Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der C GmbH in E, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Christian Klotz, MMag. Mathias Demetz, BSc, Dr. Simon Gleirscher, Mag. Mine Cordic und MMag. Markus Sandtner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 2. Jänner 2024, LVwG 2022/31/2630 14, betreffend Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 46 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2022 und Zurückweisung eines Antrages auf Aufhebung einer Benützungsuntersagung als unzulässig (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Ellmau; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde E. (belangte Behörde) vom 7. September 2022 wurde der revisionswerbenden Partei unter Spruchpunkt I. gemäß § 46 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022) betreffend eine näher genannte Wohnung in der KG E. die Herstellung des der Baubewilligung der belangten Behörde vom 18. Dezember 2003 entsprechenden Zustandes binnen einer Frist von sechs Monaten aufgetragen und unter Spruchpunkt II. der Antrag der revisionswerbenden Partei vom 10. März 2022 auf Aufhebung einer mit Bescheid vom 20. November 2020 ausgesprochenen Benützungsuntersagung gemäß § 46 Abs. 6 lit. a TBO 2022 als unzulässig zurückgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die gegen diesen Bescheid von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit näher bezeichneten Maßgaben hinsichtlich der konkret durchzuführenden baulichen Maßnahmen unter Neufestsetzung der Leistungsfrist bis 30. April 2024 als unbegründet ab (1.) und erklärte eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig (2.).
3 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen Revision wird zusammengefasst vorgebracht, das LVwG sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Festsetzung einer angemessenen Frist zur Ausführung einer Leistung abgewichen und es liege eine Verletzung von tragenden Grundsätzen des Verfahrensrechtes vor, weil sich das LVwG nicht ausreichend mit den sich widersprechenden Gutachten des Amtssachverständigen und des von der revisionswerbenden Partei herangezogenen Privatgutachters auseinandergesetzt habe. Wäre das LVwG auf die Widersprüchlichkeiten zwischen Privatgutachten und Amtssachverständigengutachten eingegangen bzw. hätte es sich „mehr mit den Ausführungen in der Stellungnahme vom 08.05.2023 auseinander gesetzt“, und dazu eine Gutachtensergänzung oder ein weiteres Gutachten beauftragt, wäre es „zu dem Schluss gekommen, dass keine bewilligungspflichtigen Abweichungen vorliegen und hätte der Beschwerde der Revisionswerberin Folge gegeben“.
4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 20.11.2023, Ra 2020/06/0332, mwN).
9 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision vorgebracht wird, das LVwG sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Festsetzung einer angemessenen Frist zur Ausführung einer Leistung abgewichen, ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob eine in einem konkreten Verwaltungsverfahren gesetzte Leistungsfrist angemessen ist oder nicht, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unterliegt (vgl. etwa VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0190, mwN). Fragen, die nur den Einzelfall betreffen, berühren keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung würde in einem solchen Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre bzw. eine krasse Fehlbeurteilung vorläge (vgl. etwa VwGH 27.7.2022, Ra 2019/06/0137, mwN). Derartiges wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.
10 Wenn die Revision zur Begründung der behaupteten Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das zu einem wasserpolizeilichen Auftrag ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 2003, 2000/07/0247, nennt, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein Revisionswerber im Fall einer behaupteten Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen hat, inwiefern der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem in der von ihm ins Treffen geführten höchstgerichtlichen Entscheidung gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. für viele etwa VwGH 22.6.2023, Ra 2023/06/0033, mwN). Auch diesem Erfordernis genügt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht.
11 Weiters wird zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, das LVwG habe sich nicht ausreichend mit den sich widersprechenden Gutachten des Amtssachverständigen und des von der revisionswerbenden Partei herangezogenen Privatgutachters auseinandergesetzt.
12 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Würdigung eines Sachverständigengutachtens, und damit auch die Frage, ob ein Verwaltungsgericht einem Gutachten folgt oder nicht, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Teil der Beweiswürdigung ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch im Zusammenhang mit der im Einzelfall vorgenommenen Beweiswürdigung läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Außerdem müsste in den Zulässigkeitsbegründung auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargelegt werden, das heißt, weshalb im Fall eines mängelfreien Verfahrens von einer anderen, für die revisionswerbenden Parteien günstigeren Sachverhaltsgrundlage auszugehen gewesen wäre (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0210, mwN).
13 Mit ihrem nicht weiter substantiierten Vorbringen, das LVwG wäre, hätte es sich „mehr“ mit den Ausführungen der revisionswerbenden Partei auseinandergesetzt, zu dem Schluss gekommen, dass keine bewilligungspflichtigen Abweichungen vorliegen, sodass es der Beschwerde der revisionswerbenden Partei stattgegeben hätte, wird weder die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensgang aufgezeigt, noch dargelegt, inwiefern die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung inklusive Beiziehung des hochbautechnischen Amtssachverständigen vorgenommene Beurteilung, es handle sich gegenständlich um bewilligungspflichtige Abweichungen zum Baubewilligungsbescheid vom 18. Dezember 2003, unvertretbar sein sollte (vgl. dazu etwa VwGH 12.10.2023, Ra 2023/06/0185, mwN).
14 Zu der im angefochtenen Erkenntnis weiters vorgenommenen Bestätigung von Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde vom 7. September 2022 (Zurückweisung des Antrages der revisionswerbenden Partei vom 10. März 2022 auf Aufhebung einer mit Bescheid vom 20. November 2020 ausgesprochenen Benützungsuntersagung als unzulässig) enthält die Revision keine Zulässigkeitsausführungen.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 18. März 2024