Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 6. März 2025, Zl. E 050/07/2024.007/002, betreffend Behebung eines Waffenverbotes (mitbeteiligte Partei: H W, vertreten durch Dr. Josef Lagler, Rechtsanwalt in Frauenkirchen), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 559,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1Mit Bescheid vom 26. März 2024 wurde dem Mitbeteiligten gemäß § 12 Abs. 1 WaffG der Besitz von Waffen und Munition verboten. Dabei stützte sich die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht im Wesentlichen darauf, dass der Mitbeteiligte, ein Exekutivbeamter in Ausbildung, am 11. Oktober 2022 und am 14. November 2022 in einer WhatsApp Gruppe, der andere Polizeischüler angehörten, näher beschriebene Sticker mit nationalsozialistischem Gedankengut versendet habe.
2 Der Mitbeteiligte, der sich in seiner Einvernahme vor dem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) vom Nationalsozialismus „komplett“ distanzierte und das Versenden der in Rede stehenden Sticker als „unbedachte Dummheit“, die nie wieder vorkommen werde, bezeichnete, erhob gegen den Bescheid Beschwerde an das Verwaltungsgericht.
3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde Folge und behob den angefochtenen Bescheid; eine Revision wurde für unzulässig erklärt.
4In seiner Begründung wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft Eisenstadt das Ermittlungsverfahren wegen § 3g VerbotsG gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt habe, weil mangels Nachweisbarkeit der subjektiven Tatseite kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestehe. Abgesehen vom vorliegenden Sachverhalt sei der bislang gänzlich unbescholtene Mitbeteiligte bei Ermittlungen des LVT noch nie zuvor in Erscheinung getreten, und es sei auch nicht festgestellt worden, dass er Gruppierungen des rechtsextremen Spektrums angehöre oder an Veranstaltungen, die eine rechtsextreme, fremdenfeindliche, gewaltbereite oder aggressive Gesinnung und Sprache erkennen ließen, teilgenommen habe. Laut einvernehmendem Beamten des LVT habe der Mitbeteiligte bei seiner Befragung auch nicht den Eindruck hinterlassen, dass er außergewöhnlich politisch interessiert sei respektive eine rechtsradikale Gesinnung aufweise.
5Rechtlich ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Tatsache der Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 3g VerbotsG allein zur Verhängung eines Waffenverbots nicht ausreiche, zumal die subjektive Tatseite auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht nachweisbar gewesen und eine strafgerichtliche Verurteilung, die gemäß § 8 Abs. 3 Z 5 WaffG die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Mitbeteiligten ausgeschlossen hätte, nicht erfolgt sei. Mangels Zugehörigkeit zu einer rechtsextremen Gruppierung und angesichts des Fehlens jeglicher Agitation als aktives Mitglied in der rechtsradikalen Szene könne aber entgegen der Ansicht der belangten Behördenicht ohne Weiteres angenommen werden, der Mitbeteiligte habe eine verharmlosende Einstellung zu nationalsozialistischem Gedankengut und trage damit einhergehend dessen Zielvorstellungen gegebenenfalls mit Waffengewalt, Aggressionspotenzial bzw. Gewaltbereitschaft mit sowie lehne die rechtliche Ordnung und rechtlich geschützten Werte ab. Auch habe eine missbräuchliche Verwendung von Waffen durch den Mitbeteiligten bislang nicht stattgefunden. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes seien folglich keine bestimmten Tatsachen iSd § 12 Abs. 1 WaffG hervorgekommen, die die Annahme der belangten Behörde rechtfertigen würden, dass der Mitbeteiligte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der belangten Behörde, über deren Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung eines Vorverfahrens, in dessen Rahmen der Mitbeteiligte durch einen Rechtsanwalt eine Revisionsbeantwortung erstattete erwogen hat:
7Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision ausschließlich das Fehlen von Rechtsprechung zur Frage vor, ob das Versenden von Stickern nationalsozialistischer Inhalte, die nationalsozialistische Verbrechen verharmlosen, als bestimmte Tatsache gemäß § 12 Abs. 1 WaffG zu sehen sei, die die Annahme rechtfertige, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.
8 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verhängung des Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetzoder zweckwidriger („missbräuchlicher“) Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetzoder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist (vgl. etwa VwGH 11.8.2025, Ra 2025/03/0071, mwN).
14Nach der ebenso ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein bestimmter Vorfall auch ungeachtet dessen, dass er nicht zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt hat, als „bestimmte Tatsache“ im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG im Rahmen der Gefährdungsprognose herangezogen werden. Selbst im Falle eines freisprechenden Urteiles haben die Waffenbehörde und das Verwaltungsgericht eigenständig zu beurteilen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der nach den hiefür vom WaffG vorgegebenen Kriterien die Erlassung eines Waffenverbotes rechtfertigen kann. Eine strafrechtliche Verurteilung ist für die Begründung eines Waffenverbotes gemäß § 12 WaffG für sich allein daher weder ausreichend noch erforderlich. Es kommt vielmehr darauf an, ob aus einem bestimmten Sachverhalt die Annahme abgeleitet werden kann, dass der Betroffene durch missbräuchliches Verwenden von Waffen die in der genannten Gesetzesbestimmung angeführten Rechtsgüter gefährden könnte (vgl. VwGH 23.7.2025, Ra 2025/03/0014, mwN).
15In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde bereits darauf hingewiesen, dass nationalsozialistisches Gedankengut es nicht ausschließt, dass seine Zielvorstellungen gegebenenfalls mit Waffengewalt verwirklicht werden, und zu diesen Zielvorstellungen Zustände gehören, zu deren Herstellung der Einsatz von Waffen typischerweise dienlich sei. Für die Prognose im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG, ob die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen besteht, ist jedenfalls das gesamte Verhalten des Betroffenen von Bedeutung; so etwa auch, ob dieser durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er die Ziele einer nationalsozialistischen Verbindung gutheißt und auch zu unterstützen bereit ist (vgl. VwGH 17.10.2025, Ra 2024/03/0030, mwN, zu einem Fall, in dem aufgrund des Versendens von Nachrichten über WhatsApp und einer daraus hervortretenden menschenverachtenden Gesinnung sowie Sympathie bzw. Identifikation mit der Ideologie des Dritten Reichs eine im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten war).
16Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht aus näher dargelegten Gründen nicht von der Angehörigkeit des Mitbeteiligten zu einer rechtsextremen Gruppierung oder von dessen aktiver Mitgliedschaft in der rechtsradikalen Szene ausgegangen; es hat auch die Annahme der belangten Behörde, der Mitbeteiligte habe eine verharmlosende Einstellung zu nationalsozialistischem Gedankengut, mit näherer Begründung verworfen, um aus alledem den Schluss zu ziehen, dass aufgrund des festgestellten Sachverhaltes die Befürchtung einer Gefährdung im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG durch missbräuchliche Verwendung von Waffen seitens des Mitbeteiligten nicht gerechtfertigt sei.
17Die Revision, die weder den Feststellungen des Verwaltungsgerichts noch seinen Ausführungen zur Gefahrenprognose nicht konkret entgegentritt, vermag nicht darzulegen, dass das Verwaltungsgericht vorliegend von den höchstgerichtlichen Leitlinien zu den Voraussetzungen für die Verhängung eines Waffenverbotes nach § 12 Abs. 1 WaffG abgewichen wäre. Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem Sachverhalt wie dem vorliegenden fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG, wenn das Verwaltungsgericht die Leitlinien der Rechtsprechung beachtete (vgl. etwa VwGH 26.2.2024, Ra 2023/03/0199, mwN).
18 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
19Der Zuspruch von Kosten im antragsgemäßen Umfang beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auch auf § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG und § 51 VwGG, iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 5. November 2025
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