Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision 1. der R O und 2. der Mag. K P, beide in L, beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum und Mag. a Andrea Blum, Rechtsanwalt und Rechtsanwältin in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das am 4. Juni 2024 mündlich verkündete und am 25. Juni 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, LVwG 153714/56/JS 153719/2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Landeshauptstadt Linz; mitbeteiligte Partei: S AG in L, vertreten durch die Grassner Rechtsanwalts GmbH in 4020 Linz, Hopfengasse 23; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Äußerung der mitbeteiligten Partei vom 16. Juni 2025 samt darin enthaltenem Antrag auf Kostenersatz wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerden unter anderem der Revisionswerberinnen gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 14. Oktober 2022, mit dem der Mitbeteiligten (Bauwerberin) die Baubewilligung für das Bauvorhaben „Neubau einer Wohnanlage mit 37 Wohneinheiten und Tiefgarage“ auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG W erteilt wurde, als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision unzulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht einleitend aus, das Baugrundstück sei seit dem Jahr 2020 durch einen näher bezeichneten Flächenwidmungsplan als Wohngebiet gewidmet; die Geschoßflächenzahl (GFZ) sei darin mit maximal 0,6 festgelegt. Nach einer Darstellung des Beschwerdevorbringens traf das Verwaltungsgericht nähere Feststellungen zur Ausgestaltung des Bauvorhabens. Beweiswürdigend stützte es sich auf den im Beschwerdeverfahren beigezogenen bautechnischen Amtssachverständigen und auf die von den Parteien vorlegten Urkunden, darunter die Einreichpläne.
3 Rechtlich bejahte das Verwaltungsgericht zwar die Parteistellung der Revisionswerberinnen als Nachbarinnen. Es kam aber u.a. zum Ergebnis, dass das Bauvorhaben mit einer projektierten GFZ von 0,58 den festgelegten GFZ Höchstwert von 0,6 nicht überschreite und führte aus, welche Flächen bei der Ermittlung der GFZ nicht zu berücksichtigen seien. Die in einem näher bezeichneten Bebauungsplan erweiterte Gestaltungsmöglichkeit einer Gaupe und damit eines Dachraumes habe infolge der Projektmodifikation vom 15. Februar 2024, die keine Dachaufbauten bei den Gebäuden des Bauvorhabens vorsehe, zudem keine Relevanz mehr für das Bauvorhaben. Nach Einsicht in den Verordnungsakt hätten sich keine wesentlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den relevanten Flächenwidmungsplan ergeben.
4 Dagegen erhoben die Revisionswerberinnen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2025, E 2954/2024 15, ablehnte und die Beschwerde in weiterer Folge zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
5 Daraufhin erhoben die Revisionswerberinnen die nunmehr vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revisionswerberinnen, die Widmungsänderung von „Grünland Grünzug“ in „Bauland Wohngebiet“ im relevanten Flächenwidmungsplan sei gesetz und verfassungswidrig, da es sich um eine „klassische Anlassfallwidmung“ ohne gesetzeskonforme Grundlagenforschung handle, sind die Revisionswerberinnen auf den oben zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen. Darin hielt der Verfassungsgerichtshof fest, dass der Flächenwidmungsplan nach einer ausreichenden Grundlagenforschung und Interessenabwägung, insbesondere auch nach Anhörung der betroffenen Grundstückseigentümer, erlassen worden sei. Darauf sind die Revisionswerberinnen auch im Hinblick auf ihre Anregung, der Verwaltungsgerichtshof möge einen Verordnungsprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 139 BVG stellen, hinzuweisen. Im Übrigen können Normbedenken gegen generelle Rechtsvorschriften vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht als grundsätzliche Rechtsfrage aufgeworfen werden (vgl. VwGH 27.6.2017, Ra 2017/05/0098, Rn. 17, mwN).
10Soweit die Revisionswerberinnen die Zulässigkeit der Revision damit begründen, dass das Verwaltungsgericht ihnen die Akteneinsicht in den Verordnungsakt, aus dem sich die Grundlagen für die Umwidmung ergäben, verweigert habe, mangelt es bereits an einer Darstellung der Relevanz des damit behaupteten Verfahrensmangels für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht. In den Revisionszulässigkeitsgründen müsste die Relevanz dargelegt werden, das heißt, weshalb im Fall eines mängelfreien Verfahrens von einer anderen, für die Revisionswerberinnen günstigeren Sachverhaltsgrundlage auszugehen gewesen wäre (vgl. etwa VwGH 18.3.2024, Ra 2024/06/0026, Rn. 12, mwN).
11Soweit die Revisionswerberinnen schließlich eine unzulässige Änderung des Beschwerdegegenstands durch Änderungen des Bauvorhabens im Zuge des Beschwerdeverfahrens geltend machen, bleiben sie pauschal und ohne Bezug zum konkreten Sachverhalt. Damit wird den Anforderungen an die gesetzmäßige Ausführung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG (s. oben) nicht entsprochen. Die Revisionswerberinnen legen hier auch nicht dar, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. etwa VwGH 15.4.2024, Ra 2023/05/0070, Rn. 14, mwN), sondern behaupten bloß unsubstantiiert eine rechtswidrige Vorgangsweise des Verwaltungsgerichts.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
13Mangels Einleitung eines Vorverfahrens gemäß § 36 Abs. 1 VwGG durch den Verwaltungsgerichtshof konnte ein Kostenersatz für die von der mitbeteiligten Partei eingebrachte und als Revisionsbeantwortung anzusehende Äußerung vom 16. Juni 2025 nicht erfolgen (vgl. VwGH 12.8.2020, Ra 2020/05/0084, mwN). Die Äußerung samt deren Kostenantrag war daher zurückzuweisen.
Wien, am 30. Juni 2025