JudikaturVwGH

Ra 2024/12/0107 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
21. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der Dr. in E K in B gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23. August 2024, W246 22756721/12E, betreffend Angelegenheiten nach dem BDG 1979 und dem GehG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Amt der Buchhaltungsagentur des Bundes), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Die Revisionswerberin steht in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Zuletzt war ihr in der Buchhaltungsagentur des Bundes dauerhaft der Arbeitsplatz der Leiterin der Abteilung Nachprüfung 6 und der stellvertretenden Leiterin des Bereichs Nachprüfung (Verwendungsgruppe A 2/Funktionsgruppe 6) zugewiesen.

2 Mit von ihr am 3. Juni 2022 übernommenem Schreiben wurde die Revisionswerberin mit Wirkung vom 1. Juni 2022 für die Dauer von sechs Monaten mit der Funktion der Bereichsleiterin der Nachprüfung betraut.

3 Mit E Mail vom 11. November 2022 beantragte die Revisionswerberin die bescheidmäßige Feststellung ihrer besoldungsrechtlichen Stellung für die Ausübung der Funktion der Bereichsleitung Nachprüfung ab dem 1. Juni 2022 und der damit verbundenen Rechtmäßigkeit einer sechs Monate dauernden provisorischen Befristung, basierend auf der Tatsache, dass die Betrauung mit dieser Funktion aufgrund einer Ausschreibung und eines Hearings erfolgt sei.

4 Mit Schreiben vom 30. November 2022 teilte die belangte Behörde der Revisionswerberin mit, dass sie aufgrund der Beendigung der vorübergehenden Betrauung als Bereichsleiterin Nachprüfung in der Zeit von 1. Juni 2022 bis 30. November 2022 mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2022 auf ihrem bisher zugewiesenen Arbeitsplatz Abteilungsleitung Nachprüfung 6 und stellvertretende Bereichsleitung Nachprüfung verwendet werde.

5 Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 25. April 2023 stellte die belangte Behörde fest, die Verwendungsänderung vom 30. November 2022, mit der die Revisionswerberin mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2022 wieder auf ihren bisher auf Dauer zugewiesenen Arbeitsplatz eingeteilt worden sei, sei ohne Einhaltung der Formerfordernisse des § 40 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 Abs. 7 BeamtenDienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) zulässig gewesen. Weiters stellte die belangte Behörde mit Spruchpunkt II. des Bescheides vom 25. April 2023 die besoldungsrechtliche Stellung der Revisionswerberin zum 1. Juni 2022 mit Verwendungsgruppe A 2, Funktionsgruppe 7, Gehaltsstufe D 1, mit nächster Vorrückung am 1. März 2024 fest.

6 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Bundesverwaltungsgericht ohne vorherige Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit den angefochtenen Erkenntnissen vom 23. August 2024 als unbegründet ab. Die Revision erklärte es jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

7Zur Abweisung der gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 25. April 2023 gerichteten Beschwerde führte das Verwaltungsgericht aus, der Verwaltungsgerichtshof habe für den Fall der Betrauung eines Beamten mit der provisorischen Führung einer Funktion nach § 40 Abs. 4 Z 2 zweiter Fall BDG 1979 die Auffassung vertreten, eine solche Betrauung dürfe auch für einen längeren Zeitraum als für sechs Monate erfolgen. In Ansehung der Übertragung „vorübergehender“ Aufgaben an einen Beamten in anderen als den in § 40 Abs. 4 Z 2 BDG 1979 geregelten Fällen habe der Verwaltungsgerichtshof hingegen die zur Auslegung der vergleichbaren gehaltsrechtlichen Begriffe angestellten Überlegungen auch auf die dienstrechtliche Seite einer Betrauung übertragen. Eine vorübergehende Betrauung eines Beamten mit höherwertigen Aufgaben eines anderen Arbeitsplatzes (bis zu sechs Monate) sei somit weder bei der Betrauung noch bei der Beendigung an § 40 BDG 1979 zu messen. Bei Nichtvorliegen eines Grundes nach § 40 Abs. 4 BDG 1979 gelte eine befristete Betrauung nach sechs Monaten grundsätzlich als unbefristet. Die vom Gesetzgeber in § 40 Abs. 4 Z 2 BDG 1979 übertragene Befugnis, einen Beamten lediglich zur provisorischen Führung der Funktion, etwa anstelle eines aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten, zu bestellen, bestehe zwar für einen längeren Zeitraum als sechs Monate, jedoch freilich zeitlich nicht unbeschränkt. Diese Befugnis solle offenbar in erster Linie dazu dienen, um während der Dauer der provisorischen Führung der Geschäfte das Verfahren zur neuerlichen dauernden Betrauung eines Beamten mit dieser Funktion abwickeln zu können. Das genannte Instrument dürfe jedoch von der Dienstbehörde keinesfalls dazu verwendet werden, derartige Funktionen etwa nach Gutdünken auch für lange (unabsehbare) Zeiträume nur „provisorisch“ zu vergeben.

8 Weiters wies das Verwaltungsgericht darauf hin, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei für die dienstrechtliche Frage der Abgrenzung zwischen der Zuweisung einer vorübergehenden Verwendung und jener einer Dauerverwendung maßgeblich, ob eine Befristung der in Rede stehenden Maßnahme erkennbar sei. In einer Konstellation, in der zwar zunächst eine vorläufige Betrauung vorgelegen sei, nach Ablauf von sechs Monaten jedoch in dienstrechtlicher Hinsicht ein „Umschlagen“ in eine dauernde Betrauung eingetreten sei, bedürfe ein rechtswirksamer Entzug der höherwertigen Aufgaben der Erlassung eines Bescheides.

9Im gegenständlichen Fall sei die gegenüber der Revisionswerberin im Wege des von ihr am 3. Juni 2022 übernommenen Schreibens verfügte Verwendungsänderung (Zuweisung eines Arbeitsplatzes mit der Wertigkeit A 2/8 mit Wirksamkeit vom 1. Juni 2022) für die Dauer von sechs Monaten befristet ausgesprochen worden. Somit habe es sich um eine vorübergehende Betrauung gehandelt. Daran vermöge der Umstand nichts zu ändern, dass zuvor ein Hearing durchgeführt worden sei. Weil die Revisionswerberin nach Ablauf dieser sechs Monate nicht weiterhin auf dem in Rede stehenden Arbeitsplatz verwendet worden sei, sei auch nicht von einem „Umschlagen“ dieser vorübergehenden in eine dauernde Betrauung auszugehen. Nach der eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedürfe es in einer solchen Konstellation (vorübergehende Verwendung für die Dauer von bis zu sechs Monaten ohne „Umschlagen“ in eine dauernde Verwendung aufgrund von darüber hinaus erfolgter Verwendung) für die Beendigung der Verwendungsänderung nicht der Erlassung eines Bescheides. Der belangten Behörde sei daher nicht entgegenzutreten, wenn sie die Revisionswerberin mit Schreiben (Weisung) vom 30. November 2022 und somit nicht in Form eines Bescheides mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2022 wieder ihrem zuletzt dauerhaft zugewiesenen Arbeitsplatz mit der Wertigkeit A 2/6 zugeteilt habe. Folglich sei die Feststellung, dass die Verwendungsänderung ohne Einhaltung der Formerfordernisse des § 40 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 Abs. 7 BDG 1979 zulässig gewesen sei, zu Recht erfolgt.

10 Betreffend den Antrag auf Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung der Revisionswerberin führte das Verwaltungsgericht aus, eine dauernde Zuweisung der Revisionswerberin auf einen Arbeitsplatz mit der Wertigkeit A 2/8 sei nicht durch einen Ernennungsakt des Bundespräsidenten erfolgt, womit durch die vorübergehende Übertragung von Aufgaben eines höherwertigen Arbeitsplatzes keine Änderung ihrer bisherigen besoldungsrechtlichen Stellung eingetreten sei. Es sei der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die besoldungsrechtliche Stellung der Revisionswerberin zum 1. Juni 2022 mit der Verwendungsgruppe A 2, Funktionsgruppe 7, Gehaltsstufe D 1, mit nächster Vorrückung am 1. März 2024 festgestellt habe.

11 Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung verwies das Verwaltungsgericht insbesondere darauf, dass sich im gegenständlichen Verfahren der maßgebliche Sachverhalt aus dem vorliegenden erstinstanzlichen Verwaltungsakt ergebe und es sich auch um keine übermäßig komplexen Rechtsfragen handle.

12 Gegen diese Erkenntnisse richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein Vorverfahren durchgeführt, in dessen Rahmen die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete und die kostenpflichtige Zurück , in eventu Abweisung der Revision beantragte.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision macht die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision zunächst geltend, eine befristete Betrauung „ohne erkennbaren Grund“ sei unzulässig und von vornherein unwirksam. Dabei bringt die Revisionswerberin vor, das Beamten Dienstrechtsgesetz 1979 sehe grundsätzlich die unbefristete Zuweisung von Verwendungen vor und lasse Befristungen bzw provisorische Betrauungen nur in Ausnahmefällen zu. Fallbezogen liege kein solcher Ausnahmefall vor. Weiters verweist die Revisionswerberin darauf, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Instrument der befristeten Betrauung von der Dienstbehörde keinesfalls dazu verwendet werden dürfe, Funktionen etwa nach Gutdünkenauch für lange (unabsehbare) Zeiträume nur „provisorisch“ zu vergeben (Hinweis unter anderem auf VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0040).

17Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf Anwendungsfälle des § 40 Abs. 4 Z 2 BDG 1979 und darauf bezieht, dass in diesen Fällen eine vorübergehende Betrauung zwar für einen längeren Zeitraum als sechs Monate, aber eben nicht zeitlich unbeschränkt bzw „nach Gutdünken“ für lange (unabsehbare) Zeiträume bloß „provisorisch“ erfolgen darf. Fallbezogen liegt jedoch kein Anwendungsfall des § 40 Abs. 4 Z 2 BDG 1979 vor und die Revisionswerberin wurde auch nicht länger als sechs Monate mit der in Rede stehenden höheren Verwendung betraut, weshalb sich die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich als nicht einschlägig erweist.

18 Sodann behauptet die Revisionswerberin unter Bezugnahme auf die von ihr zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, diese sei auch auf Konstellationen zu übertragen, in denen „kein gesetzlich normierter Anwendungsfall für eine Befristung bzw. eine provisorische Betrauung“ vorliege. Folglich sei fallbezogen vom Vorliegen einer dauernden, unbefristeten Betrauung der Revisionswerberin mit der Leitung des Bereichs Nachprüfung auszugehen, weshalb die Abberufung von diesem Arbeitsplatz nicht gesetzeskonform erfolgt sei.

19Dabei lässt die Revisionswerberin jedoch außer Acht, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich außerhalb des Anwendungsbereichs des § 40 Abs. 4 Z 2 BDG 1979 die Wirksamkeit der jeweiligen Personalmaßnahme vorausgesetztnach sechs Monaten dienstrechtlich vom „Umschlagen“ einer vorübergehenden in eine dauernde Betrauung auszugehen ist (vgl VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0059, Rn 33, mwN).

20Schon damit ist aber klar, dass für die Annahme der Revisionswerberin, eine befristete Betrauung sei außerhalb der gesetzlich ausdrücklich normierten Konstellationen, wie etwa jener des § 40 Abs. 4 Z 2 BDG 1979, grundsätzlich unzulässig bzw unwirksam, kein Raum bleibt. Mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen zeigt die Revisionswerberin somit nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG auf.

21 Weiters beanstandet die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision, dass das Verwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, obwohl sie in der Bescheidbeschwerde ihre Parteienvernehmung zum Beweis angeboten habe. Infolge des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung habe das Verwaltungsgericht „das eigentliche Verfahrensthema“, die „allgemeine Möglichkeit zur Befristung“, nicht erfasst.

22§ 24 Abs. 4 VwGVG lässt ein Absehen von einer Verhandlung zu, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen. Nach der (unter Bezugnahme auf die Judikatur des EGMR zu Art. 6 EMRK) ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Ausnahme von der Verhandlungspflicht unter anderem dann, wenn keine relevanten Tatsachen strittig und bloß Rechtsfragen beschränkter Natur oder von keiner besonderen Komplexität zu beurteilen sind (vgl VwGH 26.5.2025, Ra 2023/12/0151, Rn 14, mwN).

23Fallbezogen begründete das Verwaltungsgericht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf § 24 Abs. 4 VwGVG damit, dass sich der maßgebliche Sachverhalt aus den Akten ergebe und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handle. Dass diese Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unvertretbar gewesen wäre, zeigt die Revisionswerberin mit dem dargestellten Zulässigkeitsvorbringen nicht auf. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass das Verwaltungsgericht das „eigentliche Verfahrensthema“ verkannt hat.

24 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

25Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 21. Juli 2025