Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie den Hofrat Dr. Lukasser und die Hofrätin Mag. Zehetner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der Salzburger Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 21. August 2023, Zl. 405 9/1240/1/8 2023, betreffend Kostenbeitrag gemäß § 17 Salzburger Teilhabegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg Umgebung; mitbeteiligte Partei: J R, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in Salzburg), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 1.1. Mit Bescheid vom 14. Februar 2023 verpflichtete die belangte Behörde den (am 8. März 2002 geborenen) Mitbeteiligten gemäß § 17 Salzburger Teilhabegesetz S.THG dazu, vom 1. Jänner 2023 bis 31. August 2025, längstens jedoch für die Dauer der dem Mitbeteiligten gewährten Hilfeleistung nach § 9 S.THG, einen monatlichen Kostenbeitrag von € 160 zu leisten.
2 Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte absolviere seit 7. September 2021 seit 1. Jänner 2023 wiederum extern eine Ausbildung im Landeszentrum für Hör- und Sehbildung (LZHS).
3Zu den Kosten der solcherart gewährten Eingliederungshilfe habe der Auszubildende gemäß § 17 (Abs. 1 Z 1 und Abs. 2) S.THG aus seinem Einkommen einen Kostenbeitrag zu leisten; das Einkommen des Mitbeteiligten bestehe in der laufenden Unterhaltsleistung in Höhe von € 400, „welche er vom Vater gemäß ABGB erhält“.
4 Die Höhe des auferlegten Kostenbeitrags begründete die belangte Behörde unter Hinweis auf die nunmehrige „externe Ausbildung“ des Mitbeteiligten mit (§ 2) der Eingliederungshilfe-Kostenbeitragsverordnung.
5 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. August 2023 gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt und behob den Bescheid ersatzlos, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zuließ.
6 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung (ergänzend) soweit für den Revisionsfall von Interesse zugrunde, der Mitbeteiligte lebe bei seiner Mutter und erhalte neben der erwähnten Unterhaltsleistung seines Vaters eine Lehrlingsentschädigung von netto etwa € 776 (monatlich).
7 Mit Bescheid vom 27. September 2021 sei dem Mitbeteiligten die Hilfe zur beruflichen Teilhabe gemäß § 9 S.THG durch Aufnahme im LZHS gewährt worden.
8 Rechtlich begründete das Verwaltungsgericht die ersatzlose Behebung des vor ihm bekämpften Bescheides im Kern damit, eine „Heranziehung des aus der Unterhaltsleistung des Vaters resultierenden Einkommens“ des Mitbeteiligten (der aufgrund einer Behinderung in den Anwendungsbereich des S.THG falle) zur Leistung eines Kostenbeitrags nach § 17 S.THG scheide „aufgrund der expliziten gesetzlichen Grundlagen“ seit der Novelle LGBl. Nr. 64/2019 aus:
9 Diese Novelle habe nämlich den „Kreis der Kostenbeitragspflichtigen auf die Eltern von minderjährigen Menschen mit Behinderungen eingeschränkt“; Eltern von volljährigen Menschen mit Behinderungen seien „explizit nicht mehr verpflichtet, einen Kostenbeitrag, der aus ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht resultiert, zu leisten“.
10 „Dem widersprechend“ werde „im aktuellen Vollzug das Einkommen eines volljährigen Menschen mit Behinderungen herangezogen“ und dabei außer Acht gelassen, dass es sich dabei um die Unterhaltsleistung des nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Vaters des Mitbeteiligten handle; dies widerspreche „den gesetzlichen Vorgaben von § 17 Abs 1 S.THG“.
11 Ausgehend von dieser Rechtsauffassung enthielt sich das Verwaltungsgericht von Ausführungen zu der von der belangten Behörde bestimmten Höhe des Kostenbeitrags.
12 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Salzburger Landesregierung.
13 Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der er die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hatin einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
14 2. Für den Revisionsfall sind folgende Bestimmungen des Salzburger Teilhabegesetzes S.THG, LGBl. Nr. 93/1981 idF LGBl. Nr. 29/2020, in den Blick zu nehmen:
„ Hilfe zur beruflichen Teilhabe
§ 9 (1) Die Hilfe zur beruflichen Teilhabe umfaßt die Tragung der Kosten
a) für die berufliche Ausbildung sowie für ein allfälliges Arbeitstraining ohne Rücksicht auf den Träger der hiefür in Anspruch genommenen Einrichtung und
b) für die Erprobung auf einem Arbeitsplatz.
[...]
Kostenbeiträge
§ 17 (1) Zu den Kosten der Hilfe zur Teilhabe, mit Ausnahme der Hilfe durch geschützte Arbeit, haben entsprechend ihrer finanziellen Leistungskraft beizutragen:
1. Menschen mit Behinderungen,
2. die Ehegatten oder eingetragenen Partner (frühere Ehegatten bzw eingetragenen Partner) von Menschen mit Behinderungen und
3. die Eltern von minderjährigen Menschen mit Behinderungen.
Von einem Kostenbeitrag kann insoweit abgesehen werden, als dadurch der Erfolg der Hilfeleistung gefährdet oder ihrer Zielsetzung widersprochen würde.
(2) Menschen mit Behinderungen haben zu den Kosten der ihnen gewährten Hilfe zur Teilhabe aus ihrem Einkommen beizutragen. Zum Einkommen zählen:
1. Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die ab dem Beginn der Leistungsgewährung zufließen. Nicht zu den Einkünften zählen:
a) Schmerzengelder;
b)Zins- und Kapitalerträge nach Abzug der Kapitalertragsteuer (§§ 93 ff EStG 1988), wenn diese im Kalenderjahr den Betrag von 10 % des Netto Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende nicht übersteigen;
c)Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs 3 EStG 1988).
2.Pflegegelder und andere pflegebezogene Geldleistungen, die ab dem Beginn der Leistungsgewährung zufließen, soweit diese Geldleistungen nicht gesetzlich auf den Träger der Behindertenhilfe übergehen oder als Taschengeld (§ 13 BPGG) gebühren. [...]
(3) Personen gemäß Abs 1 Z 2 und 3 haben im Rahmen ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht zu den Kosten der Hilfe zur Teilhabe beizutragen.
[...]“
153. Zur Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision bringt die Salzburger Landesregierung vor, das Verwaltungsgericht sei dadurch, dass es die vom Mitbeteiligten bezogene Unterhaltsleistung nicht als Einkommen iSd § 17 Abs. 2 S.THG gewertet habe, von der hg. Rechtsprechung zum „umfassenden Einkommensbegriff“ (auch) im Salzburger Behindertenrecht abgewichen (Hinweis auf VwGH 23.5.2017, Ra 2017/10/0060).
16 Die Revision ist mit Blick auf dieses Vorbringen zulässig und auch begründet.
17 4. Dem angefochtenen Erkenntnis liegt die Auffassung zugrunde, die „Heranziehung des aus der Unterhaltsleistung des Vaters resultierenden Einkommens“ des Mitbeteiligten bei dessen Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrags nach § 17 S.THG komme nach der vom Verwaltungsgericht anzuwendenden Rechtslage des S.THG nicht in Betracht, weil danach lediglich Eltern von minderjährigen Menschen mit Behinderungen verpflichtet werden könnten, „einen Kostenbeitrag, der aus ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht resultiert, zu leisten“; dabei zielt das Verwaltungsgericht darauf ab, dass der Mitbeteiligte bereits volljährig ist.
18 4.1. Diese (vom Mitbeteiligten in der Revisionsbeantwortung geteilte) Auffassung ist allerdings schon im Ansatz verfehlt, wurde doch durch den vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid der belangten Behörde nicht etwa ein Elternteil eines Menschen mit Behinderungen (vgl. dazu § 17 Abs. 1 Z 3 S.THG) zur Leistung eines Kostenbeitrages verpflichtet, sondern der Mitbeteiligte als Mensch mit Behinderungen (vgl. § 17 Abs. 1 Z 1 S.THG), dem zuvor Hilfe zur beruflichen Teilhabe gemäß § 9 S.THG gewährt worden war.
19 Mit Blick auf die in § 17 Abs. 1 Z 1 S.THG begründete Kostenbeitragspflicht des Menschen mit Behinderungen selbst unterscheidet das Gesetz in keinerlei Weise zwischen volljährigen und minderjährigen Menschen mit Behinderungen.
204.2. Zur Beurteilung des Einkommens des Mitbeteiligten aus Unterhaltseinkünften weist die Revisionswerberin im Übrigen zutreffend auf den hg. Beschluss Ra 2017/10/0060 hin, in dem der Gerichtshof (mwH) gerade zu der Unterhaltszahlung eines Elternteiles ausgesprochen hat, dass (auch) im Salzburger Behindertenrecht „von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen ist, der alle Einkünfte des Hilfesuchenden umfasst, gleichgültig aus welchem Titel sie ihm zufließen“ (vgl. Rz 5 und 6 jener Entscheidung).
21 Mangels Anwendbarkeit einer der in § 17 Abs. 2 Z 1 S.THG taxativ aufgezählten Ausnahmen hat die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 14. Februar 2023 somit die dem Mitbeteiligten monatlich zufließenden Unterhaltszahlungen zutreffend als Einkommen des Menschen mit Behinderungen iSd § 17 Abs. 2 S.THG qualifiziert.
225. Das angefochtene Erkenntnis ist daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 26. August 2025