Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des G D in R, vertreten durch die Anzböck Brait Rechtsanwälte GmbH in 3430 Tulln, Stiegengasse 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. Oktober 2023, Zl. LVwG 753030/6/KHa/NiF, betreffend Aufhebung eines Waffenverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz Land), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Zur Vorgeschichte dieser Rechtssache wird auf den hg. Beschluss vom 6. Februar 2023, Ra 2022/03/0273, verwiesen, mit dem eine außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (Verwaltungsgericht) vom 18. Oktober 2022 zurückgewiesen wurde. Das Verwaltungsgericht hatte mit diesem Erkenntnis eine Beschwerde gegen ein mit Bescheid vom 12. Juli 2022 verhängtes Waffen- und Munitionsverbot abgewiesen.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde den Antrag des Revisionswerbers vom 1. Juni 2023 auf Aufhebung des Waffenverbotes nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 12 Abs. 7 Waffengesetz 1996 (WaffG) als unbegründet ab. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Dem legte das Verwaltungsgericht zusammengefasst Folgendes zu Grunde:
4 Der Revisionswerber habe am 3. April 2022 aus dem geöffneten Fahrerfenster seines am rechten Fahrbahnrand der R Straße angehaltenen Fahrzeuges mit dem Schrotgewehr über die Gegenfahrbahn hinweg einen Schuss auf eine Krähe abgegeben, obwohl sich hinter ihm ein Fahrzeug befunden habe, das im Begriff gewesen sei, vorbeizufahren. Das Fahrzeug habe nur durch eine Vollbremsung knapp vor dem Gewehrlauf des Revisionswerbers zum Stillstand gebracht werden können.
5 Das daraufhin gegen den Revisionswerber eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen § 137 StGB sei eingestellt, und es sei von einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des oberösterreichischen Jagdgesetzes abgesehen worden. Allerdings sei über den Revisionswerber mit Strafverfügung vom 2. Juni 2022 wegen Verstoßes gegen § 51 Abs. 1 Z 7 iVm § 33 Abs. 1 WaffG eine Geldstrafe rechtskräftig verhängt worden, weil er die Registrierung einer Repetierbüchse unterlassen habe. Der Verhängung einer weiteren Geldstrafe wegen Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO habe zugrunde gelegen, dass der Revisionswerber am 1. Mai 2022 mit seinem Fahrzeug einen Elektroschaltkasten beschädigt habe, ohne dessen Eigentümer oder die nächste Polizeidienststelle davon in Kenntnis zu setzen. Hintergrund sei der Umstand gewesen, dass der Revisionswerber den Eigentümer des Schaltkastens gekannt und es nicht für zwingend notwendig erachtet habe, ihn an einem Feiertag zu informieren, wobei er dies in den nächsten Tagen habe nachholen wollen.
6 Rechtlich erwog das Verwaltungsgericht, dass bei der Beurteilung des Wohlverhaltens des Revisionswerbers seit 3. April 2022 und dessen genereller Persönlichkeitsstruktur das sorgfaltswidrige Verhalten des Revisionswerbers hinsichtlich der Unterlassung der Registrierung einer Waffe zu berücksichtigen sei. Dies gelte auch für die Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs. 5 StVO, zumal sich der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung nur bedingt einsichtig gezeigt und versucht habe, sein Fehlverhalten zu verharmlosen. Ähnlich bagatellisierend und unreflektiert habe sich der Revisionswerber auch im Hinblick auf den Vorfall vom 3. April 2022 verhalten, wobei er die Gefährlichkeit seines Handelns verneint und sich aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Jäger in Bezug auf Schussabgaben als „beinahe unfehlbar“ dargestellt habe. Trotz höchstgerichtlicher Bestätigung des Waffenverbots erachte sich der Revisionswerber nach wie vor als ungerecht behandelt und sehe den Grund für das Waffenverbot nicht in der Gefährlichkeit seines Verhaltens am 3. April 2022, sondern in der aus seiner Sicht negativen Einstellung der wohl zu sensibel und überzogen reagierenden Bevölkerung gegenüber Jägern.
7 Da das aus einer Zusammenschau der festgestellten Aspekte resultierende Persönlichkeitsbild des Revisionswerbers im Entscheidungszeitpunkt noch die Annahme rechtfertige, der Revisionswerber könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, sei ein längerer als der im vorliegenden Fall bislang lediglich 18 Monate betragende Beobachtungszeitraum vonnöten, um zugunsten des Revisionswerbers eine positive Gefährdungsprognose gemäß § 12 Abs. 1 und 7 WaffG abgeben zu können. Deshalb sei dem Antrag auf Aufhebung des Waffenverbots nicht stattzugeben.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche - Revision.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob und mit welcher Aussagekraft im Wohlverhaltenszeitraum begangene Verwaltungsübertretungen bei der Prüfung nach § 12 Abs. 7 WaffG zu berücksichtigen seien, wenn der Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretungen, wie beim Verstoß gegen § 4 Abs. 5 StVO, durch individuelle Umstände des Einzelfalls relativiert werden könne. Auch zur Frage, inwieweit auf die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens und eines strafgerichtlichen Ermittlungsverfahrens zu einem Fehlverhalten, das zur Verhängung eines Waffenverbots geführt habe, nicht oder nur nachrangig im Beobachtungszeitraum Bedacht zu nehmen sei, fehle ebenfalls Judikatur. Dies gelte auch für die Frage, ob bei einer Prüfung nach § 12 Abs. 7 WaffG einzubeziehen sei, wie gravierend der Eingriff in geschützte Rechtsgüter durch die Anlasstat gewesen sei. Dies sei vom Verwaltungsgericht unterlassen worden.
13 Mit diesem Vorbringen vermag die Revision keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darzulegen.
14 Gemäß § 12 Abs. 7 WaffG ist ein Waffenverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind. Diese Bestimmung verpflichtet die Behörde (bzw. gegebenenfalls das Verwaltungsgericht) bei Vorliegen eines entsprechenden Antrages, unter Berücksichtigung der für die Erlassung des Waffenverbotes maßgebenden Gründe, des Verhaltens des Antragstellers seit seiner Anlasstat und der Länge des zwischenzeitig verstrichenen Zeitraums zu prüfen, ob die qualifizierte Gefährdungsprognose gemäß § 12 Abs. 1 WaffG im Zeitpunkt der Entscheidung noch aufrecht ist (vgl. VwGH 4.9.2023, Ra 2023/03/0149, mwN).
15 Bei der Beurteilung des Weiterbestehens der Gefährdungsprognose ist vor allem das Verhalten des Betroffenen seit seiner Anlasstat zu berücksichtigen und sind allfällige, für die weiter andauernde Aktualität der Prognose relevante Umstände festzustellen. Bei Fehlen derartiger Umstände, also bei einem Wohlverhalten in dem zwischen der Anlasstat und dem Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung liegenden Zeitraum, muss dieser Beobachtungszeitraum ausreichend lang sein, um vom Wegfall der Voraussetzungen des Waffenverbotes ausgehen zu können. Der relevante Beobachtungszeitraum beginnt nicht erst mit der (rechtskräftigen) Verhängung des Waffenverbots, sondern bereits mit dem Abschluss der diesem Waffenverbot zugrundeliegenden Anlasstat zu laufen. Im Hinblick auf den dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist auch hier ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. erneut VwGH 4.9.2023, Ra 2023/03/0149, mwN).
16 Abgesehen davon, dass sich das Verwaltungsgericht in seiner Beurteilung nicht ausschließlich, sondern nur zum Teil auf die im Beobachtungszeitraum begangenen Verwaltungsübertretungen des Revisionswerbers stützte, kann die Frage nach deren Relevanz und Gewicht für eine Gefährdungsprognose nicht generell beantwortet werden, weil dies stets von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängt. Dass das Verwaltungsgericht vorliegend von den höchstgerichtlichen Leitlinien zu den Voraussetzungen betreffend die Aufhebung eines Waffenverbots nach § 12 Abs. 7 WaffG abgewichen wäre, legt die Revision, die den Ausführungen des Verwaltungsgerichts über die mangelnde Einsicht des Revisionswerbers bezüglich der Anlasstat nicht entgegentritt, nicht dar. Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem Sachverhalt wie dem vorliegenden fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B VG, wenn das Verwaltungsgericht die Leitlinien der Rechtsprechung beachtete (vgl. etwa VwGH 14.8.2023, Ra 2023/03/0137, mwN).
17 Was die Einstellung sowohl des Verwaltungsstrafverfahrens als auch des gerichtlichen Strafverfahrens in Bezug auf den Vorfall vom 3. April 2022 anbelangt, lässt die Revision die schon existierende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer Acht, dass die Frage der Erlassung des Waffenverbots nach den hierfür vom WaffG vorgesehenen Kriterien von der Waffenbehörde bzw. dem in weiterer Folge angerufenen Verwaltungsgericht eigenständig zu beurteilen ist (vgl. bereits den im vorangegangenen Verfahren über die Verhängung des gegenständlichen Waffenverbots ergangenen Beschluss VwGH 6.2.2023, Ra 2022/03/0273, mit Hinweis auf VwGH 1.4.2022, Ra 2022/03/0037, mwN).
18 Soweit in der Revision die Berücksichtigung der Schwere des durch die Anlasstat bewirkten Eingriffs in geschützte Rechtsgüter angesprochen wird, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, derzufolge bei Beurteilung der erforderlichen Dauer des Wohlverhaltens im Zuge der Gefährdungsprognose nicht auf das Ablaufen eines genau vorgegebenen Beobachtungszeitraums abzustellen ist, sondern vielmehr bei der Wahl des Beobachtungszeitraums die Umstände des Einzelfalls zu prüfen sind, wozu die Bedachtnahme auf Art und zeitliches Ausmaß der Anlasstat gehört (vgl. VwGH 11.2.2022, Ra 2022/03/0014, sowie VwGH 12.5.2021, Ra 2021/03/0010, jeweils mwN). Dass das Verwaltungsgericht unter den gegebenen Umständen den Wohlverhaltenszeitraum als zu kurz beurteilt hat, um eine Aufhebung des Waffenverbots zu rechtfertigen, entspricht den Leitlinien der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 19.12.2005, 2005/03/0061, mwN).
19 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 26. Februar 2024
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