Ra 2016/08/0050 3 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Eine vollarbeitslose Person (gleichgültig ob Grenzgänger oder "Nicht-Grenzgänger") hat nur dann Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit, wenn sie sich der Arbeitsverwaltung des für sie zuständigen Mitgliedstaats zur Verfügung stellt (vgl. insbesondere Art. 65 Abs. 2 VO 883/2004), wobei die Verfügbarkeit dann vorliegt, wenn die Person sich bei den zuständigen Stellen dieses Staats als Arbeitssuchender meldet und sich deren Kontrolle unterwirft (vgl. auch Art. 65 Abs. 3 VO 883/2004; EuGH 1.2.1996, Naruschawicus, C-308/94). Zuständiger Mitgliedstaat im vorgenannten Sinn ist für einen vollarbeitslosen "Nicht-Grenzgänger", wenn er vorerst nicht in den Wohnmitgliedstaat zurückkehrt, ausschließlich der (ehemalige) Beschäftigungsmitgliedstaat (vgl. Art. 65 Abs. 2 dritter Satz, Abs. 5 lit. b VO 883/2004), wenn er zurückkehrt, hingegen ausschließlich der Wohnmitgliedstaat (vgl. Art. 65 Abs. 2 erster Satz, Abs. 5 lit. a VO 883/2004). Zwar kann er sich im zuletzt genannten Fall zusätzlich der Arbeitsverwaltung des (letzten) Beschäftigungsmitgliedstaats zur Verfügung stellen, was aber an der exklusiven Zuständigkeit des Wohnmitgliedstaats zur Leistung der Arbeitslosenunterstützung nichts ändert (vgl. Art. 65 Abs. 2 zweiter Satz, Abs. 5 lit. a VO 883/2004; siehe VwGH 27.11.2017, Ra 2015/08/0141; 19.12.2017, Ra 2017/08/0027). Folglich tritt ein Übergang der Zuständigkeit zur Leistung der Arbeitslosenunterstützung vom Beschäftigungsmitgliedstaat auf den Wohnmitgliedstaat ein, sobald der vollarbeitslose "Nicht-Grenzgänger" in den Wohnmitgliedstaat zurückkehrt (zum Begriff der Rückkehr als Rückverlagerung der betreffenden Interessen siehe VwGH 2.6.2016, Ra 2016/08/0047). Dies gilt dann nicht, wenn dem "Nicht-Grenzgänger" vom Beschäftigungsmitgliedstaat bereits Leistungen gewährt wurden; in einem solchen Fall kommt es - im Sinn des Art. 65 Abs. 5 lit b iVm Art. 64 VO 883/2004 - zu einer zeitweisen Perpetuierung der Zuständigkeit des Beschäftigungsmitgliedstaats (auf drei bis höchstens sechs Monate) dergestalt, dass dieser die Leistungen auch weiterhin auf seine Rechnung zu erbringen (in den Wohnmitgliedstaat zu "exportieren") hat, wohingegen in jener Zeit die Leistungen durch den Wohnmitgliedstaat ausgesetzt sind (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2014/08/0042).