JudikaturVwGH

Ra 2023/21/0044 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
31. August 2023

Sowohl für eine auf § 39 FrPolG 2005 gegründete Festnahme als auch für eine auf § 40 BFA-VG 2014 gegründete Festnahme ist - im Einklang mit den im Verfassungsrang stehenden Normen des Art. 4 Abs. 6 PersFrSchG 1988 und des Art. 5 Abs. 2 MRK - in § 40 Abs. 1 FrPolG 2005 bzw. § 41 Abs. 1 BFA-VG 2014 vorgesehen, dass jeder Festgenommene ehestens in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme zu unterrichten ist. Der Fremde wurde nicht, und zwar vor allem nicht nach Änderung des Festnahmegrundes, über die Gründe seiner Festnahme und Anhaltung unterrichtet. Der Fremde wäre aber gemäß § 41 Abs. 1 BFA-VG 2014 ehestens auch über die (nunmehr geänderten) Gründe der Anhaltung in Administrativhaft zu unterrichten gewesen. Schon vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 5 Abs. 2 MRK kann sich die Informationspflicht nach § 41 Abs. 1 BFA-VG 2014 nämlich nicht nur auf eine formal ausgesprochene Festnahme beziehen, sondern gilt für alle Arten der Freiheitsentziehung (vgl. VwGH 18.2.2021, Ra 2021/21/0025). Die Anhaltung des Fremden war ab dem Zeitpunkt der Änderung des Festnahmegrundes auf § 40 BFA-VG 2014 jedenfalls dem BFA zuzurechnen, was auch für diesbezügliche Unterlassungen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt (siehe § 6 BFA-VG 2014; vgl. VwGH 25.4.2017, Ro 2016/01/0005). Dem VwG ist daher nicht entgegenzutreten, wenn es die Anhaltung des Mitbeteiligten schon deswegen für rechtswidrig erachtete, weil dieser entgegen § 41 Abs. 1 BFA-VG 2014 nicht ehestens, und zwar - wie vor dem Hintergrund von VfGH 29.9.1997, B 3059/96, VfSlg. 14.903, zu ergänzen ist - auch nicht im Zuge der Erlassung des Schubhaftbescheides oder aufgrund von dessen Inhalt, über die Gründe der Anhaltung informiert wurde (vgl. VwGH 12.4.2005, 2003/01/0490).

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