JudikaturVwGH

Ra 2022/20/0229 4 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
20. Januar 2025

Alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens haben einen Rechtsanspruch gegenüber der Behörde auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft. Setzt sich die Behörde über die materielle Rechtskraft des Bescheides hinweg und erlässt sie trotz Unabänderlichkeit und Unwiederholbarkeit in derselben und damit "entschiedenen Sache" nochmals von Amts wegen oder auf Antrag eine Entscheidung, ohne dazu (z.B. gemäß § 68 Abs. 2 bis 4, §§ 69, 71 AVG oder durch spezielle Verwaltungsvorschriften) ermächtigt zu sein, ist der Bescheid nach der ständigen Rechtsprechung inhaltlich rechtswidrig (vgl. VwGH 27.11.2014, 2012/08/0138, 2012/08/0145, mwN; in diesem Sinn auch VwGH 12.9.2018, Ra 2017/17/0620 und 0621). Nichts Anderes kann im Verhältnis zweier - wenn auch im Spruch gleich lautender - dieselbe Rechtssache erledigender Erkenntnisse des VwG gelten. Zwar bildet die mündliche Verkündung des Erkenntnisses mit seiner schriftlichen Ausfertigung eine Einheit (VwGH 27.6.2024, Ra 2023/21/0138, mwN; vgl. VwGH 23.9.2020, Ra 2019/14/0558 bis 0560). Jedoch kann dies schon wegen des zuvor dargelegten Prinzips der Unwiederholbarkeit von Entscheidungen nur auf die erste in der Rechtssache ergehende schriftliche Ausfertigung zutreffen. Mit dem Ergehen der erstmaligen - wenn auch zu Unrecht nach § 29 Abs. 5 VwGVG in gekürzter Form vorgenommenen - schriftlichen Ausfertigung des zuvor mündlich verkündeten Erkenntnisses wird (bei Übereinstimmung in den wesentlichen Spruchelementen; vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0082; ähnlich VwGH 11.11.2022, Ro 2020/10/0036; 12.12.2023, Ra 2023/09/0148 und erneut 23.9.2020, Ra 2019/14/0558 bis 0560) eine Entscheidung hergestellt, der die Wirkung der Unwiederholbarkeit zukommt, sodass in der dieserart entschiedenen Rechtssache keine (weitere) Entscheidung mehr ergehen darf; ein dennoch ergehendes weiteres Erkenntnis ist mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

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