JudikaturVwGH

Ra 2024/02/0187 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. S in W und 2. L GmbH in W, beide vertreten durch die ALIANT Helml Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Volksfeststraße 15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2024, W158 22664571/25E, betreffend Übertretung des AIFMG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzmarktaufsichtsbehörde; weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnisvom 20. Dezember 2022 erkannte die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) den Erstrevisionswerber einer Übertretung von § 60 Abs. 1 Z 1 des Alternative Investmentfonds ManagerGesetzes (AIFMG) schuldig, verhängte über ihn eine Geldstrafe von EUR 20.000,(Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) und schrieb ihm einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor. Zugleich wurde ausgesprochen, dass die zweitrevisionswerbende Partei gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte.

2 Dem Erstrevisionswerber als (handelsrechtlichem) Geschäftsführer der zweitrevisionswerbenden Partei wurde zusammengefasstzur Last gelegt, dass Letztere in einem näher umschriebenen Zeitraum ohne die erforderliche Konzession der FMA gemäß § 4 Abs. 1 AIFMG oder die erforderliche Registrierung bei der FMA gemäß § 1 Abs. 5 Z 1 AIFMG einen Alternativen Investmentfonds (AIF) im Volumen von EUR 2,8 Millionen verwaltet habe.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis mit einer Maßgabebestätigung, die den Tatvorwurf näher umschrieb als unbegründet ab. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

4Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, die zweitrevisionswerbende Partei, deren Geschäftsführer der Erstrevisionswerber im verfahrensgegenständlichen Zeitraum gewesen sei, habe in diesem Zeitraum als Alternativer Investmentfondsmanager (AIFM) fungiert und einen AIF verwaltet. Das durch die Emission von Genussrechten eingesammelte Kapital sei nach einer vorgegebenen Anlagestrategie dazu verwendet worden, aussichtsreiche fremde Rechtsstreitigkeiten gegen eine Beteiligung am erstrittenen Streitwert zu finanzieren. Dem Genussrechtsberechtigten sei ein näher umschriebener Anteil an diesem Gewinn versprochen und ausgeschüttet worden. Die zweitrevisionswerbende Partei sei daher als AIFM einer entsprechenden Konzessionierungs- bzw. Registrierungspflicht unterlegen, die nicht eingehalten worden sei. Der objektive Tatbestand des § 60 Abs. 1 Z 1 AIFMG sei daher erfüllt. Zur subjektiven Tatseite führte das BVwG zusammengefasst aus, der Erstrevisionswerber hätte in seiner Funktion als Geschäftsführer die gesetzlichen Bestimmungen kennen müssen. Es sei ihm zumutbar gewesen, sich bei der FMA durch konkrete Fragen zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines AIF zu erkundigen. Dies habe er nicht getan und sich daher sorgfaltswidrig verhalten.

5Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit zunächst in Zweifel zieht, dass der Erstrevisionswerber sorgfaltswidrig gehandelt habe. Er habe sich mit dem AIFMG, den ESMA Leitlinien sowie der einschlägigen Judikatur auseinandergesetzt und sei zu dem vertretbaren Ergebnis gelangt, dass in Bezug auf die Tätigkeit der zweitrevisionswerbenden Partei kein AIF vorliege. Abgesehen davon sei das BVwG mit seiner Einschätzung, es sei im gegenständlichen Fall ein AIF vorgelegen, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zum Erfordernis einer „festgelegten Anlagestrategie“) abgewichen. Es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu, wie die Begrifflichkeiten des „Organismus für gemeinsame Anlagen“ und des „allgemein kommerziellen oderindustriellen Zwecks“ im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand des AIFMG einer „operativen Tätigkeit“ auszulegen seien. Auch lägen gewichtige Stimmen in der Lehre gegen die in den ESMA Leitlinien aufgestellten Kriterien zur Qualifizierung eines AIF vor. Schließlich habe das BVwG Parteivorbringen stillschweigend übergangen, das Parteiengehör der revisionswerbenden Parteien verletzt und sein Erkenntnis mangelhaft begründet.

6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Hat das Verwaltungsgericht wie im vorliegenden Fallim Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

10Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

11Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG ist ein AIF im Sinne dieses Bundesgesetzes jeder Organismus für gemeinsame Anlagen einschließlich seiner Teilfonds, der (a) von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, ohne dass das eingesammelte Kapital unmittelbar der operativen Tätigkeit dient, und (b) keine Genehmigung gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/65/EG benötigt.

12Durch § 2 Abs. 1 AIFMG werden die Definitionen gemäß Art. 4 der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (AIFMD) umgesetzt (vgl. RV 2401 BlgNR 24. GP 12).

13 Den dazu von der Europäischen Wertpapier- und Aufsichtsbehörde (ESMA) herausgegebenen Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) vom 13. August 2013 in der berichtigten Fassung vom 30. Jänner 2014, ESMA/2013/611, hinsichtlich derer die FMA gemäß Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 (ESMAVerordnung) ihre Compliance bestätigt hat, kommt zur Auslegung der verwendeten Begriffe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes maßgebliche Bedeutung zu (vgl. VwGH 15.2.2024, Ra 2023/02/0178, Rn. 14 und 26). Die von der Revision daran geäußerte Kritik gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

14 Nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für das Vorliegen eines AIF, dass ein Organismus für gemeinsame Anlagen von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren. Die ESMA Leitlinien umschreiben den Begriff der „festgelegten Anlagestrategie“ dahingehend, dass damit eine Strategie in Bezug darauf verfolgt wird, wie das im Organismus gebündelte Kapital im Hinblick auf die Erzielung einer Gemeinschaftsrendite für die Anleger, bei denen das Kapital beschafft wurde, verwaltet werden soll. Zudem definiert die ESMA in den Leitlinien, Rz. 20, einige Faktoren, die einzeln oder kumulativ auf das Vorhandensein einer solchen Strategie hinweisen könnten: Die Anlagestrategie ist bestimmt und festgelegt, spätestens zu dem Zeitpunkt, wenn die Verpflichtungen der Anleger gegenüber dem Organismus für sie verbindlich werden; die Anlagestrategie wird in einem Dokument dargelegt, das Bestandteil der Vertragsbedingungen bzw. der Satzung des Organismus ist bzw. auf das darin Bezug genommen wird; der Organismus bzw. die juristische Person, die den Organismus verwaltet, unterliegt gegenüber den Anlegern einer (wie auch immer entstandenen) von ihnen rechtlich durchsetzbaren Verpflichtung, sich nach der Anlagestrategie zu richten, einschließlich aller daran vorgenommenen Änderungen; die Anlagestrategie umfasst auch Anlagerichtlinien mit Verweis auf alle oder einzelne der nachstehend genannten Kriterien: Anlage in bestimmte Kategorien von Vermögenswerten bzw. gemäß Einschränkungen bezüglich der Anlageaufteilung; Verfolgung bestimmter Strategien; Anlage in bestimmten geografischen Gebieten; Einhaltung von Einschränkungen bezüglich von Hebelfinanzierungen; Einhaltung von Mindesthaltezeiten oder Einhaltung von anderen Einschränkungen zur Risikosteuerung.

15Unter einer festgelegten Anlagestrategie ist demnach die fixe Vorgabe eines Handlungsspielraumes zu verstehen, nach dem sich der AIFM bei der Vermögensverwaltung zu orientieren hat. Die Anlagestrategie kann sowohl in einer Gesellschaftssatzung, Vertragsunterlagen, aber auch in Werbeprospekten oder auf einer Website vorgegeben werden. Sie muss aber derart definiert sein, dass sich ein Anleger gegenüber dem AIFM verbindlich darauf stützen und die Einhaltung dieser Anlagestrategie fordern und durchsetzen kann. Durch ihre Anlagestrategie unterscheiden sich AIF von gewöhnlichen Unternehmen. Selbst eine relativ allgemein gehaltene Anlagestrategie eines AIF enthält gewöhnlich klarere Vorgaben als der Gesellschaftsvertrag von Unternehmen, bei denen der Gesellschaftszweck bzw. die Geschäftsaktivität meist vergleichsweise abstrakt gefasst ist. Die Anlagestrategie geht damit weit über die allgemeine Unternehmensstrategie und den abstrakten Unternehmensgegenstand hinaus. Sie beschränkt den Handlungsspielraum des Managements bei Veranlagungsentscheidungen, welcher diesem durch die Satzung und den Unternehmensgegenstand eingeräumt wird (vgl. zum Ganzen erneut VwGH 15.2.2024, Ra 2023/02/0178, Rn. 11 bis 18, mwN).

16 Im gegenständlichen Fall hat sich das BVwG eingehend mit dem Vorhandensein einer festgelegten Anlagestrategie nach den oben dargestellten Kriterien auseinandergesetzt. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass nach der Beschreibung im Kapitalmarktprospekt die Strategie der Emittentin (der zweitrevisionswerbenden Partei) primär darauf abgezielt habe, das extern eingesammelte Kapital in erfolgversprechende Gerichtsverfahren zu veranlagen, um durch die Übernahme des Prozesskostenrisikos für Kunden bei aussichtsreichen Gerichtsverfahren gegen bonitätsstarke Prozessgegner einen möglichst hohen Gewinn und folglich auch eine hohe Gemeinschaftsrendite zu erzielen. Die Anlagestrategie habe auch Anlagerichtlinien im Sinne der ESMA Leitlinien umfasst, da das eingesammelte Kapital in bestimmte Kategorien von Vermögenswerten, nämlich in erfolgversprechende Rechtsstreitigkeiten investiert werden sollte. Mit fixen Vorgaben, wonach die Emittentin nach einer softwareunterstützten und individuell vorgenommenen Vorabprüfung das Kostenrisiko für aussichtsreiche Gerichtsverfahren übernahm und sie das eingesammelte Genussrechtskapital zur Begleichung der Prozesskosten verwendete, sei der Handlungsspielraum des AIFM eingeschränkt gewesen.

17 Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass das BVwG mit dieser Beurteilung von den rechtlichen Leitlinien der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist.

18 Wenn sie davon spricht, dass das BVwG dem „Auftrag des VwGH“ im aufhebenden Erkenntnis des Revisionsverfahrens im ersten Rechtsgang nicht entsprochen habe, so übersieht sie, dass sich das BVwG im angefochtenen Erkenntnis, anders als in den Verfahren Ra 2023/02/0177 und 0178, mit sämtlichen Kriterien der Qualifizierung eines AIF beschäftigt und insbesondere näher begründet hat, warum es gegenständlich von einer „festgelegten Anlagestrategie“ ausgeht. Wenn die Revision darauf verweist, dass die allgemeine Unternehmensstrategie von der notwendigen festgelegten Anlagestrategie zu unterscheiden sei, ist ihr auf der Grundlage der zuvor angesprochenen hg. Judikatur zweifellos zuzustimmen. Das wurde vom BVwG aber im vorliegenden Verfahren auch richtig erkannt und es wurde näher begründet, worin das BVwG gegenständlich die erforderlichen strategischen Vorgaben für den AIFM erblickt hat. Dem vermag die Revision letztlich nichts Überzeugendes entgegenzuhalten.

19Soweit die Revision Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung der Wendung „Organismus für gemeinsame Anlagen“ in § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG vermisst, zeigt sie nicht auf, inwieweit bezogen auf den vorliegenden Fall Auslegungsschwierigkeiten vorlägen, die eine Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof notwendig machen würden, hat das BVwG doch hinreichend deutlich und nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht, worin die gemeinsame Veranlagung durch den AIF gegenständlich zu sehen ist (Investition des eingenommenen Genussrechtskapitals in Rechtsstreitigkeiten, um im Erfolgsfall einen Gewinn und somit auch eine Gemeinschaftsrendite für die Genussrechtsberechtigten zu generieren - Erkenntnis Seite 24; vgl. dazu auch Punkt VI.12 der ESMA Leitlinien zur Auslegung des Begriffs „Organismen für gemeinsame Anlagen“: „(a) Der Organismus verfolgt keinen allgemein kommerziellen oder industriellen Zweck; (b) der Organismus bündelt das bei seinen Anlegern zum Zweck der Anlage beschaffte Kapital im Hinblick auf die Erzielung einer Gemeinschaftsrendite für diese Anleger; und (c) die Anteilseigner des Organismus besitzen als Gruppe keine laufende Ermessens bzw. Kontrollbefugnis. ...“).

20Auch dem Revisionsvorbringen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, wie der Ausnahmetatbestand der Verwendung des eingesammelten Kapitals zur unmittelbaren operativen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG zu verstehen sei, ist nicht zu folgen.

21Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu bereits erkannt, dass durch die Definition des § 2 Abs. 1 AIFMG die AIFMD umgesetzt wird und mit Blick auf eine unionsrechtskonforme Interpretation dieser Bestimmung nicht nur die Richtlinie, sondern sind auch die Leitlinien der ESMA zu beachten sind, wollte man dem nationalen Gesetzgeber nicht unterstellen, er hätte den von der Richtlinie definierten Anwendungsbereich eingeschränkt, indem er sämtliche operative Tätigkeiten einschließlich finanzieller Dienstleistungen davon ausgenommen hätte.

22 Ausgehend von den Leitlinien der ESMA ist ein Organismus nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung dann kein AlF, wenn er einen allgemein kommerziellen oder industriellen Zweck verfolgt (vgl. ESMA/2013/611, Vl. 12). Unter allgemein kommerziellem oder industriellem Zweck verstehen die Leitlinien „den Zweck der Verfolgung einer Geschäftsstrategie, die sich u.a. durch Merkmale auszeichnet wie die überwiegende Ausübung (i) einer kommerziellen Tätigkeit einschließlich Kauf, Verkauf und/oder Austausch von Waren oder Gütern und/oder Verkehr mit (Erbringung von) nichtfinanziellen Dienstleistungen oder (ii) einer industriellen Tätigkeit einschließlich der Produktion von Waren oder der Errichtung von Immobilien oder (iii) einer Kombination daraus (siehe ESMA/2013/611, II.). Die Frage, ob eine operative Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 lit. a AIFMG gegeben ist, ist in diesem Lichte zu interpretieren und fallbezogen zu prüfen (vgl. erneut VwGH 15.2.2024, Ra 2023/02/0178, Rn. 26 und 27).

23 Für den gegenständlichen Fall führte das BVwG aus, das eingesammelte Kapital sei hauptsächlich für die Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten verwendet worden. Es sei zur Verfügung gestellt worden, um das Durchführen des Rechtsstreits zu ermöglichen, anstatt direkte (rechtliche) Dienstleistungen anzubieten. Die rechtliche Durchsetzung sei vielmehr bei den kooperierenden Rechtsanwälten gelegen. Die Tatsache, dass die Emittentin darauf abgezielt habe, einen Gewinn zu erzielen und einen Teil dieses Gewinns an die Genussrechtsberechtigten auszuschütten, unterstreiche ihre Funktion als Finanzdienstleister. Sie sei daher nicht als Anbieterin von nicht finanziellen Dienstleistungen zu qualifizieren.

24 Diesen Erwägungen vermag die Revision wiederum nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Sie zeigt insbesondere nicht auf, welche weiteren rechtlichen Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich wären, um den vorliegenden Fall zu lösen.

25Soweit die Revision Verfahrensmängel rügt (übergangenes Parteivorbringen; Verletzung des Parteiengehörs, Begründungsmängel) legt sie nicht hinreichend dar, dass das BVwG im gegenständlichen Fall tragende Verfahrensgrundsätze missachtet hätte (vgl. zu diesem Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen etwa VwGH 18.12.2020, Ra 2019/08/0100, mwN) und ihm Verfahrensfehler unterlaufen wären, bei deren Unterbleiben ein anderes für die revisionswerbenden Parteien günstigeres Verfahrensergebnis möglich gewesen wäre.

26Dem Revisionsvorbringen, der Erstrevisionswerber habe sich mit den einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut gemacht und sei zu dem Schluss gelangt, dass die zweitrevisionswerbende Partei keinen AIF verwalte, weshalb ihm subjektiv kein Vorwurf gemacht werden könne, ist abschließend entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG voraussetzt, dass dem Betroffenen das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Auch eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Um sich darauf berufen zu können, bedarf es einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer allenfalls sogar plausiblenRechtsauffassung vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum bei einer derartigen Konstellation nicht auszuschließen. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht dar, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde nachzufragen (vgl. etwa VwGH 29.8.2023, Ro 2022/02/0013 bis 0015, Rn. 69, mwN). Dass der Erstrevisionswerber dies im gegenständlichen Fall getan hätte, wird vom BVwG in Abrede gestellt und von der Revision auch nicht hinreichend dargetan.

27 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. Mai 2025