JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0139 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
29. Mai 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 23. Mai 2023, LVwG 50.36 5688/2022 9, betreffend Aufhebung und Zurückverweisung in einer baurechtlichen Angelegenheit (mitbeteiligte Partei: P GmbH Co KG in G, p. a. DZT GmbH in G; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren wird eingestellt.

1 Mit Spruchpunkt I. des Bescheides der revisionswerbenden Partei vom 9. Februar 2022 wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung einer Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschoßes, den Einbau von Dachflächenfenstern sowie für die Errichtung eines Zubaus in Form einer Dachaufklappung betreffend ein Gebäude auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Graz abgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei Folge gegeben, Spruchpunkt I. des genannten Bescheides aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG zurückverwiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.

2 Nach Einleitung des Vorverfahrens teilte die mitbeteiligte Partei dem Verwaltungsgerichtshof in ihrem Schriftsatz vom 11. September 2023 mit, dass zwischenzeitig seitens der revisionswerbenden Partei mit näher bezeichnetem Bescheid vom 11. Juli 2023, welcher mit 26. Juli 2023 in Rechtskraft erwachsen sei, die beantragte Baubewilligung erteilt worden sei.

3 Die revisionswerbende Partei gab zu diesem, ihr mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. März 2024, Ra 2023/06/0139 8, zur Kenntnis gebrachten Sachverhalt keine Stellungnahme ab.

4 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist die Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde. Diese Bestimmung ist nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass, wie sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lässt, der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig. Fällt diese Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens. Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Der Verwaltungsgerichtshof ist, wenn er zur Erkenntnis gelangt, dass der Revisionswerber durch die angefochtene Entscheidung unabhängig von der Frage ihrer Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann, zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht berufen.

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Rechtsprechung, wonach ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) insbesondere dann vorliegt, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat, auch für eine Amtsrevision (der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht) gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B VG Gültigkeit hat (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112 und 0113 , mwN).

5 Ein solcher Fall liegt auch hier vor. Mit dem oben genannten, in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 11. Juli 2023 hat die revisionswerbende Partei der mitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben nunmehr erteilt.

6 Im Hinblick darauf ist nicht ersichtlich, dass einer meritorischen Entscheidung im vorliegenden Fall noch praktische Bedeutung zukäme, zumal die revisionswerbende Partei auch keine Gründe dafür ins Treffen geführt hat. Zur Klärung von bloß theoretischen Rechtsfragen der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen, auch dann nicht, wenn die einem Revisionsfall zugrunde liegende Rechtsfrage für künftige Verwaltungsverfahren bzw. verwaltungsgerichtliche Verfahren von Interesse ist (vgl. wiederum VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112 und 0113 , mwN).

7 Die vorliegende Revision war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren war einzustellen.

Wien, am 29. Mai 2024

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