JudikaturVwGH

Ro 2023/12/0010 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
12. März 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer Hinterauer und Hofrätin Dr. Holzinger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. a Havas, über die Revision 1. des F L in P (Ro 2023/12/0010), 2. der M m.b.H. in M (Ro 2023/12/0011), 3. des R Z in M (Ro 2023/12/0012) und 4. des Bundesministers für Finanzen (Ro 2023/12/0013), die erst bis drittrevisionswerbende Partei vertreten durch Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Liechtensteinstraße 22A/I/12, jeweils gegen das am 10. Oktober 2022 mündlich verkündete und schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, VGW 002/011/6187/2021 19, VGW 002/V/011/6188/2021, VGW 002/011/6189/2021 und VGW 002/V/011/6191/2021, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: jeweils Landespolizeidirektion Wien; mitbeteiligte Parteien zu Ro 2023/12/0013: 1. F L in P und 2. M m.b.H. in M, 3. R Z in M, alle drei vertreten durch Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Liechtensteinstraße 22A/I/12),

I. über die Amtsrevision der viertrevisionswerbenden Partei zu Recht erkannt:

Spruch

1. Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt II. im Umfang der Verhängung einer Geldstrafe von € 1.500, und einer Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden über die erstrevisionswerbende Partei wegen unternehmerischer Beteiligung an verbotenen Ausspielungen gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 vierter Fall GSpG mit dem Eingriffsgegenstand Nr. FA 39 (Concord Hold ́em Spieltisch mit Kartenmischgerät mit der Seriennummer INCOME 4977/07) und der in seinem Spruchpunkt III. des angefochtenen Erkenntnisses betreffend FA Nr. 39 mit € 150, festgesetzten Verfahrenskosten vor der belangten Behörde und des in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Erkenntnisses ausgesprochenen Entfalls der Verfahrenskosten vor dem Verwaltungsgericht Wien betreffend FA Nr. 39 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

2. Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt V. im Umfang der Verhängung einer Geldstrafe von € 2.000, und einer Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden über die drittrevisionswerbende Partei wegen Veranstaltung verbotener Ausspielungen gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 vierter Fall GSpG mit dem Eingriffsgegenstand FA Nr. 39 und der in seinem Spruchpunkt VI. des angefochtenen Erkenntnisses betreffend FA Nr. 39 mit € 200, festgesetzten Verfahrenskosten vor der belangten Behörde und des in Spruchpunkt VII. des angefochtenen Erkenntnisses ausgesprochenen Entfalls der Verfahrenskosten vor dem Verwaltungsgericht Wien betreffend FA Nr. 39 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und

II. den Beschluss gefasst:

Die Revision der erst bis drittrevisionswerbenden Parteien wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis vom 17. März 2021 erkannte die Landespolizeidirektion Wien (LPD Wien) den Erstrevisionswerber der Übertretung des „§ 52 Abs. 1 Z 1 (4. Fall) i.V.m. § 2 Abs. 2 und 4 i.V.m. § 4 GSpG BGBl. Nr. 620/1989 i.d.g.F. i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG“ mit 39 Eingriffsgegenständen schuldig und verhängte über ihn 39 Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 3.000, (sowie 39 Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einem Tag). Er habe sich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin und somit als zur Vertretung nach außen Berufener und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG am 2. Jänner 2020 in der Zeit von 16:00 bis 16:50 Uhr in einem näher bezeichneten Lokal in Wien an zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) unternehmerisch beteiligt, indem er näher bezeichnete Kartenpokertische inklusive Kartenmischgeräte, die im Eigentum der Zweitrevisionswerberin gestanden seien, zur Verfügung gestellt habe, um fortgesetzt Einnahmen aus den mit den Eingriffsgegenständen veranstalteten Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen (Pokerspielen), an denen vom Inland aus habe teilgenommen werden können, zu erzielen. Als Strafsanktionsnorm wurde § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG angeführt.

2 Die Zweitrevisionswerberin hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

3 Mit weiterem Straferkenntnis vom 17. März 2021 erkannte die LPD Wien den Drittrevisionswerber der Übertretung des „§ 52 Abs. 1 Z 1 (4. Fall) i.V.m. § 2 Abs. 2 und 4 i.V.m. § 4 GSpG BGBl. Nr. 620/1989 i.d.g.F. i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG“ mit 39 Eingriffsgegenständen schuldig und verhängte über ihn 39 Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 3.000, (sowie 39 Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einem Tag). Er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Casino X GmbH (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) und somit als zur Vertretung nach außen Berufener und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG am 2. Jänner 2020 um 16 Uhr in einem näher bezeichneten Lokal in Wien verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG, nämlich in Form von Kartenpokerspielen, auf eigenen Namen und Rechnung sowie auf eigenes Risiko veranstaltet, indem die Casino X GmbH entgegen den Bestimmungen des GSpG die näher bezeichneten Pokertische mit Kartenmischgeräten aufgestellt und verbotene Ausspielungen (Pokerspiele) veranstaltet habe, an welchen Personen vom Inland aus hätten teilnehmen können. Es sei Personen die Möglichkeit zur Teilnahme an verbotenen Glücksspielen geboten worden, bei denen Spieler zur Teilnahme einen Einsatz zu leisten gehabt hätten, und nach Leistung eines Einsatzes ein Gewinn in Aussicht gestellt worden sei. Für den Betrieb sei keine Bewilligung oder Konzession vorgelegen. Als Strafsanktionsnorm wurde § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG angeführt. Dieses Straferkenntnis wurde dem Drittrevisionswerber und Dr. Y als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der Casino X GmbH zugestellt.

4 Der Erst und der Drittrevisionswerber wurden mit den genannten Straferkenntnissen jeweils zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von € 11.700, verpflichtet.

5 Gegen das erstgenannte Straferkenntnis erhoben der Erstrevisionswerber sowie die Zweitrevisionswerberin und gegen das zweitgenannte Straferkenntnis der Drittrevisionswerber und der Masseverwalter der Casino X GmbH Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien.

6 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellte das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis das Verwaltungsstrafverfahren gegen den am 10. März 2020 für die Casino X GmbH bestellten Masseverwalter (Tatzeitpunkt 2. Januar 2020) ein (Spruchpunkt I.).

7 In Spruchpunkt II. gab es der Beschwerde des Erstrevisionswerbers, der die unternehmerische Zugänglichmachung der Glücksspiele zu verantworten habe, in der Schuldfrage nicht statt, erkannte hingegen in der Straffrage, dass in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 1 bis 4 die Geldstrafe pro Eingriffsgegenstand auf € 2.000, und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden, und betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 5 bis 39 pro Eingriffsgegenstand auf € 1.500, und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt würden. Weiters würden die Verfahrenskosten gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 1 bis 4 auf jeweils € 200, und betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 5 bis 39 auf jeweils € 150, herabgesetzt (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgesprochen, gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG fielen betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 1 bis 39 keine Verfahrenskosten vor dem Verwaltungsgericht an (Spruchpunkt IV.).

8 In Spruchpunkt V. wurde der Beschwerde des Drittrevisionswerbers, der die Veranstaltung der verbotenen Ausspielungen zu verantworten habe, in der Schuldfrage nicht stattgegeben, hingegen in der Straffrage erkannt, dass die Beschwerde betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 1 bis 4 als unbegründet abgewiesen werde, betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 5 bis 39 hingegen in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung die Geldstrafe pro Eingriffsgegenstand auf € 2.000, und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt würden. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG würden die Verfahrenskosten vor der LPD Wien betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 5 bis 39 auf jeweils € 200, herabgesetzt (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde ausgesprochen, betreffend die Eingriffsgegenstände FA Nr. 1 bis 4 fielen gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG jeweils € 600, an Verfahrenskosten vor dem Verwaltungsgericht an (Spruchpunkt VII.).

9 In Spruchpunkt VIII. wurde „die angewendete Rechtsnorm“ unter Zitierung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wie folgt ergänzt:

„durch die Glücksspielnovelle 2010 BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Poker Kartenspiel dem Glücksspielregime unterworfen, sodass diese maßgebliche Fassung in den Spruch beider BF aufzunehmen ist.“

10 Weiters wurde die ordentliche Revision für zulässig erklärt.

11 Das Verwaltungsgericht stellte fest, es sei an vier Pokertischen das „konzessionslose Glücksspiel“ in Form von „Karten Pokerspielen“ veranstaltet worden. Es seien jedoch weitere 35 Pokerspieltische im Betriebslokal aufgestellt gewesen. Pro Pokertisch ergebe sich eine Bruttoeinnahme von etwa € 1.000, je Tag, abzüglich der Ausgaben für Miete, Umsatzsteuer, Löhne der Dealer und sonstiger Regien verblieben etwa netto € 200, pro Spieltisch und Tag.

12 Das Verwaltungsgericht führte im Wesentlichen aus, die 39 Pokerspieltische seien zwar „lediglich Spielflächen“, nach der rechtlichen Beurteilung des Bundesministers für Finanzen (BMF) gestützt auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, an die das Verwaltungsgericht gebunden sei, seien alle im Betriebslokal befindlichen Pokerspieltische samt allen automatischen Kartenmischgeräten als (selbstständige) Glücksspielgeräte und somit Eingriffsgegenstände zu beurteilen; auch wenn diese Geräte von sich aus keine Gewinnausschüttung vornähmen.

13 Der Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes sei zum Tatzeitpunkt somit nicht nur mit den vier im Betrieb befindlichen Pokertischen, welche durch Dealer „gehandhabt“ worden seien, sondern mit allen im Raum befindlichen Pokertischen für potentiell interessierte Spieler gesetzt worden. Das illegale Glücksspiel sei in Form von Pokerspielen durch die vom Drittrevisionswerber vertretene Casino X GmbH zum Tatzeitpunkt an der im Straferkenntnis genannten Örtlichkeit veranstaltet worden. Alle 39 Pokertische seien im Eigentum der Zweitrevisionswerberin gestanden. Der Erstrevisionswerber sei ständig im Lokal anwesend gewesen.

14 Unzweifelhaft lägen bei allen Pokertischen gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 2018, Ra 2018/17/0151, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 15. Februar 2018, Ra 2017/17/0718, wie auch bei den Kartenmischgeräten als sogenannten Komponenten des Glücksspielgerätes, Eingriffsgegenstände vor, die einer Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG „zu Grunde gelegt“ werden dürften (Hinweis auf VwGH 19.3.2018, Ra 2017/17/0833; 27.3.2018, Ra 2017/17/0969; zu Voraussetzungen für Beschlagnahme und Einziehung). All diese sogenannten Komponenten eines Glücksspielgeräts, wie etwa Cash Center, ein Internetterminal oder Kartenmischgerät und Pokertische (Hinweis auf VwGH 15.11.2017, Ra 2017/17/0021) seien einer Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 GSpG und einer Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 GSpG zugänglich (Hinweis auf VwGH 4.5.2016, Ra 2014/17/0005; 21.8.2014, 2011/17/0248; zur Beschlagnahme auch von nicht für das Glücksspiel unbedingt erforderlichen Komponenten eines Glücksspielgerätes; sowie auf VwGH 27.5.2015, Ro 2014/17/0013; 9.9.2013, 2013/17/0098; zur Einziehung von Gegenständen, mit denen gegen § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wurde.)

15 Hingegen sei in einem Strafverfahren zu prüfen, ob mehrere Gegenstände gemeinsam verwendet würden, um jeweils eine einzige Ausspielung durchzuführen, sodass in diesem Zusammenhang von einem einzigen Eingriffsgegenstand auszugehen sei, der lediglich eine Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 GSpG nach sich ziehen könne (Hinweis auf VwGH 18.7.2018, Ra 2017/17/0821).

16 Unstrittig sei durch die Glücksspielnovelle 2010, BGBl. I Nr. 73/2010, das Poker Kartenspiel dem Glücksspielregime unterworfen worden.

17 Eine potentielle Eingriffsmöglichkeit in das Glücksspielmonopol aufgrund der Spielbereitschaft aller im Lokal vorgefundenen Pokertische sei daher bei allen, auch bei den 35 „nicht aktuell benützten“ Eingriffsgegenständen, gegeben.

18 Zur Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht aus, vor dem Hintergrund der vorliegenden Faktenlage, dass der Drittrevisionswerber mit insgesamt 39 Eingriffsgegenständen das illegale Glücksspiel veranstaltet und der Erstrevisionswerber daran unternehmerisch beteiligt gewesen sei, sei festzuhalten, dass der objektive Unrechtsgehalt schwerwiegend sei. Der Drittrevisionswerber habe im Rahmen von zwei Verhandlungstagen dem erkennenden Gericht glaubhaft machen können, „dass ihm die Einhaltung der aus der Verwaltungsvorschrift erfließenden Verpflichtung nur mit einem geringen Maß an Verschulden vorzuwerfen“ sei. Derselbe Verschuldensmaßstab habe für den Erstrevisionswerber zu gelten, wenngleich er in Kenntnis des Spielbetriebes die Missachtung des Glücksspielmonopols nur mit einem minderen Grad des Verschuldens zu verantworten habe. Der Erst und der Drittrevisionswerber hätten auf frühere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere VfSlg. 19.767/2013, vertraut und sich auch am Gutachten des Universitätsprofessors L orientiert. Beide seien unbescholten, der Milderungsgrund verwaltungsstrafrechtlicher Unbescholtenheit sei somit gegeben. Vorliegend hätten sich der Erst und der Drittrevisionswerber von Anbeginn vor der Behörde und auch gegenüber dem erkennenden Gericht schuldeinsichtig gezeigt. Sie hätten angegeben, sie bedauerten den Vorfall. Der Erst und der Drittrevisionswerber seien bis zur Glücksspielnovelle 2010 zur Veranstaltung des Pokerspiels berechtigt gewesen. Sie hätten damit nach Beurteilung des Gesamtsachverhaltes auch zum Ausdruck zu bringen vermocht, dass das (inkriminierte) gegenständliche Verhalten vom üblichen Lebenswandel abweiche. Diese zusätzlichen Milderungsgründe seien somit gegeben.

19 „Ein Erschwerungsgrund im Ausmaß von 39 Eingriffsgegenständen“ liege vor. Generalpräventive Erwägungen hätten auf Grund des vorliegenden Verstoßes gegen das Glücksspielmonopol Platz greifen müssen. Zufolge der Einsichtigkeit des Erst und des Drittrevisionswerbers hätten spezialpräventive Erwägungen entfallen können. Als Milderungsgrund sei weiters die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen gewesen.

20 Bei der Prüfung der Strafzumessungsgründe sei letztlich ein Überwiegen der Milderungsgründe für den Erst und den Drittrevisionswerber hervorgekommen. Dies bedinge die Anwendung des § 20 VStG. Zufolge der vergleichsweise geringen Mitwirkungsform des Erstrevisionswerbers sei bei diesem additiv ein etwas geringerer Unrechtsgehalt einzubeziehen, was eine weitere geringe Reduktion der Geldstrafe bedinge. Die nunmehr ausgesprochenen Strafen stünden im Verhältnis zum erwirtschafteten Gewinn pro Spieltisch, der potenziell auch auf die bloß bereitgehaltenen Tische anzuwenden sei.

21 Dr. Y sei mit Bekanntmachung des Handelsgerichts Wien vom 10. März 2020 zum Masseverwalter der Casino X GmbH bestellt worden. Damit habe zum Tatzeitpunkt keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Masseverwalters bestanden.

22 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es an einer „letztgültigen Rechtsprechung“ zur Frage der Beurteilung eines abgestellten Pokertisches als Eingriffsgegenstand einerseits, sowie andererseits zu dessen Beurteilung als Eingriffsgegenstand ungeachtet der fehlenden eigenen mechanischen Ausstattung, behelfs derer gemäß § 2 GSpG eine ausschließlich vom Zufall abhängige Gewinnausschüttung erfolge, fehle.

23 Gegen Teile dieses Erkenntnisses (s.u.) richtet sich die Revision des BMF (Ro 2023/12/0013), mit dem Antrag, es im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, hilfsweise wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die erst bis drittrevisionswerbenden Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung.

24 Weiters erhoben die drei zu Ro 2023/12/0010 bis 0012 revisionswerbenden Parteien Revision gegen das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien. Eine Revisionsbeantwortung wurde dazu nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Rechtssachen erwogen:

Zu Ro 2023/12/0013:

25 Laut der Anfechtungserklärung der Revision des BMF wird das Erkenntnis in folgendem Umfang angefochten:

In der Straffrage , soweit das VGW die über die erstmitbeteiligte Partei für den Eingriffsgegenstand FA Nr. 39 verhängte Strafe, den danach bemessenen Verfahrenskostenbeitrag sowie die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt hat, sowie im von der Straffrage abhängigen Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, sowie

in der Straffrage , soweit das VGW die über die drittmitbeteiligte Partei für den Eingriffsgegenstand FA Nr. 39 verhängte Strafe, den danach bemessenen Verfahrenskostenbeitrag sowie die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt hat sowie im von der Straffrage abhängigen Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.“

26 Begründet wird der eingeschränkte Umfang der Anfechtung damit, dass die Gefahr der Strafbarkeitsverjährung bestehe, soweit der Verwaltungsgerichtshof mit Aufhebung vorgehen werde. Es liege allerdings im Interesse der Amtspartei, dass die von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen beantwortet würden.

27 Die Amtsrevision wendet sich gegen die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG gegenüber dem Erst und dem Drittrevisionswerber durch das Verwaltungsgericht.

28 Der Revisionsfall gleicht diesbezüglich hinsichtlich des Vorbringens zur Zulässigkeit und zur Begründung der Revision sowie den Feststellungen und den rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts jenem Fall, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Februar 2024, Ro 2023/12/0015 bis 0017, entschieden hat und auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wonach das angefochtene Erkenntnis diesbezüglich mit prävalierender Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet ist.

29 Zusätzlich wurde im vorliegenden Revisionsfall in der Amtsrevision betreffend den Erstrevisionswerber noch geltend gemacht, dass das Verwaltungsgericht „eine rechtswidrige Privilegierung von unbespielten Eingriffsgegenständen“ vorgenommen habe, indem eine geringere Strafhöhe betreffend Tathandlungen mit im Zeitpunkt der Kontrolle unbespielten Pokertischen als gerechtfertigt angesehen worden sei.

30 Zutreffend wird idZ darauf hingewiesen, dass eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG bereits dann verwirklicht ist, wenn die verbotene Ausspielung potentiellen Spielern zur Teilnahme offensteht. Es kommt nämlich auf das tatsächliche Bespielen der Glücksspielgeräte bei der Kontrolle durch die Finanzpolizei nicht an (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, Ro 2015/17/0012). Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb dieser vom Zufall abhängende Umstand Einfluss auf die Strafhöhe haben sollte. Zu Unrecht wurde daher vorliegend auch dieser Umstand vom Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über eine außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG als Milderungsgrund berücksichtigt.

31 Im angefochtenen Erkenntnis wurde gegenüber dem Erst und dem Drittrevisionswerber als Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG (Begehung der Tat mit mehr als drei Eingriffsgegenständen) herangezogen und weiters als Erschwerungsgrund der Umstand berücksichtigt, dass die Tat mit 39 Eingriffsgegenständen begangen wurde.

32 Mit dieser Strafbemessung setzt sich das Verwaltungsgericht über das sich aus § 19 Abs. 2 erster Satz VStG ergebende Doppelverwertungsverbot hinweg, wonach die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs und Milderungsgründe nur so weit bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen sind, als sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen. Die für den Tatbestand oder den Strafsatz relevanten Umstände dürfen also nicht noch zusätzlich als Strafzumessungsgründe berücksichtigt werden. Da im Revisionsfall die Anzahl der Eingriffsgegenstände bereits für den anzuwendenden Strafsatz relevant ist, hätte das Verwaltungsgericht die konkrete Anzahl nicht auch noch bei der Strafbemessung berücksichtigen dürfen. Der Gesetzgeber hat diese Umstände bereits durch die Gliederung der Strafsätze mit ihren unterschiedlichen Strafrahmen entsprechend gewichtet (vgl. zum Ganzen VwGH 10.12.2021, Ra 2020/17/0013, mwN).

33 Das angefochtene Erkenntnis war daher in dem von der Amtsrevision angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Zu Ro 2023/12/0010 bis 0012:

34 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

35 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

36 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch von der revisionswerbenden Partei nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 15.11.2023, Ro 2022/12/0015).

37 Das Verwaltungsgericht hat die Revision zugelassen mit der Begründung, es fehle an einer „letztgültigen Rechtsprechung“ zur Frage der Beurteilung eines „abgestellten“ Pokertisches als Eingriffsgegenstand einerseits, sowie andererseits zu dessen Beurteilung als Eingriffsgegenstand ungeachtet der fehlenden eigenen mechanischen Ausstattung, behelfs derer gemäß § 2 GSpG eine ausschließlich vom Zufall abhängige Gewinnausschüttung erfolge.

38 Die erst bis drittrevisionswerbenden Parteien berufen sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung auf die Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichts und erstatten weiteres Zulässigkeitsvorbringen, aus dem abzuleiten sei, dass es sich bei einem Pokertisch um keinen Eingriffsgegenstand im Sinne des Glücksspielgesetzes handle.

39 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht die Qualifikation eines Pokertisches als Eingriffsgegenstand nach dem GSpG auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt hat (s.o. Rn. 14ff).

40 Der Verwaltungsgerichtshof hat danach bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 52 Abs. 2 GSpG nur dann Anwendung findet, wenn eine Übertretung nach Abs. 1 Z 1 leg. cit. mit einem Glücksspielautomaten oder einem anderen Eingriffsgegenstand erfolgt. Diese Bestimmung wurde durch das Abgabenänderungsgesetz 2014 (AbgÄG 2014), BGBl. I Nr. 13/2014, eingefügt. Nach dem Wortlaut und den Materialien zum AbgÄG 2014 soll mit Abs. 2 leg. cit. aus Gründen der General und Spezialprävention eine Staffelung der zu verhängenden Strafen je nach Schwere des Eingriffes erfolgen und dabei insbesondere auf die Anzahl der Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstände abgestellt werden (vgl. die ErläutRV 24 BlgNR XXV. GP 22 zum AbgÄG 2014). Je mehr Eingriffsgegenstände beim Verstoß nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verwendet werden, desto schwerwiegender ist der Eingriff in das Glücksspielmonopol und desto höher ist die Strafdrohung. Eine verbotene Ausspielung, bei der beispielsweise in einem Lokal gleichzeitig zehn Glücksspielautomaten bespielt werden können, stellt jedenfalls einen stärkeren Eingriff in das Monopol dar als die Einzelaufstellung eines Glücksspielautomaten und soll daher insgesamt zu einer höheren Strafe führen.

41 Unbeschadet des Fehlens einer Legaldefinition ist unter „Eingriffsgegenstand“ als Oberbegriff jedenfalls eine körperliche Sache zu verstehen, mit der in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird (vgl. § 52 Abs. 4 zweiter Satz GSpG), indem damit verbotene Ausspielungen veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich gemacht werden oder eine unternehmerische Beteiligung im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG an diesen Ausspielungen erfolgt. Darunter fallen etwa Glücksspielautomaten (§ 2 Abs. 3 GSpG), Video Lotterie Terminals (VLT, § 12a Abs. 2 GSpG), Roulettetische, Glücksräder oder Kartenspiele (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 15.2.2018, Ra 2017/17/0718; 19.3.2018, Ra 2017/17/0833; oder 27.3.2018, Ra 2017/17/0969).

42 Mit den hier vorliegenden Pokertischen (inklusive Kartenmischgeräten) wurde in das Glücksspielmonopol eingegriffen, indem der Drittrevisionswerber damit verbotene Ausspielungen veranstaltete, an denen sich der Erstrevisionswerber unternehmerisch beteiligte. Dass die veranstalteten Kartenpokerspiele Glücksspiele darstellen, ist in § 1 Abs. 2 GSpG normiert. Schon gemäß der obigen Definition bilden die hier vorgefundenen Pokertische Eingriffsgegenstände nach dem GSpG. Grundsätzlich ist es auch nicht erforderlich, dass der Verwaltungsgerichtshof zu jedem Glücksspiel bereits konkret ausgesprochen hat, welche Gegenstände als Eingriffsgegenstände in Betracht kommen, um zur Beurteilung zu gelangen, dass die Revision unzulässig ist.

43 In seinem Beschluss vom 14. November 2018, Ra 2017/17/0488, hat der Verwaltungsgerichtshof zudem zu Pokertischen bereits Folgendes ausgesprochen:

„Bei der Beurteilung, ob ein Eingriffsgegenstand vorliegt, kommt es auf den Umstand, ob mit diesem ständig oder abwechselnd mit anderen Eingriffsgegenständen verbotene Ausspielungen durchgeführt wurden, nicht an. Eine Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG hat in Ansehung aller Pokertische auch dann zu erfolgen, wenn auf den Pokertischen nicht gleichzeitig, sondern nur abwechselnd gespielt wurde.“

44 Damit wurde eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass der Verwaltungsgerichtshof im beurteilten Fall davon ausging, dass die vorhandenen Pokertische Eingriffsgegenstände im Sinne des § 52 Abs. 2 GSpG bilden und zwar unabhängig davon, ob sie im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Finanzpolizei bespielt wurden (vgl. etwa auch VwGH 26.11.2018, Ra 2017/17/0576).

45 Schon aus der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die auch das Verwaltungsgericht seine Entscheidung stütze, ergibt sich, dass auch die im Revisionsfall vorgefundenen Pokertische Eingriffsgegenstände im Sinne des § 52 Abs. 2 GSpG sind. Es trifft daher nicht zu, dass eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage fehlt. Weshalb die vorliegende Rechtsprechung im Revisionsfall nicht anwendbar sein sollte, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision auch mit den weiteren Ausführungen nicht aufgezeigt:

46 Dass Pokertische keine Eingriffsgegenstände iSd. GSpG seien, wird in der Zulässigkeitsbegründung zunächst damit begründet, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in einem bestimmt bezeichneten Erkenntnis ausgesprochen habe, dass ein Pokertisch keinen Eingriffsgegenstand nach den Vorschriften des GSpG darstelle. Die ordentliche Revision sei nicht für zulässig erklärt worden, eine Revision sei nicht erhoben worden. Die Landespolizeidirektion Niederösterreich als Verfahrenspartei, das Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Sonderzuständigkeiten Glücksspiel) als weitere Verfahrenspartei und der BMF als Amtsparteien seien daher an die Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichts gebunden.

47 Dem ist zu entgegnen, dass eine rechtskräftige Entscheidung eines Verwaltungsgerichts lediglich Bindungswirkung für die Parteien dieses Verfahren für den entschiedenen Fall bewirkt. Für andere Verfahren, denen ein anderer Sachverhalt zu Grunde liegt, und zwar auch derselben Parteien, liegt hingegen keine Bindungswirkung vor. Grundsätzlich erwächst nämlich abgesehen vom Fall der Aufhebung und Zurückverweisung, die auch nur für dieses Verfahren Bindungswirkung entfaltet nur der Spruch einer Entscheidung in Rechtskraft, nicht aber einzelne Begründungselemente (vgl. etwa VwGH 18.5.2021, Ro 2019/07/0004; 29.1.2020, Ro 2019/05/0002; 24.7.2017, Ra 2017/07/0028).

48 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 2018, Ra 2017/17/0576, und vom 21. September 2018, Ra 2017/17/0534, verwiesen wird, kann auf die obigen Ausführungen zu den Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 2018, Ra 2017/17/0488, und vom 26. November 2018, Ra 2017/17/0576, verwiesen werden.

49 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ausgeführt wird, auch in den Gesetzesmaterialien fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Pokertisch ein Eingriffsgegenstand sei, ist festzuhalten, dass dies auch nicht erforderlich ist, um zur rechtlichen Beurteilung zu gelangen, dass es sich bei einem Pokertisch um einen Eingriffsgegenstand im Sinne des GSpG handelt. Der Gesetzgeber ist nämlich nicht verhalten, bezüglich aller Glücksspiele in den Gesetzesmaterialien festzuhalten, welche Gegenstände Eingriffsgegenstände nach dem GSpG bilden.

50 Entgegen den Behauptungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ist der Pokertisch nicht nur eine „Örtlichkeit“, sondern ein zentrales Element der Veranstaltung des Glücksspieles „Kartenpoker“ ebenso wie die Pokerkarten und die Kartenmischgeräte, weil es sich dabei um körperliche Sachen handelt, mit denen in das Glücksspielmonopol im Zuge von Ausspielungen eingegriffen wird (s. die bereits oben zitierte Judikatur). Dass der Pokertisch nicht den Gewinn ermittelt bzw. der Spieler nicht gegen den Pokertisch spielt, ändert nichts daran, dass es sich um einen Eingriffsgegenstand handelt, weil dies gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine notwendigen Eigenschaften eines Eingriffsgegenstandes nach dem Glücksspielgesetz sind.

51 Soweit sich die Zulässigkeitsbegründung der Revision darauf beruft, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, nach welchen Kriterien der aus der Ausspielung tatsächlich erzielte Gewinn zu ermitteln ist, ist zu entgegnen, dass es auf den tatsächlich erzielten Gewinn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ankommt, sondern vielmehr auf den erzielbaren Gewinn (vgl. etwa VwGH 19.12.2022, Ra 2022/12/0171, unter Hinweis auf Rechtsprechung des VwGH und des EuGH). Der im Revisionsfall vom Verwaltungsgericht angenommene erzielbare Gewinn ist im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens nicht bestritten worden. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG wird daher in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt (siehe auch VwGH 27.2.2024, Ro 2023/12/0015 bis 0017, Rz 16 ff).

52 Wenn sich die Zulässigkeitsbegründung der Revision auf die Aufhebung von Wortfolgen des § 25 Abs. 3 GSpG mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Dezember 2022, G 259/2022, bezieht und daraus die Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG ableiten möchte, wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 2023, Ra 2022/12/0128, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof zum wiederholten Mal festgehalten hat, dass er mit seinen Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, und vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH und den darin festgelegten Anforderungen an eine Kohärenzprüfung im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes eine entsprechende Gesamtwürdigung vorgenommen und die Bestimmungen des GSpG für unionsrechtskonform erachtet hat.

53 Weshalb die erfolgte Aufhebung von Teilen des § 25 Abs. 3 GSpG durch den Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die umfangreichen weiterhin bestehenden Spielerschutzbestimmungen des GSpG dazu hätte führen sollen, dass bei einer im Rahmen der bei der Kohärenzprüfung durchzuführenden Gesamtwürdigung in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und des Obersten Gerichtshofes nunmehr davon auszugehen sein sollte, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG vorläge, wurde in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht dargelegt (vgl. etwa VwGH 7.12.2023, Ra 2023/12/0045). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG wurde daher auch in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.

54 Mit dem Vorbringen schließlich, selbst der BMF habe an einer näher genannten Stelle seines Glücksspielberichts für die Jahre 2019 2021 ebenso wie der Bundesminister für Inneres in seinem Sicherheitsbericht den Standpunkt vertreten, die Aufhebung des § 22 GSpG sei nicht geeignet, zu einer Verhinderung der Beschaffungskriminalität und von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern zu führen, weshalb die gesetzlichen Ziele nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgt würden, wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht dargetan, weil Derartiges den genannten Berichten nicht entnommen werden kann.

55 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wurde sohin in der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichts und in der Zulässigkeitsbegründung der Revision der erst bis drittrevisionswerbenden Parteien nicht aufgezeigt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

56 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 12. März 2024

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