Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der Autobahnen und Schnellstraßen Finanzierungs AG (ASFINAG) in W, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 24. April 2023, LVwG AV 917/0012022, betreffend Aufhebung einer straßenrechtlichen Bewilligung nach § 16 Abs. 1 BStG 1971 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich; mitbeteiligte Partei: Ing. L H in M, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. August 2022 wurde der revisionswerbenden Partei gemäß § 16 Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971) die Bewilligung zur Betretung näher genannter, im Eigentum des Mitbeteiligten stehender Grundstücke der KG M. zwecks Vornahme von Untersuchungen und Vorarbeiten für ein näher bezeichnetes Straßenbauvorhaben erteilt (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde die Höhe der dem Mitbeteiligten zustehenden Entschädigung für die Duldung der Betretung laut Spruchpunkt I. mit € 0, festgesetzt (Spruchpunkt II.) und dem Antrag der revisionswerbenden Partei auf Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid stattgegeben (Spruchpunkt III).
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wurde aufgrund der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde der Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufgehoben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.
Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich aus nachfolgenden Gründen als unzulässig:
3 Zu den Prozessvoraussetzungen für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gehörtwie insbesondere aus § 58 Abs. 2 VwGG abzuleiten ist das Rechtsschutzinteresse des Revisionswerbers. Es besteht bei Revisionen nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 BVG im objektiven Interesse des Revisionswerbers an einer Beseitigung der angefochtenen, ihn beschwerenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Dieses Interesse ist daher immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Revisionswerber keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen also nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Fehlt es schon im Zeitpunkt der Revisionserhebung am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, führt dies gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zu einer Zurückweisung der Revision (vgl. VwGH 19.5.2023, Ra 2021/06/0040, mwN).
4Ein solcher Fall liegt hier vor. Wie sich aus den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses und auch aus den Ausführungen in der Revision ergibt, ist die von der revisionswerbenden Partei angestrebte Betretung der gegenständlichen Grundstücke des Mitbeteiligten im Zeitraum zwischen 3. und 30. August 2022 erfolgt, bei welcher die erforderlichen Erhebungen (Pflanzenkartierung und tierökologische Kartierung) bereits durchgeführt wurden. Angesichts der schon vor Einbringung der Revision durchgeführten Betretung und des Abschließens der beantragten Untersuchungen und Vorarbeiten macht es für die Rechtsstellung der revisionswerbenden Partei keinen Unterschied mehr, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Die Erreichung des im Revisionsfall angestrebten Verfahrenszieles, nämlich die Erteilung einer Bewilligung nach § 16 Abs. 1 BStG 1971, hat für die revisionswerbende Partei somit keinen objektiven Nutzen.
5Im Hinblick darauf ist nicht ersichtlich, dass einer meritorischen Entscheidung im vorliegenden Fall noch praktische Bedeutung zukäme, zumal die revisionswerbende Partei auch keine Gründe dafür ins Treffen geführt hat. Zur Klärung von bloß theoretischen Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen, auch dann nicht, wenn die einem Revisionsfall zugrunde liegende Rechtsfrage für künftige Verwaltungsverfahren bzw. verwaltungsgerichtliche Verfahren von Interesse ist (vgl. VwGH 29.5.2024, Ra 2023/06/0139, mwN). Soweit die revisionswerbende Partei eine Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen durch den Mitbeteiligten befürchtet, ist auszuführen, dass ein rechtliches Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision nicht durch die mögliche Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen begründet wird (vgl. VwGH 2.5.2024, Ro 2022/04/0032, mwN).
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
6Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 16. Dezember 2024