JudikaturVwGH

Ra 2021/12/0012 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Binder, über die Revision des K G in G, vertreten durch Mag. Franz Scharf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schulerstraße 20/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. August 2020, W122 2182503 1/22E, betreffend Arbeitsplatzbewertung gemäß § 143 BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist als Exekutivbediensteter dem Sondereinsatzkommando Cobra zugeordnet. Mit dem auf Grund einer Säumnisbeschwerde ergangenen angefochtenen Erkenntnis sprach das das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Erledigung eines Antrags des Revisionswerbers, „die Wertigkeit [s]eines Arbeitsplatzes gemäß § 143 BDG 1979 festzustellen“ und „ausgehend von dieser Neubewertung [s]eine sich daraus ergebende besoldungsrechtliche Stellung festzustellen“, aus, dass der Arbeitsplatz des Revisionswerbers „beim Einsatzkommando COBRA im Bereich der Observation der Wertigkeit E2a/3“ zugeordnet sei und dem Revisionswerber „daher ein Gehalt der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe E2a“ gebühre. Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich dabei auf das Bewertungsgutachten eines Amtssachverständigen für Bewertungsfragen des Bundeskanzleramts, welches dem Revisionswerber vom Bundesverwaltungsgericht zur Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben vom 14. März 2018 übermittelt worden war. Nachdem der Revisionswerber dazu in einer Äußerung vom 29. März 2018 Einwendungen erhoben und am 28. Mai 2018 Akteneinsicht genommen hatte, führte das Bundesverwaltungsgericht am 29. Juni 2018 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Revisionswerber eine „Arbeitsplatzbeschreibung“ vorlegte. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde legte in weiterer Folge mit Schreiben vom 29. November 2019 ihrerseits eine Beschreibung des Arbeitsplatzes des Revisionswerbers und zum Vergleich jene des Arbeitsplatzes eines anderen Beamten vor; diese wurden dem Revisionswerber mit Schreiben vom 4. Dezember 2019 übermittelt. Nach einer weiteren unter Beiziehung des Amtssachverständigen durchgeführten Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung (am 11. Dezember 2019), in der Einwendungen sowie die Relevanz der vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibungen erörtert wurden, verkündete das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis.

2 Das Verwaltungsgericht sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zusammengefasst wie folgt begründet:

8 Das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit abgewichen, als es „Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus“ (zu ergänzen wohl: übergangen habe), und nicht beachtet habe, dass „Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht haben, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten erhoben werden“ (Hinweise auf VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021; 25.4.2019, Ra 2017/07/0214). Nach der zitierten Rechtsprechung wäre das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen, „auf Grund der tatsächlich konkret so erfolgten Einwendungen“ sich mit diesen „der Sachverhaltsfrage zuzurechnenden“ Einwendungen „in einer Verhandlung auseinanderzusetzen“, weshalb auch von der „Strittigkeit von Tatsachenfragen“ auszugehen sei (Hinweis auf VwGH 8.10.2020, Ra 2020/07/0002).

9 Das Bundesverwaltungsgericht sei weiters von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit abgewichen, als es dem Revisionswerber keine Gelegenheit gegeben habe, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Eine solche Möglichkeit sei nur dann gegeben, wenn hierfür eine ausreichende Frist für die Einholung fachlichen Rats bzw. zur Vorlage eines entsprechenden Gutachtens eingeräumt werde, die dazu ausreichen müsse, um ein Gutachten durch ein Gegengutachten (auf gleichem fachlichem Niveau) entkräften zu können. Der Revisionswerber sei nach dem Schluss des Beweisverfahrens in der Verhandlung vom 11. Dezember 2019 „überraschend aufgefordert“ worden, „umgehend in der Verhandlung zum Gutachten Stellung zu nehmen“. Es sei „mangels Sachkunde ausdrücklich beantragt“ worden, für die Erstattung eines Gegengutachtens auf gleicher fachlicher Ebene eine Frist von acht Wochen einzuräumen. Diesem Antrag sei nicht Folge gegeben worden, sondern es sei das Erkenntnis „umgehend mündlich verkündet“ worden. Dadurch habe das Bundesverwaltungsgericht die „dargestellte verfahrensrechtlich gebotene Rechtslage“ nicht hinreichend beachtet und auf dem Boden dieser Rechtslage seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet (Hinweis auf VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069).

10 Schließlich sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch insoweit abgewichen, als es seinem Erkenntnis ein Gutachten zugrunde gelegt habe, welches „nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes“ nicht als schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten für die Bewertung des Arbeitsplatzes nach § 143 BDG 1979 anzusehen sei, weil „vor der Bewertung eines Arbeitsplatzes die tatsächlichen Verwendungsverhältnisse“ nicht festgestellt worden seien. Die faktischen Verhältnisse während eines längeren zu beurteilenden Zeitraumes seien amtswegig zu ermitteln und sodann dem Sachverständigen zur Erstellung seines Gutachtens vorzugeben. Bei der Feststellung der Wertigkeit eines Arbeitsplatzes komme es weder auf einen nach den Organisationsnormen gesollten noch auf einen aus der Arbeitsplatzbeschreibung hervorgehenden Zustand an. Entscheidend sei vielmehr dessen tatsächlicher Inhalt, also die konkret zu erbringenden Tätigkeiten (Hinweis auf VwGH 20.5.2008, 2005/12/0218, mwN). Entgegen dieser Rechtsprechung sei das fehlerhafte Bewertungsgutachten ausschließlich auf Basis einer inhaltlich unrichtigen Arbeitsplatzbeschreibung erstellt und „trotz Einwendungen und Teilnahme des Amtssachverständigen an zwei Verhandlungen“ nicht ergänzt worden.

11 Werden wie mit dem vorliegenden Zulässigkeitsvorbringen der Revision Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss schon in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz der Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die revisionswerbende Partei günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Dies setzt voraus, dass auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 9.12.2020, Ro 2020/12/0017, mwN; zur Voraussetzung einer Angabe zur Relevanz in Verfahren zur Arbeitsplatzbewertung etwa VwGH 7.3.2022, Ra 2020/12/0047; 11.12.2013, 2012/12/0123). Eine solche Darstellung lässt die vorliegende Revision vermissen. Insbesondere wurde in der Zulässigkeitsbegründung nicht ausgeführt, von welchen „faktischen Verwendungsverhältnissen“ des Revisionswerbers hätte ausgegangenen werden müssen, die zu einer höheren Bewertung seines Arbeitsplatzes geführt hätten.

12 Bereits aus diesem Grund vermag das Vorbringen der Zulässigkeitsbegründung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufzuzeigen.

13 Darüber hinaus ist unabhängig vom Vorgesagten zum einen festzuhalten, dass das Zulässigkeitsvorbringen sich über den Akteninhalt insoweit hinwegsetzt, als sich aus diesem ergibt, dass das dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegte Sachverständigengutachten dem Revisionswerber nicht erst in der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2019 (welche vor allem die Einwendungen sowie Differenzen betreffend die dem Gutachten zugrunde gelegte „Arbeitsplatzbeschreibung“ zum Gegenstand hatte) „überraschend“ zur Stellungnahme gegeben wurde, sondern ihm bereits mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 14. März 2018 übermittelt worden war, sodass ihm bereits zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich die Möglichkeit der Heranziehung eines Privatsachverständigen (zur Einholung eines privaten Gegengutachtens) sowie dessen Beiziehung im Rahmen der Gutachtenserörterung offen gestanden wäre. Zum anderen stellt die Frage, ob ein Gutachten in seiner konkreten Ausgestaltung zu Recht als schlüssig qualifiziert wurde, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Regelfall keine grundsätzliche Rechtsfrage, sondern eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision begründet, wenn sie zumindest vertretbar ist (vgl. etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2017/12/0082; 1.2.2022, Ra 2021/05/0171, mwN). Dass das Verwaltungsgericht diese Beurteilung im vorliegenden Fall unvertretbar vorgenommen hätte (und aus diesem Grund daher eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorläge), vermag das ohne jeglichen konkreten Fallbezug erstattete Zulässigkeitsvorbringen in diesem Zusammenhang nicht aufzuzeigen.

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 23. Februar 2023

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