Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des Ing. R S in D, vertreten durch Mag. Markus A. Reinfeld in 1110 Wien, Simmeringer Hauptstraße 99/2/10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Jänner 2022, W121 2244469 1/16E, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice, regionale Geschäftsstelle Oberpullendorf), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus, dass der Revisionswerber seinen Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum von 26. Februar 2021 bis 22. April 2021 verloren habe, und begründete dies damit, dass das Arbeitsmarktservice (AMS) dem Revisionswerber ein näher bezeichnetes Stellenangebot zugewiesen habe, auf das er sich zwar beworben, dabei jedoch „keine ordnungsgemäßen Bewerbungsunterlagen“ übermittelt habe. In den von ihm übermittelten Bewerbungsunterlagen, zu denen das Bundesverwaltungsgericht nähere Feststellungen traf, habe der Revisionswerber auf negative Eigenschaften und „sogar sexuelle Fantasien“ hingewiesen. Diese Unterlagen seien jedenfalls objektiv geeignet gewesen, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern; der Revisionswerber habe damit den Eindruck vermittelt, gar kein Interesse an der Stelle zu haben. Die Tätigkeit sei dem Revisionswerber zumutbar gewesen (was sich den beweiswürdigenden Ausführungen des angefochtenen Erkenntnisses zufolge daraus ergebe, dass es „keinerlei Anhaltspunkte“ dafür gegeben habe, dass die zugewiesene Stelle dem Revisionswerber nicht zumutbar gewesen sei). Der Revisionswerber habe im Verfahren keine tauglichen Rechtfertigungsgründe für das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Bewerbung dargelegt. Er sei vom AMS in der Vergangenheit schon mehrmals darauf hingewiesen worden, „Anschreiben in adäquater Form zu verfassen“, habe sein Bewerbungsverhalten aber nicht geändert. Durch das „Verfassen einer derart provokanten Bewerbung wie im vorliegenden Fall“ habe der Revisionswerber das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden. In rechtlicher Hinsicht qualifizierte das Bundesverwaltungsgericht das Verhalten des Revisionswerbers als Vereitelung im Sinne von § 10 AlVG, die zum ausgesprochenen Anspruchsverlust führe. Eine Nachsicht wurde aus näher ausgeführten Gründen nicht gewährt.
2 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. zB VwGH 11.4.2018, Ra 2017/08/0099 0106; 14.2.2022; Ra 2022/02/0016, jeweils mwN). Soweit im Zulässigkeitsvorbringen eine solche Rechtsfrage darauf gestützt wird, dass das Bundesverwaltungsgericht von (näher angeführter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung bei täglichen Wegzeiten von drei oder mehr Stunden abgewichen sei, entfernt es sich vom festgestellten Sachverhalt, ohne darzutun, inwiefern dem Bundesverwaltungsgericht dabei ein Feststellungsmangel unterlaufen wäre. Bei der Behauptung einer fünfstündigen täglichen Wegzeit handelt es sich im Übrigen um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung. Daher zeigt dieses Vorbringen eine Rechtsfrage im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B VG nicht auf.
8 Das weitere Zulässigkeitsvorbringen, dass das Bundesverwaltungsgericht von (näher genannter) Rechtsprechung abgewichen sei, wonach die Vereitelung der Annahme einer Beschäftigung den Vorsatz des Vermittelten voraussetze, übersieht, dass das angefochtene Erkenntnis vorsätzliches Handeln des Revisionswerbers angenommen hat. Soweit die Revision gegen diese Annahme einzelne Argumente ins Treffen führt, wonach aus bestimmten Umständen (wie dem Inhalt bisheriger Bewerbungsschreiben des Revisionswerbers oder der behaupteten Bereitschaft, seinen Wohnsitz zu verlegen) Anderes abzuleiten gewesen wäre, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung. Hinsichtlich der Beweiswürdigung läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aber nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die erforderliche Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 1.7.2021, Ra 2021/08/0066, mwN). Derartiges lässt das Vorbringen nicht erkennen.
9 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem das AMS eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, zurückzuweisen.
Wien, am 10. November 2022