Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des M S, vertreten durch Dr. Meinrad Einsle, MMag. Dr. Rupert Manhart und MMMag. Dr. Susanne Manhart, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 23. Juni 2025, Zl. LVwG 449 5/2025 R13, betreffend ein Waffenverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis verhängte das Verwaltungsgericht über den Revisionswerber in Bestätigung eines Vorstellungsbescheides der belangten Behörde vom 2. April 2025 ein Waffenverbot gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) und sprach aus, dass eine Revision dagegen nicht zulässig sei.
2 Dazu stellte es im Wesentlichen fest, dass der Revisionswerber im Besitz einer Waffenbesitzkarte für zwei Waffen der Kategorie B sei. Er leide an Lungenkrebs, nehme zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes aber kein Morphium mehr.
3 Am 25. November 2024 habe der Revisionswerber das morphiumhaltige Medikament Tramal eingenommen und Alkohol (ein bis zwei Bier) konsumiert. Er habe dann telefonisch den Kundenservice seines Stromnetzbetreibers kontaktiert und sich über den bevorstehenden Austausch seines Stromzählers beschwert. Dabei habe er wiederholt erklärt, dass er mit einem solchen Austausch nicht einverstanden sei, und im Zuge des Telefonats sinngemäß folgende Drohung geäußert: „Sollte ein Monteur kommen, um meinen Stromzähler auszutauschen, kann dieser zwar hineinkommen, aber es könnte sein, dass man ihn wieder heraustragen muss, da ich einen Waffenschein und etliche Knalle[r] besitze.“ Weiters habe er geäußert, dass er an Lungenkrebs leide und eigentlich schon vor zwei Jahren „verrecken“ hätte müssen; er würde immer Morphium zu sich nehmen und sei nicht mehr zurechnungsfähig.
4 Im Zuge der Sicherstellung seiner Waffen beim Vollzug des daraufhin verhängten vorläufigen Waffenverbotes habe der Revisionswerber den Polizeibeamten erklärt, dass er seine Waffen dringend benötige, da er in der Nacht das Fenster für seine Katze offenlasse und sich vor möglichen Einbrechern schützen müsse, vor denen er Angst habe. In der Folge habe er wiederholt bei der Polizei wie auch der belangten Behörde die Rückgabe seiner Waffen gefordert. In einem Telefonat mit der Sachbearbeiterin bei der belangten Behörde habe er geäußert, dass er unter großer Angst leide und seine Waffen brauche, da er wegen seiner Katze immer mit offenem Fenster schlafe. Er wolle die Waffen zurückhaben und dies am besten „heute noch“, da er Angst habe und sich sonst eine Waffe auf dem Schwarzmarkt zulegen müsse. Er habe dabei des Öfteren erwähnt, dass er sonst durchdrehen würde, nicht schlafen könne und Angst habe.
5 Das gegen den Revisionswerber wegen des Vergehens der (versuchten) Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB eingeleitete Strafverfahren sei mittels Diversion beendet worden.
6 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, die Äußerung gegenüber der Mitarbeiterin des Kundenservice des Stromnetzbetreibers stelle eine massive Drohung dar, bei welcher der Revisionswerber die missbräuchliche Verwendung von Waffen als Mittel zur Durchsetzung seines Willens kein Austausch des Stromzählers in Betracht gezogen habe. Nach der näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertige eine Bedrohung von Menschen mit dem Umbringen bzw. Erschießen die Erlassung eines Waffenverbotes. Bei der Gewichtung der Drohung sei auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Revisionswerber zu diesem Zeitpunkt tatsächlich im Besitz von Waffen und Munition gewesen sei.
7 Die vom Revisionswerber getätigte Drohung sei aus einem geringfügigen Anlass (geplanter Austausch eines Stromzählers) erfolgt. Die Wortwahl sei klar und eindeutig und lasse keinen Spielraum für Interpretationen offen. Die Drohung habe bei der Sachbearbeiterin große Angst ausgelöst. Entgegen dem Beschwerdevorbringen könne diese Drohung nicht als „Ausdruck der Verunsicherung über den angekündigten Stromzählerwechsel“ und somit als „Äußerung, welche aus dem Kontext gerissen und falsch interpretiert wurde“ sowie als „verbaler Ausrutscher“ gewertet werden. Vielmehr vermittle das besagte Fehlverhalten des Revisionswerbers ein für die Beurteilung der Voraussetzungen eines Waffenverbotes relevantes Bild seiner Persönlichkeit und rechtfertige wegen des damit zutage getretenen Aggressionspotentials ein Waffenverbot.
8 Der Revisionswerber habe sich durch Alkoholkonsum und Einnahme von Medikamenten in einen Zustand gebracht hat, der dazu geführt habe, dass er sich nicht mehr an den genauen Wortlaut seiner Äußerungen erinnern könne. Dies stütze ergänzend das von der Persönlichkeit des Revisionswerbers gewonnene Bild, welches ein Waffenverbot rechtfertige. Im Rahmen der nach § 12 Abs. 1 WaffG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sei auch die Tatsache der übersteigerten Angst des Revisionswerbers vor Einbrechern und das ihm durch das Bereithalten von Waffen zum sofortigen Gebrauch zur Abwehr allfälliger Einbrecher vermittelte Sicherheitsgefühl in Betracht zu ziehen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sich der Revisionswerber in diesem Zusammenhang gedanklich bereits mit einem Waffenerwerb am Schwarzmarkt auseinandergesetzt habe. Diese Tatsachen verstärkten das von der Persönlichkeit des Revisionswerbers gewonnene Bild in Bezug auf das Waffenverbot.
9 Zusammengefasst sei die qualifizierte Gefährdungsprognose gemäß § 12 Abs. 1 WaffG zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung vorgelegen und weiter aufrecht. Aufgrund der oben dargelegten Umstände sei (weiterhin) die Annahme gerechtfertigt, dass der Revisionswerber durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Verwaltungsgericht sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verhängung des Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz oder zweckwidriger („missbräuchlicher“) Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist (vgl. etwa jüngst VwGH 17.6.2025, Ra 2025/03/0005, mwN).
15 Nach der ebenso ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Bedrohung eines (oder mehrerer) Menschen mit dem Erschießen oder dem Umbringen eine „konkrete Tatsache“ im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG dar, die ein für die Beurteilung der Voraussetzungen eines Waffenverbotes relevantes Bild von der Persönlichkeit eines Menschen vermitteln kann und wegen des damit zu Tage getretenen Aggressionspotenzials ein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag. Auch andere massive Drohungen mit Gewalttaten erlauben die für die Verhängung des Waffenverbots erforderliche Gefährdungsprognose (vgl. erneut VwGH 17.6.2025, Ra 2025/03/0005, weiters etwa VwGH 20.3.2003, 2000/20/0047, 23.4.2008, 2008/03/0045, 17.5.2017, Ra 2016/03/0106, 2.8.2017, Ra 2017/03/0067, alle mwN).
16 Die Revision erblickt ein Abweichen von dieser Rechtsprechung darin, als ihrer Ansicht nach nur ernst gemeinte Drohungen mit dem Umbringen bzw. Erschießen Gründe für die Verhängung eines Waffenverbotes seien. Im Falle von nicht ernst gemeinten Äußerungen und von „milieubedingten Unmutsäußerungen“ könne aber nicht von einem „rationalen Schluss“ auf einen künftigen Missbrauch im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gesprochen werden. Es sei nicht sachgerecht und denkunlogisch, bei einer „milieubedingten Unmutsäußerung“, die unüberlegt und nicht ernst gemeint sei, auf einen qualifizierten Missbrauch von Waffen zu schließen. Bei der Beurteilung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 WaffG wäre daher vom Verwaltungsgericht zu prüfen gewesen, ob die Äußerungen des Revisionswerbers ernst gemeint gewesen seien.
17 Entgegen dem Revisionsvorbringen ergibt sich aus dem angefochtenen Erkenntnis jedoch sehr wohl, dass das Verwaltungsgericht die Ernsthaftigkeit der Drohung des Revisionswerbers geprüft und bejaht hat (vgl. etwa die Bezeichnung als „massive Drohung“ in der rechtlichen Beurteilung, Ausführungen dazu, dass der Revisionswerber die missbräuchliche Verwendung von Waffen als Mittel zur Durchsetzung seines Willens in Betracht gezogen habe, Verneinung eines bloßen „verbalen Ausrutschers“, etc.).
18 Soweit die Revision vorbringt, bei der Äußerung des Revisionswerbers habe es sich um eine „klassische Unmutsäußerung“, nicht aber um eine ernst gemeinte Drohung gehandelt, bekämpft sie daher die vom Verwaltungsgericht angenommene Sachverhaltsgrundlage, ohne darzulegen, dass die diesbezügliche Beweiswürdigung unvertretbar gewesen wäre (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung etwa VwGH 30.1.2025, Ra 2024/03/0026, Rn. 16, mwN).
19 Auf die weiteren Umstände, die das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Revisionswerbers im Hinblick auf die Prognose im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG herangezogen hat, geht die Revision nicht ein.
20 Es gelingt ihr im Ergebnis folglich nicht, darzulegen, dass das Verwaltungsgericht in einer Gesamtbetrachtung der Umstände von den höchstgerichtlichen Leitlinien zu den Voraussetzungen für die Verhängung eines Waffenverbotes nach § 12 Abs. 1 WaffG abgewichen wäre.
21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 11. August 2025