligungspflichtiges Gebäude vorliege, abgewichen, weil es sich bei den übrigen vom Abbruchauftrag erfassten Objekten (Flugdächer und Holzkonstruktionen) um vereinfachte Holzkonstruktionen handle. Auch habe das Verwaltungsgericht zur Bestandsdauer des „Hortus Botanicus“ lediglich auf die reine Dauer „seit 2005“ abgestellt und außer Acht gelassen, „ob die 30 Tage Grenze kontinuierlich am selben Standort zu verstehen, kumulativ eines Zeitraumes oder nach jedem Auf /Abbau neu zu zählen ist“. Es sei eine dahingehende präzisierende Klärung zum Verhältnis Zeit Mobilität notwendig, es fehle zu dieser Rechtsfrage eine einheitliche Rechtsprechung.

13 In der Zulässigkeitsbegründung ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 29.4.2025, Ra 2023/05/0278, Rn. 12, mwN).

14 Schon diesen Anforderungen wird die Revision, deren oben wiedergegebenes Vorbringen sich außerdem weder mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum Zubau („Hortus Botanicus“) und zu den übrigen baulichen Anlagen noch zu jenen betreffend die Bestandsdauer des Zubaus auch nur ansatzweise inhaltlich auseinandersetzt, nicht gerecht.

15 Im Übrigen unterliegt die Frage, ob ein Bauvorhaben bewilligungspflichtig, anzeigepflichtig oder auch bewilligungsfrei ist (vgl. etwa VwGH 23.6.2025, Ra 2025/08/0105, Rn. 12, mwN), ebenso wie die Frage, ob eine bestimmte bauliche Anlage ein „aliud“ darstellt oder nicht (vgl. VwGH 25.3.2024, Ra 2022/05/0196, Rn. 19, mwN), und auch die Frage, ob ein konkreter Baubestand über einen baubehördlichen Konsens verfügt oder nicht (vgl. VwGH 25.8.2025, Ra 2025/05/0002, Rn. 9, mwN), grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes; eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang jeweils nur dann vor, wenn diese Beurteilungen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wären. Derartiges legt die Revision in der Begründung ihrer Zulässigkeit nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.

16 Schließlich bringt die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe zur Frage des Denkmalschutzes lediglich auf den Baukonsens abgestellt. Ein Verfahren nach dem Denkmalschutzgesetz sei anhängig und es sei davon auszugehen, dass „das Objekt“ möglicherweise Denkmaleigenschaften aufweise. Veränderungen, Abtragungen oder Zerstörungen an diesen Gegenständen seien nach dem Denkmalschutzgesetz verboten. Das Verwaltungsgericht habe dieses Verfahren vollständig außer Betracht gelassen. Es bedürfe einer Klärung, ob eine Erhaltungspflicht nach § 4 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz davon abhängig sei, „dass Baukonsens iSd Baurechtes besteht, oder ob der Denkmalschutz statusunabhängig greift.“

17 In diesem Zusammenhang genügt es, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz zu verweisen, nach der die ausschließlich den Eigentümer treffende Erhaltungspflicht (nur) soweit besteht, als dies einem bestehenden Baukonsens entspricht (vgl. VwGH 3.6.2025, Ra 2025/09/0024, Rn. 16, mwN).

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 14. Oktober 2025

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