JudikaturBVwG

W262 2301729-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
10. Februar 2025

Spruch

W262 2301729-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende sowie den fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta HAIDNER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 20.09.2024, VN XXXX , betreffend Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG für 42 Tage ab 09.08.2024, wobei sich das angeführte Ausmaß an verloren gegangenen Bezugstagen um jene Tage verlängert, an denen ein Bezug von Krankengeld vorliegt und Nachsicht nicht erteilt wurde zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin bezieht seit 12.06.2024 – mit einer Unterbrechung von 09.08.2024 bis 28.08.2024 aufgrund eines Auslandsaufenthalts – Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

2. Mit Schreiben vom 30.07.2024 wurde der Beschwerdeführerin vom Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge als AMS oder „belangte Behörde“ bezeichnet) ein Stellenangebot als Reinigungskraft bei einem näher bezeichneten Dienstgeber zugewiesen.

3. Am 09.08.2024 meldete der potentielle Dienstgeber dem AMS, dass sich die Beschwerdeführerin nicht vorgestellt habe.

4. Am 12.09.2024 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde niederschriftlich zum Nichtzustandekommen der Beschäftigung einvernommen. Zur Rückmeldung des Dienstgebers gab sie an, dass diese nicht stimme. Sie habe sich per E-Mail bei dem Unternehmen beworben, habe jedoch keinen Anruf und auch kein E-Mail erhalten, weshalb sie nichts von einem Vorstellungsgespräch gewusst habe.

5. Über Nachfrage gab der potentielle Dienstgeber bekannt, dass keine schriftliche Bewerbung der Beschwerdeführerin eingegangen sei. Das AMS forderte daraufhin die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 13.09.2024 auf, einen Bewerbungsnachweis zu übermitteln.

6. In der Folge teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie das E-Mail nicht mehr finden könne. Sie sei im August im Ausland gewesen und wisse nicht, ob sie vom AMS bezüglich des Jobs angerufen worden sei.

7. Mit Bescheid des AMS vom 20.09.2024 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 09.08.2024 für 42 Tage gemäß § 10 AlVG verloren habe. Das angeführte Ausmaß an verloren gegangenen Bezugstagen verlängere sich um jene Tage, an denen ein Bezug von Krankengeld vorliegt. Begründend wurde ausgeführt, dass das AMS am 09.08.2024 Kenntnis darüber erlangt habe, dass sich die Beschwerdeführerin bei einer vom AMS zugewiesenen Beschäftigung bei einem näher bezeichneten Dienstgeber ohne triftigen Grund nicht vorgestellt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. können nicht berücksichtigt werden.

8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und merkte zunächst im Hinblick auf die niederschriftliche Einvernahme am 12.09.2024, bei der sie angab sich beworben zu haben, an, dies mit einem anderen Stellenangebot verwechselt zu haben, das ihr am selben Tag übermittelt worden sei. Weiter führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Stellenanzeige des potentiellen Dienstgebers bei den Qualifikationen „gute Deutschkenntnisse“ anführe, die sie nicht besitze. Hierbei verwies die Beschwerdeführerin auf den der Beschwerde beigelegten Screenshot der Stellenausschreibung, wobei der Aufzählungspunkt „der Tätigkeit entsprechend gute Deutschkenntnisse“ farblich markiert wurde. Normalerweise trage die Tochter der Beschwerdeführerin die Daten im eAMS-Konto der Beschwerdeführerin ein, weil sie sich selbst mit dem Computer nicht auskenne. Da sie im August im Urlaub gewesen sei, habe ihre Tochter keinen Zugriff auf das eAMS-Konto gehabt, weshalb der Grund für ihr „Nicht-Bewerben“ nicht eingetragen worden sei.

9. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 30.10.2024 unter Anschluss des Verwaltungsaktes vorgelegt. Im Zuge der Vorlage erstattete das AMS eine Stellungnahme, in welcher der Sachverhalt ausführlich geschildert wurde. Da nach Ansicht des AMS lediglich eine Rechtsfrage zu beantworten sei und der Sachverhalt als geklärt angesehen werden könne, habe das AMS auf das Erlassen einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin bezieht seit 12.06.2024 – mit einer Unterbrechung von 09.08.2024 bis 28.08.2024 aufgrund eines Auslandsaufenthaltes – Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Die Beschwerdeführerin verfügt über langjährige Arbeitserfahrung als Reinigungskraft.

Die Beschwerdeführerin hat im Zuge der am 04.06.2024 mit dem AMS geschlossenen Betreuungsvereinbarungen vereinbart, dass sie das AMS bei der Suche einer Stelle als Reinigungskraft unterstützt und dass sie sich innerhalb von acht Tagen auf vom AMS zugewiesene Stellenangebote bewirbt.

Mit Schreiben vom 30.07.2024 wurde der Beschwerdeführerin vom AMS folgende Stelle als Reinigungskraft zugewiesen:

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Die Beschwerdeführerin hat sich nicht auf diese Stelle beworben.

Eine Beschäftigung kam – zumindest auch – aufgrund der unterbliebenen Bewerbung der Beschwerdeführerin nicht zustande. Die Beschwerdeführerin nahm diese Folge billigend in Kauf.

Die Beschäftigung war der Beschwerdeführerin objektiv zumutbar.

Die Beschwerdeführerin nahm weder während der Ausschlussfrist noch in unmittelbarer zeitlicher Nähe dazu ein vollversichertes Dienstverhältnis auf.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den übermittelten unbedenklichen Verwaltungsakt des AMS, insbesondere in den Bezugsverlaufsauszug bzw. den Hauptverbandsauszug, die Betreuungsvereinbarung vom 04.06.2024, das zugewiesene Stellenangebot vom 30.07.2024, die Niederschrift vom 12.09.2024 sowie die Beschwerde.

Der Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ergeben sich ebenso wie die Unterbrechung von 09.08.2024 bis 28.08.2024 aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Versicherungsdatenauszug des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger sowie dem Bezugsverlaufsauszug des AMS.

Dass die Beschwerdeführerin über Berufserfahrung als Reinigungskraft verfügt, ergibt sich - ebenso wie die Feststellungen über die zugewiesene Stelle und das Nichtzustandekommen der Beschäftigung - aus dem Verwaltungsakt und sind unbestritten.

Am 09.08.2024 informierte der potentielle Dienstgeber das AMS, keine Bewerbung der Beschwerdeführerin erhalten zu haben. Nachdem die Beschwerdeführerin zunächst in ihrer niederschriftlichen Einvernahme zum Nichtzustandekommen der Beschäftigung angab sich per E-Mail bei dem Unternehmen beworben zu haben, räumte sie in ihrer Beschwerde ein, dies mit einem anderen Stellenangebot verwechselt zu haben. Insofern ist unbestritten, dass sie sich nicht auf das vom AMS zugewiesene Stellenangebot beworben hat.

Soweit die Beschwerdeführerin versucht, die Zumutbarkeit der zugewiesenen Stelle aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse in Zweifel zu ziehen ist auszuführen, dass im Anforderungsprofil (lediglich) „der Tätigkeit entsprechend gute Deutschkenntnisse“ verlangt werden; auch der Tätigkeitsbereich wurde in weiterer Folge umschrieben und „umfasst alle Reinigungsarbeiten von Gästezimmern (Müllentsorgung, Reinigung von Gästezimmern, Staubsaugen, Staubwischen, Wäsche wechseln, etc.)“. Die Beschwerdeführerin verfügt über Deutschkenntnisse auf A2-Niveau und langjährige Berufspraxis, weshalb die zugewiesene Stelle jedenfalls den Kenntnissen und Fähigkeiten der Beschwerdeführerin entspricht. Insbesondere liegt keine offenkundige Unzumutbarkeit der zugewiesenen Stelle vor; der erkennende Senat geht vielmehr davon aus, dass die Beschwerdeführerin durch dieses Vorbringen nachträglich versucht, die versäumte Bewerbung zu rechtfertigen um einer Sperre des Leistungsbezugs zu entgehen (siehe zur Zumutbarkeit auch die rechtliche Beurteilung Punkt 3.4.).

Die Feststellung, dass die zugewiesene Beschäftigung (jedenfalls auch) aufgrund des Umstandes nicht zustande kam, dass sich die Beschwerdeführerin nicht beworben hat, stützt sich darauf, dass durch die Nichtbewerbung jegliche Chance auf die zugewiesene Stelle zunichtegemacht wurde. Indem sich die Beschwerdeführerin nicht beworben hat, hat sie sich damit abgefunden bzw. billigend in Kauf genommen, dass sie die zugewiesene Stelle nicht erhält.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin weder während der Ausschlussfrist noch in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Beginn der Ausschlussfrist eine Beschäftigung aufgenommen hat, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Versicherungsverlauf.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Die gesetzliche Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG lautet (soweit hier relevant): „Wenn eine arbeitslose Person sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft.“

3.3. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der im angefochtenen Bescheid verhängten Sanktion nach § 10 Abs. 1 AlVG ist, dass die zugewiesene Beschäftigung als zumutbar und auch sonst als geeignet in Betracht kommt, dass der Arbeitslose ein Verhalten gesetzt hat, das geeignet war, das Zustandekommen der Beschäftigung zu vereiteln, und dass dieses Verhalten kausal für das Nichtzustandekommen sowie vorsätzlich darauf gerichtet war.

3.4. Zuweisungsfähigkeit der Beschäftigung

Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt (vgl. dazu VwGH 22.02.2012, 2009/08/0077; 02.05.2012, 2010/08/0013, 2012/08/0077; 02.05.2012, 2010/08/0054; 15.05.2013, 2010/08/0257; 22.07.2013, 2012/08/0058).

Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung an einen Arbeitslosen ist, dass dessen Kenntnisse und Fähigkeiten jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden. Wenn die arbeitslose Person dem vom Dienstgeber bekannt gegebenen Anforderungsprofil nicht entspricht, ist daher eine Zuweisung unzulässig (VwGH 30.09.1997, 97/08/0414; 04.09.2013, 2012/08/0076; mHa Sdoutz/Zechner, AlVG, Praxiskommentar, Rz 209 zu § 9 AlVG; VwGH 04.09.2013, 2011/08/0092).

Wenn eine Beschäftigung nicht evident unzumutbar ist und das AMS nicht von vornherein Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand hat, kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. So dem Arbeitslosen keine Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Tätigkeit bekannt sind, trifft ihn zunächst die Verpflichtung, sich beim potentiellen Dienstgeber vorzustellen. Es liegt an ihm, die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (z.B. VwGH 25.06.2013, 2011/08/0052).

Nur wenn ein Arbeitsloser die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeitsstelle gegenüber dem AMS ganz konkret bestreitet (oder die Zumutbarkeit aus anderen Gründen nicht ohne nähere Ermittlungen angenommen werden kann), hat sich das AMS mit dieser Frage in der Begründung seines Bescheides auseinanderzusetzen. Das AMS hat dann - erforderlichenfalls - darzutun, welche Anforderungen mit der zugewiesenen Beschäftigung verbunden sind und ob der Arbeitslose nach seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten diesen Anforderungen genügt, sowie dass mit der in Aussicht genommenen Stelle auch eine konkret anzugebende, angemessene, insbesondere dem in Betracht kommenden Kollektivvertrag entsprechende Entlohnung verbunden ist (VwGH 04.07.2007, 2006/08/0097; 11.07.2012, 2012/08/0070; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/07/0215).

Die sich der Beschwerdeführerin bietende Beschäftigung als Reinigungskraft bei dem näher bezeichneten Dienstgeber entsprach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten, zumal sie insbesondere über eine langjährige Berufserfahrung als Reinigungskraft und ausreichend Deutschkenntnisse (Niveau A2) verfügt.

Substantiierte Einwendungen gegen die zugewiesene Beschäftigung brachte die Beschwerdeführerin nicht vor. Auch sonstigen Hinweise für eine Unzumutbarkeit der Stelle liegen nicht vor.

Insofern die Beschwerdeführerin ihre nicht erfolgte Bewerbung mit der (irrigen) Annahme mangelnder Deutschkenntnisse begründet ist darauf hinzuweisen, dass es Aufgabe der Beschwerdeführerin ist, im Zuge der Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Arbeitgeber in einer geeigneten Weise jene Informationen zu erfragen, die zur Beurteilung von persönlicher Eignung und Zumutbarkeit unerlässlich sind. Die Beschwerdeführerin wäre nur insoweit und ab jenem Zeitpunkt zu keinen Bewerbungsschritten (mehr) verpflichtet, in dem solche Umstände einer Beschäftigung zutage treten, welche diese als für die Beschwerdeführerin unzumutbar erscheinen lassen (vgl. VwGH 17.02.2022, Ra 2020/08/0190, mwN).

3.5. Zum Vorliegen einer Vereitelungshandlung

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des AMS oder einem vom AMS beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden, Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern.

Wie beweiswürdigend festgestellt, hat sich die Beschwerdeführerin auf die ihr zugewiesene Stelle nicht beworben. Durch die Nichtbewerbung liegt – ausgehend von der objektiven Zumutbarkeit der Beschäftigungsaufnahme – eindeutig eine Vereitelungshandlung vor.

3.6. Zu Kausalität und Vorsatz

3.6.1. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines vermittelten Arbeitslosen als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (ständige Rechtsprechung, z.B. VwGH 17.03.2023, Ra 2022/08/0071, mwN).

Für die Kausalität ist es nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlug jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 18.01.2012, 2008/08/0243; 25.06.2013, 2011/08/0052).

Dass das Verhalten der Beschwerdeführerin die Chance auf das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses zunichtegemacht hat, ist evident. Das Verhalten der Beschwerdeführerin war daher jedenfalls kausal für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung.

3.6.2. Die belangte Behörde ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zumindest in Kauf genommen und daher mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat.

Ob sich die Arbeitslose der möglichen Sanktion nach § 10 AlVG als Folge der Ablehnung des Dienstverhältnisses bewusst war, oder ob er vom potentiellen Dienstgeber oder von der regionalen Geschäftsstelle des AMS über diese Sanktionsfolgen unterrichtet worden war, ist für die Annahme der Verweigerung im Übrigen nicht relevant, da es allein auf den (bedingten) Vorsatz zur Ablehnung der zumutbaren Beschäftigung, nicht aber auf die dafür ausschlaggebenden Motive ankommt (VwGH 02.05.2012, 2010/08/0054).

Die Beschwerdeführerin hat durch die unterlassene Bewerbung die Ablehnung des Stellenangebots deutlich zum Ausdruck gebracht und das Nichtzustandekommen der Beschäftigung in Kauf genommen.

3.7. Zur Rechtsfolge der Vereitelung

Die in § 10 Abs. 1 AlVG vorgesehene Sanktion besteht in einem Verlust des Arbeitslosengeldes für die Dauer von „mindestens der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen“. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft.

Der im Beschwerdefall ausgesprochene Anspruchsverlust von sechs Wochen (42 Tagen) ist (bei Fehlen von Nachsichtsgründen) nicht zu beanstanden, da es sich um die erste Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin handelt.

Anzumerken ist, dass sich gemäß § 10 AlVG die Zeiten des Anspruchsverlustes (ausschließlich) um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde, verlängern. Insofern besteht für die Verlängerung der Ausschlussfrist um die Zeiten des Ruhens des Anspruchs gemäß § 16 AlVG (20 Tage Auslandsaufenthalt) keine Grundlage.

3.8. Zu berücksichtigungswürdigen Gründen für eine Nachsicht

Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruchs in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (VwGH 26.01.2010, 2008/08/0018; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/08/0236). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0234, mwN) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an (wie etwa Sorgepflichten, vgl. VwGH 16.05.1995, 94/08/0150; 04.09.2013, 2011/08/0201; 20.10.2010, 2007/08/0231; 12.09.2012, 2009/08/0247).

Grundsätzlich kann jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der (endgültigen) Entscheidung über die Nachsicht angetreten worden ist und auf Grund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag. Während aber im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen, werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld zu verlangen sein, damit - allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen - noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).

Obwohl die amtswegige Prüfung des Sachverhalts zumindest eine Auseinandersetzung mit möglichen Nachsichtsgründen im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG gebietet, muss die Behörde nur solche Gründe prüfen, die der Arbeitslose vorbringt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt (VwGH 07.05.2008, 2007/07/0237; 19.01.2011, 2008/08/0020; 10.04.2013, 2012/08/0135; 25.06.2013, 2011/08/0082; 19.07.2013, 2012/08/0176; 04.09.2013, 2011/08/0201).

Die Erteilung der Nachsicht kann auch durch das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Sachentscheidung über die Beschwerde erfolgen. Dabei hat es - wenn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG vorliegen und die Angelegenheit daher nicht gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG zurückverwiesen wird - auch das bei der Festlegung des Umfangs der Nachsicht offenstehende Ermessen zu üben. Die Erteilung der Nachsicht durch das Verwaltungsgericht setzt aber nicht die Anhörung des Regionalbeirates im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG voraus (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026; 27.01.2016, Ro 2015/08/0027).

Umstände, die als Nachsichtsgründe in Betracht kämen, hat die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin keine neue, die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung aufgenommen.

3.9. Ergebnis

Da die Voraussetzungen für den Ausspruch des Verlustes des Leistungsanspruchs vorliegen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.10. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist. Die belangte Behörde hat diesbezüglich ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen und es liegt keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.