Ra 2021/21/0018 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der nicht nur auf das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen und das deshalb prognostizierte Vorliegen der von ihm ausgehenden Gefährdung, sondern auch auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen ist. Angesichts der dem Fremden zur Last gelegten besonders verwerflichen Straftat der Vergewaltigung und der daraus vom VwG vertretbar abgeleiteten sehr schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen kann es zwar nicht zweifelhaft sein, dass gegen ihn die Erlassung eines Einreiseverbotes grundsätzlich zulässig ist (vgl. VwGH 16.8.2022, Ra 2022/21/0084). Das VwG hat aber aus den privaten und familiären Interessen des Fremden keine ersichtlichen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Dauer des über ihn verhängten Einreiseverbotes gezogen. Vielmehr ließ das VwG, erkennbar in Verkennung der Rechtslage, offen, warum ungeachtet der langen Aufenthaltsdauer und der familiären Beziehungen des Fremden in Österreich sowie seiner vor der gegenständlichen Verurteilung erfolgten beruflichen Integration ein grundsätzlich auf Lebenszeit angelegtes Fernbleiben vom Bundesgebiet - selbst etwa nach einem allfälligen langjährigen Wohlverhalten nach seiner Entlassung aus der Haft und einer daraus zu erschließenden Abnahme des von ihm ausgehenden Gefährdungspotentials - gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0009; VwGH 6.4.2021, Ra 2020/21/0453; VwGH 22.2.2022, Ra 2021/21/0302; VwGH 30.3.2023, Ra 2021/21/0028).