Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. in Lachmayer und Dr. in Wiesinger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., MA, über die Revision der W, vertreten durch die HGF Tax GmbH, Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatungsgesellschaft in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. August 2024, Zl. RV/7103957/2022, betreffend Umsatzsteuer 2008 bis 2013, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Zum bisherigen Verfahrensgeschehen wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 2019, Ro 2018/13/0017, und vom 15. Dezember 2022, Ro 2022/13/0001, verwiesen. Mit dem zuletzt ergangenen Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts auf, weil die wesentlichen Sachverhaltsannahmen im angefochtenen Erkenntnis nicht ausreichend nachvollziehbar waren, um die geltend gemachte Steuerfreiheit für die Erbringung von Umsätzen im Zahlungs und Überweisungsverkehr nach § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1994 zu beurteilen.
2 Im fortgesetzten Verfahren wies das Bundesfinanzgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis die Beschwerden betreffend Umsatzsteuer 2008 und 2012 als unbegründet ab. Den Beschwerden betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2011 und 2013 gab das Bundesfinanzgericht teilweise Folge und änderte die Bescheide ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin (in der Folge: X GmbH) habe im Streitzeitraum (2008 bis 2013) die in der Schweiz ansässige X CH mit der Erbringung von Zahlungsverkehrsdienstleitungen beauftragt. Die vereinbarten Leistungen würden unter anderem Processing Services, wie das Kartenmanagement (Bestellen, Mutieren, Sperren von Zahlungskarten), Drucken und Versand von PIN, Autorisierungsservices beinhaltend etwa die Gültigkeitsprüfung der verwendeten Karte bzw. des PIN, Prüfung des Vorliegens eines gültigen Vertrages, die Verwaltung der Stammdaten, das „Clearing und Settlement Service“, die Erstellung von Buchungssätzen für Kunden und Händlerkonten, das Print und Reportingservice, die Abwicklung von Reklamationen und die Überwachung betrugsaffiner Transaktionen beinhalten. Die Leistungen der X CH an die X GmbH seien zunächst als steuerpflichtig (mit Übergang der Steuerschuld auf die X GmbH gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994) behandelt worden. Im Rechtsmittelverfahren sei von der X GmbH geltend gemacht worden, diese Leistungen seien gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1994 als steuerfrei zu behandeln.
4 Die von der X CH gegenüber der X GmbH erbrachten Leistungen stellten eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung dar; eine Aufspaltung komme nicht in Frage. Die X CH habe ein umfangreiches Spektrum sonstiger Leistungen an die X GmbH erbracht. Die Einzelleistungen der X CH seien so eng miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bildeten, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
5 Überweisungen, die in der Übertragung einer Geldsumme von einem Bankkonto auf ein anderes bestünden, erfolgten im Rahmen von Transaktionen über sogenannte Settlementkonten, also nicht unmittelbar auf Kunden /Vertragshändlerkonten. Ein von der X CH erstellter Zahlungsdatenträger werde dabei über den ihr von der X GmbH eingeräumten technischen Zugriff (ein solcher sei der X GmbH im Vorfeld von den jeweiligen Banken zuerkannt worden) als gebündelte Zahlung des Saldobetrages auf das Settlementkonto des jeweiligen Kreditinstitutes eingespielt und dadurch die Zahlung „angestoßen“, ohne dass ein weiterer Eingriff der Bank erforderlich wäre.
6 Der Schwerpunkt der Leistungen der X CH liege in der EDV technischen Abwicklung der ihr übertragenen Aufgaben. Dabei würden Leistungen, die die X CH im Rahmen des Settlements erbringe (nur dort erfolgten Überweisungen und werde damit der Kernbereich der Übertragung von Geldern angesprochen), nur einen Aspekt einer Vielzahl der von ihr erbrachten Leistungen darstellen, die einen charakteristischen, aber keinen dominierenden Bestandteil des gesamten Leistungsbündels bildeten und als eine von mehreren gleichrangigen Hauptleistungen anzusehen sei. Die Leistungen der X CH seien daher nicht umsatzsteuerfrei. Sie seien vielmehr dem reverse charge Regime zu unterziehen.
7 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision.
8 Das Finanzamt hat nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung, in der es die Zurück in eventu Abweisung der Revision beantragte sowie Aufwandersatz begehrte, eingebracht.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Zur Zulässigkeit der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem vergleichbaren Sachverhalt. Anders als im vorliegenden Fall, in dem die X CH Überweisungen im Rahmen des Settlements eigenverantwortlich durchführe, habe nämlich in der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 2023, Ra 2022/13/0084, zugrunde liegenden Konstellation die Bank die Überweisung durchgeführt.
13 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt, weil die revisionswerbende Partei in der Begründung zur Zulässigkeit der Revision der Beurteilung des Bundesfinanzgerichts, wonach es sich bei dem ihr von der X CH erbrachten revisionsgegenständlichen Leistungsbündel um eine einheitliche Leistung handle, welche insgesamt selbst bei Durchführung von Überweisungen im Rahmen des Settlements durch die X CH nicht von der eng auszulegenden Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1997 umfasst sei (vgl. dazu VwGH 22.3.2023, Ra 2022/13/0084, mwN), nicht entgegen tritt. Die bloße Behauptung, die dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 2023, Ra 2022/13/0084, zugrunde liegenden Sachverhaltsannahmen seien nicht vergleichbar, schließt selbst wenn sie zuträfe das Vorliegen einer einheitlichen Leistung nicht aus (vgl. auch VwGH 28.8.2025, Ra 2024/13/0094).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
15 Von der von der Revisionswerberin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
16 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 2. Oktober 2025