JudikaturVwGH

Ra 2024/11/0010 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. Februar 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision der I P in G, vertreten durch die Prutsch Lang Damitner Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Joaneumring 6/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2023, Zl. W261 2280417 1/4E, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialministeriumservice), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Die im Jahr 1936 geborene Revisionswerberin stellte einen am 15. Februar 2022 bei der belangten Behörde eingelangten Antrag auf Leistungen nach dem Impfschadengesetz. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, sie habe am 14. Juli 2021 sowie am 11. August 2021 zwei Teilimpfungen mit einem näher genannten COVID 19 Impfstoff erhalten und leide seither an zeitlicher und räumlicher Orientierungslosigkeit.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht, einen Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 2023 bestätigend, den Antrag der Revisionswerberin gemäß §§ 1b und 3 Impfschadengesetz ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Revisionswerberin habe seit dem 8. September 2021 stetig die zeitliche und räumliche Orientierung verloren. Sie habe am 13. Dezember 2021 an einem mittelgradig ausgeprägten dementiellen Zustandsbild in Form einer Mischdemenz gelitten. Derzeit leide sie an einer schweren Demenz mit hochgradigem Abbau kognitiver und mnestischer Leistungen und einer faktisch fehlenden Selbstversorgungskompetenz (Mischdemenz, kombinierte zerebrale Abbausymptomatik durch degenerative Demenz von Alzheimertyp und durch Hirnmangeldurchblutung, sog. vaskuläre Demenz). Der tatsächliche Beginn der demenziellen Entwicklung lasse sich keinem eindeutigen Zeitpunkt zuordnen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Verabreichung der beiden Impfungen und der demenziellen Abbauproblematik sei nicht wahrscheinlich.

4 In seiner Beweiswürdigung stützte sich das Verwaltungsgericht insbesondere auf ein im behördlichen Verfahren eingeholtes medizinisches Gutachten eines Sachverständigen aus dem Fachbereich für Allgemeinmedizin, Sportmedizin und manuelle Medizin vom 28. Juni 2023 sowie eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 3. August 2023. Das Sachverständigengutachten sei nach einer persönlichen Untersuchung der Revisionswerberin unter Berücksichtigung der eingeholten medizinischen Befunde, darunter dem neurologischen Befund der Universitätsklinik für Neurologie eines Landeskrankenhauses, erstellt worden. Das Verwaltungsgericht legte jeweils mit näherer Begründung dar, dass keines der drei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblichen Kriterien für die Kausalität der Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung (die passende Inkubationszeit, die entsprechende Symptomatik und keine andere wahrscheinlichere Ursache) erfüllt sei. Der dementielle Zustand der Revisionswerberin habe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bereits vor der Impfung bestanden. Die Leidenszustände der Revisionswerberin seien keine typischen Impfreaktionen bzw. Nebenwirkungen auf eine Impfung mit dem gegenständlichen Impfstoff. Vielmehr sei eine altersbedingte Erkrankung wahrscheinlicher.

5 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe der Rechtsgrundlagen und von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Impfungen und dem Auftreten der gesundheitlichen Leiden der Revisionswerberin nicht mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird zunächst vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe trotz entsprechenden Antrags der Revisionswerberin kein neurologisches Fachgutachten zum Beweis dafür eingeholt, dass „die Ursache der zeitnah aufgetretenen demenziellen Abbauproblematik der Revisionswerberin auf die vorgenommenen Impfungen zurückzuführen“ sei. Sowohl die belangte Behörde als auch das Verwaltungsgericht hätten keine weiteren Ermittlungen angestellt, „obwohl sämtliche Hinweise vorlagen, die auf eine Verschlechterung der demenziellen Erkrankung infolge der verabreichten COVID Impfungen der Revisionswerberin hindeuteten“.

11 Damit macht die Revision Verfahrensmängel geltend, ohne freilich deren Relevanz in der Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen (vgl. zur Notwendigkeit der Relevanzdarlegung iZm dem Impfschadengesetz VwGH 8.4.2024, Ra 2022/11/0202, mwN).

12 Im Übrigen übersieht die Revisionswerberin, dass sich das Sachverständigengutachten vom 28. Juni 2023 ohnedies maßgeblich auf den neurologischen Befund einer an einer Universitätsklinik tätigen Fachärztin vom 13. Dezember 2021 stützt.

13 Auch liegt es bei Bedenken gegen ein (ärztliches) Gutachten an der Partei, diesem auf gleichem fachlichen Niveau entgegenzutreten, es sei denn, das Gutachten ist mit Widersprüchen bzw. Ungereimtheiten behaftet oder unvollständig (vgl. zu dieser Notwendigkeit etwa VwGH 8.3.2021, Ra 2020/11/0140, mwN; in Zusammenhang mit dem Impfschadengesetz VwGH 10.12.2021, Ra 2020/11/0091, 0092, mwN). Im vorliegenden Fall ist die Revisionswerberin dem im Verfahren herangezogenen Sachverständigengutachten weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, noch wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision fallbezogen aufgezeigt, dass dieses Gutachten mit Widersprüchen bzw. Ungereimtheiten behaftet oder unvollständig und das angefochtene Erkenntnis insofern mit einem relevanten Verfahrensmangel behaftet wäre.

14 Schließlich wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ganz allgemein ein Abweichen von lediglich mit Datum und Geschäftszahl zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet.

15 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. etwa VwGH 28.9.2021, Ra 2021/11/0140, mwN).

16 Eine solche Darlegung enthält die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht.

17 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 11. Februar 2025

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