Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 17.02.2025, nach Beschwerdevorentscheidung vom 31.03.2025, ZI. LGSOÖ/Abt.2/2025-0566-4-002633-PB, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) vom 17.02.2025 wurde gemäß §§ 10, 38 AlVG ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe ab 30.01.2025 für 42 Tage verloren habe. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer auf eine zugewiesene Beschäftigung bei dem Unternehmen XXXX nicht beworben habe. Der Beschwerdeführer sei von dem Unternehmen angerufen worden, habe die angebotene Stelle aber abgelehnt. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass er sich bei der vom AMS zugewiesenen Stelle telefonisch beworben habe. Vom Arbeitgeber sei er gefragt worden, ob er ein Auto besitze, was er verneint habe. Darauf habe der Arbeitgeber gemeint, dass er den Beschwerdeführer unter diesen Voraussetzungen nicht als Arbeitskraft benötige.
Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 31.03.2025, ZI. LGSOÖ/Abt.2/2025-0566-4-002633-PB, wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass es nach dem telefonischen Erstkontakt, der vom Dienstgeber ausgegangen sei, mangels Interesse des Beschwerdeführers zu keiner Arbeitsaufnahme gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe sich nicht unverzüglich selbst beworben und habe das Angebot eines Quartiers ausgeschlagen. Damit habe er das Nichtzustandekommen einer Beschäftigung bedingt in Kauf genommen.
Der Beschwerdeführer beantragte, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde.
II. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer bezieht seit 20.10.2022 (mit kurzen Unterbrechungen) Notstandshilfe.
Zwischen der regionalen Geschäftsstelle des AMS und dem Beschwerdeführer wurde am 09.01.2025 eine bis 09.07.2025 gültige Betreuungsvereinbarung abgeschlossen. Es wurde vereinbart, dass das AMS den Beschwerdeführer bei der Suche nach einer Vollzeitstelle als Anlernkraft oder Hilfsarbeiter in den Bezirken XXXX und XXXX unterstützt, wobei der Beschwerdeführer auf die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln angewiesen ist, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen.
Am 28.01.2025 wurde dem Beschwerdeführer ein Stellenangebot als Landarbeiter bei einem Gemüsebaubetrieb in XXXX bei XXXX übermittelt. Für diese Tätigkeit ist keine Ausbildung oder Praxis erforderlich. Der Dienstnehmer wird angelernt. Geboten wurde eine Vollzeitbeschäftigung, Arbeitszeit nach Absprache und bei Bedarf die Zurverfügungstellung eines Quartiers.
Der Beschwerdeführer gab bei einem Telefonat mit dem potentiellen Dienstgeber an, dass er keinen Führerschein hat und kein Auto besitzt. Dem Beschwerdeführer wurde auch ein Zimmer angeboten, welches er mit anderen Personen teilen müsse. Daraufhin lehnte der Beschwerdeführer die angebotene Stelle ab.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Bezug von Notstandshilfe ergibt sich aus dem Bezugs- und Versicherungsverlauf.
Aus der Betreuungsvereinbarung ergeben sich die Feststellungen zu den darin getroffenen Vereinbarungen.
Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer am 28.01.2025 ein Stellenangebot als Landarbeiter übermittelt wurde, ergibt sich aus ebendiesem.
Auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme an das AMS stützt sich die Feststellung, dass er im Telefonat mit dem potentiellen Dienstgeber erklärte, keinen Führerschein und kein Auto zu haben. Auf die Angaben des potentiellen Dienstgebers gegenüber dem AMS am 27.02.2025 stützt sich die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer ein Zimmer angeboten wurde, welches der Beschwerdeführer mit anderen Personen hätte teilnehmen müssen und der Beschwerdeführer die Stelle daraufhin ablehnte. Diese Angaben des potentiellen Dienstgebers wurden dem Beschwerdeführer mittels Parteiengehör zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer brachte in seiner Stellungnahme nicht vor, dass diese Angaben des potentiellen Dienstgebers nicht stimmen würden. In seiner Stellungnahme führte er nur aus, dass der wahrheitsgemäß gesagt habe, keinen Führerschein und kein Auto zu haben, bestritt die Ausführungen des potentiellen Dienstgebers aber nicht.
IV. Rechtliche Beurteilung:
A) Abweisung der Beschwerde:
1. Gemäß § 38 AlVG sind die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen.
Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
Ist eine Beschäftigung nicht evident unzumutbar und hat das AMS nicht von vornherein (etwa auf Grund eines diesbezüglichen Einwands des Arbeitslosen) Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand, so kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. Es liegt dann am Arbeitslosen, bei einem Vorstellungsgespräch mit dem potentiellen Dienstgeber die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit zu erörtern (vgl. etwa VwGH 23.08.2021, Ra 2021/08/0029; 10.05.2022, Ra 2020/08/0153; 19.10.2011, 2008/08/0251; jeweils mwN).
In der Betreuungsvereinbarung ist festgehalten, dass der Beschwerdeführer eine Arbeitsstelle in den Bezirken XXXX und XXXX sucht und er öffentliche Verkehrsmittel nutzt, um seinen Arbeitsort zu erreichen. Im Stellenangebot ist festgehalten, dass bei Bedarf ein Quartier zur Verfügung gestellt wird.
Die zugewiesene Beschäftigung war daher zumutbar.
2. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verliert die arbeitslose Person, wenn sie sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern (vgl. etwa VwGH 17.03.2023, Ra 2022/08/0071, mwN).
Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen – abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. VwGH 28.08.2019, Ra 2019/08/0065).
Zur Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Arbeitslosen als Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist insoweit aber nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Die geforderte Kausalität liegt vielmehr bereits dann vor, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses auf Grund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. etwa VwGH 23.07.2024, Ra 2023/08/0092, mwN). Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt (vgl. VwGH 02.11.2022, Ra 2021/08/0133, mwN). Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. VwGH 27.08.2019, Ra 2019/08/0065, mwN).
Unter „Vereitelung“ im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG ist ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogene Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das – bei Zumutbarkeit der Beschäftigung – das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt (vgl. VwGH 18.06.2014, 2012/08/0187).
Die §§ 9 und 10 AlVG verlangen nicht nur, dass sich eine arbeitslose Person um die Absolvierung eines positiven Vorstellungsgesprächs bemüht, sondern auch, dass diese anschließend die Beschäftigung tatsächlich antritt, um möglichst bald aus dem Leistungsbezug nach dem AlVG wieder auszuscheiden (vgl. VwGH 22.02.2012, 2009/08/0071).
3. Dem Beschwerdeführer wurde am 28.01.2025 ein Stellenangebot als Landarbeiter in einem Gemüsebaubetrieb übermittelt. Der Beschwerdeführer gab bei einem Telefonat mit dem potentiellen Dienstgeber an, dass er keinen Führerschein hat und kein Auto besitzt. Dem Beschwerdeführer wurde auch ein Zimmer angeboten, welches er mit anderen Personen teilen müsse. Daraufhin lehnte der Beschwerdeführer die angebotene Stelle ab.
Diese Ablehnung des Beschwerdeführers ist kausal dafür, dass das Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kam. Es unterliegt keinem Zweifel, dass eine derartige Aussage des Beschwerdeführers nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Beschwerdeführers abzubringen und damit eine Vereitelungshandlung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG darstellt.
Der Beschwerdeführer verliert gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß § 10 Z 1 bis 4 AlVG um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Der Beschwerdeführer hat diesen Anspruch erstmalig verloren, weshalb ein Anspruchsverlust in der Dauer von 42 Tagen zu Recht erfolgte.
4. Gemäß § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruchs gemäß § 10 Abs. 1 AlVG in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zum Beispiel bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
Der Beschwerdeführer verweist auf einen Kursbesuch, bei dem ihm gezeigt werde, wie er eine passende Arbeit finden könne. Darin ist ein berücksichtigungswürdiger Fall nicht zu erblicken. Es ist daher keine Nachsicht zu erteilen.
5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.