Ro 2022/13/0017 5 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Könnten Begünstigungsbescheide ausschließlich nach den Bestimmungen des § 294 BAO geändert oder zurückgenommen werden, hätte dies zur Folge, dass bei zwar nicht wissentlich, aber zumindest fahrlässig gemachten unrichtigen Angaben der betroffenen Parteien - etwa eines Steuerpflichtigen, der eine Nachsicht begehrt - eine entsprechende Korrektur des Begünstigungsbescheides nicht rückwirkend möglich wäre. Schreib- oder Rechenfehler der Abgabenbehörde - etwa ein zu hoher Nachsichtsbetrag aufgrund eines Zahlensturzes - könnten mangels Anwendbarkeit des § 293 BAO generell nicht und zwar auch nicht pro futuro berichtigt werden. Dass der (historische) Gesetzgeber ein derartiges Ergebnis beabsichtigt hätte, ist nicht anzunehmen. Gegenteilige - für eine "Exklusivität" der Bestimmung des § 294 BAO hinsichtlich der Änderung bzw. (rückwirkenden) Zurücknahme von Begünstigungsbescheiden sprechende - Hinweise lassen sich auch nicht den Gesetzesmaterialien entnehmen, die erkennbar eine "Gleichrangigkeit" der in den §§ 293 ff BAO geregelten Verfahrensinstrumente indizieren. So wird in diesen etwa festgehalten, dass "eine Änderung oder Zurücknahme von Bescheiden künftig nur bei Zutreffen einer der in den §§ 293 bis 302 erschöpfend geregelten Voraussetzungen möglich sein" soll (Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Stammfassung der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, 228 BlgNR 9. GP 71). Schließlich kann die Anwendbarkeit der sonstigen in den §§ 293 ff BAO geregelten Verfahrenstitel bei Begünstigungsbescheiden auf die Regelung des § 294 Abs. 3 BAO - die vorsieht, dass die Bestimmungen der Abgabenvorschriften über die Änderung und den Widerruf von Begünstigungsbescheiden unberührt bleiben - gestützt werden.