JudikaturVwGH

Ra 2025/02/0161 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des D H B, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in Linz, gegen das am 25. März 2025 verkündete und am 28. April 2025 ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark, LVwG 30.18 4301/2024 27, betreffend Übertretung des StWttG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Stadt Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. Oktober 2024 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe zumindest am 6. April 2022 um 10:00 Uhr an einem nach der Adresse bezeichneten Standort drei Wettterminals aufgestellt und betrieben. Er habe somit die Tätigkeit als Wettunternehmer ohne die dafür erforderliche Bewilligung ausgeübt und § 18 Abs. 1 Z 1 iVm § 3 Abs. 1 Steiermärkisches Wettengesetz 2018 (StWttG) verletzt. Über ihn wurde deswegen nach § 18 Abs. 2 Z 1 iVm § 18 Abs. 1 Z 1 StWttG eine Geldstrafe von € 5.000, (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage) verhängt und er wurde zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens von € 500,- verpflichtet.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem am 25. März 2025 verkündeten und über rechtzeitigen Antrag am 28. April 2025 ausgefertigten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) mit einer für das Revisionsverfahren nicht weiter bedeutsamen Maßgabe als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.

3 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 5. Juni 2025, E 1486/2025 5, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG zur Entscheidung abtrat.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die nun vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8Der Revisionswerber erachtet die Revision zunächst deshalb als zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage fehle, ob ein gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK unparteiisches Gericht entscheide, wenn an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht kein Vertreter der Anklagebehörde teilgenommen und der Richter die der Anklagebehörde vorbehaltenen Prozesshandlungen vorgenommen habe (Hinweis auf EGMR 20.9.2016, Karelin/Russland , 926/08, und EGMR 16.11.2023, Figurka/Ukraine , 28232/22).

9Anders als der Revisionswerber meint, existiert bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Auswirkungen des Fernbleibens der vor das Verwaltungsgericht geladenen belangten Behörde (vgl. VwGH 24.9.2019, Ro 2017/06/0006, mwN; vgl. auch VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049), in der der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes folgend (vgl. VfGH 14.3.2017, E 3282/2016, Slg. 20149, unter Bezug auf EGMR 20.9.2016, Karelin/Russland, 926/08) keinen Widerspruch des für die Verwaltungsgerichte anzuwendenden Amtswegigkeitsprinzips zu der in Art. 6 EMRK normierten Unparteilichkeit des erkennenden Gerichtes auch bei Abwesenheit der belangten Behörde erblickt (vgl. VwGH 13.7.2022, Ra 2022/02/0126, mwN). Zu keinem anderen Ergebnis führt auch das in der Revision zitierte Urteil EGMR 16.11.2023, Figurka/Ukraine , 28232/22, dessen Sachverhalt im Übrigen nach dem EGMR keine Konventionsverletzung bewirkte.

10 Weiters bringt der Revisionswerber vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unionsrechtskonformität des StWttG oder es sei erforderlich, die Judikatur dazu zu ändern (Hinweis auf EuGH 14.6.2017, Online Games u.a. , C 685/15, und EuGH 19.12.2024, RL, QS , C 185/24 und C 189/24).

11Der Revisionswerber zeigt aber nicht auf, inwiefern der hier vorliegende Sachverhalt einen Unionsrechtsbezug aufweist und eine nach Art. 56 AEUV untersagte Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu prüfen sei (vgl. VwGH 27.5.2025, Ra 2022/02/0095, 0096). Die vom Revisionswerber zitierten Urteile betreffen entweder grenzüberschreitende Dienstleistungen (EuGH 14.6.2017, C 685/15, Online Games u.a. , C 685/15, Rn 27 und 31) oder die unmittelbar anwendbare Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. 2013, L 180, S. 31, Dublin III Verordnung), und damit überhaupt ein ganz anderes Rechtsgebiet (EuGH 19.12.2024, RL, QS , C 185/24 und C 189/24). Damit wird die Revision auch nicht aufgrund der vom Revisionswerber genannten Rechtsprechung des EuGH zulässig.

12Mangels Unionsrechtsbezug des vorliegenden Sachverhalts erübrigte sich auch die vom Revisionswerber angeregte Vorlage der Frage über die Beweislast für die Unionsrechtskonformität eines nationalen Monopolsystems an den EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV.

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. September 2025