JudikaturVwGH

Ra 2024/05/0007 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
16. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision des D M, vertreten durch Mag. Matthäus Stimpfl Abele, MSc, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 20. Dezember 2023, LVwG AV 2038/0012023, betreffend eine Zwangsstrafe nach § 5 VVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 2019 wurde gemäß § 35 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) dem Revisionswerber als (Mit)Eigentümer eines näher bezeichneten Bauwerkes im Gebiet der Stadtgemeinde B die Nutzung zu einem anderen als dem zuletzt mit Bescheid vom 12. Jänner 1984 baubehördlich bewilligten Verwendungszweck (Hotel), insbesondere die Nutzung als private Mietwohnungen, verboten. Dieser Bescheid (Titelbescheid) ist rechtskräftig (vgl. VwGH 27.3.2023, Ra 2023/05/0030, und VfGH 14.12.2022, E 2667/2022 9).

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Mai 2023 wurde über den Revisionswerber als (Mit )Eigentümer eine Zwangsstrafe in der Höhe von € 1.000, verhängt, weil die Verpflichtung aus dem Titelbescheid nicht erfüllt worden sei.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenem Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, mit Übergabevertrag vom 30. Dezember 2015 sei dem Revisionswerber die Hälfte des Eigentums an der gegenständlichen Liegenschaft übertragen worden. Aufgrund dieses Übergabevertrags sei den Eltern des Revisionswerbers das lebenslange und unentgeltliche Fruchtgenussrecht an der gegenständlichen Liegenschaft eingeräumt worden. Die Liegenschaft werde weiterhin entgegen dem mit Bescheid vom 12. Jänner 1984 baubehördlich bewilligten Verwendungszweck genutzt. Der Revisionswerber habe in weiterer Folge keine Maßnahmen gesetzt, um der mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 2019 auferlegten Verpflichtung nachzukommen. Er sei lediglich mit der Bitte an den fruchtgenussberechtigten Vater, der sich um die Liegenschaft kümmere, herangetreten, die „Angelegenheit zu regeln“.

5 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, eine Zwangsstrafe sei nicht zu verhängen, wenn der Partei die Erbringung der Leistung etwa aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist; dabei seien auch zivilrechtliche Hindernisse relevant. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reiche im Hinblick auf das Vorliegen eines relevanten zivilrechtlichen Hindernisses jedoch keineswegs die Behauptung dessen Vorliegens, vielmehr müsse der Verpflichtete darlegen, welche Maßnahmen er ergriffen habe, um die auferlegte Verpflichtung durchzusetzen bzw. nachzuweisen, warum solche Maßnahmen aussichtslos oder unzumutbar wären. Der Revisionswerber habe den Fruchtnießer lediglich gebeten, „die Angelegenheit zu regeln“, jedoch keinerlei (rechtlichen) Schritte gesetzt oder auch nur angedroht. Er habe daher nicht darlegen können, dass er zumutbare Maßnahmen getroffen habe, um der ihm auferlegten Verpflichtung nachzukommen.

6 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, „ob im Fall eines dinglich wirkenden Fruchtgenußrechtes eine Zwangsstrafe direkt gegen den Fruchtgenußberechtigten, der gegen das rechtskräftige Nutzungsverbot verstößt, zu verhängen“ sei (und nicht gegen den Eigentümer), „sofern der (Mit )Eigentümer für die untersagte Nutzung nicht verantwortlich ist“.

7 In dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung, in der sie auf die Begründung des Verwaltungsgerichts verwies.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision zusammengefasst mit fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Thematik, ob er „gegen seinen eigenen Vater rechtliche Schritte“ unternehmen müsste oder die Zwangsstrafe direkt gegen den fruchtnießenden Vater hätte verhängt werden müssen. Wenn er damit auf eine unzulässige Adressierung der Zwangsstrafe an ihn selbst abstellt, ist das Vorbringen insofern nicht zielführend, als der Revisionswerber unstrittig Adressat des rechtskräftigen Titelbescheides (s. Rn. 1) ist. Soweit damit die Unzulässigkeit der Vollstreckung geltend gemacht werden soll, macht er im Grunde ein zivilrechtliches Hindernis (den Fruchtgenuss) zur Erfüllung seiner Verpflichtung geltend. Zur Beachtlichkeit eines zivilrechtlichen Hindernisses gibt es jedoch bereits Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung auch zu Grunde legte (vgl. VwGH 28.2.2012, 2010/05/0106, mwN).

12 Soweit der Revisionswerber vorbringt, diese vom Verwaltungsgericht herangezogene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 2012, 2010/05/0106, beruhe auf einem anders gelagerten Sachverhalt, weil dort kein Fruchtgenussrecht vorgelegen sei, kann er die Zulässigkeit der Revision damit nicht begründen: Sowohl in dieser Entscheidung als auch im Revisionsfall wird ein zivilrechtliches Hindernis als der Erfüllung der Verpflichtung bei Verhängung einer Zwangsstrafe entgegenstehend behauptet. Das Verwaltungsgericht stützte sich darauf, dass der Verpflichtete wie im Erkenntnis 2010/05/0106 ausgeführt hätte darlegen müssen, welche Maßnahmen er ergriffen habe bzw. warum sie aussichtslos oder unzumutbar wären.

13 Fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Hindernissen und Zwangsstrafen vermag der Revisionswerber nur mit dem pauschal vorgebrachten Argument eines Fruchtgenussrechts nicht darzutun. Insbesondere wird die Unzumutbarkeit rechtlicher Schritte gegen den Fruchtgenussberechtigten alleine mit dem Argument, sie müssten sich gegen den eigenen Vater richten, nicht aufgezeigt.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 16. September 2025