Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des M T in S, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 14. Februar 2024, LVwG 414230/9/JS, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schärding), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. Oktober 2023 wurde der Revisionswerber der dreifachen Übertretung des Glücksspielgesetzes (GSpG) schuldig erkannt. Er habe im von der P GmbH betriebenen Lokal P als Veranstalter zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen in der Form von Kartenpokerspiel veranstaltet, ohne eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz zu besitzen und ohne dass die Ausspielung gemäß § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen gewesen sei. Es seien Glücksspiele vorgelegen, mit welchen selbständig nachhaltig Einnahmen erzielt worden seien, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet worden seien, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten gewesen und für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen (Gewinn) in Aussicht gestellt gewesen seien.
2Der Revisionswerber habe dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 52 Abs. 1 Z 1 iVm. § 2 Abs. 2 und 4 iVm. § 4 GSpG BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 104/2019. Über den Revisionswerber wurden drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 2.500,€ gemäß „§ 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG)“ verhängt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab und bestätigte dieses mit der Maßgabe, dass (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof)
„1. die zu den Spruchpunkten 1. bis 3. als erwiesen angenommenen Taten und die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften insgesamt zu lauten haben:
‚Die P GmbH hat, wie am 18.11.2022 um 20:45 Uhr von Organen der Finanzpolizei (Team 52) anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, im Lokal mit der Bezeichnung P, als Unternehmerin zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen in Form von Kartenpokerspiele (Texas Hold'em) auf eigene Rechnung und Gefahr mit drei Pokertischen veranstaltet.
Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P GmbH gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 dadurch drei Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019) zu verantworten‘,“
sowie dass
„2. die Strafsanktionsnorm jeweils zu lauten hat: § 52 Abs. 2 erster Strafsatz Glücksspielgesetz (BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019)“.
4 Des Weiteren schrieb das Verwaltungsgericht einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor (Spruchpunkt II.) und wies einen in der Beschwerde gestellten Antrag „auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung“ zurück (Spruchpunkt III.).
5 Die Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Im Rahmen dieser Zulässigkeitsbegründung verweist der Revisionswerber darauf, dass er sich im Verfahren auf einen von der P GmbH beim Verwaltungsgericht Wien gestellten Antrag (auf Erlassung einer „einstweiligen Anordnung“ bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über eine Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien) berufen habe, welchem das Verwaltungsgericht Wien „vollinhaltlich mit Wirkung erga omnes“ stattgegeben habe. Aufgrund dieses Beschlusses sei das Glücksspielgesetz „bis zur Entscheidung des VwGH in der Hauptsache“ (gemeint: über die genannte Revision) „nicht anzuwenden“. Im vorliegenden Fall habe das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich „trotz umfangreichen Vorbringens“ überhaupt keine Feststellungen zur erwähnten „einstweiligen Anordnung bzw zur Gewerbeberechtigung der P GmbH“ und Feststellungen „aufbauend im Zusammenhang“ mit einer näher genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verfassungsgerichtshofes getroffen. Hätte es diese getroffen, wäre es zum Schluss gekommen, dass es aufgrund der „Sperrwirkung“ des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Wien nicht hätte entscheiden dürfen.
11 Dass im angefochtenen Erkenntnis „in keinster Weise“ auf das Vorbringen des Revisionswerbers zum behaupteten normativen Inhalt des ins Treffen geführten Beschlusses des Verwaltungsgerichts Wien eingegangen worden sei, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat sich vielmehr mit der Auslegung dieses Beschlusses in nachvollziehbarer Weise auseinandergesetzt und ausgeführt, warum es der vom Revisionswerber dazu vertretenen These nicht folge.
12 Es führte dazu aus, mit dem zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien sei der Revision „im dortigen Beschwerdeverfahren“ im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Der auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die eingebrachte Revision beschränkte Umfang des normativen Abspruches des Verwaltungsgerichts Wien ergebe sich neben dem Spruch bereits aus dem „Rubrum“ dieser Provisorialentscheidung, welches den Antragsgegenstand, nämlich „der Revision auf europarechtlicher Grundlage aufschiebende Wirkung zuzuerkennen“, ausdrücklich benenne. Auch in der Begründung werde dieser (ausschließliche) Antragsgegenstand wiederholt. Wie dieser Begründung weiters zu entnehmen sei, sei auch der Verwaltungsgerichtshof zunächst mit demselben Antrag auf Erlassung von einstweiligen Anordnungen zum Zweck der Sicherung der vollen Wirksamkeit der Entscheidung in der Hauptsache, „der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen“, befasst gewesen. Entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers ergebe sich aus diesem Beschluss somit nicht, dass das Verwaltungsgericht Wien die P GmbH einstweilig berechtigt hätte, das Pokerspiel im österreichischen Bundesgebiet zu veranstalten.
13Dieser Beurteilung hält der Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen nichts entgegen (zur Beschränkung der Bindungswirkung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auf die Parteien und den jeweils entschiedenen Fall vgl. im Übrigen zB VwGH 12.3.2024, Ro 2023/12/0010, Rz. 47, mwN). Schon deshalb gelingt es damit nicht, aufzuzeigen, dass dem Verwaltungsgericht bei seiner Auslegung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Wien ein Fehler unterlaufen sei, dem grundsätzliche Bedeutung zukommt.
14 Soweit das Zulässigkeitsvorbringen Ermittlungs und Feststellungsmängel behauptet, unterlässt es die gebotene Relevanzdarlegung.
15Der Revisionswerber leitet in der Zulässigkeitsbegründung aus den behaupteten Verfahrensmängeln weiters die Befangenheit des erkennenden Richters des Landesverwaltungsgerichts ab. Auch vorliegende Verfahrensmängel vermögen für sich genommen in der Regel eine Befangenheit nicht zu begründen. Anderes würde lediglich dann gelten, wenn diese Mängel so schwerwiegend wären, dass sie die mangelnde Objektivität des Richters erkennen ließen. Wie bereits ausgeführt, wurden im vorliegenden Revisionsfall derartige Mängel nicht aufgezeigt, weshalb daraus auch nicht auf eine Befangenheit des erkennenden Richters geschlossen werden kann (vgl. in diesem Sinn zB VwGH 14.10.2024, Ra 2023/12/0008, mwN).
16 Der Revisionswerber stützt sein Vorbringen zur Zulässigkeit im Weiteren darauf, dass das angefochtene Erkenntnis einen „Widerspruch zwischen Spruch und Begründung“ aufweise und gegen die „ständige Judikatur betreffend nachschärfen der Umschreibung der Tat“ verstoße. Im Straferkenntnis der belangten Behörde sei dem Revisionswerber vorgeworfen worden, dass er als Veranstalter verbotene Ausspielungen veranstaltet habe. Das Verwaltungsgericht habe nunmehr den Spruch dahin saniert, dass die P GmbH diese Spiele veranstaltet und der Revisionswerber dies als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten habe. Das Verwaltungsgericht übersehe, dass im Straferkenntnis nicht angeführt worden sei, dass die P GmbH Veranstalterin sei.
17Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt § 9 Abs. 1 VStG zwar fest, wer unter bestimmten Voraussetzungen als strafrechtlich Verantwortlicher anzusehen ist, normiert jedoch kein zusätzliches, zum Tatbild der jeweiligen Strafnorm hinzutretendes Tatbestandselement, das mit der Änderung des Rechtsgrundes der Heranziehung zur strafrechtlichen Haftung gleichfalls eine Änderung erführe. Demnach findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Rechtsmittelinstanz mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, weder eine Auswechslung oder eine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens statt, noch ist die richtige und vollständige Angabe des die Verantwortlichkeit des Beschuldigten konstituierenden Merkmales für die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung von Belang (vgl. zB VwGH 4.6.2024, Ra 2023/11/0055; 7.6.2018, Ra 2017/17/0363, jeweils mwN).
18Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision weist zutreffend darauf hin, dass sich bereits der Tatvorwurf im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde gegen den Revisionswerber als Veranstalter richtete („Sie haben als Veranstalter ...“). Wenn das Verwaltungsgericht diesen Spruch dadurch modifiziert hat, dass die Tat dem Revisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer der P GmbH und somit als deren im Sinne des § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenem Organ angelastet wurde, liegt darin keine Abweichung von der vorstehend dargestelltenRechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Mit dem Vorwurf, das Veranstalten als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P GmbH zu verantworten zu haben, steht es entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision auch nicht in Widerspruch, dass die P GmbH im Spruch des Straferkenntnisses als „Lokalbetreiberin“ (bzw. nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses auch als „Lokalbetreiberin und Veranstalterin“ der Pokerspiele) genannt wurde.
19 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. Jänner 2025