JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0027 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. März 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des J R in B im T und 2. des Dr. A R in B, beide vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Wendling GmbH in 6370 Kitzbühel, Kirchplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 12. September 2023, LVwG 2023/26/1421 6, betreffend eine Untersagung der Benützung nach der TBO 2022 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Brixen im Thale; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die Beschwerde der Revisionswerber gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 2023, mit welchem ihnen die weitere Benutzung der aus den Einheiten W 4 und W 5 gebildeten Wohnung in einem näher bezeichneten Wohnhaus in B. gemäß § 46 Abs. 6 Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022) untersagt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe ab, dass sich das Benützungsverbot auf § 46 Abs. 6 lit. a und d TBO 2022 stütze und mit 1. Oktober 2023 in Kraft trete. Eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Dies begründete das LVwG zusammengefasst und gestützt auf die Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen damit, dass aufgrund der konsenslosen Verbindung der beiden Wohnungen mittels eines Durchbruches in der Bestandsdecke und Herstellung einer Verbindungstreppe die gefahrlose Benutzung beider Wohnungen nicht mehr möglich sei.

5 In der Zulässigkeitsbegründung bringen die Revisionswerber auf insgesamt neun Seiten zusammengefasst vor, das LVwG habe gegen tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verstoßen und sei in diesem Zusammenhang von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Es habe „unzureichende Feststellungen getroffen, an der Grenze zur Willkür gehandelt, gegen das Gebot der Erforschung der materiellen Wahrheit und andererseits in erheblicher Weise gegen die verfahrensrechtlichen Grundsätze durch mangelhafte Begründungen bzw. das Anführen von Scheinbegründungen verstoßen“.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG sein, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem unvertretbaren Ergebnis geführt hätte, wobei in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss, das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 14.7.2022, Ra 2022/06/0078, Rn. 7, mwN).

7 Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, welche anderen Feststellungen das LVwG hätte treffen müssen und inwieweit diese Feststellungen das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten (vgl. nochmals VwGH 14.7.2022, Ra 2022/06/0078, Rn. 7, mwN).

Die Revisionswerber räumen selbst ein, dass für den Deckendurchbruch und die errichtete Treppe keine Baubewilligung vorliegt. Angesichts dessen könnte auch einer vollständigen Bauvollendungsanzeige (unklar ist, auf welches Bauvorhaben sich diese bezieht) keine entscheidungsrelevante Bedeutung zukommen. Weiter wird übersehen, dass das LVwG seine Entscheidung anders als die belangte Behörde nicht mehr auf eine Änderung des Verwendungszweckes (§ 46 Abs. 6 lit. c TBO 2022) stützt; die Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung zum Nichtvorliegen eines Freizeitwohnsitzes gehen somit ins Leere. Unzutreffend ist auch die Rüge, das LVwG habe die Verhandlungspflicht verletzt, weil am 12. Juli 2023 eine solche stattfand; inwiefern der Unmittelbarkeitsgrundsatz verletzt sein sollte, bleibt offen.

8 Zum behaupteten Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses wäre konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzulegen, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Ansicht der Revisionswerber zufolge das LVwG in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 16.11.2023, Ra 2023/06/0208, Rn. 6, mwN). Darüber hinaus wird auch nicht vorgebracht, welche konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte.

9 Darüber hinaus wird dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG nicht entsprochen, wenn wie im vorliegenden Fall die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe vorliegt (vgl. etwa VwGH 16.2.2021, Ra 2018/06/0324, Rn. 9, mwN).

10 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. März 2024

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