Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des J S in A, vertreten durch Dr. Hubert Stanglechner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Glasmalereistraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 10. März 2025, Zl. LVwG 2023/36/0804 15, betreffend eine elektrizitätsrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lienz; mitbeteiligte Partei: E GmbH in A, vertreten durch die Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2022 suchte die mitbeteiligte Partei um die Bewilligung nach dem Tiroler Elektrizitätsgesetz 2012 (TEG 2012) für die Errichtung und den Betrieb einer (näher beschriebenen) Photovoltaikanlage auf einem (näher bezeichneten) Grundstück an. Mit den Projektunterlagen vorgelegt wurde auch eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers (ML) zur Errichtung der Photovoltaikanlage auf seinem Grundstück.
2 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz (belangte Behörde) vom 4. Februar 2023 wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte elektrizitätsrechtliche Bewilligung nach Maßgabe der vorgelegten Projektunterlagen erteilt.
3 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit einer (hier nicht relevanten) Maßgabe als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Das Verwaltungsgericht stellte soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz fest, der Revisionswerber habe (sowohl im behördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) vorgebracht, durch das Vorhaben sei eine unzumutbare Belästigung durch Blendwirkung auf das Grundstück gegeben, auf dem sich sein Wohnhaus befinde. Zudem habe er in seiner Beschwerde (ua.) ausgeführt, dass das Landschafts und Ortsbild unzumutbar beeinträchtigt werde, dass ein Widerspruch zum bestehenden Raumordnungsprogramm gegeben sei und dass der Grundeigentümer seine Zustimmung zur Errichtung der geplanten Photovoltaikanlage zwischenzeitlich widerrufen habe.
5 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht zusammengefasst, dass auf das Vorbringen des Revisionswerbers, soweit dieses nicht die in § 5 Abs. 1 lit. b TEG 2012 normierten Nachbarrechte zum Gegenstand habe, nicht weiter einzugehen sei (dies betreffe das Vorbringen zum Orts und Landschaftsbild, zum Raumordnungsprogramm, zur hochbau und geotechnischen Prüfung des Vorhabens sowie zur widerrufenen Zustimmung des Grundeigentümers). Zur Blendwirkung führte das Verwaltungsgericht aus, das ergänzende Ermittlungsverfahren (unter Einholung eines lichttechnischen Sachverständigengutachtens) habe ergeben, dass es zu keiner Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen und auch zu keiner unzumutbaren Belästigung auf dem Grundstück des Revisionswerbers komme.
6 3. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber ebenso wie der Grundeigentümer ML, dessen zu Ra 2025/04/0132 protokollierte Revision vom gegenständlichen Beschluss nicht erfasst ist die vorliegende außerordentliche Revision.
7 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 5. Der Revisionswerber bringt in der Begründung der Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht habe die Erklärung des Grundeigentümers auf Zurückziehung der Zustimmung nicht behandelt und die Bewilligung trotz fehlender Zustimmung des Grundeigentümers erteilt. Es liege ein nicht behebbarer Mangel vor und die fehlende Zustimmung des Grundeigentümers führe zur (inhaltlichen) Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes. Das Verwaltungsgericht sei somit von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
11 Zudem sei das Verwaltungsgericht offensichtlich davon ausgegangen, dass der Grundeigentümer (auf dessen Vorbringen nicht eingegangen worden sei) nicht mehr Partei des Verfahrens sei. Dies widerspreche näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (für den Bereich des Baurechts), der zufolge einem Grundeigentümer Parteistellung jedenfalls insoweit zukomme, dass er zu einer Beschwerdeerhebung legitimiert und auch zur Zurückziehung seiner Zustimmung im Rechtsmittelverfahren berechtigt sei.
12 6. Gemäß § 11 Abs. 1 TEG 2012 sind Nachbarn alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Anlage in ihren Interessen nach § 5 Abs. 1 lit. b TEG 2012 beeinträchtigt werden können. Nach § 5 Abs. 1 lit. b TEG 2012 sind die dort genannten Anlagen so zu errichten, zu ändern, zu betreiben, instand zu halten und instand zu setzen, dass sie durch ihren Bestand und Betrieb 1. weder das Leben oder die Gesundheit von Menschen noch die Sicherheit von Sachen, sonstigen dinglichen Rechten oder (näher dargestellten) öffentlich rechtlichen Nutzungsrechten gefährden und 2. Menschen weder durch Lärm, Geruch, Rauch, Erschütterung, Wärme, Licht und Schatteneinwirkung oder mechanische Schwingungen noch auf andere Weise unzumutbar belästigen. Nur in Bezug auf diese Interessen kommen den Nachbarn Nachbarrechte zu (vgl. VwGH 19.5.2015, 2013/05/0190; dort in Bezug auf Einwendungen eines Nachbarn hinsichtlich der Beeinträchtigung des Ortsbildes sowie der mangelnden Energieeffizienz der beantragten Anlage).
13Mit dem Vorbringen, der Grundeigentümer habe seine Zustimmung zur verfahrensgegenständlichen Photovoltaikanlage widerrufen, macht der Revisionswerber daher keine Nachbarrechte im Sinn des TEG 2012 geltend. Zur Frage, ob die Zustimmung des Grundeigentümers zum vorliegenden Projekt vorliegt, kommt dem Revisionswerber als Nachbar nach dem TEG 2012 somit kein Mitspracherecht zu (vgl. in diesem Sinn zur Tiroler Bauordnung 2001 VwGH 24.10.2017, Ro 2014/06/0067, 0069, Rn. 39, mwN; vgl. weiters VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0008, Rn. 9, zu den Nachbarrechten gemäß § 26 Steiermärkisches Baugesetz), sodass mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
14Soweit der Revisionswerber im Zusammenhang mit der behaupteten „(inhaltlichen) Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes“ wegen fehlender Zustimmung des Grundeigentümers eine Abweichung von näher zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.3.2018, Ra 2015/06/0072; VwGH 31.3.2023, Ra 2022/06/0237, 0238) ins Treffen führt, ist dem entgegenzuhalten, dass es in den angeführten Entscheidungen um die Frage der Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes im Fall der Unzuständigkeit der Behörde ging. Inwieweit aus diesen Entscheidungen auf eine Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes in der vorliegenden Konstellation zu schließen sei, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht aufgezeigt und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht ersichtlich. Zudem ist eine Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen nur dann aufzugreifen, wenn der Revisionswerber eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung aufwirft (vgl. etwa VwGH 13.2.2023, Ra 2023/03/0007 bis 0008, Rn. 40, mwN). Dies ist hier nach dem Gesagten aber nicht der Fall.
15 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision schließlich noch die (vom Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers offenbar zu Unrecht verneinte) Parteistellung des Grundeigentümers ML ins Treffen geführt und die unterbliebene Behandlung seines Antrags auf Abweisung des Bewilligungsantrags durch das Verwaltungsgericht moniert wird, genügt der Hinweis, dass der (hier allein maßgebliche) Revisionswerber als Nachbar damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen vermag.
16 7.Die zu Ra 2025/04/0131 protokollierte Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
17 Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über den Antrag des Revisionswerbers, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigt sich somit.
18 Über die zu Ra 2025/04/0132 protokollierte Revision des ML wird gesondert entschieden.
Wien, am 15. Mai 2025