JudikaturVwGH

Ra 2023/18/0360 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. März 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Tolar als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Gröger als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. August 2023, W286 2270266 1/10E, betreffend eine Asylangelegenheit (mitbeteiligte Partei: A A, vertreten durch die hba Held Berdnik Astner Partner Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Rooseveltplatz 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1 Der Mitbeteiligte, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 3. Juli 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, über den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nicht binnen sechs Monaten entschied. Mit Schriftsatz vom 16. März 2023 erhob der Mitbeteiligte Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das BFA.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BVwG der Säumnisbeschwerde statt und beauftragte das BFA, den versäumten Bescheid „unter Zugrundelegung der im gegenständlichen Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichts binnen 8 Wochen ab Zustellung zu erlassen“. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

3 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, in deren Zulässigkeitsbegründung u.a. vorgebracht wird, das BVwG sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es der belangten Behörde einen Auftrag gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG erteilt habe, ohne im konkreten Fall zu lösende Rechtsfragen zu entscheiden.

4 Der Mitbeteiligte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Die Revision ist zulässig und begründet.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2015/01/0208, bereits mit den maßgeblichen Voraussetzungen eines „Teilerkenntnisses“ im Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG auseinandergesetzt.

7 Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG kann daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden.

8 Den darin aufgestellten Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das BVwG im vorliegenden Fall schon deshalb nicht entsprochen, weil es maßgebliche Rechtsfragen im Spruch nicht angeführt und auch in den nachstehenden Entscheidungsgründen nicht dargelegt hat, sondern ohne im konkreten Fall zu lösende Rechtsfragen zu entscheiden der Verwaltungsbehörde die Erlassung des versäumten Bescheides unter Setzung einer Nachfrist aufgetragen hat. Das angefochtene Erkenntnis beschränkt sich im Wesentlichen auf die Darstellung der Judikatur zur Herkunftsregion und zur Erforderlichkeit des Konnexes einer Verfolgungshandlung zu einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe auch bei Wehrdienstverweigerung. Damit wird dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 7 VwGVG, nämlich der Behörde eine Entscheidung in den einzelnen (und daher fallbezogen) maßgeblichen Rechtsfragen vorzugeben, jedoch nicht entsprochen (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/01/0208, mwN; vgl. auch VwGH 10.3.2022, Ra 2020/15/0103, und VwGH 19.12.2023, Ra 2023/01/0116, mwN).

9 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 8. März 2024

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