Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des S in S, vertreten durch die Rechtsanwälte Estermann Partner OG in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 8. November 2023, 405 4/5623/1/11 2023, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hallein), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. März 2023 wurde dem Revisionswerber angelastet, er habe mit einem mit Kennzeichen konkretisierten Pkw am 3. Juli 2022 gegen 14:43 Uhr am Tatort zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein gleichzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Mittels Videomessung sei ein zeitlicher Abstand von 0,39 Sekunden festgestellt worden. Er habe dadurch § 99 Abs. 2c Z 4 StVO iVm § 18 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 2c leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von € 220, (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage 21 Stunden) verhängt und ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben wurden.
2 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) wies die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab, setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht stellte unter anderem fest, dass der Revisionswerber als Lenker eines näher bestimmten Pkws auf der Autobahn (A10) bei einer Geschwindigkeit von 113 km/h zu dem unmittelbar vor ihm fahrenden Fahrzeug lediglich einen zeitlichen Abstand von 0,39 Sekunden eingehalten habe, wobei die Toleranz bei diesem Wert bereits abgezogen worden sei. In seinen rechtlichen Erwägungen verwarf es den Einwand der Verfolgungsverjährung und des Verstoßes gegen § 44a Z 1 VStG. Im Weiteren erläuterte es die Strafbemessung.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Soweit der Revisionswerber die Zulässigkeit seiner Revision darin gelegen sieht, dass das Verwaltungsgericht das Absehen von der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses nicht begründet habe, ist darauf zu verweisen, dass der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2023 ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hat. Durch die Unterlassung der mündlichen Verkündung kann der Revisionswerber daher nicht in seinen Rechten verletzt sein (vgl. VwGH 3.3.2021, Ra 2020/02/0241, mwN).
9 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision des Weiteren eine Befangenheit des erkennenden Richters geltend.
10 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes begründet der Einwand der Befangenheit der entscheidenden Richter nur dann die Zulässigkeit der Revision, wenn vor dem Hintergrund des konkret vorliegenden Sachverhaltes die Teilnahme eines oder mehrerer Mitglieder des Verwaltungsgerichtes an der Verhandlung und Entscheidung tragende Rechtsgrundsätze des Verfahrensrechtes verletzt hätte bzw. in unvertretbarer Weise erfolgt wäre. Jeder Vorwurf einer Befangenheit hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (vgl. VwGH 19.10.2023, Ra 2022/19/0093 bis 0094, mwN).
11 Auch indiziert nicht jede verbale Entgleisung eine Befangenheit, wenn nicht die dabei manifestierte Wortwahl geeignet ist, begründete Zweifel an der Bereitschaft des Richters oder der Richterin daran zu erwecken, dass die Einwendungen der Partei im gebotenen Umfang ernst genommen werden und ihr Vorbringen auch zu ihren Gunsten geprüft wird (vgl. VwGH 20.4.2022, Ra 2020/14/0407, mwN).
12 Wenngleich die vom Revisionswerber gerügte Wendung im Erkenntnis, das Vorbringen des Revisionswerbers, ihm sei nicht hinreichend deutlich vorgeworfen worden, als Lenker des Fahrzeuges bestraft worden zu sein, „würde wohl besser in eine Faschingszeitung passen, als in eine ernst gemeinte Beschwerde“, unangebracht war, lässt sich aus der in weiterer Folge ausführlichen und ohne jegliche Unsachlichkeit ausgeführten Begründung, mit der der Einwand des Revisionswerbers verworfen wurde, keinerlei Anhaltspunkt dafür ableiten, dass der erkennende Richter aus unsachlichen psychologischen Motiven an einer unparteiischen Entscheidungsfindung gehemmt gewesen wäre oder unabhängig vom Verfahrensinhalt lediglich eine gegen den Revisionswerber vorgefasste Meinung umgesetzt hätte (vgl. erneut VwGH 20.4.2022, Ra 2020/14/0407).
13 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit weiters ein Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG vorgebracht, weil das Verwaltungsgericht im Spruch hätte ergänzen müssen, dass dem Revisionswerber die Übertretung als Lenker eines Kraftfahrzeuges zur Last gelegt werde. Da hinsichtlich dieses wesentlichen Tatbestandsmerkmals keine entsprechende Verfolgungshandlung gesetzt worden sei, sei zudem Verjährungsverjährung eingetreten.
14 Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, „die als erwiesen angenommene Tat“ zu enthalten. Nach der ständigen hg. Judikatur zu § 44a Z 1 VStG hat die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist. Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden. Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (vgl. etwa VwGH 22.4.2024, Ra 2023/02/0219, mwN).
15 Die Beurteilung, ob hinsichtlich einer konkreten Übertretung die Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z 1 VStG ausreichend präzise ist, um den Beschuldigten nicht in seinen Verteidigungsrechten einzuschränken oder einer Gefahr der Doppelbestrafung auszusetzen, setzt eine Berücksichtigung des jeweiligen gesetzlichen Tatbildes und der Umstände des Einzelfalls voraus (vgl. etwa VwGH 17.4.2015, Ra 2015/02/0048).
16 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind an Verfolgungshandlungen im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG hinsichtlich der Umschreibung der angelasteten Tat die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Tatumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses nach § 44a Z 1 VStG. Demnach ist eine die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG zu beziehen; die (korrekte) rechtliche Qualifikation der Tat ist hingegen nicht erforderlich. Es ist somit erforderlich, dass sich die Verfolgungshandlung im Sinne der §§ 31 und 32 VStG auf alle der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente beziehen muss (vgl. VwGH 19.11.2023, Ra 2023/09/0150, mwN).
17 Überdies hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass sich anders als bei dem Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch eines Straferkenntnisses gemäß § 44a Z 1 VStG der betreffende Tatvorwurf im Zusammenhang mit einer zu setzenden Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, wenn es sich dabei um ein Straferkenntnis handelt, nicht nur aus dem Spruch, sondern in dessen Ergänzung auch aus der Begründung ergeben kann, weil auch daraus die Absicht der Behörde, eine Person wegen einer bestimmten ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auf die im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu verfolgen, eindeutig hervorgeht (vgl. wiederum VwGH 19.11.2023, Ra 2023/09/0150, mwN).
18 Das Verwaltungsgericht hat sich mit dem bereits im Beschwerdeverfahren erhobenen Vorwurf der mangelnden Konkretisierung des Tatvorwurfs und der Verfolgungsverjährung auseinandergesetzt und diesen mit der Begründung verworfen, dass bereits aus der im Spruch des behördlichen Straferkenntnisses verwendeten Formulierung, „Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten..“ für den Revisionswerber nicht zweifelhaft sein konnte, dass er als Lenker eines Fahrzeuges zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht den vorgeschriebenen Abstand eingehalten habe. Der Revisionswerber vermag mit seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen, dass diese Beurteilung unvertretbar wäre und die vermeintliche Ungenauigkeit bei der Konkretisierung der Tat im Spruch des Straferkenntnisses auch dazu geeignet wäre, ihn der Gefahr einer Doppelbestrafung auszusetzen oder ihn in seinen Verteidigungsrechten zu beschränken. Im Zusammenhang mit der eingewendeten Verfolgungsverjährung ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass in der Begründung des behördlichen Straferkenntnisses ausdrücklich ausgeführt wird, dass der Revisionswerber das Kraftfahrzeug gelenkt habe (vgl. S. 153 des Verwaltungsaktes).
19 Soweit der Revisionswerber des Weiteren einen Verstoß gegen § 44a Z 3 VStG vorbringt, weil die Strafnorm angesichts der Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf § 99 Abs. 2 lit. c StVO zu korrigieren gewesen wäre, ist darauf zu verweisen, dass dem Revisionswerber eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 2c Z 4 StVO iVm § 18 Abs. 1 StVO angelastet wird. Die ins Treffen geführten Begriffe (besonders rücksichtsloses Verhalten, besonders gefährliche Verhältnisse) hat das Verwaltungsgericht lediglich zur Begründung seiner Strafbemessung verwendet. Es ist erkennbar, dass es damit die Tat nicht dem Tatbestand des § 99 Abs. 2 lit. c StVO unterstellen wollte.
20 Zur Zulässigkeit der Revision wird im Weiteren eine unvertretbare Strafbemessung behauptet.
21 Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. etwa VwGH 15.6.2023, Ra 2023/02/0070 , mwN).
22 Da es sich bei der Strafbemessung somit um eine einzelfallbezogene Abwägung handelt, stellt sie im Allgemeinen wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (vgl. erneut VwGH 15.6.2023, Ra 2023/02/0070, mwN).
23 Im Rahmen der Strafbemessung setzte sich das Verwaltungsgericht mit dem Unrechtsgehalt der Tat auseinander und verwies insbesondere auf die erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit, die mit der deutlichen Unterschreitung des notwendigen Mindestabstands bei hoher Geschwindigkeit, Ursache schwerster Personen und Sachschäden sein könne, verbunden gewesen sei. Als strafmildernd sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten, straferschwerende Gründe würden nicht vorliegen. Mangels Darlegung der aktuellen Einkommens , Vermögens und Familienverhältnisse sei von zumindest durchschnittlichen Verhältnissen beim Revisionswerber, welcher praktizierender Rechtsanwalt sei, auszugehen. Die von der belangten Behörde verhängte Geld und Freiheitsstrafe sei keinesfalls überhöht. Ausgehend davon, dass sich die verhängte Strafe im unteren Bereich des im Gesetz vorgesehenen Strafrahmens befindet, und angesichts des gravierenden Unrechtsgehalts der Tat, gelingt es dem Revisionswerber mit seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht, eine Unvertretbarkeit der verhängten Strafe oder einen relevanten Begründungsmangel aufzuzeigen.
24 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. Februar 2025
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