Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des W B in W, vertreten durch die Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 8/5.01, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. Juli 2022, RV/7104422/2020, betreffend Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2015 gemäß § 299 BAO, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Im Anschluss an eine beim Revisionswerber durchgeführte Außenprüfung nahm das Finanzamt dessen Einkommensteuerverfahren für das Jahr 2015 wieder auf und setzte die Einkommensteuer neu fest. Im Zuge der Außenprüfung sei u.a. festgestellt worden, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Veräußerung einer Eigentumswohnung (im Rahmen der vom Notar durchgeführten Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer) diverse Aufwendungen unzulässiger Weise als Anschaffungsnebenkosten geltend gemacht worden seien.
2 Nachdem seine Beschwerde gegen den nach Wiederaufnahme des Verfahrens neu erlassenen und anschließend gemäß § 293 BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid 2015 zurückgewiesen und sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen worden war, stellte der Revisionswerber einen Antrag gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2015. Darin brachte er im Wesentlichen vor, trotz Vorhandenseins einer „fixen Vereinbarung“ über den Verkauf einer Eigentumswohnung (zu einem bereits festgelegten Kaufpreis) mit der I GmbH habe er die betreffende Eigentumswohnung zu einem (weit) höheren Kaufpreis an andere Personen veräußert. Damit sei er gegenüber der I GmbH vertragsbrüchig geworden und habe ihr deshalb nach Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs einen näher genannten Betrag als Schadenersatz (zwecks Stornierung der Verkaufsvereinbarung) geleistet. Diese Schadenersatzzahlung vermindere aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise den Erlös aus der Veräußerung der Eigentumswohnung (an die anderen Personen). Es handle sich bei dieser Zahlung „eindeutig“ um eine Erlösminderung und nicht um nachträgliche Anschaffungskosten, wie irrtümlich bei der Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer angegeben worden sei. Wirtschaftlich betrachtet stelle die Zahlung eine nachträgliche Erlösschmälerung dar und sei daher einnahmenseitig zu berücksichtigen. Sämtliche Nachteile, die dem Veräußerer aus der Veräußerung zukommen würden, müssten erlösmindernd zu berücksichtigen sein.
3 Das Finanzamt wies den Antrag mit näherer Begründung ab. Der Revisionswerber erhob dagegen Beschwerde und beantragte, diese ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (§ 262 Abs. 2 BAO).
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Das Bundesfinanzgericht führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und unter Verweis auf die Ergebnisse der Außenprüfung im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe die verfahrensgegenständliche Eigentumswohnung um einen näher genannten Betrag verkauft, wobei im Rahmen der Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer diverse Kosten zu Unrecht als Anschaffungsnebenkosten geltend gemacht worden seien. Die dabei berücksichtigte Schadenersatzzahlung sei deswegen geleistet worden, weil der Revisionswerber die Eigentumswohnung nicht wie vereinbart an die I GmbH verkauft habe, sondern die einmalige Gelegenheit genutzt habe, zu einem höheren Preis (an andere Erwerber) zu verkaufen. Der Umstand, dass ein Teil des zugeflossenen Veräußerungserlöses dazu verwendet worden sei, einen Schadenersatzanspruch zu begleichen, habe nichts mit dem veräußerten Wirtschaftsgut „Liegenschaft“ zu tun.
6 Das Vorbringen, wonach eine Reduzierung des Begriffes „Veräußerungserlös“ lediglich auf den im Kaufvertrag vereinbarten Verkaufspreis dem der Einkommensbesteuerung des EStG 1988 immanenten Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechen würde, gehe ins Leere; Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen würden nach besonderen Vorschriften ermittelt und einem besonderen, linearen Steuersatz unterliegen. Anzusetzen sei der Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten, wobei lediglich eine Berücksichtigung der Kosten für die Mitteilung oder Selbstberechnung gemäß § 30c EStG 1988 zu erfolgen habe; ein Abzug sonstiger Werbungskosten finde nicht statt.
7 Auch eine Beurteilung des geleisteten Schadenersatzes als nachträgliche Anschaffungskosten der Liegenschaft wie ursprünglich bei der Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer behandelt könne nicht erfolgen, weil der eingetretene Vermögensschaden weder dem veräußerten Wirtschaftsgut noch sonst einem Wirtschaftsgut zuzurechnen sei und daher auch nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten zählen könne. Es handle sich bei der Zahlung um einen Vermögensschaden in der Privatsphäre, der keinem Wirtschaftsgut zuzurechnen und somit steuerlich unbeachtlich sei.
8 Ein Verstoß gegen den Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gemäß § 21 BAO liege nicht vor, weil es sich bei diesem Grundsatz um eine Richtlinie für die Beurteilung abgabenrechtlicher Sachverhalte nach ihrem inneren Gehalt, nicht aber für die Auslegung gesetzlicher Bestimmungen, handle. Im gegenständlichen Fall sei ein nicht weiter strittiger Sachverhalt unter eine einfach auszulegende Rechtsvorschrift zu subsumieren, ein Vorgang, bei dem für die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Betrachtungsweise naturgemäß kein Raum sei.
9 Das EStG 1988 kenne auch keinen Grundsatz, wonach die bei einer Person gewinnmindernd angesetzten Beträge bei einer anderen Person die Einkünfte erhöhen würden und umgekehrt.
10 Aus diesen Gründen erweise sich der Spruch des (berichtigten) Einkommensteuerbescheides 2015 als rechtsrichtig, womit eine Aufhebung nach § 299 BAO nicht zu erfolgen habe.
11 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
12 Mit Beschluss vom 19. September 2023, E 2372/2022 5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus, der Revisionswerber rüge die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Erwerbsfreiheit. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer allenfalls grob unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts in jeder Hinsicht dem Gesetz entspreche, nicht anzustellen. Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Verweis auf VfSlg. 20.219/2017) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
13 Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wendet sich auch die vorliegende außerordentliche Revision. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein. Das Finanzamt teilte mit, keine Revisionsbeantwortung zu erstatten.
14 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
17 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 21 BAO, die nicht als einseitig fiskalisch orientiertes Instrument aufzufassen sei, dazu führe, dass Schadenersatzzahlungen in Zusammenhang mit Liegenschaftstransaktionen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer zu berücksichtigen seien.
18 Nach der näher genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei der Begriff der Gegenleistung iSd §§ 4 und 5 GrEStG ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgehe; für die Beurteilung der Gegenleistung komme es nicht auf die äußere Form der Verträge an, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln sei. Im vorliegenden Fall treffe dies genau zu: Für die Beurteilung der Gegenleistung sei folglich nicht der zwischen dem Revisionswerber und dem „zweiten“ Käufer vereinbarte Verkaufspreis heranzuziehen, sondern eben jener Betrag, welcher dem Revisionswerber schlussendlich auch tatsächlich aus dieser Transaktion zugeflossen sei. Es fehle nach Ansicht des Revisionswerbers an gesicherter Rechtsprechung zur Rechtsfrage, ob derartige „Vor- oder Anschaffungskosten“ bei der Ermittlung der Einkünfte gemäß § 30 EStG 1988 zu berücksichtigen seien.
19 Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Revisionswerber nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
20 Gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 ist als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren, und um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. Die Einkünfte sind weiters um die für die Mitteilung oder Selbstberechnung gemäß § 30c EStG 1988 anfallenden Kosten und um anlässlich der Veräußerung entstehende Minderbeträge aus Vorsteuerberichtigungen gemäß § 6 Z 12 EStG 1988 zu vermindern.
21 Der Begriff des Veräußerungserlöses entspricht jenem des § 30 Abs. 4 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. BGBl. I Nr. 22 (vgl. ErlRV 1680 BlgNR 24. GP 8, wonach in den Fällen des nunmehrigen § 30 Abs. 3 EStG 1988 die Einkünfte „entsprechend der bisherigen Rechtslage zu ermitteln“ seien). Zum Veräußerungserlös gehören demnach alle wirtschaftlichen Vorteile (wie etwa übernommene Verbindlichkeiten), die dem Veräußerer aus der Veräußerung erwachsen (vgl. VwGH 22.6.2022, Ro 2021/13/0029; 28.11.2000, 97/14/0032, jeweils mwN).
22 Der grunderwerbsteuerliche Begriff der Gegenleistung gemäß § 5 GrEStG hat in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht des Revisionswerbers zumal dieser Begriff auf den Erwerber des Grundstücks und nicht auf den Überträger abstellt (vgl. zur ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 13.12.2023, Ro 2021/16/0015, mwN, wonach jede für den Erwerb des Grundstückes zu erbringende geldwerte entgeltliche Leistung zur Gegenleistung zählt; vgl. etwa auch VwGH 15.3.2022, Ra 2020/16/0018, mwN, wonach auch an Dritte erbrachte Leistungen zur Gegenleistung zählen, wenn sie mit dem Grundstückserwerb in einer finalen Verknüpfung stehen) keine Bedeutung.
23 Im vorliegenden Revisionsfall ist dem Revisionswerber aus der Veräußerung der verfahrensgegenständlichen Eigentumswohnung unbestritten lediglich der Kaufpreis als wirtschaftlicher Vorteil erwachsen; damit gehört auch nur der Kaufpreis zum Veräußerungserlös gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988. Dass sich im Sinne der Bestimmung des § 21 Abs. 1 BAO der wahre wirtschaftliche Gehalt des Veräußerungsvorganges von seiner äußeren Erscheinung unterscheiden würde (vgl. VwGH 7.12.2023, Ra 2023/13/0150), ist nicht erkennbar. Das Vorbringen des Revisionswerbers zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise geht somit ins Leere.
24 Dass es sich bei der aufgrund der in den Verwaltungsakten einliegenden Vereinbarung mit der I GmbH vom 15. Juni 2015 geleisteten Schadenersatzzahlung (vgl. zum Schadenersatzanspruch des nicht befriedigten Käufers bei der sog. Doppelveräußerung RIS Justiz RS0011210; vgl. auch Aicher in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 1053 Rz 10 ff) um Werbungskosten iZm der Veräußerung der verfahrensgegenständlichen Eigentumswohnung handeln würde, behauptet der Revisionswerber nicht. Dass diese Schadenersatzzahlung entgegen dem ausdrücklichen Vorbringen des Revisionswerbers im Antrag auf Aufhebung des Bescheides als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigt werden solle, kann der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht entnommen werden.
25 Der Revisionswerber kann somit nicht aufzeigen, dass das Bundesfinanzgericht mit seiner Beurteilung, die Schadenersatzzahlung sei bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Veräußerung der verfahrensgegenständlichen Eigentumswohnung nicht zu berücksichtigen (womit der Aufhebungsantrag des Revisionswerbers abzuweisen sei) von der durchaus vorhandenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur ertragsteuerlichen Behandlung von Aufwendungen iZm Veräußerungsvorgängen bzw. vom insoweit klaren Wortlaut der angeführten einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen abgewichen wäre.
26 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
27 Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 2. April 2025