JudikaturVwGH

Ro 2022/11/0017 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. November 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm, die Senatspräsidentin Dr. Pollak und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision des Dr. M A, Rechtsanwalt in G, als Masseverwalter der P GmbH in G, vertreten durch die Held Berdnik Astner und Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Karmeliterplatz 4, gegen das am 24. Juni 2022 mündlich verkündete und mit 25. August 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark, Zl. LVwG 48.11 2969/2021, betreffend eine Bewilligung nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Steiermark, vertreten durch Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Glacisstraße 67), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

1 Mit Bescheid vom 6. September 2021 wies die belangte Behörde den Antrag der P GmbH einer GmbH mit dem Geschäftszweck der Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Gesundheits- und Krankenpflegevom 25. Mai 2021 auf Bewilligung zur Führung einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege mangels Vorliegens der gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen gemäß § 50 Abs. 1 und 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) ab.

2 Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Oktober 2021 über die P GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und Dr. M A zum Masseverwalter bestellt wurde. Mit Beschluss vom 6. Oktober 2021 wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet. Am selben Tag wurde im Firmenbuch der Gerichtsbeschluss über die Konkurseröffnung und die daraus folgende Auflösung der P GmbH eingetragen.

3Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde gegen den genannten Bescheid ab. Gleichzeitig sprach es gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Masseverwalter habe mitgeteilt, dass die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingebrachte Beschwerde der P GmbH aufrechterhalten werde. Er sei „derzeit mit verschiedenen Verwertungsmaßnahmen beschäftigt“. Die Arbeitsverhältnisse habe er gekündigt, sodass „derzeit kein Angestelltenverhältnis“ bestehe. Das Inventar sei verkauft worden. Die Räumlichkeiten ständen derzeit leer. Ein Antrag auf einen Sanierungsplan sei „bis dato nicht eingebracht“ worden.

5 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht unter anderem aus, es sei nicht möglich, einer Gesellschaft, deren Zweck angesichts der Konkurseröffnung nur mehr die Liquidation sei, eine Bewilligung zur Führung einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege zu erteilen. Da dazu aber wie auch zur Standortbezogenheit einer derartigen Bewilligung keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorliege, sei eine ordentliche Revision zulässig.

6 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in der die Anhängigkeit des Konkursverfahrens bestätigt wurde. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 BVG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 29.8.2024, Ro 2022/11/0005, mwN).

11 Ein solcher Fall liegt hier vor:

12 Nach § 84 Abs. 1 Z 4 des GmbH GesetzesGmbHG, RGBl. Nr. 58/1906 idF BGBl. I Nr. 58/2010, wird die Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst.

Nach § 180 Abs. 2 der InsolvenzordnungIO, RGBl. Nr. 337/1914 idF BGBl. I Nr. 29/2010, ist die Konkursmasse vom Masseverwalter, wenn es nicht zu einem Sanierungsplan kommt, zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger zu verwenden.

13 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat, besteht die wichtigste Konsequenz der Auflösung einer GmbH in der Liquidation der Gesellschaft (VwGH 6.10.1994, 93/16/0103). Zwar verliert die Gesellschaft nicht ihre Rechtspersönlichkeit (vgl. etwa VwGH 8.2.1994, 93/08/0161; 29.3.2006, 2006/08/0028, jeweils mwN), doch ist mit der Auflösung eine Änderung des Gesellschaftszwecks verbunden. An die Stelle des ursprünglichen tritt der Abwicklungszweck (vgl. abermals VwGH 6.10.1994, 93/16/0103, mwN). Der durch die Auflösung geänderte Geschäftszweck besteht somit nicht mehr in der gewinnbringenden Führung des Unternehmens, sondern in der Verwertung des vorhandenen Aktivvermögens und der Abwicklung der Gesellschaft ( Zehetner in Straube/Ratka/Rauter [Hrsg.], Wiener Kommentar zum GmbHGesetz [2024], § 84 Rz 5, mwN). Kommt es zu keinem Sanierungsplan, ist die Konkursmasse gemäß § 180 Abs. 2 IO vom Masseverwalter zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger zu verwenden.

14 Durch diese Rechtslage von der sowohl im angefochtenen Erkenntnis als auch in der Revision ausgegangen wird ist die in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts aufgeworfene Frage nach der Möglichkeit, einer aufgelösten Gesellschaft ohne Sanierungsplan „eine Bewilligung zur Führung der Schule zu erteilen“, bereits beantwortet: Ist einziger Geschäftszweck nur mehr die Abwicklung der Gesellschaft, so ist eine nicht diesem, sondern dem ursprünglichen Unternehmenszweck dienende Bewilligung (wie die im Revisionsfall beantragte) ausgeschlossen.

15 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird vorgebracht, die im angefochtenen Erkenntnis vertretene Rechtsansicht, die Erteilung einer Bewilligung widerspreche dem Abwicklungszweck, weiche von (näher bezeichneter) hg. Rechtsprechung ab, nach der „die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nicht durch die Änderung des Gesellschaftszwecks beeinträchtigt wird“. Inwiefern die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nicht mit der Judikatur zum Fortbestand der Rechtspersönlichkeit einer Gesellschaft bei deren Auflösung vereinbar sein sollte, wird allerdings weder dargelegt noch ist Solches ersichtlich.

16 Soweit in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf VwGH 8.2.1994, 93/08/0161, vorgebracht wird, mit der Auflösung einer Gesellschaft sei nicht das Erlöschen ihrer Gewerbeberechtigung verbunden, wird übersehen, dass der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis auf die fehlende Berechtigung einer Gesellschaft, die Gewerbeberechtigung während des Konkursverfahrens auszuüben, ebenso hingewiesen hat wie auf die Verpflichtung der Behörde, die Gewerbeberechtigung zu entziehen. Wenn in der Revision unter Bezugnahme auf VwGH 6.10.1994, 93/16/0103, weiters vorgebracht wird, die Änderung des Geschäftszwecks könne wieder rückgängig gemacht werden, genügt es darauf hinzuweisen, dass Derartiges jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach dessen Feststellungen nicht erfolgt war.

17 Vor diesem Hintergrund hängt das Schicksal der Revision von der Lösung der im angefochtenen Erkenntnis aufgeworfenen Frage der Standortbezogenheit einer Bewilligung zur Führung einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege nicht iSd. Art. 133 Abs. 4 BVG ab. Da die Revision dazu überdies keine Zulässigkeitsbegründung enthält, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese Frage (vgl. VwGH 31.1.2024, Ro 2022/04/0004, mwN).

18 Da es im Revisionsfall nicht auf die inhaltliche Ausgestaltung der §§ 6 und 8 der Gesundheits- und Krankenpflege-Ausbildungsverordnung und der Bewilligungsvoraussetzungen des § 50 Abs. 2 GuKG ankommt, war der in der Revision enthaltenen Anregung, diesbezüglich Anträge gemäß Art. 139 und Art. 140 B VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen, nicht näherzutreten.

19 Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

20Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 48 Abs. 2 Z 1 VwGG iVm. § 1 Z 2 lit. a der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 4. November 2024